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Reinigung eines HMV 32 Motors
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Da_Anda
Di Jan 24 2017, 08:07 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Jan 06 2017, 19:24
Wohnort: Starnberger See
Beiträge: 140
Servus beinand,

nachdem ich zwar schon diverse Grammophonmotoren zunächst als Übung und dann zunehmend zu Sanierungszwecken auseinandergenommen, gereinigt und wieder zusammengebaut hatte, habe ich mich nun an einen HMV 32 (Foto 1) gewagt. Eingebaut ist dieser in einem Electrola 103, das einem Bekannten von mir gehört. Der Motor hatte hörbare Gleichlaufschwankungen und rumpelte beim Abspielen deutlich. Nahliegender Schluss: Die Fette sind verharzt und müssen ausgetauscht werden.



Also habe ich mich im weltweiten Web auf die Suche nach einer Anleitung begeben, wie man einen HMV 32 auseinander nimmt. Gefunden habe ich nichts. Ich dachte mir also, ich schreib da mal eine kleine Anleitung, so wie ich es gemacht habe, nachdem ich mir jeden Arbeitsschritt vorher sorgfältig und damit sehr zeitraubend überlegt hatte, um ja keinen Fehler zu machen, der zu einer Beschädigung des Motors führt. Sollte jemand andere Erfahrungen gemacht haben, dann nur her damit. Ich behaupte nicht, dass ich alles richtig gemacht habe, ich behaupte nur, dass der beschriebene Weg bei mir funktioniert hat. Das Grammophon läuft jetzt wieder rund, ohne Gleichlaufschwankungen und ohne Rumpeln.

Bevor ich die einzelnen Arbeitsschritte beschreibe, zunächst ein paar Hinweise, die zwar schon mehrfach in diesem Forum und auch an anderer Stelle stehen, aber unbedingt beachtet werden müssen, damit ja nichts passiert. Also:
1.) Ihr braucht unbedingt einen sehr gut belüfteten Raum, in dem auch Dreck entstehen kann. Das Entfetten und die Reinigung von verharztem Fett ist eine sehr dreckige Angelegenheit. Außerdem arbeitet man mit Reinigungsbenzin, so dass unbedingt für gute Belüftung gesorgt werden muss. Am besten man arbeitet draußen, was aber derzeit keinen hohen Spaßfaktor mit sich bringt.
2.) Ihr braucht unbedingt feste Handschuhe, um die Federn aus dem Motorengehäuse aus- und dann wieder einzubauen. Ohne feste Handschuhe ist die Gefahr groß, dass die Feder Eure Finger aufschneidet.
3.) Beim Aus- und Einbau der beiden Federn rate ich dringend eine Schutzbrille aufzusetzen. Wenn Euch die Feder einmal auskommt, kann das im wahrsten Sinne des Wortes ins Auge gehen.


Nun also frisch ans Werk:
1.) Zuerst löst man die kleine Madenschraube, mit der die Steckachse fixiert ist, auf der der Antrieb läuft. Es reicht sie zu lösen, sie muss nicht entfernt werden (Foto 2).





2.) Dann entfernt man die Achse, indem man sie rausschiebt. Hier hatte ich schon meine ersten Probleme, denn durch verharztes Öl, saß die Achse so fest, dass ich sie mit einem Hammer und einem Durchschlag raus treiben musste. Aber Vorsicht: Der Motorblock ist aus Gusseisen und kann bei zu viel Gewalt brechen.
3.) Jetzt entfernt man die beiden Zahnräder, indem man sie leicht hin- und her dreht und sie dabei einfach aus dem Gehäuse zieht. Das ging bei mir relativ einfach, kann mir aber vorstellen, dass diese hin und wieder so mit der Feder verklebt sind, dass man zuerst etwas Reinigungsbenzin rein geben muss.
4.) Nun entfernt man den Sicherungsring, mit dem der Deckel fixiert ist (Foto 3).



5.) Jetzt kann man den Deckel entfernen. Bei mir war er aber durch das verharzte Fett so fest, dass ich ihn nicht bewegen konnte. Ich habe etwas Reinigungsbenzin genommen, diese zwischen Deckel und Gehäuse geträufelt. Das hat das verharzte Fett zumindest soweit gelöst, dass ich den Deckel mit ein paar sanften Schlägen mit einem Gummihammer endgültig lösen und abnehmen konnte, indem man mit ein festes Hakenwerkzeug vorsichtig durch die Öffnung schiebt und zieht.
6.) Nachdem man die erste Feder aus dem Gehäuse entfernt hat, findet man einen zweiten Deckel (Foto 4), der genauso verharzt war, wie der erste. Also auch hier ein paar Tropfen Reinigungsbenzin zwischen Deckel und Gehäuse, ein paar sanfte Schläge mit einem Gummihammer und schon löst sich der Deckel.



7.) Jetzt kann man die zweite Feder ausbauen.

Und nun kommt die Drecksarbeit:
Bei mir war zum Teil bis zu 5mm dickes, fast steinhart gewordenes Fett im Gehäuse und auf den beiden Federn. Ich habe zuerst mit der Rückseite eines Messers (eine Spachtel geht wohl auch) das alte Fett abgekratzt. Nachdem ich so den größten Dreck entfernt hatte, habe ich das Gehäuse die beiden Deckel und die beiden Federn ein paar Stunden in Reinigungsbenzin gelegt. Das Benzin entfernt jetzt zwar nicht das restliche Fett, löst es aber zumindest soweit an, dass man es mit dem Messer bzw. der Spachtel weitestgehend weg bekommt. Dann habe ich das ganze nochmals über Nacht in Reinigungsbenzin gelegt (da kann man selbstverständlich das bereits benützte nochmals verwenden). Tags darauf bin ich mit einer Rolle Küchenpapier angerückt und habe die restlichen Fette abgewischt. Bei hartnäckigen Stellen hilft auch eine Zahnbürste oder eine Spülbürste. Beide sollte man dann aber für den eigentlichen Zweck, für den sie produziert wurden, nicht mehr verwenden.

Nachdem dann alles gereinigt ist, baut man die Teile in umgekehrter Reihenfolge wieder zusammen. Dabei darauf achten, dass man die Federn dick mit Graphitfett einfettet. Dann reinigt man noch die Zahnräder, die Steckachse, fettet bzw. ölt auch diese ein und baut alles wieder zusammen. Was gefettet bzw. geölt werden muss zeigt Foto 5. Außerhalb des Federgehäuses die Öle und Fette sparsam verwenden. Weniger ist hier wie so oft deutlich mehr!



Der Ausbau und die Reinigung des Geschwindigkeitsreglers und der anderen Getriebeteile brauche ich hier glaube ich nicht zu beschreiben, denn dies ist sollte eigentlich nicht mehr das große Problem sein. Welche Schrauben geöffnet werden müssen, um die jeweilige Teile zu entfernen, ist m.E. selbsterklärend.

Ich hoffe mit dieser kurzen Beschreibung dem einen oder andern geholfen zu haben und würde mich über Hinweise, wie man’s besser machen kann, sehr freuen.
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Hedensö
Di Jan 24 2017, 09:34
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Jan 06 2012, 11:09
Beiträge: 881
Danke für die Anleitung!
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Limania
Di Jan 24 2017, 14:40

⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mai 21 2012, 15:14
Beiträge: 1106
Vielen Dank auch von mir für die Anleitung und
für den Einblick in so eine Doppelfeder- Dose.

LG Limania
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VoxHumana
Di Jan 24 2017, 20:58
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2016, 21:13
Wohnort: Baden
Beiträge: 145
Auch von mir ein dickes Dankeschön für all die Mühe, die Du Dir hier gemacht hast!
Ich habe nur eine Frage: Wie bekommt man eine bereits gefettete Feder wieder in die Dose?
Ich habe hier schon bei einem Einfedermotor ohne vorheriges Einfetten ein großes Problem.
LG
Annette
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Da_Anda
Mi Jan 25 2017, 08:02
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Jan 06 2017, 19:24
Wohnort: Starnberger See
Beiträge: 140
Hab ich doch gerne gemacht; als kleines Dankeschön für die zahllosen Beiträge, die mir bei vielen Fragen weitergeholfen haben.

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Da_Anda
Mi Jan 25 2017, 08:17
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Jan 06 2017, 19:24
Wohnort: Starnberger See
Beiträge: 140
VoxHumana schrieb ...

...
Ich habe nur eine Frage: Wie bekommt man eine bereits gefettete Feder wieder in die Dose?
Ich habe hier schon bei einem Einfedermotor ohne vorheriges Einfetten ein großes Problem.


Als Rechtshänder nehme ich nehme die Dose so in die behandschuhte linke Hand, dass ich die Feder mit dem Daumenballen in der Dose halten kann; also Zeigefinger, Mittelfinger, Ringfinger und kleiner Finger halten die Dose auf der Unterseite und der Daumen oben. Mit der rechten behandschuhten Hand lange ich immer kräftig in die Fettdose und drücke die Feder mit dem fettstrotzenden Handschuh in die Dose, indem ich dabei das Fett gleichmäßig auf der Feder verteile und die Dose dabei mit der linken Hand Hand drehe. Dazu braucht man schon etwas Kraft und eine Bayerische Pratzn (große Hand).

Sollte man Träger ein eher feingliedrigen Hand sein, könnte man die Dose wohl auch auf eine feste Unterlage legen und die Feder mit der ganzen linken Hand in der Dose festhalten.

Irgandwann ist bereits soviel von der Feder in der Dose, dass man den Rest einfach mit der rechten Hand reindrücken kann. Diesen Teil fette ich dann immer mit einer schmalen Spachtel, weil ich mit meinen Pratzn nicht mehr in die engen Zwischenräume komme. Hier ist eine schlanke feingliedrige Damanhand klar im Vorteil.
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VoxHumana
Mi Jan 25 2017, 20:00
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2016, 21:13
Wohnort: Baden
Beiträge: 145
Na dann muss ich weiter mit Gripp-Zange und Schraubzwinge arbeiten und
erst hinterher nachfetten.
Selbst die kleinsten Handschuhe, die erhältlich sind, sind mir gute 1-2cm zu
groß und bleiben dann immer eingeklemmt zwischen die Federwindungen
in der Federdose.
Hat jemand Erfahrung mit einem Federwinder?
Gruß
Annette
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Limania
Mi Jan 25 2017, 20:42

⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mai 21 2012, 15:14
Beiträge: 1106
Wie Da_Anda schon schrieb, ist es sehr wichtig, die Feder schon während das Einbaus ordentlich zu fetten. Ich spanne die Dose immer in den Schraubstock und drehe dann die Feder rein. Dadurch muss man nicht noch extra die Dose halten.

LG Limania
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