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Jazzverbot 1930 in Thüringen
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GrammophonTeam
Sa Mär 07 2015, 13:46 Druck Ansicht
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Noch bevor 1933 die braunen Banden an die Macht kamen, erließ der thüringische Innen- und Volksbildungsminister Wilhelm Frick am 13. April 1930 einen Erlass "Gegen die Negerkultur - für deutsches Volkstum". Dies gilt als erstes "Jazzverbot" in Deutschland. Siehe dazu auch den Artikel: Jazz im "Dritten Reich" - Mythen und Fakten.

Während man sich nun in Thüringen Gedanken machte wie dieser Erlass umzusetzen sei, berichtete und amüsierte man sich in Berlin über diese Provinz-Posse und den "Möchtegern - Mussolini" aus Weimar.


Berliner Börsenzeitung





Berliner Volkszeitung






Berliner Volkszeitung, 24. April 1930
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humoresk
Sa Mär 07 2015, 14:13
Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: So Jun 10 2012, 16:06
Beiträge: 351
Tolle Dokument - vielen Dank für die Recherchen und Mühen!

Nur die einleitenden Worte sind vielleicht etwas missverständlich: Die Vorgänge in Thüringen geschahen zwar vor der eigentlichen Machtergreifung, Wilhelm Frick war aber Teil der braunen Banden. Der erste NS-Minister zur Zeit der Weimarer Republik, dann von 1933 bis 1943 Reichsinnenminister.

Viele Grüße

Josef
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Gast
Sa Mär 07 2015, 14:30
Gast
Den Ausdruck "braunen Banden" mag man zwar als solchen empfinden, ist aber in einem Dokumentationsbeitrag völlig unsachlich.

Es waren die Nationalsozialisten.

Gruß, Nils
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GrammophonTeam
Sa Mär 07 2015, 17:51
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Gegen den Erlass des "Naziministers" regte sich seitens des Thüringer Gewerbebundes und des Gastwirtsverbandes starker Widerstand. Im restlichen Land sah man den Beschluss eher kritisch. Frick wurde empfohlen sich zunächst um das Niveau in den eigenen Reihen zu bemühen, bevor man sich mit Kuturfragen beschäftigt.



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GrammophonTeam
Sa Mär 07 2015, 22:16
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⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
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Der Widerstand gegen diesen Erlass legte sich jedoch nicht, auch funktionierten noch die demokratischen Instanzen. Im Mai 1931 hob der Thüringer Landtag den Erlass "Wider die Negerkultur" auf.

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gramofan
So Mär 08 2015, 09:38
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
Der Jurist staunt natürlich mit welchem Unsinn hier versucht wurde Gesetzen aus der Kaiserzeit nachträglich eine ideologische Stoßrichtung zu verpassen, die sie nie hatten:
- zum einen bezieht sich § 32/33a GeWO auf Schauspielunternehmen, also Bühnenaufführungen (wenn auch nicht zwangsläufig nur auf Theater, sondern auch auf Darbietungen in Kneipen, auf dem Rummel usw.), so dass die Bereiche, wo Jazz am ehesten zu erwarten waren, nämlich Musikbegleitung zum Tanz, auch schon nach damaliger Diktion gar nicht unter das neu-interpretierte Verbot gefallen wären.
- Zum anderen ging die Stoßrichtung der zitierten Normen dahin, im eigentlichen Sinne sittlich anstößige (sprich erotische, allenfalls grob Andere beschimpfende) Darbietungen in der Öffentlichkeit zu verhindern, keinesfalls aber hoheitlich über Geschmacksfragen zu entscheiden.
Wäre ein entsprechender konkreter Fall damals vor Gericht gekommen, darf man davon ausgehen, dass entspr. Maßnahmen (vor 1933 noch) aufgehoben worden wären. Insofern war das "Verbot" lediglich ein juristisch totgeborener spektakulärer Aktionismus nach dem Motto "wir tun was". Das ausgelöste Medienecho war dem Urheber vermutlich ohnehin viel mehr wert als jede praktische Relevanz.
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