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Schellackplatten reinigen
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Starkton
Fr Sep 04 2015, 08:24
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Ich würde dem demineralisierten Wasser nur winzige Mengen dieser Reinigungsmittel zugeben, und auch nur deshalb, um die Oberflächenspannung zu verringern.

Ich "streichle" übrigens nicht, sondern drücke auf, während ich ein weiches, angefeuchtetes Zellstofftuch in Rillenrichtung bewege. Ich will den Schmutz ja aus der Rille holen, und nicht nur drüberstreichen.
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Willi-H-411
Fr Sep 04 2015, 08:47
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Starkton schrieb ...
Ich "streichle" übrigens nicht, sondern drücke auf, während ich ein weiches, angefeuchtetes Zellstofftuch in Rillenrichtung bewege. Ich will den Schmutz ja aus der Rille holen, und nicht nur drüberstreichen.

Das kann jetzt aber zu Mißverständnissen führen, was den "Auflagedruck" betrifft. Selbst bei leicht gewellten Platten oder solchen mit Haarriß, kann das zu Bruch führen, wenn der "Auflagedruck" zu hoch ist.

Eine weiche Bürste, ich nehme dazu eine sogenannte "Babybürste", kommt selbst bei weniger Druck sicherlich tiefer in die Rillen hinein. Auch lasse ich die Reinigungsflüssigkeit nicht großartig einwirken. Mein Reinigungsvorgang:

Die Platte auf ein Handtuch legen. Die Bürste in die Reinigungsflüssigkeit tauchen (destilliertes Wasser und ein paar Tropfen Spüli) und die Platte komplett naß machen. Natürlich nicht das Label. Dann reinige ich immer ein Viertel der Platte mit 15 mal hin und herbewegen der Bürste (also 30 "Bewegungen"), insgesamt also 120 "Bewegungen". Anschließend sofort mit "Wisch-Weg" abtrocknen und dann noch mit drei Mikrofasertüchern nachtrocknen. Danach ist die Platte augenscheinlich trocken. Zum endgültigen Trocknen stelle ich die Platte(n) für gut eine halbe Stunde in einen Plattenständer. Erst dann geht's in die Plattenhülle.

VG Willi

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Formiggini
Fr Sep 04 2015, 11:56

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Hallo,

generell kannst du Produktnamen nennen, kritisch (aus Urheberrechtlichen Gründen) können Abbildungen der Produkte sein. Ebenso bitte keine, gilt generell, Verlinkungen auf rein gewerbliche Seiten, bzw. Verkäufe, laufende Auktionen usw.

Wie du ja wohl schon mit bekommen hast, es gibt viele Ansätze Schellackplatten zu reinigen. Oft wird der eigene fast schon kämpferisch vertreten, die Methoden oft hitzig diskutiert… ;)
Noch einmal ganz generell, eine trockene oder leicht Feuchte Reinigung mit möglichst wenig Zusätzen ist einer „nassen“ Reinigung immer vorzuziehen. Hier haben wir mit modernen Mikrofasertüchern inzwischen ein tolles Werkzeug zur Hand. Ist eine Schellackplatte ordentlich gelagert worden, also frei von Jahrzehnte alten Schmutz, Staub, Nikotin, Fett oder sonstigen Schichten, reicht fast immer eine trockene Reinigung.

Du hattest ja aber speziell bei dem Falle von sehr schmutzigen Schellackplatten gefragt. Hier kommt man tatsächlich um eine „nasse“ Reinigung nicht herum. Schon in alten Fachschriften wurde zwischen „Reinigung“ und „Wäsche“ bei Schellackplatten unterschieden. Hier mal ein ganz anderer Ansatz, der, in ähnlicher Form, bereits mal diskutiert wurde. Er ist nicht auf meinen Mist gewachsen, und soll hier eher aus historischer Betrachtung mal gezeigt werden.

Diese Form der „Wäsche“ stammt von dem Engländer Percy Wilson, damals Redakteur in dem Fachmagazin „The Gramophon“. Außerdem war er Herausgeber verschiedener Bücher zu Grammophonen, Akustik und Schallplattentechnik von den späten 1920er Jahren bis in die 1960er Jahre. Ein bisschen so etwas wie der „Schallplatten Pabst“ damals in England. In dem Buch (1931) „Gramophones – Acoustic And Radio“ empfiehlt er die Reinigung mit Essig & Öl!




Vornehmlich ging es hier darum den (schwer zu entfernenden) Abrieb von „Fibre Needles“, also organischen Nadeln aus den Rillen zu entfernen. Ein Problem auf dass man gelegentlich bei englischen Platten in der Sammlung stoßen kann. Dieser Abrieb ist aber Jahrzehnte altem „Dreck“ nicht unähnlich. Der Ansatz dabei, vieler Schmutz ist auch Fett- und Öllöslich. Im einzelnen:

  • Schellackplatte mit einer Bürste von groben Schmutz / Staub reinigen (wurde in dem Buch im Kapitel zuvor erwähnt)

  • 1 Teil Weißer Essig und 2 Teile „Three in One OIl“. Dieses (bis heute in England erhältliche) Produkt enthält u.a. Petroleum und ist dem heutigen WD40 recht ähnlich

  • Mischung in ein Schraubglas geben und solange schütteln bis sich Essig und Öl verbunden haben und eine Emulsion ergeben.

  • Etwas von dieser Mischung in die Platte „einmassieren“, bis die Schellackplatte nichts mehr „aufnimmt“ (Tut sie dies wirklich?).

  • Anschließend die Platte mehrfach mit einer Bambusnadel abspielen. Gegef. Die Spitze der Nadel erneuern. Dies entfernt den Abrieb und Schmutz aus den Rillen. Nun die Platte komplett trocknen lassen.


Weiter im Text: Möglicherweise bildet sich ein leichter Ölfilm auf der Schallplatten. Diesen dann mit leicht erwärmten Wasser, etwas Seife und einem Rasierpinsel entfernen. Anschließend mit einem Tuch trocken reiben.

Soviel zu der historischen Betrachtung wie es damals von ausgewiesenen Experten empfohlen wurde. In einem weiteren Buch (1957) wiederholte Percy Wilson diese Anleitung. Es entfiel mittlerweile der Part mit der Bambusnadel. Die „Reinigungslösung“ sollte etwa eine Stunde „einwirken“ und anschließend mit einer leichten Seifenlösung entfernt werden. Zum Schluss mit klarem Wasser "spülen".

• Make a mixture of 2 parts white vinegar and 1 part light machine oil such as 3-in-1.
• Shake mixture to an emulsion.
• Pour about 10 ml in a ring around the playing surface and work it into the grooves until no liquid remains on the surface. Use a piece of lint free cloth for this.
• Leave for one hour at least.
• Using washing up liquid, make a firm lather and wash the disc thoroughly with it.
• Rinse thoroughly with clean tepid water. Try not to soak the label.
• If necessary, wash and rinse again until all traces of residue are removed.
• Blot dry with clean cloth or kitchen towel.
• Put into record rack or prop vertically for at least 24 hours before playing. It takes this time for the shellac to harden again after being wet.
• Record may need playing with an old stylus, brushing off the muck collected from the grooves, before completely clean.


Es wurde aber auch ausdrücklich darauf hingewiesen: Keinerlei Reinigungsflüssigkeiten (wozu ja auch Wasser mit einem Zusatz gehört) anwenden, wenn es nicht absolut nötig ist! Nach Kontakt mit Wasser mindestens 24 Stunden warten, bis die Schallplatte gespielt wird.


Soviel zu Betrachtung was damals von Experten empfohlen und vermutlich auch häufiger angewendet wurde. Da der Mensch an sich ja experimentierfreudig ist, hatte ich diese Methode natürlich mal ausprobiert. Wasser war demineralisiert, das Tuch wurde durch ein modernes Mikrofastertuch ersetzt. Funktioniert gut.... Diese Einzelfallprüfung ist natürlich keinerlei Gewähr, dass verschiedene Plattenmarken, Schellackmischungen etc. diese "Prozedur" nicht doch übel nehmen könnten! War eben mehr aus Interesse heraus, was damals für richtig galt.

Grüße
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Avitus
Fr Sep 04 2015, 15:18
⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 28 2014, 19:12
Beiträge: 27
Vielen Dank für die vielen und auch ambitionierten Antworten!

Jetzt habe ich doch beim Lesen des vorletzten Abschnittes von "Formiggini" bemerkt, dass mir ein Fehler unterlaufen ist, da ich eine Platte nach einer nassen Wäsche getrocknet und nach zwei Stunden (und nicht wie scheinbar empfohlen 24 Stunden) mit dem Plattenspieler abgespielt habe.
Schadet dies der Platte immens?
Ich hoffe nicht, denn schließlich wird in der oben beschriebenen Methode in der ersten Variante eine zumindest "angefeuchtete" Platte mit einer Bambusnadel bespielt?
Bezüglich des "Streichelns" mit einem Mikrofasertuch: Ich hätte nicht gedacht, dass dies eine kleinere Diskussion auslöst, da dies als kleiner Wortwitz gedacht war.

Vielen Dank für die Antworten und noch einen schönen Tag.

Beste Grüße
Avitus
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Formiggini
Fr Sep 04 2015, 15:31

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Hallo Avitus,

"umbringen" wird es deine Platte nicht . Hintergrund: Schellack ist ja auch wasserlöslich. Nach einer "nassen" Reinigung hat (oder kann) sich die Oberfläche etwas erweichen. Spielt man diese dann auf einem Grammophon mit schwerer Schalldose, nutzt sich die noch etwas weiche Oberfläche stärker ab. Deswegen (auch schon damals) die Empfehlung zu warten, bis die Oberfläche wieder ganz "hart" (trocken) ist.

Bei einem modernen Leichttonabnehmer fällt dies nicht so sehr ins Gewicht.

Grüße
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Henrijaffa
Fr Sep 04 2015, 17:32
Gast
Hallo zusammen,
ich bin zwar neu hier, sammle aber seit langer Zeit schon Schellack-Platten.
Ich habe die Diskussion um die optimale Reinigungsmethode mit Interesse gelesen und würde gern meine Meinung dazu schreiben.
Ich halte persönlich nichts von einer Trockenreinigung, es sei, sie beschränkt sich auf ein abpinseln von Staub, nicht von Verschmutzungen oder gar tieferliegendem Dreck.
Auch von einem Abwischen mit einem nebelfeuchten Tuch bin ich weggekommen. Einfach aus dem Grund, daß ich der Auffassung bin, daß hier lediglich der obere, leicht haftende Schmutz erwischt wird, der dann zwar am Tuch haftet, aber wie eine Schmirgelmasse über die Platte verteilt wird. Tief sitzende Verunreinigungen, die beim Abspielen gerade von Platten, die etwas breiter geschnitten sind und für die man eh auf einen Verundungsradius von 90-100 Mikrometer zurückgreifen muss, kann man damit auch nicht beseitigen - wie gesagt, das sind meine persönlichen Erfahrungen.

Ich reinige meine Platten (alle Neukäufe) wie folgt:

1. Abpinseln von Staub und losem Schmutz
2. Waschgang in der Knosti-Waschmaschine mit handwarmen destilliertem Wasser und einem Spritzer Spülmittel, eine Umdrehung zum Einweichen, nach ca. 1 Minute 10-20 wechselseitige Umdrehungen zum Reinigen
3. Sofortiger Wechsel in eine zweite Knosti mit Destilliertem Wasser gleicher Temperatur und 5-10 Umdrehungen, um den restlichen gelösten Schmutz und das Spülmittelwasser aus der Platte zu lösen
4. 24 Stunden Trocknung bei Zimmertemperatur, kein Abspielen vorher

Da, wie hier beschrieben, die Halteschalen für LP's bemessen sind, finden definitiv alle Schellack-Label darunter Platz. Eher passiert es, das die Schalen die letzten Rillen abdecken und diese durch die Bürsten nicht erreicht werden. Hier nehme ich die Platte nach dem Spülgang zur Hand und reinige diese Rillen mit einer elektrischen Zahnbürste, die ohne Druck mehrmals um die Rillen geführt wird. Anschließend wird das Wasser und der Schmutz mit Zellstoff (Küchenrolle, Toilettenpapier etc) sorgfältig aufgesaucht und abgewischt.

Ich bin mit dem Ergebnis mehr als zufrieden, hatte auch noch nie eine Graufärbung der Platte (was ich eher Kalkablagerungen bei der Verwendung von nicht destilliertem Wasser zuschreiben möchte).

Eine Behandlung von Schellacks mit alkoholischen Lösungmitteln ist mir zu tricky. Deswegen lasse ich die Finger von derlei Chemie. Was sich bewährt hat ist Feuerzeugbenzin, um die Klebstoffreste von Preisetiketten, die gerne auf den Spiegel gepappt werden, nach Abkratzen des Papiers, restlos zu entfernen. Auch hierbei ist, wenn man nicht "panscht", keine Beschädigung oder Verfärbung der Oberfläche festzustellen.

Nach ca 6000 so behandelten Platten werde ich wohl dabei bleiben.

Grüße
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Willi-H-411
Sa Sep 05 2015, 23:10
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Noch was zum Thema "Schellack" und "wasserlöslich":

Laut Wikipedia ist Schellack "unlöslich in Wasser, quillt aber bei Kontakt mit Wasser und ist daher nicht wasserfest".
Link - Hier klicken

Von daher schätze ich mal, daß es unerheblich ist, ob man nun mit einem lediglich befeuchteten Lappen die Platten putzt oder sie durchaus "naß" mit einer Bürste schrubbt. Es kommt wohl eher darauf an, wie lange die Platten dem Wasser ausgesetzt sind. Es gilt also eher, die Platten möglichst schnell zu waschen und dann auch wieder so schnell es geht wieder trocken zu putzen. Auf eine "Einweichzeit" sollte man demnach besser verzichten.

VG Willi

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