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Adolf Steimel und sein Organum-Orchester
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backrail
So Mai 06 2018, 11:31 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Feb 22 2016, 12:00
Wohnort: 63150 Heusenstamm
Beiträge: 7
Ich wüsste gerne, ob jemand etwas über die Bauart der vom Organum-Orchester verwendeten Orgel sagen kann. Da Steimel wohl u.a. für das Odeon-Label gespielt hat, wäre die Odeon Welte-Orgel im Lindstroem-Studio eine Möglichkeit, zumal die Aufnahmen deutlich vor der Zerstörung des Studios am 18.03.1945 entstanden. Andererseits klingen einige der Titel nach Hammond, die ja auch nach 1935 auf dem Markt gewesen ist.
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Polyfar41
Mo Mai 14 2018, 20:45
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Feb 24 2017, 11:27
Wohnort: Frankfurt am Main / Berlin
Beiträge: 141
Hallo backrail.
die Frage kommt historisch gesehen wohl leider zu spät (keine Zeitzeugen mehr da?). Mir ist es auch nicht gelungen, irgendwo in der Literatur einen Anker zu finden, an dem ich eine Aussage festmachen könnte. Entweder war man in Deutschland ausreichend mit Wurlitzer- und Welte-Orgeln bestückt, vielleicht war der Hammond-Import aus USA auf Grund der politischen Situation in D. nicht gewollt oder sogar unmöglich. England z.B. hat vor 1945 zwischen 50 und 70 Hammonds aus USA importiert.
Die berühmte Tico-Tico Platte mit Ethel Smith an der Hammond entstand bei Decca in Los Angeles auch erst am 13.06.1944, d.h. selbst in USA hat es wohl eine Weile gedauert, bis Hammond Fuß fassen konnte, wenn man mal davon absieht, dass Henry Ford bereits bei der allerersten Hammond-Präsentation im April 1935 sechs Exemplare bestellt hat...
Auch der Organist Gerhard Gregor (der die Welte-Funkorgel von 1929 im Hamburger Funkhaus der damaligen NORAG, später NWDR spielte) hat erst 1950 eine Hammond spendiert bekommen. Das war im Radio überhaupt meine allererste akustische Begegnung mit einer Hammond. Auf der Messe in Hannover habe ich dann 1959 den nagelneuen "Sideman" von Hammond kennen gelernt, ein neben dem Organisten stehendes Holzgehäuse mit Lautsprecher und entsprechender Elektronik, die für Rhythmusbegleitung sorgte.
Aber nochmal zurück zum Organum-Orchester:
ich habe inzwischen mehr als ein Dutzend Aufnahmen mit Steimel und dem Organum-Orchester angehört, und nach meinem Empfinden höre ich da keine Hammond sondern vielmehr eine Kinoorgel heraus, so dass durchaus die "Große Odeon-Orgel" der Firma Welte bei den Aufnahmen eine Rolle gespielt haben könnte.
Diese Orgel wurde 1928 im Raum II bei Lindström aufgebaut.
Marcel Palotti (Pseudonym für Ernst Fischer) war da der Solist auf Odeon-Platten. Laut Aufnahmebuch sind seine Aufnahmen in diesem Raum II (das war der große Saal, der am 18.03.45 ausgebrannt ist) entstanden. Auch die Aufnahmen mit Steimels Organum-Orchester (zwischen November 1939 und Juni 1941) wurden lt. Aufnahmebuch im Raum II gemacht.
Mehr Erkenntnisse habe ich nicht gewinnen können, trotzdem denke ich, dass mit großer Wahrscheinlichkeit die Welte-Orgel auf den Platten zu hören ist.

Viele Grüße
Klaus
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backrail
Di Mai 15 2018, 17:06
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Feb 22 2016, 12:00
Wohnort: 63150 Heusenstamm
Beiträge: 7
Hallo Klaus,
ganz herzlichen Dank für Deine ausführlichen Informationen und Gedanken zur "großen Odeon-Welte". Es bestätigt meinen Verdacht. Dass ich da und dort Hammond zu hören geglaubt hatte liegt wahrscheinlich daran, dass die Welte Orgeln und ganz besonders die nicht reinen Kinoorgeln etwas anders klangen als man es von Wurlitzer und anderen gewohnt ist. Mit Kinoorgeln beschäftige ich mich seit über 40 Jahren. In einer Plattensammlung stieß ich kürzlich auf Adolf Steimel und das Organum-Orchester >Adolf Steimel und sein Organum-Orchester [1939 + 1940] (EMI Benelux IC 038 15 6290 1 M)< und ich muss immer alles ganz genau wissen. Dass Gerhard Gregor seine Hammond CV 1950 bekommen hatte, wusste ich nicht. Inzwischen ist sie seit Jahren aus seinem Büro hinter der Bühne rechts verschwunden. Die Welte-Funkorgel und einige Orgelfreunde dort kenne ich ganz gut, habe auch Schellack- und Vinylplatten von Gerhard Gregor. Das Herbstkonzert mit der Welte-Funkorgel in HH am 3.11. wird in diesem Jahr voraussichtlich von zwei guten alten Freunden bestritten: Hans-Uwe Hielscher aus Wiesbaden und Len Rawle aus England.
Für Hammond habe ich kein gutes Gehör. Vor ein paar Jahren kam mal eine Sammel-CD von Ethel Smith heraus. Die habe ich evtl. noch. Seit ich Schellack und Vinyl digital bearbeite, halte ich nicht mehr viel von CDs und komprimierten bzw. übersteuerten Signalen. Am meisten positiv hat mich an der Hammond C3 mit Leslie und PR40 bisher nur Ena Baga von einer Schallplatte, aufgenommen in der Buckingham Town Hall, begeistert. Mein derzeitiges Problem mit Hammond und elektronischen Orgeln besteht in einer Sammlung von rund 500 Alben, die ich mit einer Sammlung von Kinoorgelplatten übernommen habe und die weg müssen.
Grob geschätzt habe ich deutlich über 150 Kinoorganisten in meiner Sammlung, darunter natürlich auch Marcel Palotti solo und mit Wiener Bohème Orchester (= immer Odeon-Welte) und Ernst Fischer auf "unspecified Wurlitzer". Hammond schaffe ich in diesem Leben nicht mehr. Ursprünglich war die Orgel mit elektrostatischer Tonerzeugung von Laurence Hammond ja für den Gebrauch in der Kirche gedacht. Dass die Orgel so schnell und durchgreifend im Jazz und der weltlichen Musik Verbreitung fand, war anfangs ein eher unangenehmer "Nebeneffekt". Es wurden auch Hammond Orgeln (teilw. mit illuminated surround à la Compton Orgeln) unter dem Namen "LaFleur" an Kinos geliefert.
Danke auch für den Hinweis auf Aufnahmebücher. Ich nutze zwar schon eine ganze Reihe von Datenbanken für meine Recherchen, aber danach habe ich wohl noch nicht gesehen. Vor einiger Zeit habe ich in einer Datensammlung des Kings College in London Aufnahmedaten von Horst Schimmelpfennig an der Wurlitzer im Ufa-Palast am Zoo in Berlin gefunden. Das war die erste von zwei Wurlitzer Orgeln, die Werner Ferdinand von Siemens 1929 in North Tonawanda bestellt hatte und die der Ufa-Palast gegen eine deutsche Oskalyd ausgetauscht hat.
Ich will hier nicht länger langweilen. Für Fragen zu Kinoorgeln bin ich aber immer gerne Ansprechpartner. Ich habe viel und auch viele gute Kontakte mit Organisten.
Herzliche Grüße,
Thomas
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