Erich Borchardt

Erich Borchardt
auch Eric Borchard, Jazzmusiker
Saxophon, Klarinette, Gesang *27. Februar 1886 in Berlin; †Juli/August 1934 in Amsterdam



Jazz-Band

Der neueste Berliner Rummel
(März 1921)


Berlin wird jetzt mit sogenannten Jazz-Bands überschwemmt. Das sind Musikbanden, die abends oder auf den Fünfuhrtees gewisser Dielen im Westen zum Shimmyrummel aufspielen. Was ist aber Shimmy und was ist eine Jazz-band? Shimmy (auch Jimmy genannt) ist der neue Verrenkungsschritt der Berliner, den jeder Tango-Jüngling mit Schmalztolle und Monokel, will er auf der Höhe der Zeit stehen, beherrschen muß.

Die Grundlage zu diesem importierten Negertanz besteht in einer Verrenkung der Beine. Die höchste Vollendung im Shimmy hat man aber erst dann erreicht, wenn man durch Zusammenklappen der Hacken und Klappern der einzelnen Knöchel das Jazz-Band-Orchester rhythmisch verstärkt. Dieses Orchester besteht gewöhnlich aus drei oder fünf Musikern (im Text Engländer oder Franzosen), von denen der eine das Klavier mit Händen oder Füßen, Armen und Beinen (Fred Ross?) bearbeitet. Der andere dagegen blässt die K l a r i n e t t e und läßt hierbei alle Register auf einmal ertönen...

Die Tänzer fallen bald mit dem Oberkörper nach rechts, bald nach links um und markieren dabei mit den Schultern sensible Zuckungen. In New-York, der angeblichen Geburtsstätte des Shimmy, wird dieser Tanz mit Vorliebe in Apachenkreisen von Negern und sonstigen "Wilden" getanzt. Das genügt, scheint es, für manche Kreise in Berlin, ihn als "mondän" auszurufen.
Berliner Tageblatt, März 1921


Es lässt sich natürlich nicht mehr nachvollziehen welche "Jazz-Band" Im Frühjahr 1921 in Berlin hier der Autor beschreibt. Das auch ein Klarinettist erwähnt wird, macht die Borchard-Band zumindest nicht unmöglich. Anfang 1921 war der "Jazzer" Borchard eine kleine Sensation in Berlin - was auch bald zu Schallplatten-Aufnahmen führte. Nicht zu unrecht bezeichnet man Eric Borchard als einen "Jazz-Pionier" in Deutschland. Im Gegensatz zu vielen anderen Kapellmeistern fühlte er sich dieser neuen Musik eng verbunden und versuchte Zeit seiner (kurzen) Karriere dem Publikum konsequent echte "Jazz-Musik" zu bieten. Ob man seine Musik rückblickend als Jazz bezeichnen mag - dies muss jeder für sich selbst entscheiden. Für die damalige Zeit war Eric Borchard und seine Musik quasi "Hardcore-Jazz", inklusive aller negativen Attribute die man damit in Zusammenhang brachte. Schon recht früh (1910) geriet Borchard mit dem Gesetz in Konflikt, rückblickend auf sein Leben könnte man meinen, er sei größtenteils "auf der Flucht" gewesen. Zunächst vor dem Gesetz, dann mittels Drogen vor sich selber. Sein Leben würde eine gute Grundlage zu einem Roman abgeben: Ein genialer Jazz-Musiker zwischen Drogensumpf, glitzernder Welt der Tanzsäle und besserer Gesellschaft (der er nie angehörte), Halbwelt-Milieu am Rande dieser, fahrlässige Tötung der vermutlich Geliebten um letztendlich, in irgendeiner Konsequenz, an den Folgen seines Drogenmissbrauchs zu sterben...

04.09.2014

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