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Berliner Platte: Möglicherweise von 1898?
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Gast
Sa Okt 13 2012, 15:55 Druck Ansicht
Gast
Hallo werte Kollegen,

in meiner Vorstellung hatte ich nachfolgende Platte schon erwähnt und es auch geschafft, sie halbwegs kenntlich zu fotografieren. Eingeritz ist ca. 2,5 cm oberhalb des Wortes "Come": 11-19.98

der Punkt hinter der 19 ist allerdings mittig.

Ich bin immer davon ausgeangen, daß dies das Aufnahmejahr sein müßte. Die Platte selbst ist "flexibel" und an den Ausbrüchen erkenntmann unter der Lupe helle Fasern. Daher hatte ich anfangs die Vermutung, es könne Hartgummi sein. Meines Wissens verschwanden diese Scheiben aber 1897.

Optisch gibt die Platte nicht viel mehr her, als das was Ihr seht. Entsprechend ist auch das, was man hört

Nu bin ich mal auf Eure Einschätzungen gespannt.

Grüße
MARKUS




[ Bearbeitet Sa Okt 13 2012, 15:57 ]
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Starkton
Sa Okt 13 2012, 16:23
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Du hast ganz recht. Die Platte ist am 19.11.1898 in London von Gurney Russell aufgenommen worden. Die Matrizennummer ist E 2155. Katalognummern gab es damals noch nicht. Aufnahmeleiter war Fred Gaisberg.

Alan Kelly, der die Aufnahmebücher der Gramophone Co. ausgewertet hat, listet Russell als Komiker. Er hat nur sehr wenige Aufnahmen gemacht. Über ihn ist mir weiter nichts bekannt.

Die Tonqualität ist dadurch eingeschränkt dass die Aufnahme nicht in ein Wachsmaster geschnitten, sondern mittels Ätztechnik auf einer Zinkplatte übertragen worden ist.

Bei den hellen Fasern handelt es sich um Füllstoffe die der Mischung aus Gesteinsmehl mit Schellack als Bindemittel zugesetzt wurden. Das können pflanzliche Fasern (Baumwollflock) oder auch Tierhaare sein. Einige der Pressungen aus dieser Zeit sehen richtig behaart aus. Die Fasern machen das Ganze auch etwas elastischer und bruchfester.

Kann sein dass dies ein Grund war sie beizumengen. Vielleicht gab es aber auch Nachschubprobleme von "gutem" Pressmaterial. Die Kunden haben den optischen Eindruck bestimmt nicht so toll gefunden. Das Auge hört mit, sozusagen.

Auch wenn die Platten seit Ende 1896/Anfang 1897 aus dem neuen Material bestanden, sind sie vom Hersteller damals noch eine Zeitlang als Hartgummi-Platten beschrieben worden. Die Kunden hatten sich daran gewöhnt und Hartgummi hatten einen guten Ruf. Die Gesteinsmehl/Fasern/Schellack-Mischung ist deshalb unter anderem auch als "Hartgummi-Imitation" beworben worden.
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snookerbee
Sa Okt 13 2012, 16:42
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676

Ich habe mal ein Negativ hergestellt, aber besser lesen kann man es wohl auch nicht.

Gleich mal noch eine Frage: In welcher Stückzahl wurden denn solche Platten wie diese hier hergestellt?

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Gast
Sa Okt 13 2012, 17:32
Gast
@Starkton
das haut mich um. Ich hab schon so oft versucht, hierzu Informationen zu bekommen. Alles Essig. Rein gar nix. Und denn kommst Du um die Ecke und.....Zack. Tausend Dank, mein Lieber. Die Vermutung des "Restbestandesverbrauch" was das Material anbelangt, hatte ich schon lange. Diese kleinen Fasern drücken sich leicht erhaben auch auf der Rückseite massenhaft durch. Davon mach ich jetzt aber keen Bild
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Gast
Sa Okt 13 2012, 17:41
Gast
Danke für die Kommentare und Fotos, sehr lehrreich, so ne Platte fehlt natürlich noch in meiner Sammlung, falls mal jemand eine übrig hat ...

Gruß, Gerhard
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Starkton
Sa Okt 13 2012, 18:21
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Freut mich sehr dass ich helfen konnte. Frühe Tonträger liegen mir besonders am Herzen.

Oberhalb des Aufnahmedatums ist übrigens ein spezieller Code eingeritzt der mit einiger Wahrscheinlichkeit Hinweise auf die verwendete Aufnahmeschalldose und den eingesetzten Aufnahmeschalltrichter gibt. Dieser Code ist noch nicht entschlüsselt. Auf vielen Platten ist er vollkommen unleserlich. Bei Deiner könnte man mit Hilfe eines unter Seitenlicht aufgenommenen Fotos vielleicht weiter kommen.

Für die Auflagenzahl kann man Daten der Victor Talking Machine Co. ab Mitte 1900 heran ziehen. Demnach schwankt sie stark, nämlich zwischen einigen Dutzend bis über Eintausend gepressten Schallplatten pro Pressstempel. Dafür sind zum einen Herstellungsprobleme (defekter Stempel), zum anderen sicher auch Marketinggründe Ausschlag gebend. Von manchen Aufnahmen hat man sich von Anfang an einfach nicht genug versprochen um sie in großen Stückzahlen zu produzieren.
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Limania
So Okt 14 2012, 10:25

⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mai 21 2012, 15:14
Beiträge: 1106
Hallo

Tolle Platte! Danke fürs zeigen und auch für die vielen interessanten Informationen. Ich finde diese allerersten Platten faszinierend und sehr schön, mit ihren eingravierten Daten. Vor allem der schreibende Engel gefällt mir :-)

LG Limania

[ Bearbeitet So Okt 14 2012, 10:29 ]
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snookerbee
So Okt 14 2012, 13:31
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676
Für die Auflagenzahl ...


Danke für die Zahlen. Es wäre auch noch zu überlegen, wieviele Käufer von Grammophonplatten es in dieser Zeit eigentlich gab. Wahrscheinlich war dieses Medium als relative Neuheit nicht gerade preiswert.
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