Belle Davis und ihre Piccaninnies

Vielen Dank an Dr. Rainer Lotz Link - Hier klicken für die Erlaubnis auf seinen Artikel im ARSC Journal zurück zu greifen.
Die Biographischen Angaben basieren auf Forschungsarbeiten von Hr. Lotz


Belle Davis


Autogrammkarte Sammlung Rainer Lotz


Belle Davis war eine Afroamerikanische Sängerin, Tänzerin, Entertainerin und Leiterin einer Künstlergruppe die zwischen 1901 - 1929 häufig in Europa und auch Deutschland auftrat.
Nicht nur machte sie bereits 1902 Plattenaufnahmen, auch trat sie schon zu Beginn des Jahrhunderts vor einer Filmkamera auf.
Trotz dieser außergewöhnlichen Stationen ihrer Karriere bleibt vieles über ihr Leben im dunklen.


Belle Davis - Just Because She Made Dem Goo Goo Eyes
1902





Zur besseren Ansicht bitte Platte anklicken!




Berliner Record 3245/4643e
London, c. Mai/Juni 1902

.


Belle Davis wurde in New Orleans, Louisiana vermutlich zwischen Juni 1873 und September 1874 geboren. Zuletzt hörte man von ihr in Paris 1929, vermutlich ist sie auch dort verstorben.

1901 kam sie mit ihrer Piccaninnies Truppe nach Europa, nachdem sie schon in den USA mit minderjährigen farbigen Kindern als Bühnennummer auftrat.

The New York Dramatic Mirror, 15. Juli 1899



In den USA hatte sich Davis schon den Namen "Queen of ragtime singers/Königin der Ragtime Sänger" verdient. Bereits 1891 trat sie in "The Creole Show" von Sam T. Jack auf.
Ab c. 1896 tourte sie mit ihrer eigenen Gruppe, den Piccaninnies
Die Piccaninnies tanzten Step und sangen zu ihren Darbietungen, ausserdem spielten sie häufig noch Mundharmonika sowie Trommel.

Bei ihren amerikanischen Auftritten musste sich Davis gelegentlich das Gesicht schwärzen um nicht für Skandale zu sorgen.
Auch Photographien von ihr belegen das sie sehr hellhäutig war.

1901 waren Bestandteil ihrer Bühnentruppe Irving "Sneeze" Williams (9 Jahre) sowie Fernandes "Sonny" Jones (7 Jahre).
In späteren Jahren auch noch Walter Humphrey, Archie Ware und Louis Douglas der später auch mit Josephine Baker auftrat und 1930 in zwei deutschen Spielfilmen mitwirkte Link - Hier klicken.



Piccaninnies


Um mit Piccaninnies auf Tournee gehen zu dürfen, brauchte man eine Sondererlaubnis der amerikanischen Regierungsbehörden - trotzdem wurden hierfür häufig Waisenkinder ausgenutzt.
Der amerikanische Jazztrompeter Arthur Briggs der ebenfalls einen Großteil seines Lebens in Europa verbrachte stellte aber fest, das dies bei Belle Davis nicht der Fall war.

Um die Jahrhundertwende (1900) fanden geschäftstüchtige Schausteller heraus, daß man bei geringem finanziellem Aufwande singende und tanzende Negerkinder in den europäischen Vergnügungsstätten vorführen konnte.

1896




Die Ausbeutung von Waisenkindern und anderen entrechteten Armen nahm solche Ausmaße an, daß die amerikanische Regierung Schritte unternahm, um nur noch Personen von nachgewiesener Ehrhaftigkeit für dieses Gewerbe zuzulassen.

Belle Davis und Bonnie Goodwin gehörten zu dieser letzteren Kategorie.




Anfang 1904 bereiste Bonnie Goodwin den Kontinent. Obige Abbildung entstand wohl in England.

Text & Bildquelle: Heisse Tanzmusik in Deutschland, Band 1, Rainer E. Lotz






Nachdem Davis am 6. Juni 1901 in Southhampton/England mit dem Dampfer "St. Paul" in Europa ankam, begann sie bereits am 10. Juni mit ihren ersten Tourneeauftritten. 1902 entstanden in London ihre ersten (und einzigen) Plattenaufnahmen für die Berliner Gramophone Company .

24.1.1902
1337 The Honeysucke and the Bee
Gramophone GC 3273

c. Februar 1902
15166 The Rainbow Coon (My Rainbow Coon)
Gramophone GC 3278, Zonophone X-43029

c. Mai/Juni 1902
4596a The Honeysucke and the Bee
Berliner 3244

4643e Just Because She Made Dem Goo Goo Eyes
Berliner 3245





Bis 1904 trat Belle Davis nur in England auf, danach folgten auch Auftritte auf dem europäischen Kontinent:

16. - 31.3. 1904, Wien Orpheum Theater
1. - 15.9. 1904, Düsseldorf Apollo Theater
1. - 15.5. 1905, Berlin Wintergarten
28.6. - 2.7. 1905, Paris Alhambra
2. - 8.10. 1905, Amsterdam Circus Carré
9. - 15.10 1905, Rotterdam Circus Variete
1. - 15.9. 1906, Hannover Mellini
19.9.1906, Berlin Circus Busch
25. - 30.9. 1906, Den Haag Scala
c. 10/11.6.1906, Paris Alhambra
6.12.1906 - 15.1.1907, Wien Apollo

Ende 1906 entstanden zwei Stummfilme mit Belle Davis.
Die Kurzfilme wurden vermutlich in Berlin für die Pathe gedreht:

Die schöne Davis (75meter) Pathé Film
Die schöne Davis mit ihren drei Negern (Belle Davis and her three Pickaninnies - 72meter)

Der erste Film wurde im Februar 1907 in Deutschland beworben als Naturaufnahme.
Der zweite Film taucht in deutschen Filmwerbungen bis 1911 auf.

Eines der Kinder in dem Film trat in Mädchenkostüm auf, um mit einem anderen Jungen in Anzug eine Cakewalk Parodie zu tanzen.

Alexander Johnson - 1920

Eines der späteren "Pickaninnies" mit Belle Davis.
Johnson dürfte um 1907 nach Europa gekommen sein.


Es folgten weitere ausgiebige Tourneen durch Europa. Diese führten Davis bis nach Sankt Petersburg/Russland.
Auch Deutschland war immer fester Bestandteil ihrer Auftritte.
Belle Davis trat letztmals 1913 in Deutschland auf; 16. - 30.11.1913 in Magdeburg, Central Theater.
Nach Kriegsausbruch beschränkten sich ihre Bühnenauftritte auf England.

1918 reiste Belle Davis in die USA, doch bereits 1919 kehrte sie nach Europa zurück.
Im Januar 1920 folgten Darbietungen im Pariser Alhambra.
Ab 1925 sah man Davis mit einer Revue im Casino de Paris - "Danses reglées par Bell Davis".
1929 sind Belle Davis letzte Auftritte in Paris belegt, danach verliert sich ihre Spur. Es ist möglich das Davis um diese Zeit in Paris verstarb;
1929 dürfte Davis um die 55 Jahre gewesen sein mit fast 40jähriger, kaum unterbrochener Reise und Bühnentätigkeit von den USA bis nach Sankt Petersburg.

In diesem (englischen) Artikel als pdf von Herrn Lotz sind die genauen Auftrittsaktivitäten von Belle Davis nachzulesen:
belle_davis.pdf

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