Billy Barton - Biografie

William "Billy" Barton

* ca. 1890; † unbekannt (vermutlich nach 1933)

Amerikanischer Orchesterleiter, Alt- und Tenorsaxophon, Klarinette, Gesang,
verbrachte einige Jahre in Deutschland und England


*1




Der Name Billy Barton ist dem Sammler deutscher Tanzmusik und Jazzplatten ein Begriff. Ob nun von seinen (meist kurzen) Einlagen im Orchester Marek Weber oder spätestens mit seiner eigenen Kapelle auf Ultraphon zwischen 1930 und 1932 (welche oft frühen Swing hören lässt) - Bartons Stil ist unverwechselbar und steht fast einzig in der deutschen Jazzlandschaft zwischen 1928 und 1932 da.

Umso weniger ist über die Person Billy Barton bekannt, keine Geburts- oder Sterbedaten, keine Passagierlisten oder amerikanische Volkszählungen, die Aufschluss über sein Leben geben könnten. Ein amerikanisches (Online-)Jazz-Magazin gibt den Geburtstag mit 31.12.1890 an - dieses Datum ist jedoch in keiner Weise bestätigt. Auch nur wenige, qualitativ eher schlechte Bilder sind von dem Musiker bekannt (bzw. lassen ihn vermuten). 1925 taucht er in der Szene auf - um 1932, fast wie ein Phantom, wieder zu verschwinden. Lediglich seine Plattenaufnahmen zeugen von diesem mehr als fähigen Musiker...


April 1929

*2


In dieser herrlichen Version des Schlagers "The Man I Love" spielt Billy Barton im "intimen Orchester" von Austin Egen, welches sich vermutlich aus Musikern des Marek-Weber-Orchesters zusammensetzt.


Nach Rainer Lotz (Der Jazz in Deutschland, Vol.1) sind erste Auftritte Bartons 1920 ausgerechnet in China belegt! Schanghai galt damals als Paris des Osten und wirkte auf einige frühe Jazz-Musiker sehr anziehend. Teilweise auch aus dem Grund, dem amerikanischen Wehrdienst zu entgehen... Aber auch hier findet sich in den (erhaltenen) Passagierlisten aus Amerika kein William Barton, auf den der "Steckbrief" ansatzweise passen würde. Über die Zeit nach 1920 ist nichts bekannt.

Erst 1925 taucht Billy Barton wieder auf - diesmal in Australien! Der amerikanische (aber in England aktive) Orchesterleiter Bert Ralton bereiste mit seiner Savoy (Hotel) Havana Band Ende 1924 zunächst Neuseeland, anschließend Australien. Hier stieß ein amerikanischer Saxophonist zu der Band - Billy Barton! In Australien entstanden mit der Band einige Aufnahmen. Ob Barton an dieser Aufnahmesitzung teilnahm, ist nicht bekannt.

Am 25. März 1925 eröffnete der Carlyon’s Ballroom in St.Kilda (Australien) wieder. In einer lokalen Zeitung wurde ein Photo des Orchesters abgedruckt - und damit auch das erste "visuelle" Zeugnis von Billy Barton (zweiter von rechts).

1925 in Australien






Der letzte Auftritt der Ralton Band in Australien war am 1. Oktober 1925, danach kehrte er nach England zurück. Im Schlepptau: Billy Barton.

Nach der Rückkehr spielte Bert Ralton jedoch nicht mehr im Savoy Hotel, sondern reiste mit seinem Orchester durch England. Im Frühjahr und Sommer 1926 entstanden für die englische Columbia unter dem Namen "Bert Ralton and his Havana Band" einige Aufnahmen, bei welchen Billy Barton als Tenorsaxophonist mitwirkte.

Leider tritt er bei den Aufnahmen nicht solistisch hervor. Ralton spielte selbst Saxophon, so waren gelegentliche Solis dem Orchesterleiter vorbehalten. Bei anderen Aufnahmen der "Savoy Havana Band" auf HMV unter Leitung von Reginald Batten wirkte Barton nicht mit!

Kurzfristig spielte Billy Barton im Frühjahr 1926 in der (Studioband) des musikalischen Leiters der Zonophone Bert Firman. Bei einigen der Aufnahmen ist Barton erstmals in kurzen Solis zu hören (wir setzen die Musikbeispiele jeweils kurz vor Beginn der Solis).

Januar 1926

Hier hören wir Barton am Tenorsax. im damals sehr beliebten Slap-tonguing-Stil.


März 1926

Barton ist bei dieser Aufnahme nur im Saxophon-Satz zu hören, legt sich aber selbst ein gutes Zeugnis über seine Satzarbeit ab!


Bert Ralton war wohl ähnlich reiselustig wie Billy Barton. Bereits im September 1926 verließ das Orchester (mit Billy Barton) wieder England. Ziel war diesmal eine ausgedehnte Konzertreise durch Südafrika.

Das Orchester setzte sich zusammen aus:
Jack Jackson (t), Ben Oakley (tb), Bert Ralton, Billy Barton und Allen Warren (cl, sax), Frank Compton (p), Joe Brannelly (bj), Bill Houghton (d).

Bert Ralton spielte gelegentlich Ukulele und Saxophon.

Die Tour verlief recht erfolgreich, im Januar 1927 spielte die Band in Rhodesien (heute Zimbabwe). Am 16. Januar 1927 kam es während eines Jagdausfluges der Orchestermitglieder und einiger Begleiter zu einem folgenschweren Unfall. Versehentlich löste sich ein Schuss aus dem Gewehr eines der Begleiter und traf den Orchesterleiter aus nächster Nähe in den Oberschenkel.

Der Posaunist Ben Oakley gab bei der späteren Vernehmung u.a. Billy Barton als Zeuge an. Die Verwundung war so massiv, dass Ralton noch auf dem stundenlangen Weg ins Krankenhaus verblutete und starb. Nach der Beerdigung Bert Raltons traten die Orchestermitglieder zusammen, um für die restliche Tournee einen neuen Leiter zu bestimmen. Die Wahl fiel auf Billy Barton!

Mit ihm als Bandleader erfüllte man die restlichen Verträge und kehrte im Frühjahr 1927 nach England zurück. Unter dem Einfluss der so unglücklich ausgegangenen Reise löste sich das Orchester in England auf und die Musiker gingen jeweils ihrer eigenen Wege.

Billy Barton kehrte wieder als Studiomusiker zu Bert Fireman und der Zonophone zurück. Sowohl unter dem Namen "Bert Firman", als auch "The Rhythmic Eight" nahm Barton im Laufe des Jahres 1927 an einigen Aufnahmen teil. Immer häufiger wechselte Barton vom Tenorsaxophon zum Altsax.

November 1927

Bei dieser Aufnahme vom November 1927 ist Bartons unverwechselbarer Stil am Altsaxophon voll ausgeprägt. Möglicherweise spielt er auch die Klarinette gegen Ende


Neben der Arbeit als Studiomusiker spielte Barton auch gelegentlich in der "anderen" Savoy Havana Band unter Leitung von Reginald Batten. Möglicherweise ist er bei manchen Aufnahmen des Sommer und Herbst 1927 des Orchesters dabei. So könnte er z.B. das gute Baritonsaxophon auf "Miss Annabelle Lee" Link - Hier klicken vom September 1927 auf HMV spielen.

Die Savoy Havana Band als auch die noch berühmteren Savoy Orpheans standen unter gleichem Management. Häufiger "wechselten" Musiker zwischen den beiden Bands. Reginald Batten übernahm Ende 1927 die "Orpheans". Zeitgleich beschloss der Manager der beiden Bands - ein gewisser Mr. de Mornys -, für Gastspiele in Deutschland und anderen Ländern des Kontinents eine "neue Orpheans Band" zusammenzustellen. Diese setzte sich aus verschiedenen Musikern beider Orchester wie auch einigen "Gastspielern" zusammen. Ungefähr die Hälfte der Orchestermitglieder waren Amerikaner.

Zu Jahresbeginn 1928 erreichte die "Original Orpheans Band (from Savoy Hotel, London)" Berlin.
Die geneigte Zuhörerschaft in Berlin konnte ja nicht ahnen: Die Orchesterzusammenstellung spielte in dieser Form nie im Savoy Hotel! Dabei war wieder ein unternehmungslustiger Billy Barton!


Quelle: Europeana Link - Hier klicken

Teddy Sinclair (vln, musik. Leiter): Frank Guarante, Max Goldberg (tp), Tony Thorpe (tb), Billy Barton (cl, ts), Charles Remue, Eddie Bave oder Teddy Kline (cl, as),
George Hurley, Cyril Hellier (vln), Caroll Gibbons (p, Dirigent), Frank Herbyn (p), Bert Thomas (bj, git), Tiny Stock (bb, sb), Laurie Huntingdon (d)


Am 13. März 1928 nahm die Band für Homocord neun Titel auf, nur acht Aufnahmen wurden veröffentlicht. Die Platten verkauften sich wohl nicht sehr gut und sind heute leider nur selten zu finden.

An dieser Stelle ein Hinweis auf eine "Ungenauigkeit" in der Discographie von Horst Lange: In dieser wird Billy Barton bereits ab 1927 bei einigen Aufnahmen Marek Webers und anderer Orchester geführt. Barton befand sich zum Zeitpunkt der fraglichen Aufnahmen jedoch entweder noch in Südafrika oder in Aufnahmestudios in London... Andere Discographien (nicht Lange!) führen Barton bei einigen Aufnahmen der Alex Hyde Band 1924/25 in Berlin. Dies ist schlicht falsch.


Die "Original Orpheans Band" zog weiter, Billy Barton blieb jedoch in Berlin. Was nun begann, war möglicherweise die längste "Sesshaftigkeit" in Bartons Karriere als Musiker. Er sollte Berlin und Deutschland erst vier Jahre später (Anfang 1932) wieder verlassen.

1927
Wie es scheint verbrachte Barton seine Laufbahn als Musiker außerhalb Amerikas - und damit (von Schallplatten abgesehen) abgeschnitten von der musikalischen Entwicklung im "Heimatland" des Jazz. Hier stellt sich im nach hinein natürlich die Frage: Gab es musikalische Vorbilder für Barton? Wenn, hätte er andere Saxophonisten größtenteils nur von Schallplatte "studieren" können. Nun dürfte aber auf den Stationen seiner Reisen wie China, Australien, Südafrika die "Versorgung" mit Jazzplatten aus den USA nicht sehr gut gewesen sein. Es ist daher davon auszugehen, dass Barton seinen Stil weitestgehend selbst entwickelte.

Billy Barton spielt in einer Art, die zumindest an den Saxophonisten Frankie Trumbaur erinnert. Er scheint ein weiches Blatt im Mundstück zu verwenden, um seine Solis mit sehr viel Luft spielen zu können. Dazu nutzt er meist das höhere Register seines Instruments. Auf seinen Stil treffen Beschreibungen wie "melodisch" und "singend" sehr gut zu. Im Gegensatz zu vielen anderen Saxophonisten der zwanziger und frühen dreißiger Jahre ist seine Spielweise sehr leicht und fast lyrisch. Auch Johnny Hodges (Ellington Orchester) ist ein (früher) Vertreter dieser Spielart des Holzblasinstrumentes. Was die Luftigkeit und Leichtigkeit Bartons Spiel ausmacht nimmt Züge dessen voraus, was später in den dreißiger Jahren Lester Young in den USA berühmt machen sollte.






Zunächst arbeite Barton (wie zuvor in England) in Berlin als Studiomusiker. Eine genaue Aufstellung all seiner Aufnahmen ist nicht möglich, da schlicht die Unterlagen nicht mehr existieren. Jedoch ist seine Spielweise am Saxophon so charakteristisch, dass man ihn gut erkennen kann.

Neben anonymen Aufnahmen unter der Bezeichnung bzw. als "Tanzorchester" u.ä. auf teilweise kleineren Kaufhausplatten soll Barton bei verschiedenen Sitzung folgender Orchester mitgewirkt haben: BILLY BARTHOLOMEW (Dt Grammophon, Sommer 1928), MITJA NIKISCH (Parlophon ab Sommer 1928) und manchen mehr. Er war zu keinem Zeitpunkt festes Mitglied eines dieser Orchester! Bei der einen Einspielung mag er mitgewirkt haben, bei der nächsten wieder nicht... Dazu bergen die Orchesterangaben in den zwanziger Jahren zu viele Ungenauigkeiten, da diese häufig auf reinen Vermutungen beruhen. Es muss also bei jeder einzelnen Aufnahme durch einen Hörvergleich die Teilnahme angenommen oder ausgeschlossen werden.

September 1928


23. April 1929


Bei der ersten Aufnahme hören wir Barton am Tenorsaxophon (Beginn der Platte), anschließend bei der zweiten Nummer am Altsaxophon im letzten Drittel der Aufnahme.


Definitiv zu hören ist Billy Barton bei vielen Aufnahmen des Orchesters Marek Weber ab Sommer 1928. Um diese Zeit verpflichtete ihn Weber fest für sein Orchester. Barton ist nun bei den meisten Aufnahmen auf Electrola zu hören. Dabei bedient er nicht nur Solis auf Tenor und Alt, auch führt er häufig den Saxophonsatz oder Klarinettentrios. Neben seiner Arbeit als Solist, war Barton auch als Arrangeur für das Weber Orchester tätig: Er überarbeitete komplett die Saxophongruppe. Während seiner Zeit bei Weber prägte sich auch der typische Orchesterklang dieser tollen Kapelle aus. Erst durch seine Arrangements sind z.B. dreistimmige Klarinettenpassagen zu hören.

Mitte 1929 nimmt ihn dann Julian Fuhs für sein Orchester unter Vertrag. Dies hindert Barton jedoch wohl nicht weiter seiner Studiotätigkeit nachzugehen. Manche Passagen bzw. Saxophonspieler auf anonymen Kaufhausplatten der Zeit erinnern stark an den bei Fuhs unter Vertrag stehenden Musiker.

Wir wissen nicht, wie lange die Anstellung bei Fuhs dauerte - Billy Barton ist (wenn auch nicht mehr so häufig) immer wieder bei Weber zu hören. Auch in einem Film (ohne Tonspur) vom Frühjahr 1930 des Weber Orchesters bei einem Gastspiel in Holland ist Barton zu identifizieren.

Januar 1930




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Kurz nach diesem "Film-Schnipsel" wird Barton tatsächlich exklusiv verpflichtet. Jedoch nicht von einem Orchesterleiter, sondern von einer ganzen Schallplattenfirma. Bereits seit Mitte 1929 ist der Saxophonist auf vielen Einspielungen bzw. Studioformationen des Küchenmeister-Konzern zu hören. Auf Marken wie Ultraphon, Orchestrola, Vocalion, Schlagerton usw. spielt er häufig unter Leitung von Theo Mackeben. Teilweise auch veröffentlicht als "Red" Roberts mir seinem Ultraphon Jazz-Orchester u.ä. Häufig bestehen diese Studioorchester fast ausschließlich aus englischen und amerikanischen Solisten. Außer den Aufnahmen der amerikanischen Lud Gluskin Band bieten um 1929/30 wohl kaum andere Aufnahmen soviel "US-Jazz" wie die Formationen um Barton und Mackeben bei der Ultraphon.

Anfang 1930 kommt es zu einer interessanten Begegnung mit dem (heute fast vergessenen) Komponisten Erwin Schulhoff Link - Hier klicken
Dieser bediente sich immer wieder Jazzelemente für seine Werke. 1930 entstand die Hot-Sonate für Altsaxophon und Klavier. Dieses gut 15-minütige Werk erlebte seine Uraufführung am 10. April 1930 am Sender Berlin. Im Studio: Schulhoff am Klavier, Billy Barton am Saxophon. Die Sendung wurde die folgenden Tage in Zeitungen wohlwollend kritisiert, der Saxophonspieler jedoch nicht namentlich erwähnt.

Neben weiteren Aufnahmen mit dem Julian-Fuhs-Orchester (welcher ebenfalls exklusiv für Küchenmeister/Ultraphon aufnimmt), entstehen im Februar 1930 die ersten Einspielungen unter eigenem Namen. In Erinnerung seiner Zeit in Australien und England setzt Barton quasi ausschließlich englische und amerikanische Musiker ein - und wählt einen (zumindest für ihn) bedeutungsvollen Namen für die Band:

Bill Barton mit seiner Havana Band Tim Cave (tp) Ben Pickering (tb) Billy Barton (cl,as,ldr) Harry Pohl (cl,as) Franz Feith or Teddy Kline (as) Theo Mackeben (p) Mike Danzi (g,bj) Charlie Schaefer (b) Eddie Kollis (d,vcl)
Berlin, Februar 1930
Louise Ultraphon A410
Excuse me, lady (vcl) "
Piccolo Pete (vcl) A411
Why was I born ? "
Sunny side up (vcl) A412
I may be wrong ( vcl) "


Es ist noch ungeklärt, ab wann Barton mit eigener Kapelle auch "live" auftrat. Im Oktober 1930 startete jedenfalls eine lange Serie von Aufnahmen (für Ultraphon) unter eigenem Namen.

Billy Barton mit Orchester / Billy Barton mit seinem Orchester / Billy Barton mit seinem Jazz Orchester :
Paul D'Hondt, Friedel Clements (tp) Ben Pickering, Henri Van den Bossche (tb) Billy Barton (cl,as,vcl, ldr) Franz Feith (as,bar,cl) Harry Pohl (ts,cl) Georg Haentzschel (p,arr) Frank Goedel (g,bj) Arthur Brosche (b) Dick Stauff (d)


Diese erschienen teils auch unter Pseudonymen auf günstigen Kaufhausmarken der Ultraphon wie diese beiden Stücke der Billy Barton Band:

Jazzorchester




Schlagerton ST-67 Orginal auf Orchestrola 2464 als
Orchestrola Jazzorchester
Berlin, ca. 20.10.1930
(20 cm Platte)


Zwischen Oktober 1930 und Februar 1932 entstanden allein unter eigenem Namen um die hundert Einspielungen. Hinzu kommt noch eine unbekannte Anzahl an anonymen Aufnahmen z.B. unter Leitung von Theo Mackeben auf Orchestrola, Vocalion usw. Daneben ist Barton auch immer wieder in Begleitensembles hinter Sängerinnen und Sängern zu hören. So bläst er wohl das grandiose Altsax-Solo bei Greta Keller "Wenn ich mir was wünschen dürfte" Link - Hier klicken vom Januar 1931.

Zu dieser sehr regen Aufnahmetätigkeit kamen nicht nur Auftritte im Rundfunk, Barton spielte nun mit seinem Orchester in den besten Adressen Berlins. Auftritte sind z.B. in der Villa d´Este belegt. Bald engagierte man die Band auch in das noble Eden Hotel, zuvor gastierte hier jahrelang Julian Fuhs - auch Oskar Joost mit seinem Orchester war fester Name in dem Hotel. Ebenso bediente sich das Cafe Berlin seiner Dienste. Dort legte mal wohl großen Wert auf erstklassigen Jazz: Zuvor spielten hier Bands wie Lud Glusin oder Sam Wooding.






Insgesamt steht die Barton Kapelle (der Orchesterleiter steuerte häufig die englischen Texte bei) 1931 recht einzigartig da. Vor allem anglophile Titel wie Kicking A Hole in the Sky Link - Hier klicken , Hullabaloo Link - Hier klicken oder She's a gorgeous thing Link - Hier klicken machen deutlich: Unabhängig der USA entwickelte sich in dieser Band eine frühe Form des Swing. Musikalisch braucht sich das Billy Barton (Jazz) Orchester hinter keiner internationalen Band verstecken. Vergleiche mit den Orchestern von Fletcher Henderson oder der Casa Loma Band um 1931 sind durchaus einen Gedanken wert!


Leider bricht genau an dieser Stelle die Geschichte von Billy Barton ab!

Die letzten Aufnahmen des Orchesters entstanden am 26. Januar 1932 für die Ultraphon. Dies war einige Wochen vor der Pleite der Firma. Der Nachfolger Telefunken veröffentlichte unter neuem Etikett die letzten Einspielungen des "Billy Barton Jazz Orchester", es entstanden aber keine neuen mehr. Anscheinend stand das Orchester für keine neuen Aufnahmen mehr zur Verfügung. Es folgten letzte Auftritte im Cafe Berlin und Haus Vaterland, dann verliert sich jede Spur von Billy Barton. In den Standardwerken ist zu lesen: Weiteres Schicksal unbekannt.

Wir bieten nun drei mögliche Ausgänge...
Zitat aus der CD-Serie "Der Jazz in Deutschland" von Rainer Lotz & Horst Bergmeier:
1932 verließ Barton Berlin und ging nach Wien. Hier schloß er sich Fred Clement und seinen 12 Solisten an... Billy Barton ist wahrscheinlich Anfang 1933 in die USA zurückgekehrt, wo sich seine Spur verliert.


Primo Angeli als auch Teddy Kleindin erwähnten in einem Gespräch mit Stephan Wuthe, dass danach Billy Barton zur B.B.C. ging, um dort in der Programmgestaltung redaktionell zu arbeiten.
Franz Teddy Kleindin erinnerte sich, dass er mit Billy Barton noch im Olympia-Sommer 1936 auf der Treppe des "Jockey Club" in der Berliner Keithstraße gemeinsam mit Ernst Höllerhagen und Billy Bartholomew bei den Swingsession im Kellerclub als Saxophon-Quartett mitjammte.


Belege für beide (verschiedene) Abläufe sind uns nicht bekannt.
In dem Standardwerk "Who's Who of British Jazz" herausgegeben von John Chilton (2004) wird Billy Barton nicht als eigenständiger, englischer Musiker geführt.
Zumindest endet 1932 die Plattenkarriere von Billy Barton. Aufnahmen mit einem ähnlich klingenden Saxophonisten aus den dreißiger Jahren in Deutschland sind uns nicht bekannt.

Allerdings fanden wir diesen sehr interessanten Abriss in der Variety (mit das wichtigste Musiker- und Künstlermagazin in den USA das alle zwei Wochen erschien und regelmäßig auch von "abroad" berichtete - also von Künstlern oder Kollegen aus dem Ausland und Übersee):


Hochinteressant in dieser kurzen Mitteilung vom 19. Januar 1932 ist die Wortwahl "returns". Der amerikanische Orchesterleiter (z.Z. in Berlin) Billy Barton wird also im Februar (1932) nicht nach Chicago kommen, sondern zurückkommen! Es musste also bereits vor 1932 eine Verbindung von Barton nach Chicago gegeben haben. Ob diese Reise im Februar 1932 stattfand ist nicht bekannt. Zumindest findet sich kein William, Bill oder Billy Barton in den online einsehbaren Passagierlisten in die USA.

Deutlich macht der kurze Abriss aber: Der Amerikaner Billy Barton hatte vor, wieder in die USA zu gehen - auf welchen Umwegen auch immer.

Eigentlich wäre hier die Geschichte zu Ende - vielleicht aber...

Im Sommer 1939 gab die bekannte Orchesterleiterin Ina Ray Hutton ihr "All-Girl-Orchestra" auf und stellte eine neue Band zusammen - diesmal nur mit männlichen Kollegen. Anfang September 1939 stellte sie ihr neues Orchester vor und ging auf eine ausgedehnte Konzertreise durch die USA. Der Variety war dies wieder einige (kurze) Artikel wert. Am 2. September 1939 spielte das neue Orchester in New Orleans. Die Titelzeile liest: Ina Ray Hutton Orchestra with Bill Barton...



Zusammenfassend aus beiden Einträgen: Ein gewisser Bill Barton spielte Saxophon und sang mit dem neuen Orchester von Ina Ray. Bei Aufnahmen des Orchesters ab 1940 ist jedoch kein Bill Barton in den Discographien gelistet. "Jazz Records 1897 - 1942" von Brian Rust führt zwar den uns bekannten Billy Barton, jedoch keinen Bill Barton. Ob es sich bei dem genannten Bill Barton von 1939 um Billy Barton handelt ist natürlich unbekannt - weitere Dokumente fehlen. Zumindest sind die "Berührungspunkte" zwischen beiden auffällig. Bill/Billy, Sänger, Saxophonist...




Quellen: *1 "Bild Billy Barton" Rainer Lotz; *2 "Etikett und Tonspur" Wolfgang Hirschenberger; "Der Jazz in Deutschland Vol.1 (CD-Booklet)" Horst Bergmeier & Rainer Lotz; "BERT RALTON AND HIS HAVANA BAND" Jack Mitchell & Nick Dellow; "Die deutsche 78er Discographie der Hot Dance & Jazz Music" Horst Lange; "Wilbur "Wib" Kurz - His Early Career in Europe" Rainer Lotz, Storyville No. 77; Internet sowie eigene Recherchen. Vielen Dank auch an Stephan Wuthe für seine Beiträge im entstehen des Artikels.


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