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Nicu Vlădescu
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berauscht
Mi Dez 04 2013, 19:57 Druck Ansicht
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Nicu Vlădescu,

ist ein Name eines Orchesterleiters den man öfter auf Grammophon antrifft, vermutlich handelt es sich um ein Pseudonym.

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Formiggini
Fr Dez 20 2013, 19:59

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Ok, dann mal ein paar Vermutungen u.ä....

Der Wikipedia Eintrag zu Dajos Bela lautet:
Die Firma Carl Lindström AG, bei der er ab 1920 Schallplatten aufnahm (Marken: Odeon, Parlophon und Beka), verlangte einen ungarischen Künstlernamen: viele Schallplattenkünstler der Zeit trugen ungarische und rumänische Namen bzw. Pseudonyme (vgl. Take Banescu, Arpád Városz und Jenő Fesca bei Homocord, Giorgi Vintilescu, Nicu Vladescu und Joan Florescu bei Grammophon)

Gelegentlich findet man im Netz Nicu Vlădescu sei ein Pseudonym für Dajos Bela - und bezieht sich dabei auf eben diesen Wikieintrag.
Dort steht jedoch nicht das Vlădescu ein Pseudonym Belas sei, sondern das ungarisch und rumänisch klingende Pseudonyme zu der Zeit bei verschiedenen Plattenfirmen sehr beliebt waren (natürlich ebenso bei den Käufern).

Bela war während seiner gesamten Aufnahmetätigkeit der Lindström sehr treu - Bela auf Grammophon und Polyphon? Wohl eher nicht...

Um die Jahrhundertwende war ein rumänischer Musiker namens M. Vlădescu auch in Deutschland als "Panflötenkönig" recht beliebt. Ein verwandtschaftliches Verhältnis zu dem Musiker Nicu Vladescu auf Grammophon ist jedoch nicht bekannt.
Es zeigt aber die Beliebtheit für rumänische Musiker bereits vor dem ersten Weltkrieg.

Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


Nicu Vladescu taucht auf Grammophon erstmals um 1921 auf. Platten finden sich von ihm im Katalog bis c. 1926.
Ein Nicu Vlădescu ist zu keinem Zeitpunkt im Berliner Adressbuch verzeichnet.

Die künstlerische Qualität der Aufnahmen lässt auf einen ausgebildeten Musiker (Geige!?) schließen der zusammen mit einem eingespielten Ensemble musiziert.
Oft handelt es sich um populäre Tanzmusikstücke, auch aktuelle Tagesschlager aus den USA.

Ein Pseudonym ist sehr wahrscheinlich, da zu dem Namen auch keinerlei Werbematerial, Künstlerpostkarten oder ähnliches erhalten hat.

Wer käme bei der Deutschen Grammophon in Frage? Meiner Meinung nach am ehesten Efim Schachmeister - auch vom Klangbild des Orchesters und des Geigenspiels.

Dazu Livschakoff an anderer Stelle:

Meines Erachtens ist das in diesem Falle eher unwahrscheinlich, da Schachmeisters früheste nachgewiesene Aufnahmen mit den Matrizen 786 und 787 av vom Dezember 1922 stammen (Datum auf Testplatte).
Bei vorsichtiger Schätzung (damals in der entbehrungsreichen Nachkriegszeit entstanden nicht so viele Aufnahmen) müßte er ca. ein Jahr davor diese Aufnahmen eingespielt haben, und dann noch unter Pseudonym.


Ich persönlich halte dies nicht für so unwahrscheinlich. Auch Schachmeister war im Grunde ein "Pseudonym". Der eigentliche Familienname lautete wohl Chaissowsky. Eingedeutscht dann zu Schachmeister. Um 1919/20 nannte sich die Familie noch SchEchmeister. Siehe auch den Eintrag zu Efim Schachmeister
Da lag es seitens der Plattenfirma nahe, einem Musiker der noch auf "Namensfindung" war ein populäres Pseudonym zu verpassen.

Auf sehr frühen Veröffentlichungen liest sich der Name auf dem Etikett: Tanzorchester "Schachmeister" - den Namen in Anführungszeichen.
Auch die frühesten Aufnahmen von Paul Godwin auf Grammophon lesen sich noch "Tanzorchester Goldfein" - dann gab es eine Namensänderung.

Warum nicht auch bei Vlădescu/Schachmeister wenn es für die Plattenfirma opportun war?

Wie gesagt, reine Vermutung ohne Quellen zum Beleg....

Grüße
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Aristodemo
Fr Dez 20 2013, 20:16
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Jan 21 2012, 01:07
Beiträge: 426
Godwin lässt sich auf POLYPHON als "Sascha Elmo" hören, mit Anführungszeichen.
"Nicu Vladescu", da schwingt doch noch die Popularität eines Georgi Vintilescu vom "Palais de danse" mit. Rumänische Geiger waren eben sehr modern. Und die Käufer waren z.T. recht konserativ, das beweisen ja die Kataloge mit den immer wieder aufgelegten älteren Aufnahmen. Später wurden sie von Ungarischen Geigern verdrängt,
Dajos Bela tritt zuerst als "Geigenprimas" in Erscheinung und GRAMMOPHON kontert mit "Rose Petrösi" (auch ein Pseudonym?).

Grüße
Michael
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Musikmeister
Fr Dez 20 2013, 22:14
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1078
@Aristodemo: Das Orchester Willi Rose-Petösy gab es wirklich.

Für mich ist Nicu Vladescu auch ein Pseudonym. Zwischen Sommer 1920 bis Sommer 1922 entstanden ca. 70 Platten.
Kandidaten für dieses Pseudonym sind für mich Mischa Michailow oder Max Tauber. Diese beiden Künstler findet man ab Erscheinen von Nicu Vladescu auf Grammophonetiketten nicht mehr.
Erstaunlich auch die Beziehungen nach dem 1.Weltkrieg zwischen Grammophon/Polyphon und Parlophon. So hat Robert Gaden scheinbar zeitgleich für beiden Firmen Aufnahmen gemacht. Auf Parlophon nicht veröffentlichte Titel moderner Tanzmusik sind dann auf Grammophon erschienen. Michailow gibt es auch auf beiden Firmen. Marek Weber auf Parlophon hatte vor dem 1.Weltkrieg für Polyphon aufgenommen. Der könnte es vielleicht auch gewesen sein, bevor er später ganz "legal" auch bei Grammophon aufnahm.Hinter dem angeblichen Pseudonym könnten also auch ganz andere Künstler stecken.
Vielleicht kann man im neuen Senderportal die Aufnahmen der verschiedenen Orchester vergleichen und so den einen oder anderen Künstler ausschliessen bzw. neue "Verdächtige" ins Spiel bringen.
Ich bin dabei ...
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Musikmeister
So Dez 22 2013, 00:13
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1078
Habe bei mir heute diese Werbung für ein Musikhaus in Berlin gefunden. Im Original ist es ein Plakat von der Größe ca. 150 x 95 cm. Es stammt von einem Kunstmaler namens Robert L. Leonard.
Neben Kunstmaler war dieser wohl auch Orchesterleiter. So hat Leonard im November 1913 das Orchester des holländischen Pianisten Pieter Herfst geleitet, der wiederum bei Ladislaw Löwenthal sowie Willi Rose-Petösy gespielt hat. Alle Erwähnten gibt es auch auf Grammophon-Schellackplatten nach dem 1.Weltkrieg. Leonard hat schon während des 1.Weltkrieges ein Tanzpalast-Orchester für Plattenaufnahmen der Grammophon geleitet, welches entweder das Orchester des "Palais de Danse" oder des Metropol-Theaters bzw. -Palastes war.


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Fehlmann1960
So Dez 22 2013, 10:56
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Dez 19 2013, 15:39
Wohnort: CH- 4492 Tecknau
Beiträge: 445
Hallo

Hier eine weitere Grammophon; Nicu Vladescu, Tanz-Orchester: A: Eine kleine Freundin hat doch jeder Mann / B: En la Bombilla, Schottisch Espagnole (Aufnahme ca.1920) 12". Kürzlich auf einem Flohmarkt erstanden.
Gruss Thomas
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Formiggini
Mo Jan 25 2016, 23:22

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Im Juni 1972 wurde Paul Godwin der Kulturpreis der Stadt Hilversum, Niederlande verliehen. Die Zeitung "Nieuw Israelietisch weekblad" brachte dazu einen längeren Artikel mit Biographie zu Godwin heraus. Und dort findet sich dies...



Sinngemäß: Die Vielseitigkeit als Violinist verwirklichte (Godwin) in verschiedenen Ensembles: Paul Godwin und seine Solisten, die Vindobona Schrammeln, die Gruppen Nicu Vladescu und Sascha Elmö...

Bei den ersten Aufnahmen des Orchesters Vladescu 1920 war Godwin 18 Jahre alt. Auftritte in Deutschland sind seit 1917/18 belegt. 1920 soll ja auch sein Studium bei Willy Hess an der Berliner Hochschule für Musik begonnen haben - wo er Schwierigkeiten bekam, da er zum Gelderwerb Unterhaltungsmusik spielte...

Nun die große Frage: spielte Godwin in dem Orchester "Nicu Vladescu" für die Grammophon, oder war es ein Studioensemble unter seiner musikalischen Leitung? Einen Namen als "Wunderkind" hatte Godwin bereits 1920 - einen jungen Musikstudenten mit Ruf aber unter Pseudonym für die billige Unterhaltungsmusik zu engagieren, dürfte für die Grammophon in der Produktion günstig gewesen sein.

1972 dürfte der Name "Nicu Vladescu" sowie die Platten 1920/22 den niederländischen Zeitungslesern auch völlig unbekannt gewesen sein - also eher unwahrscheinlich, dass Godwin seine Biographie mit der Nennung des Namens "auf hübschen" wollte.
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Musikmeister
So Mär 13 2016, 16:35
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1078
Endlich mal eine Notiz aus dem Jahre 1922 mit einem Bild von Nicu Vladescu gefunden, also war es scheinbar doch kein Pseudonym von Paul Godwin.
Dieser meinte wahrscheinlich in dem holländischem Artikel siehe weiter oben sein Polyphon-Pseudonym Joan Florescu, welches in der Aufzählung nicht vorkam.
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