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Schalldosen Klangvergleich
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Formiggini
Mi Jun 15 2011, 12:47 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Die Schalldose hat einen wesentlichen Einfluss auf den Klang eines Grammophons.
Nicht umsonst kamen viele Firmen mit dem aufkommen der elektrisch aufgenommenen Platten mit neuen Schalldosen auf den Markt.

Diese sollten, und konnten den Klang älterer Geräte verbessern.
Es ist sehr interessant, auf seinem Grammophon verschiedene Dosen auszuprobieren. Nicht jede Dose klingt auf allen Geräten gleich gut.

Es gibt eine kleine Faustregel: Dosen mit kleiner Membrane für Geräte mit großem Trichter - Große Membrane für Grammophone mit kleinem Trichter.

Über die wirklichen Qualitätsunterschiede lässt sich aber erst ein Urteil bilden, wenn die Tonabnehmer immer auf dem gleichen Gerät mit der gleichen Platte abgespielt werden.

Darüber hat ein YT Mitglied mehrere Videos erstellt, warum also das Rad neu erfinden... ;)

(Es ist etwas schade, das es auf dem deutschen Markt nicht ebenfalls so eine Vielzahl an unterschiedlichen Schalldosen gab, wie in England.
Kennt jemand ähnlich ausgefallene Dosen deutscher Produktion?)


Gerät: EXPERT JUNIOR mit Pappmaché Trichter

1. Vergleich
Schalldosen: Meltrope 3, KGC Diaphonic, HMV No. 5B, Mobley (1900), Echo - Fon, HMV 21, Paillard, Orchorsol



2. Vergleich
Schalldosen: Metrope 3, Wild Tuned Meltrope 1, Orchorsol, Lenthall, HMV No 4, Columbia No 9, Daptacon, U - Phone, Astra Electric und Astra mit Bambusnadel



3.Vergleich
Schalldosen: The Meltrope 3, HMV 5b, HMV No 16, The Victor Orthophonic sowie eine unbekannte



4. Vergleich
Schalldosen: Meltrope 3, S Brown, Virtz, EMG 4




Zum Ende noch eine weitere englische, hochinteressante Dose - Die "Norma" Soundbox. Bei dieser wurde die Nadelaufhängung vollkommen anders gelöst - sie ist absolut frei beweglich, was den Klang sehr positiv beeinflusst.



Bei normalen Schalldosen bewegt sich die Nadelführung um 1 Drehpunkt. Bei der Normadose kann sich die Nadel frei bewegen, und führt größere Auslenkungen aus

Getestet hier auf einem Electrola/HMV 101 Koffergrammophon.
Schalldosen: Electrola/HMV No.4 sowie die Norma Schalldose



[ Bearbeitet Sa Nov 17 2018, 08:20 ]
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Willi-H-411
Do Okt 13 2011, 15:24
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Sehr interessante Dokumentation. Auch wenn sich mir jetzt der Kopf leicht dreht. *grins

Ich hatte früher nicht gewußt, daß die Membrane aus einem eigentlich eher steifen Material ist. Ich dachte immer, das Material wäre eher weich und daher nachgiebig.

Könnten solche Membranen nicht auch in der Art gebaut werden, wie diese kleinen Lautsprecher? Also quasi aus Pappe mit einer Falz am Rand, damit die Membrane leichter bewegt werden kann.

VG Willi

[ Bearbeitet Do Mai 03 2012, 11:18 ]
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Formiggini
Do Okt 13 2011, 17:28

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Hallo Willi,

den Versuch mit einer modernen Lautsprechermembrane mit Sicke (der von dir angesprochene Falz) habe ich schonmal gemacht - funtioniert leider nicht...

- Die "einfachen" aus schwarzm Papier sind luftdurchlässig, ein absolutes "No Go" für eine Schalldose - der Klang ist sehr leise und schlecht.

- bei anderen aus Plastikmaterial ist die Sicke zu nachgiebig.
Dies ist aber ganz entscheidend für den Klang einer Membran.
Ist die "Aufhängung" am Rand zu weich, wirkt die Membrane, als ob sie insgesamt zu weich ist.
Dadurch ergibt sich ein massiver Verlust an Lautstärke, Höhen und mitten.
Der Klang einer solchen Lautsprechermembran in einer Schalldose ist sehr leise und dumpf.

In den USA hat ein Tüftler neue Membrane für Edison Tiefenschriftgeräte (Platte - Diamond Disc) entwickelt, mit sehr guten klanglichen Eigenschaften - es wäre einen Versuch wert, wie sich diese Membrane in Schalldosen für Seitenschrift verhält:



Und hier aus dem Talking Machine Forum dazu:
Link - Hier klicken

[ Bearbeitet Sa Nov 17 2018, 08:22 ]
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Willi-H-411
Do Okt 13 2011, 19:12
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Hallo Formiggini!

Mir fehlt da wohl das nötige Hintergrundwissen darüber, wie die Schallverstärkung bei einem Trichtergrammophon funktioniert. Ich gehe dann mal davon aus, daß die Physik hier anders ist, als bei einem Lautsprecher?

Vielleicht besorge ich mir einfach mal eine Schalldose - kann ja ruhig defekt sein - um sie mal auseinander zu nehmen, um mir die Mechanik anzusehen.

Ich war auf jeden Fall bei diesen Gegenüberstellungen oben sehr überrascht, wie warm und voll die Wiedergabe über ein Trichtergrammophon sein kann. Allerdings scheint das aber auch ein recht großer Trichter gewesen zu sein.

VG Willi


[ Bearbeitet Do Mai 03 2012, 11:20 ]
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Formiggini
Fr Okt 14 2011, 06:15

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Ja, da hast du vollkommen recht - der gute Klang dieses Gerätes basiert zu einem erheblichen Teil auf dem großen Papermache Trichter.

Die Wirkungsweise der "Schallverstärkung" ist anders als bei einem gewöhnlichen Lautsprecher.
Richtigerweise "verstärkt" ein Trichter nicht, sondern arbeitet als eine Art "Anpasser" zwischen dem kleinen (Luft)Widerstand der an der Membran, und dem großen der am Trichterausgang liegt.

Als Mitte der 20´er Jahre in den USA erstmals ein Grammophon bei der Western Electric "durchgerechnet" wurde (daraus entstanden u.a. die Victor Orthophonic Grammophone), erstellten die Techniker für jedes akustische Bauteil eines Grammophons ein elektrisches Ersatzschaltbild.

Die Nadel und der Nadelträger, z.B. wurden in Abhängigkeit ihrer Länge und Dicke als Filter aus Spule und Kondensator dargestellt.

Dem Trichter wurde die Funktion, bzw. Ersatzschaltung eines Transformators zugewiesen.



Schau doch mal bezgl. der Schalldosen auch in diesen thread:
Link - Hier klicken
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Willi-H-411
Fr Okt 14 2011, 14:39
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Hallo Formiggini!

Ich habe mir gerade deine Erklärungen zu Schalldosen durchgelesen und fand das alles hochinteressant. Vor allem habe ich das meiste auch verstanden. Will damit sagen, daß du alles sehr gut erklärt hast.

Meine Gedankengänge bezüglich des Vergleichs zu einer Lautsprechermembrane waren vom Prinzip her ja gar nicht so verkehrt, nur daß sich das Pappmaterial dazu nicht eignet. Aber die "Falz", die bei den Pappmembranen ist und die dafür sorgt, daß sich die Membrane leichter auslenken läßt, wurde vom Prinzip her bei den Alumembranen ja auch eingesetzt.

Wenn ich das also richtig verstanden habe, kommt es also mit darauf an, daß das Material möglichst steif und doch beweglich ist.

Interessant auch, was es damals bereits an "High-Tech" gab, auch wenn es damals noch nicht so genannt wurde. Das ist es ja auch, was von vielen heutzutage nicht anerkannt wird. Viele schauen mitleidig auf die damalige, recht "kümmerliche" Aufnahme- und Wiedergabequalität, ohne anzuerkennen, daß in jener Technik genausoviel "Know-How" dahintersteckte, wie heutzutage. Daß vielleicht sogar die künstlerischen Ambitionen damals noch wesentlich größer waren, als es heute der Fall ist.

VG Willi



[ Bearbeitet Do Mai 03 2012, 11:23 ]
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Starkton
Fr Okt 14 2011, 16:22
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Die explosionsartige Entwicklung von akustischen Schalldosen in England ab Mitte der 20er bis in die 30er Jahre für die ziemlich gewöhnungsbedürftigen EMG Grammophone, während anderswo schon an elektrischen Aufnahme- und Wiedergabeverfahren gearbeitet wurde, ist einzigartig und "spleenig".

Bei einigen Sammlern in Großbritannien wird diese "akustische Endphase" im Vergleich zu den ungleich lebendigeren Jahren des Grammophons bis zum 1. Weltkrieg deutlich überbetont. Dafür gibt es auch einen Grund. Bis 1914 wurde die Sprechmaschinenindustrie in Europa von Deutschland, Frankreich und der Schweiz (in der Reihenfolge der Bedeutung) dominiert.

Großbritannien hat wegen des vergleichsweise hohen Einkommensniveaus seiner Einwohner, der billigen Importe durch das niedrige Lohnniveau seiner Handelspartner und des Fehlens eines Importzolles damals viel aus Europa eingeführt, aber wenig selbst entwickelt. Es fehlte zudem der Ausführungszwang, d.h. die Verpflichtung in Großbritannien patentierte Waren auch dort produzieren zu müssen, damit wurde auch fast nichts mehr selbst hergestellt.

Dies änderte sich dramatisch zwischen den Weltkriegen als Deutschland, der mit Abstand größter Exporteur nach Großbritannien, ausfiel. Deshalb besann man sich auf eigene Stärken und förderte wohl auch die eigenen Erfinder wieder mehr.

In Deutschland war ausgerechnet bzgl. Schalldosen vor dem 1. Weltkrieg übrigens auch nicht viel los, wenn man mal von Exoten wie der "Doppelschalldose" des Berliner Mechanikers Carl Schmidt (siehe schmidt.pdf unten) absieht. Die "Exhibition" Schalldose der Grammophon Gesellschaft von 1903 war einfach zu gut und wurde deshalb oft kopiert. Es muss Dutzende von verschiedenen Klonen geben die zum Beispiel "Exposition" hießen.


schmidt.pdf
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Formiggini
Fr Okt 14 2011, 19:03

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1579
Die Doppelschalldose finde ich ja hochinteressant!
Sie erinnert mich stark an die Benttini Phonographendosen, die ja um 1898 quasi "Hi-fi" darstellten.

Die Doppelschalldose scheint auf erhöhte Lautstärke abzuzielen - ansonsten wären ja die Membrane unterschiedlich groß, um verschiedene Tonlagen zubetonen.
Vielleicht war dies aber doch das Anliegen, und hier wurde mit unterschiedlich harter Mambranaufhängung gearbeitet?

Jedenfalls vielen Dank für diese Patentzeichnung!

Bezüglich der Exhibition Dose, diese ist ja wohl identisch mit der Victor No.2 Schalldose.
Da diese auf vielen Grammophonen bis in die frühen zwanziger Jahre zu finden ist, hier noch eine Zeichnung der Schalldose, falls diese jemand überarbeiten will:



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Rundfunkonkel
Fr Okt 14 2011, 19:48
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1112
Die Schmidt-Dose finde ich äusserst interessant. Existiert diese nur in der Patentschrift, oder gibt es möglichweise noch jemanden weltweit, der ein Exemplar zur Untersuchung besitzen könnte? Aus heutiger Sicht tippe ich da auch auf ein "Mehrwege"-System.

Gruß

Rundfunkonkel
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snookerbee
Fr Okt 14 2011, 22:29
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676

Wenn das je gebaut worden ist, dann hat es aber die Platten bestimmt ordentlich malträtiert. Mehrere Membrane anzutreiben ist sicher extrem verschleißfördernd.

[ Bearbeitet Mo Mär 26 2012, 22:21 ]
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Shellady
Do Okt 20 2016, 23:54
⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 11 2016, 10:34
Wohnort: München
Beiträge: 105
Habe beim stöbern in der "Phonographischen Zeitschrift" Link - Hier klicken gerade diese Werbeanzeige gefunden:


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Starkton
Fr Okt 21 2016, 11:06
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Es ist erstaunlich wie lange Carl Schmidt mit seiner Doppelschalldose auf dem Markt war, siehe die obige Anzeige von 1912, und wie wenige sich bis heute erhalten haben. Ich suche seit 25 Jahren nach einem Exemplar um sie mal testen zu können.

Einem breiten Publikum wurde die Doppelschalldose auf der Leipziger Frühjahrsmesse ab Mitte März 1904 vorgestellt. Schon Anfang Februar 1904 schaltete Schmidt die erste Werbeanzeige.


Quelle: Phonographische Zeitschrift, Berlin, 5. Jahrgang, No. 5, 3. Februar 1904, S. 45
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veritas
Fr Okt 21 2016, 11:30
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Jun 28 2012, 17:52
Wohnort: Allgäuer Provinzpampa
Beiträge: 544
Das Prinzip ist sehr ähnlich, wie es später auch im Duophone verbaut wurde. Technisch sind diese Schalldosen allerdings ohne jedwede klangliche Vorteile. Konstruktionsbedingt haben beide Stege einen unterschiedlich langen Weg. Bei einem gemeinsamen Schaft für nur einen Trichter kommt es damit zwangsweise zu Überlagerungen, also quasi eine akustische Phasenverschiebung.


Hinzu kommt dann eine vermutlich deutlich höhere Plattenabnutzung:

Das Auflagegewicht dürfte ziemlich hoch sein. Damit erhöht sich auch die seitliche Gesamtmasse. Durch die zwei Membranen, die jetzt von der Rille "angetrieben" werden, wird auch die dafür benötigte Kraft um einiges größer sein. Alles in allem also ein Garant für schnellen Verschleiß.
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Starkton
Fr Okt 21 2016, 11:57
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
veritas schrieb ...

Konstruktionsbedingt haben beide Stege einen unterschiedlich langen Weg. Bei einem gemeinsamen Schaft für nur einen Trichter kommt es damit zwangsweise zu Überlagerungen, also quasi eine akustische Phasenverschiebung.

Die Stege bei der Doppelschalldose von Carl Schmidt sind (aus diesem Grund?) gleichlang.

Bei der Duophone-Schalldose sind sie dagegen extrem unterschiedlich.
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