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Textbuch "Veritas" - Artistical Records - Walzen von 1904/05
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Autor Eintrag
stompy_de_luxe
Mi Aug 22 2012, 15:08 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 11 2012, 18:15
Wohnort: Wien
Beiträge: 122
Solche Textbüchlein sammle ich auch. Vor allem z. B. in den Molitor-Ausgaben findet man hier ein Fülle nahezu aller Schlagertexte der Zeit ...

Bemerkenswert finde ich allerdings dieses Textbuch, das gleichzeitig ein Walzenkatalog der Veritas-Phonographengesellschaft in Wien ist. Die Walzen sind nicht nur in numerischer Sequenz gelistet, sondern auch mit vollen Texten angeführt. Leider findet sich in dem Katalog kein Datum. Ich schätze ihn aber auf ca. 1904, 1905. Die meisten der Originalwalzen dürften wohl verschollen sein, was schade ist. Denn in diesem Katalog finden sich Namen, die Sammler aller möglichen Gebiete, von Oper über Kabarett bis zum Wiener Lied aufhorchen lassen: Leo Slezak, Else Bland, Laura Hilgermann, Carl Streitmann, Karl Meister, Elise Elizza, Bertha Kiurina, Richard Waldemar, Heinrich Eisenbach, Hansi Führer, Anton Moser und zig andere, heute großteils völlig vergessene Künstler ...








[ Bearbeitet Di Dez 28 2021, 21:06 ]
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joha
Mi Aug 22 2012, 17:17
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Das erscheinen der Schlager und Texte in diesen Heftchen sind nicht mit den Ausgaben von Schallplatten identisch viele Titel waren schon eher da, eh sie auf Platte oder Walze erschienen,deshalb weichen die Zeiten auch von einander ab.
Gruss joha
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Starkton
Mi Aug 22 2012, 17:40
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Ich erblasse vor Ehrfurcht! Ein tolles Textbuch. Will haben :)

Das merkwürdige Mischprodukt aus Grammophon und Phonograph auf der Rückseite hat sich Victor Paul Berger übrigens im Mai 1904 patentrechtlich schützen lassen. Seine Firma hieß anfangs Edison Import House, aber Thomas Alva Edison erreichte dass ihm die Führung dieses Namens Ende Dezember 1905 gerichtlich untersagt wurde. Berger hat die Firma dann in Veritas Import House umbenannt.

Eine Artistical-Originalwalze von Marianne Brandt ist mein (unerfüllbarer) Traum. Alle Artistical-Aufnahmen, bis auf diejenigen der mysteriösen Frau Brauneis und Herr Denk, von denen man noch nicht mal den Vornamen kennt, sind ab 1908 auf 28 cm Pathé Platten wiederveröffentlicht worden. Die sind ebenfalls nicht häufig - und einige, wie die von Marianne Brandt, praktisch unauffindbar.

Berger hat übrigens auch Edison-Goldgusswalzen kopieren lassen, die Ansage weggeschnitten, und unter seinem Firmennamen verkauft. Ich habe mal eine größere Anzahl von Artistical-Walzen auf Verdacht gekauft, leider waren keine wirklich tollen Künstler wie Slezak oder Hilgermann dabei, dafür aber einige Edison-Raubkopien.

Die Veritas Phonographenwalzenfabrik in Wien wurde übrigens im November 1908 durch eine Gasexplosion zerstört.

Zur Datierung: Elise Elizza ist offenbar drin. Sie hat ca. Oktober 1905 aufgenommen. Das Textbuch kann also frühestens Ende 1905 sein - unmittelbar vor der gerichtlichen Untersagung des alten Firmennamens Edison Import House.

Schau doch bitte trotzdem mal nach ob Mátray Dezsö und Sebeök Sára („Charlotte von Seeböck“) im Textbuch auftauchen. Die haben meines Wissens 1906 oder 1907 ihre Aufnahmen gemacht und sollten deshalb nicht drin stehen.

[ Bearbeitet Mi Aug 22 2012, 21:23 ]
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stompy_de_luxe
Mi Aug 22 2012, 20:04
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 11 2012, 18:15
Wohnort: Wien
Beiträge: 122
@Starkton,
Danke für all diese Zusatzinformationen zu V. P. Berger und der Veritas-Gesellschaft. Der Katalog enthält übrigens die Walzen Nr. 19000 bis 19498 (mit ein paar Auslassungen) sowie 38001 bis 38773 (ebenfalls hier mit noch mehr Auslassungen). Und ja, von Elizza sind 12 Walzen gelistet. Mátray ist nicht enthalten, Seeböck aber schon, und zwar mit sieben Walzen aus dem 38000er Block. Sie wird da drin "Charlotte von Sebeök" geschrieben.
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Starkton
Mi Aug 22 2012, 21:50
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Sebeök ist die ungarische Schreibweise. Ich hatte ihren Namen falsch geschrieben (jetzt verbessert). Laut deinem Textbuch ist 1906 oder 1907 als Aufnahmejahr für Charlotte von Seeböck offenbar nicht zu halten. Das bringt die Forschung weiter, da sich keine Artistical-Aufnahmebücher erhalten haben, und den Datierungen daher andere Quellen (Briefe von Künstlern, etc.) zugrunde lagen.

Was ich noch vergaß zu schreiben: Bevor Pathé mit den Schallplatten rauskam haben sie unter ihrem Namen Walzen mit Artistical-Aufnahmen veröffentlicht. Auf diesen Walze steht dann die Artistical-Nummer zusammen mit einer Pathé-Nummer. Die Artistical-Record Ansage blieb erhalten, es war also keine Piratenpressung sondern eine Kooperation zwischen Pathé und Artistical. Sicherlich vor dem Hintergrund dass Pathé die erste Firma in Europa war welche das revolutionäre Hartguss-Verfahren in ihrer Walzenfabrik einsetzte.

In den Pathé-Katalogen sind die Aufnahmen unter ihrer Artistical-Nummer aufgelistet. Ich habe einen Katalog von November 1905, Schwerpunkt französische Aufnahmen mit u.a. einigen wenigen Wiener Artistical-Aufnahmen im 19000er Block. Nach 19438 klafft eine Lücke, dann kommen mit 19638, 19658 und 19663 Orchesteraufnahmen. Bei Orchestern haben sie immer gleich eine ganze Menge von Titeln aufgenommen, deshalb ist 16498, die höchste Nummer aus deinem Textbuch, zeitlich vermutlich nicht weit entfernt.

[ Bearbeitet Mi Aug 22 2012, 21:57 ]
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Starkton
Fr Aug 24 2012, 00:07
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Sind eigentlich folgende Aufnahmen von Marianne Brandt im Textbuch: Trinklied aus "Lucrezia Borgia" und "Frühlingsnacht" von Robert Schumann.

Die sind sogar auf den Tag genau datierbar: 23. Dezember 1905.

Ich habe gerade eine alte amerikanische Auktionsliste durchgesehen und dabei ist mir eine Pathé-Platte mit einer Artistical-Aufnahme von Charlotte von Seeböck aufgefallen. Sie ist vom Auktionator tatsächlich auf 1905 datiert. Passt also.
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stompy_de_luxe
Sa Aug 25 2012, 19:43
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 11 2012, 18:15
Wohnort: Wien
Beiträge: 122
@Starkton: ich hoffe, mit diesen beiden Scans ist gedient bzw. sind die Fragen beantwortet ;-))






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PONOPHON
Do Dez 30 2021, 21:38
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 247
Als Hörprobe habe ich 2 Beispiele der Artistical Aufnahmen von Pathé Platten aufgenommen und verlinkt.
Die Seeböck stellt im letzten Drittel der Aufnahme ihren langen Atem unter Beweis.

Charlotte von Sebeök (Seeböck), Arie der Leonore aus Troubadour, Artistical Record auf Pathé
Link - Hier klicken

Elisa Elizza, Puppenlied aus Hoffmann´s Erzählungen, Artistical Record auf Pathé
Link - Hier klicken
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DGAG
Sa Jan 01 2022, 16:36

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 689
Ich finde Du hast die beiden Stücke sehr gut aufgenommen. Wie hast Du es gemacht?

Bei der Seeböck-Aufnahme zeigt es sich wie clever das Abspielen von innen nach außen gerade bei Arien ist. Da kommen die besonders effektvollen Töne nämlich oft ganz zum Schluss und bekommen bei Pathé richtig viel Rillenlänge.

Setzt der Saphir genau in der Mitte des Dorns auf? Wenn nicht, wie groß ist die Abweichung nach vorne bzw. hinten?
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PONOPHON
So Jan 02 2022, 07:22
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 247
Die Aufnahmen habe ich nur mit dem Smartphone gemacht, ohne Stativ wie man sehen kann… bei sowas bin ich nicht sehr versiert. Beim Pathephone Nr. 6, als auch beim Nr. 8 habe ich für die Aufnahme dieselbe, sehr schwere Concert-Schalldose verwendet, die original nicht zu diesen beiden Geräten gehört. Der Abstand zur Mittelachse war jeweils ca. um 1 cm zu kurz.
Grundsätzlich habe ich aber bei all meinen Pathephonen den Saphir auf die Mittelachse eingestellt, was man mit der Länge der Gummischläuche, die meist sowieso zu erneuern sind einstellen kann.
Übrigens habe ich erst kürzlich diese Platten als Konvolut mit vielen anderen sehr guten in Wien gekauft. Es war auch die „E LUCEVAN LE STELLE“ von Caruso dabei. Die hat allerdings so feine oder seichte Rillen, dass ich sie von meinen 11 Pathephonen nur auf dem MODELLE COQ (Reflex) spielen kann. (Ich finde diese Interpretation übrigens sensationell und konnte bisher nichts finden was daran herankommt, auch nicht Caruso selbst in der späteren Aufnahme.) Das Gerät hat auch die schwere Concert Schalldose und einen etwas feineren Saphir, sodass dieser in der Rille bleibt. Bei allen anderen Geräten rutscht an manchen Stellen der Saphir aus der Rille und dann weiter quer über die Platte (hinterlässt zum Glück keine Kratzer, wie das bei Stahlnadeln passiert). Es muss früher feinere Saphirstifte gegeben haben. Ich habe auch 21cm Platten, die kann ich überhaupt nicht spielen, da rutschen alle Saphire drüber. Bei denen ist aber das Plattenmaterial viel weicher und das hinterlässt sehr wohl Kratzer. Offenbar ging es auch dem Vorbesitzer schon so, ich habe diese Platten vor Jahren im Internet gekauft und viele davon hatten schon diese Beschädigungen. Meine Saphiersitfte sind zum Teil Original und zum Teil neu. Ich achte auch darauf, dass sie keine Flachstellen haben (das macht auch graue Rillen). Bei den 35 cm Platten ist das wieder anders, die Rillen sind größer und so abrasiv (liegt eventuell auch an der "Schnittgeschwindigkeit" aufgrund des Durchmessers), dass sie die Saphire abtragen. Daher spiele ich diese sehr selten.
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