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Arthur Briggs - Heißer Jazz auf Grammophon
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Formiggini
Mi Aug 17 2011, 12:26 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578




Arthur Briggs ist dem deutschen Plattensammler vor allem geläufig durch seine Aufnahmen bei der deutschen Grammophon 1927 mit seinen "Savoy Syncopators Orchestra".

Der in späteren Jahren deutlich von Louis Armstrong beeinflusste (ohne seinen eigenen Stil aufzugeben) Trompeter ist in den USA fast unbekannt, was wohl auch daran liegt, das quasi seine gesamte Aufnahmetätigkeit in Europa stattfand.

Die Savoy Syncopators Aufnahmen stellen aber nur einen Höhepunkt in seiner Plattenkarriere dar, Briggs war bereits seit den frühen 20´er Jahren in Europa tätig.





Obwohl Briggs bis ins hohe Alter wohl ein sehr gutes Gedächtnis bewahrte, ist seine Herkunft nicht ganz geklärt Briggs machte sich wohl auch ein Vergnügen daraus, seinen Geburtsort zu verschleiern.

Einige Quellen geben St. George, Kanada am 9. April 1901 an, andere wiederum Charleston, South Carolina 1899.
Später erklärte Briggs, er sei in Afrika geboren, und im Alter von etwa sechs Jahren in die USA gekommen.

Neuere Forschungen ergaben, das Briggs in St. George, Grenada/Karibik am 9. April 1899 geboren wurde. Sein Vater soll von Grenada stammen, seine Mutter von Barbados.
Eine Passagierliste der SS Maraval vom November 1917 gibt einen James Arthur Briggs, Musiker/18 Jahre und 6 Monate an, der von Grenada nach New York reiste.

Es ist sehr wahrscheinlich, das es sich hier um "unseren" Arthur Briggs handelt. Laut den Einwanderungspapieren war Briggs von den West Indischen Inseln, reiste mit einem britischen Pass, und gab an, noch nicht zuvor in den USA gewesen zu sein.
Als Eltern werden angegeben James und Louisa Briggs.

Arthur Briggs erklärte später, er sei in Charleston, South Carolina aufgewachsen, und er habe das Trompetenspiel in einem örtlich Waisenhaus (dem Jenkins Orphanage) erlernt. Dies ist aber sehr unwahrscheinlich, auch gibt es im Jenkins Orphanage keinerlei Unterlagen zu Briggs.

Ein weiteres, musikalisches Mitglied seiner Familie war sein Cousin Pete Briggs, der 1927 als Tubaspieler auf den legendären "Louis Armstrong & his Hot Seven" mitwirkte.
Ab 1918 war Briggs in New York tätig, und fand Auftrittsmöglichkeiten durch den Clef Club. (Seine New Yorker Tätigkeit ab 1918 machen ein Geburtsjahr vor 1901 wahrscheinlicher er wäre zu diesem Zeitpunkt erst 17 Jahre alt gewesen.)

Im Februar 1919 fand Briggs erste Plattensitzung (auch seine einzige in den USA!) statt. Zusammen mit Dan Parrish am Klavier spielte Briggs zusammen mit der Wilbur Sweatman Jazzband auf zwei kleinen "Little Wonder Records" die Titel "A good man is hard to find" und "Lonesome Road".
Briggs gab noch weitere Plattensitzungen mit Swaetman an, diese blieben aber wohl unveröffentlicht.

Bereits im Jahr 1918 ergatterte Briggs einen Trompetenstuhl in dem bombastischen "Will Marion Cooks Southern Syncopated Orchestra" (Werbung aus der Zeit: "50 Musiker und Sänger – alles Stars!"). Mit diesem Orchester reiste Briggs im Juni 1919 nach London, und trat im August sogar im Buckingham Palast auf.

Nachdem Will Marion Cook in die USA zurückkehrte, blieben viele seiner ehemaligen Musiker in Europa, darunter auch Dan Parrish, Sidney Bechet und Arthur Briggs.
Im September/Oktober 1920 spielte Briggs in der Band des englischen Pianisten Teddie Garratt, den "Five Jazzing Devils"
1921 kehrte auch Briggs möglicherweise kurzzeitig in die USA zurück, Passagierlisten bestätigen dies jedoch nicht.

Briggs erstes, belegtes auftreten außerhalb des Southern Syncopated Orchestra war im November 1921 im Murray´s Club mit den "Five Musical Dragons" in London. Dort spielte er, u.a. mit Mope Desmond (p), George Lattimore (sax) und "Bobo" Hines (dr), allesamt ehemalige Mitglieder des Southern Syncopated Orchestra.
Weitere Auftritte fanden wohl im "Embassy Club" zusammen mit Sidney Bechet in London statt.

Im Mai 1922 finden wir Briggs in "Pollard´s Orchestra" im "Theatre de l´Alhambra" in Brüssel. Pollard war ein Schlagzeuger aus Chicago/USA, der bereits 1926 verstarb.
Im Juli/August 1922 spielte das Orchester im "Chez Pan", Ostend.

Laut Briggs nahm er 1922 in Paris für die Pathe einige Seiten mit den "Mitchell´s Jazz Kings" zusammen mit Crickett Smith auf. Diese Aufnahmen sind nicht bestätigt - aber möglich, da auf einigen dieser Aufnahmen ein zweiter Trompeter zu hören ist.
Auch bei "Mitchell´s Jazz Kings" wirkten viele ehemalige Musiker des Southern Syncopated Orchestra´s mit.

Herbst 1922 finden wir Briggs bei den "The Creole Five" des belgischen Schlagzeugers Gabriel Malal. Dieser stammt ursprünglich aus dem Kongo. Mit dieser Band trat Briggs im Herbst1922/Winter zu 1923 in Paris auf.

Im Frühjahr 1923 gründete Briggs in Belgien sein berühmtes "Savoy Syncops Orchestra", benannt nach dem damaligen Auftrittsort, dem "Savoy Hotel " in Brüssel. Diese erste Band bestand aus: Briggs (Trompete & Sopransax), Bertin Salnave (Flöte & Sax), Sidney ? (Klavier), Albert Smith (Banjo), Albert Refurt (Schlagzeug). Der Pianist wurde dann durch einen gewissen "Baboula" ersetzt, angeblich Ungarischer Herkunft.

Im Sommer 1923 wechselte das Orchester ins "Casino", Ostend/Belgien.
Den Winter 1923/24 spielte die Band wieder im Savoy/Brüssel. Dort erhielt Briggs ein Angebot für Auftritte in Spanien, und verließ seine Kapelle, ohne ersetzt zu werden. Während seiner Abwesenheit kam Egide Van Gils (Klavier) in die Band.
Im Herbst 1924 kehrte auch Briggs zu seiner Kapelle zurück, und eröffnete am 16. September 1924 im "L´Abbaye" Ostend/Brüssel.

Das Orchester bestand zu diesem Zeitpunkt ganz international aus:
Briggs (Kanada), Bertin Salnave (Haiti), Mario Scanavino (Saxophon – Italien), Egide Van Gils (Belgien), Alston Hughes (Banjo – Trinidad), Albert Refurt (Schlagzeug – Guadeloupe/Karibik)

Das Engagement dauerte bis ins zeitige Frühjahr 1925. Im Sommer 1925 spielte Briggs weiterhin in Belgien.
Etwa im Herbst/Winter 1925/26 reiste Briggs erstmalig nach Österreich, dort spielte er mit gleicher Besetzung in der "Weinburg Bar"/Wien.



Weinburg Bar

Hier noch zwei weitere, schöne Bilder aus der Zeit in Wien. Die Bilder sind teil eines sehr guten Artikels (in englisch) über Briggs von Rainer Lotz & Horst P. J. Bergmeier Link - Hier klicken

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In Wien kam der farbige, amerikanische Posaunist und Entertainer Earl Granstaff zur Band (Granstaff spielte zuvor bereits in der Eric Borchard Kapelle!). Ausserdem wurde der Schlagzeuger durch den Ungar Eugene "Chappy" Obendorfer ersetzt. Dieser änderte später seinen Namen in Jenö Orlay.

Mit dieser Besetzung spielte Briggs in Ungarn, und reiste dann weiter nach Istanbul/Türkei. Dort spielten sie im "Taxim Gardens".



In Istanbul

Von dort ging es zurück nach Wien, hier trat man wieder in der "Weinburg Bar" auf.
Im Sommer 1926 erhielt die Band dann ein Angebot aus Deutschland, am 1. Oktober 1926 eröffnete sie dann in der "Barberina"

Das Orchester bestand zu diesem Zeitpunkt aus:
Arthur Briggs (Trompete), Jean Naudin (Posaune), Mario Scanavino (Tenor sax, Violine), Georges Jacquemont (Alt sax, Klarinette), Egide van Gils (piano), Mike Engelen (Banjo), Chappy Orlay (Schlagzeug).

Im Januar 1927 machten die Savoy Syncops ihre ersten Plattenaufnahmen in Deutschland, zunächst für die Clausophon, im Februar 1927 dann für die VOX.
Im Juli 1927 startete dann eine rege Aufnahmetätigkeit für die deutsche Grammophon, die in über 45 Einspielungen gipfelte. Für viele der Grammophon Aufnahmen wurde noch der englische Gitarrist und Sänger Al Bowlly hinzugezogen, der aber kein reguläres Mitglied der Band war.



Bei dem für die Plattenaufnahmen hinzugezogenen Tubaspieler handelt es sich um Hans Holdt. Es ist bemerkenswert, das Briggs zu dem Zeitpunkt der Aufnahmen der einzige farbige Musiker in seinem Orchester war.

Briggs wirkte aber auch auf einigen anderen Plattensitzungen mit, so hören wir ihn auf Marek Webers "Cracy Words – Cracy Tunes" als Gastsolist.



Auch bei Gabriel Formiggini bereicherte er auf den Einspielungen "Heut ist die Käte ete-petete," und "Wieso ist der Walter so klug für sein Alter" das Jazzpersonal der Kapelle.




Aber auch bei Dajos Bela ist er auf den Aufnahmen "One O'Clock Baby" und "Hi-Diddle-Diddle" zu hören.

Im Herbst 1927 spielte Briggs kurze Zeit in Hamburg, dann wieder in Berlin. Im Dezember 1927 kehrten die Savoy Syncops wieder nach Belgien zurück.
Im April 1928 kehrte Arthur Briggs nochmals zu einem Gastspiel nach Deutschland zurück. Bis zum Oktober 1928 spielte Briggs u.a. in Hamburg, Breslau,Leipzig , Stuttgart, Köln, Düsseldorf, Nürnberg, Saarbrücken, Frankfurt.

Nur nochmal im Herbst 1929 spielte seine Kapelle kurze Zeit in Deutschland, leider entstanden keine weiteren Aufnahmen mehr.

Aus Briggs Zeit bei der Noble Sissle Band 1930 in London ist uns aber ein schönes Filmdokument erhalten, bei der wir ihn neben Tommy Ladnier an der Trompete sehen.




Quellen: CD "Hot Trumpet in Europe, Jazz Archives No.10, Horst Lange "Jazz in Deutschland", Robert Pernet Storyville No.84, Rainer Lotz & Horst P. J. Bergmeier "James Arthur Briggs - Black Music Research JournalVolume 30, Number 1, Spring 2010 E-ISSN: 1946-1615 Print ISSN: 0276-3605
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[ Bearbeitet Fr Jan 26 2018, 10:39 ]
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berauscht
Fr Nov 07 2014, 11:50
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 2025
Im November 1925 in Wien.




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