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18.09.1913 - Die Einführung der "Zonophon Lila Etikette" - ein Werbebrief.
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Telraphon
Fr Mai 26 2017, 23:06 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
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Im Sommer des Jahres 1913 kündigte die Deutsche Grammophon-Ag. an, eine neue und billige Labelvariante des Zonophon-Labels einzuführen.
Die neue Platte mit lila Etikett sollte als "Arbeiterplatte" zu einem Endverbraucherpreis von 1,25 Mark vertrieben werden, und war damit zu dieser Zeit wesentlich billiger zu haben als andere Labels, welche Preislich etwa bei 2 Mark und mehr lagen. Für die kleinen Händler brachte Dies zunächst keinen großen Gewinn, da die Deutsche Grammophon bzw. deren Grossisten im Einkaufspreis für den Händler gegenüber der Gelb-Etiketten nicht preislich entgegen kamen. Dennoch argumentierte die Deutsche Grammophon recht einfallsreich, warum die Händler die Platten ins Sortiment nehmen sollten, und offenbart gleichzeitig die Intention hinter der Neueinführung.

Für die Lila-Etikett-Platten wurden zur Einführung zum einen Neuaufnahmen, aber auch alte Matrizen verwendet, später griff man auch gezielt auf Verkaufsschlager z.b. der Zonophon Gelb-Etikett-Platten zurück. Als Beispiel dafür wäre die äußerst erfolgreiche und wohl Vielen hier bekannte Kopplung "Puppchen, du bist mein Augenstern / Geh´n wir mal zu Hagenbeck" zu erwähnen, welche mir auf beiden Labels vorliegt.
Gegen die Einführung der neuen Platte regte sich heftiger Widerstand, und es gab etliche Boykottaufrufe gegenüber der Deutschen Grammophon. Selbst die Lindström-Ag beteiligte sich anfangs daran. Einzelhändlern, welche diese Platten anbieten wollten, wurde mit Boykott der Belieferung gedroht, und es kam zu klagen gegen die Deutsche Grammophon. Nach heftiger Kritik und einigen Gerichtsverfahren lies die Lindström-Ag jedoch von der Deutschen Grammophon ab, und machte somit als abziehender Hauptgegner den Weg für die Einführung der neuen Zonophon-Platte frei.
Mitte September 1913 erfolgte schließlich die offizielle Markteinführung der Zonophon-Platte mit Lila-Etikett, und die Grossisten schickten Werbebriefe an Ihre Kunden, sprich die Plattenläden, Uhrmacher, Kaufhäuser und Fahrradgeschäfte - kurzum: Alles, was Platten oder Grammophone verkaufte.

Ein solcher Brief liegt mir dank einem Tauschgeschäft nun vor, am 18. September 1913 adressiert an den Uhrmacher Heinrich Bilz in Wolkenstein, verschickt von dem Grossisten Willy Albert (alias Paul G. Wenzel´s Grammophon-Versand) in Dresden.
Der Brief ist tatsächlich per Hand getippt, man spürt den Letterndurchschlag. Insofern ein solcher Brief an jeden Kunden ging, tut mir die Schreibkraft in Alberts Zentrale leid.

Der Brief enthielt ein Anschreiben, den ersten Katalog des neuen Labels, ein Werbeplakat für selbiges (hier noch nicht vorgestellt) sowie Werbeblätter für Münzapparate selbigen Versandhandels (ebenfalls später an anderer Stelle):















Insofern ein Scan des gesamten Kataloges gewünscht ist, lade ich diesen gern hoch!


Ich freue mich immer sehr über solches Schriftmaterial, da es lang gehegte Vermutungen entweder zu be- oder widerlegen vermag. Wie schon gesagt, gebe ich die Dateien auch gern ohne Wasserzeichen per PM heraus.

Liebe Grüße!
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berauscht
Sa Mai 27 2017, 20:01
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Ich glaube nicht, dass der Brief maschinengeschrieben ist, sonst wäre die "Unterschrift" nicht schon eingedruckt. Der Brief wird im Hochdruckverfahren gedruckt sein. Auch dort drücken die Buchstaben durch, so dass sich die Anmutung eines Maschinenschreibens ergibt.
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Starkton
So Mai 28 2017, 20:02
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Großartiges Konvolut! Es kommt nur selten vor, dass solche Unterlagen mehr als 100 Jahre zusammenbleiben. Ich finde den Inhalt der Drucksache zudem hochinteressant.

Die Einführung der billigen Zonophonplatte mit lila Etikett brachte (einmal mehr) die Konkurrenz gegen die Deutsche Grammophon auf. Die Phonographische Zeitschrift hatte, wie immer, auch opponiert und vielleicht sogar Auszüge aus diesem Schreiben abgedruckt.

Ich frage mich was P. P. in der Anrede bedeutet. Sehr wahrscheinlich steht es für "Pour présenter", französisch für "Zur Vorstellung".
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Aristodemo
So Mai 28 2017, 20:37
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Jan 21 2012, 01:07
Beiträge: 426
P.P.
praemissis praemittendis
..der (dem Empfänger) zustehende Titel sei vorausgeschickt.....bei bürgerlichen Einzelhändlern also : Euer Hochwohlgeboren.....
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Barnabás
Mo Mai 29 2017, 20:54
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jul 04 2012, 20:37
Beiträge: 651
Sehr schöne Fundsache.
Meinen Glückwunsch.
Wirklich einmalig. Sowas gekommt man kein zweites Mal in die Hand.

Großartig!!!!!

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Telraphon
Mo Mai 29 2017, 23:01
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Vielen Dank für Euer positives Feedback und die netten Hinweise!
@Berauscht: Du hast Recht - die Idee hätte mir auch kommen können, aber manchmal ist es ja diese Sache mit dem Wald und den Bäumen...

Ich werde mich mal nach- oder evt. noch vor Pfingsten an das Einscannen des Kataloges machen, und diesen auch komplett hochladen, insofern dies gewünscht ist. Ggf. dann in einem neuen Thread?

Beste Grüße!
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berauscht
Di Mai 30 2017, 10:40
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Den Katalog bitte Link - Hier klicken hochladen.
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