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Sidney Bechet & his New Yorkers im Haus Vaterland Berlin 1930
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Formiggini
So Jul 03 2011, 18:37 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Als "Eröffnungvideo" hatten wir zwei Stücke zur Auswahl, doch nur eines schaffte es auf die Startseite. Aber auch die "zweite Wahl" hat es verdient, mal aus dem Filmmenü hier ins Rampenlicht geholt zu werden...

Der Jazz klarinettist und Sopransaxophonist Sidney Bechet kam 1925 zusammen mit Josephine Baker als Teil der "Revue Negre" nach Europa. Erst 1931 kehrte Bechet nach Amerika zurück.
Zwischen 1925 und 1931 machte Bechet keine Plattenaufnahmen.
1929/30 spielte er mit seinen "New Yorkern" in Berlin. Es gibt zwar verschiedene Titel auf Tri Ergon, Homocord und Ultraphon mit (verschiedenen) "New Yorker Tanzorchester" - hierbei handelt es sich aber NICHT um die Bechet Band.
Man hatte es schlicht verpasst damals in Berlin diesen Jazzgiganten auf Platte aufzunehmen...

Es kam aber besser: Bechet spielte mit seiner Band in dem Film "Einbrecher" mit Lilian Harvey und Willy Fritsch!
Der letzte "Akt" dieses Filmes spielt in einer "Pariser Neger Bar" - tatsächlich entstanden diese Aufnahmen im Sommer 1930 im Palmengarten des Haus Vaterland in Berlin!

Hieraus stammt unser alternatives "Eröffnungsvideo" (im zweiten Teil mit einem weiteren, gern gesehenen Gast in Berlin :)

Aus dem Film: Ich lass mir meinen Körper schwarz bepinseln


Die komplette Bechetszene mit weiteren Titeln gibt es hier zu sehen
http://www.youtube.com/watch?v=jcI-pX_NDYs


Bechet ist auf dem Sopransaxophon zu hören, leider gibt es von ihm keine Nahaufnahme.
Aber wir bekommen eine gute Vorstellung, wie sich Bechet mit seiner Band damals "live" in Berlin anhörte.

Die New Yorkers sind in dem Film mit folgenden Stücken zu hören:
-Ich lass mir meinen Körper schwarz bepinseln
-Lass mich einmal deine Carmen sein
-Eine Liebelei so nebenbei
-Kind, dein Mund ist Musik

Der Tänzer ist Louis Douglas. Er kam ebenfalls 1925 mit der Revue Negre nach Europa. Douglas blieb bis 1933 in Deutschland, danach kehrte auch er wieder in die USA zurück. Er starb 1939 in New York.

Bechet wird weder in den Filmunterlagen noch im Abspann erwähnt. Der Film war ab 1933 verboten und galt als verschollen. Erst in den 1970´er Jahren tauchte im Moskauer Filmarchiv eine Kopie auf.

Für die Band, die man im Film sieht, gibt es verschiedene Besetzungsangaben:

? Gabriel (tpt), Jimmy Bell (tpt/clt/alt), Sidney Bechet (sop/clt), ?Friedrich Hollaender?(piano), ?Harald M. Kirchstein? (gtr), ?Mike McKendrick (bjo), ?Hans Holdt (tuba), Paul Delvi (dms)


alternativ fand ich eine weitere Angabe

Gabriel Dores, tp; Paul Buismann, tuba; Sidney Bechet, sop/cl; Lex van Spall, sax, gtr; Heinz Giehl, piano; William McAllan, bjo; Paul Delvi, dms

Hans Holdt an der Tuba kann ich mir nicht so recht erklären - ich kann in dem Film nämlich überhaupt keine Tuba sehen...

Ich habe versucht aus dem Film die Band ersichtlich zu machen - Bechet ist links neben dem Schlagzeuger zu sehen.












Ob es sich bei dem Pianisten wirklich um Friedrich Holländer handelt, lässt sich nicht sagen. Der Klavierspieler ist in dem Film entweder überhaupt nicht, oder nur von hinten zu sehen.
Holländer komponierte die Musik zu dem Film und war musikalischer Leiter der Aufnahmen - somit besteht zumindest die Möglichkeit.

Auch Mike McKendrick am Banjo ist eher zweifelhaft - mit diesem war Bechet in Paris in eine Messerstecherei verwickelt...

Beim letzten Stück "Kind dein Mund ist Musik" sind Greta Keller und Jo Sargent im Film zu hören. Die beiden nahmen das Stück auch für Ultraphon auf: http://www.youtube.com/watch?v=a-9UoVKIBuM

[ Bearbeitet Mi Jan 24 2018, 17:31 ]
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Mareko
So Jul 03 2011, 19:57
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jan 02 2011, 11:49
Beiträge: 109
Besten Dank Uli ! Bislang war ich noch nicht auf die Idee gekommen, in dieser wilden Szene aus "Einbrecher" Friedrich Hollaender am Flügel zu vermuten , weil er ja im Film in der "Neger-Band" mitspielte, durfte er regiemässig somit nicht erkennbar sein - Figur und Grösse würden durchaus passen. Wer singt da? Könnte es Oskar Sima mit (gespieltem) englischen Akzent sein? Er spielt im Film den Diener Amadée.
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Formiggini
So Jul 03 2011, 21:31

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
In "Storyville" - einem älteren Jazzmagazin stand das hier Joe Sargent singt.
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schellackplatte
So Jul 03 2011, 23:00
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Jun 23 2011, 11:33
Beiträge: 42
Hallo Uli, sieh Dir doch die Hände des Klavierspielers auf ca. 1:27 an. Ich glaube es sind Hände eines farbigen Musikers.
Gruß Willi
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Mareko
So Jul 03 2011, 23:07
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jan 02 2011, 11:49
Beiträge: 109
Wenn ich Joe Sargents sprachliche Artikulation und sein Timbre vergleiche, bei den wenigen Aufnahmen, die mir von ihm zur Verfügung stehen, mag ich das nicht ganz glauben. Wenn ich mir dagegen Oskar Sima's Stimme anhöre und zumal mir bekannt ist, dass er, zumindest während seiner Berliner Zeit, zu mancherlei Spässen aufgelegt war ... überigens hatte er später mit Lilian zusammen mit Fritsch und Kemp in "Glückskinder" auch das Huhn besungen. Allerdings bin ich kein Talent im Stimmen-erraten.
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Formiggini
Mo Jul 04 2011, 07:03

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
So - ich habe in den tiefen meiner Festplatte nochmal nach der Originaldatei des Filmes gesucht, in der Hoffnung bessere Nahaufnahmen zu erhalten.

Hier sind die Hände des Pianisten bei 1:27




Während der Szene ist der Pianist nur für Sekundenbruchteile zu sehen - fast immer ist er von den Tänzern versteckt. Viel anfangen kann man leider damit nicht...




In der letzten Musikszene (Kind dein Mund ist Musik) sieht man den Pianisten von hinten. Diese Szene gab wohl anlaß für die Vermutung, das es sich um Holländer handelt.





Leider ist auch Bechet nicht besser zu sehen. Zumindest kann man bei dieser Nahaufnahme sehen, das er sopransax und nicht Klarinette spielt.


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