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Die ersten elektrischen Schallplattenaufnahmen in Deutschland 1924 - 1926
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GrammophonTeam
So Jan 19 2014, 16:38 Druck Ansicht
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Die großen Drei im internationalen Plattenmarkt stellten im späten Frühjahr 1925 auf das elektrische Aufnahmeverfahren um: Victor und Clolumbia (USA) sowie Columbia (England). Diese nutzten das Verfahren bzw. die Technik der Western Electric.

In manchen Artikeln findet sich dieser Satz:
Am 01. März 1926 veröffentlichte die Homophone Company auf ihrer Marke Homocord die erste in Deutschland elektrisch aufgenommene Schallplatte.


Dies ist so jedoch definitiv falsch. Folgend ein Versuch den Übergang vom akustischen zum elektrischen Verfahren auf Schallplatte chronologisch zu ordnen.

1922

Gelegentlich zu finden:
Schon seit 1922 wurde bei der Deutschen Grammophongesellschaft mit Versuchen für das elektrische Aufnahmeverfahren experimentiert.

Zu dieser Aussage finden sich jedoch keinerlei Quellenangaben. Ob dies stimmt ist uns nicht bekannt.
Verfügt hierzu jemand über weitere Informationen?

1924

Die VOX entwickelt ein eigenes elektrisches Aufnahmesystem.
Im Herbst (September) 1924 finden mit den Orchestern Künstlerkapelle Tino Valeria und Bernard Ette insgesamt 9 Einspielungen statt die elektrisch erfolgen. Zum Beispiel:

VOX 01695/252-AA Künstlerkapelle Tino Valeria
Serenade [Serenata] (Ständchen)

VOX 01731/305-AA Orchester Bernard Etté
Maybe She'll Write Me


Diese Aufnahmen kommen auch regulär in den Handel, werden aber weder als elektrisch aufgenommen gekennzeichnet oder beworben. Die Qualität war den akustischen Aufnahmen zu diesem Zeitpunkt noch unterlegen. Wohl arbeitet die VOX weiter an ihrem System, bis 1926 wurden jedoch keine weiteren, elektrischen Aufnahmen veröffentlicht.
Quelle: Rainer Lotz, VOX Schallplatten- und Sprechmaschinen-Aktiengesellschaft Link - Hier klicken


Trotzdem ist die VOX damit die erste Firma die in Deutschland eine elektrisch aufgenommene Schallplatte veröffentlichte.

1925

Die Deutsche Grammophon erhält vermutlich durch die AEG Zugang zu dem elektrischen Aufnahmesystem Light-Ray der amerikanischen General Electric.
Ab Mai 1925 finden sich in der Bestellnummern-Serie 19000 beginnend mit 19331 vereinzelt die ersten elektrischen Aufnahmen. Auch hier fällt es zu Beginn noch schwer elektrische von akustischen Aufnahmen zu unterscheiden.
Ab Herbst 1925 finden sich immer häufiger elektrische Aufnahmen.
Von Bestellnummer 19397 bis 19563 wurde der größte Teil elektrisch aufgenommen. Ab Anfang 1926 sind ein Großteil der Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon elektrisch. Komplett umgestellt wird jedoch erst im September 1926. Der Übergang erfolgte bei der Firma recht langsam. Auch wenn das neue System längere Zeit auf den Etiketten nicht vermerkt (und auch nicht beworben) wird, ist die Deutsche Grammophon die erste Firma die in Deutschland regelmäßig ab 1925 elektrische Aufnahmen veröffentlichte. Siehe dazu auch: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon

1926


  • Januar bis März:
    Viele Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon erfolgen elektrisch, werden jedoch nicht als solche beworben.


  • März 1926
    Die Homophon mit der Marke Homocord erhält durch Geschäftsbeziehungen zu der englischen Columbia Zugang zu deren elektrischem Aufnahmesystem der Western Electric. Vermutlich im Februar 1926 erfolgen die ersten elektrischen Aufnahmen in Berlin. Im März 1926 kommt die Homocord mit diesen auf den Markt und bewirbt sie auch: Homocord Electro - Elektrisch aufgenommen!

    14. März 1926

    Link - Hier klicken


    Leider (trotz des System der Western Electric hinkt die Qualität der Homocord denen der Columbia sehr hinterher. Trotzdem war die Homocord die erste Firma die das neue elektrische Verfahren auch als solches bewarb!


  • März 1926
    Im gleichen Monat, eröffnete eine neue Firma in der Leipziger Straße 23 in Berlin ihren repräsentativen Verkaufssalon: die Electrola Gesellschaft.
    Dahinter steckte die englische HMV die in Deutschland die Marke "Die Stimme seines Herren", bzw. das "Hund vor Grammophon" Logo nicht verwenden durfte. Ausschließlich zur Vermarktung ihrer elektrischen Aufnahmen wurde für Deutschland hierzu das Electrola Label gegründet.

    Im Frühjahr 1926 waren noch viele der elektrischen Aufnahmen im Electrola Katalog übernahmen von englischen oder amerikanischen Matrizen. Ab wann die Electrola genau im Jahr 1926 mit eigenen elektrischen Aufnahmen in Berlin begann muss noch geklärt werden.


  • 14, Mai 1926
    Mit den Matrizen 33360-33364 werden die ersten elektrischen Aufnahmen bei der Lindström auf Beka gemacht. Diese Sitzung findet jedoch in London statt!
    Die Lindström verwendet ebenfalls das System der Western Electric. Siehe dazu auch: Link - Hier klicken


  • Juni 1926
    Die VOX hatte ihr eigenes System seit 1924 verbessert. Im Katalog Juni 1926 werden die ersten elektrischen Aufnahmen beworben.
    Die erste (veröffentlichte) elektrische Orchesteraufnahme seit 1924 ist:
    VOX 8185/602-BB Tanz-Orchester Nikolay Rimsky
    Cecilia (Foxtrot und Charleston)

    Quelle: Rainer Lotz, VOX Schallplatten- und Sprechmaschinen-Aktiengesellschaft Link - Hier klicken


    Auch wenn das eigene System der VOX nicht mit dem der Western Electric mithalten konnte, wurde das neue Verfahren entsprechend beworben. Zunächst ebenfalls mit Elektrische Aufnahme, dann mit Electro-Vox.



  • 7. August 1926
    Die Aufnahme-Apparaturen wurden nun bei der Lindström in Berlin aufgebaut.
    Beka Matrize 33408 ist die erste elektrische Aufnahme in Berlin, 7. August 1926.
    Auf Parlophon startet das elektrische Verfahren bei Matrize 8860 am 27. August 1926.


  • September 1926
    Alle Neu-Aufnahmen der Deutschen Grammophon erfolgen nun ausschließlich elektrisch.


  • Herbst 1926
    Als letzte der Alteingesessenen deutschen Plattenfirmen kommt die Isiphon auf dem Label Electrocord mit elektrischen Aufnahmen auf den Markt. Es handelte sich um eine eigene Entwicklung des elektrischen Aufnahmeverfahrens. Oft jedoch mit recht "durchwachsenen" Ergebnissen.
    Als Warenzeichen wurde Electrocord bereits am 15. März 1926 beantragt. Die ersten Veröffentlichungen ab Matrize 7490 etwa im September 1926.
    Quelle: Enrico Pigorsch, Die Isi-Werke Leipzig Link - Hier klicken




    Aufnahmen erfolgten zunächst ausschließlich in Leipzig. Folgendes Bild stammt aus Leipziger Illustrierte, 1927. Möglicherweise zeigt es das System der Isiphon.



[ Bearbeitet So Jun 24 2018, 11:50 ]
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Musikmeister
So Jan 19 2014, 19:27
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⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
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Beiträge: 1078
Grammophonteam schrieb ...


Ab Mai 1925 finden sich in der Bestellnummern-Serie 19000 beginnend mit 19331 vereinzelt die ersten elektrischen Aufnahmen. Auch hier fällt es zu Beginn noch schwer elektrische von akustischen Aufnahmen zu unterscheiden.



Die niedrigste Bestellnummer der 19er 30cm-Grammophonserie ist sogar schon die Bestellnummer 19329 (Efim Schachmeister = Die süßen Kätzchen/In den Sternen steht´s geschrieben), diese taucht im Grammophon-Katalog vom Januar 1928 als niedrigste auf (dieser Katalog listet nur elektrische Aufnahmen).
Erschienen im Mai 1925, aufgenommen ca. März 1925.
Leider habe ich diese Platte nicht und im Lotz sind leider die Matrizennummern zur Platte nicht vermerkt.
Im Vergleich zum "normalen" Grammophon-Katalog von März 1927 kann man mit diesem Zusatzkatalog schön sehen, welche bereits elektrisch aufgenommen wurden (also eine be-Matrize haben).
Als be 1 konnte ich in der Lotz-Diskographie den Foxtrot "Moreska" (mit Paul Godwin auf Grammophon 19335) ausfindig machen.
Diese frühen elektrischen Aufnahmen wurden dann auch auf den aktuellen Polyphon-Platten benutzt.
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Meine bisherige erste Grammophon-Platte mit einer be-Matrize ist be 26 "By the Mississippi", aufgenommen auch ca. im März 1925 und erschienen im Juni 1925.
Hier zu sehen als Pressung aus 1925 sowie als Nachpressung im ersten Halbjahr 1927 (ohne Polyfar-Vermerk).
Anhand der Stampernutzung kann man gut erkennen, wie häufig die Platte gepresst wurde und sich scheinbar auch ordentlich verkauft hat.
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Starkton
So Jan 19 2014, 20:27
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
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Beiträge: 1881
Grammophonteam schrieb ...

Ab Mai 1925 finden sich in der Bestellnummern-Serie 19000 beginnend mit 19331 vereinzelt die ersten elektrischen Aufnahmen.

Das Datum "Mai 1925" für die ersten Aufnahmen der Deutschen Grammophon-A.G. erscheint realistisch. Auch die Gramophone Co. in London, welcher am 24. Dezember 1924 erstmals nicht autorisierte Pressungen nach dem Westinghouse-Verfahren vorlagen, experimentierte im Frühjahr 1925 mit elektrischen Aufnahmen in ihren extra dafür eingerichteten Studios A und B.

Die ersten "richtigen" Tests der Gramophone Co., eine Handvoll unveröffentlichter Piano- und Gesangsaufnahmen, entstanden am 29. April [mx. Bb 6074 - Bb 6077]. Eine Orchesteraufnahme, ebenfalls nicht veröffentlicht, folgte am 4. Mai 1925 [mx. Bb 6083, Take 3].

Danach wurden die Ergebnisse offenbar gründlich ausgewertet, denn erst ab dem 22. Juni 1925 ist wieder ein, dann allerdings kontinuierlicher, Einsatz des neuen Verfahrens belegt.
[Quelle: Alan Kelly, The Gramophone Company Limited. His Master's Voice. Matrix Series Prefixed Bb/Cc, August 2000]
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GrammophonTeam
Mo Sep 01 2014, 00:55
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⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
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Die Deutsche Grammophon "erprobte" ihr elektrisches Aufnahmesystem (ab c. Mai 1925) zunächst wohl ausschließlich an Tanzmusik-Platten, wie dieser Artikel von 1926 zeigt:

12. Juni 1926

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berauscht
Mo Sep 01 2014, 09:31
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Zum Bild oben: Dies zeigt nicht das Aufnahmesystem der Isiphon in Leipzig, sondern das der Deutschen Grammophon in Berlin.

Hier nochmal das selbe Bild:

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GrammophonTeam
Mo Feb 02 2015, 12:23
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⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
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