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Edisons Phonograph auf der Weltausstellung von 1893 in Chicago
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DGAG
Mo Mai 14 2018, 17:03 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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Beiträge: 648
Edisons Phonograph auf der Weltausstellung von 1893 in Chicago

Anlässlich der 400-Jahr-Feier der Entdeckung Amerikas durch Columbus fand vom 1. Mai bis 30. Oktober 1893 die Weltausstellung in Chicago mit 27 Millionen Besuchern statt.

Für die North American Phonograph Company, Besitzer von Edisons Phonographenpatenten, welche seit ihrer Gründung im Jahr 1888 ständig an der Pleite entlang schrammte, war es die letzte große Chance sich einer finanzkräftigen Kundschaft zu präsentieren. Neben der Verwendung des Phonographen als Unterhaltungsmedium wurde vor allem sein Einsatz als Diktiergerät im Büro und für erzieherische Zwecke in Schulen und Universitäten, unter anderem in einem aufwendigen Katalog mit Goldborte, beworben.

Die Besucher erhielten auch dieses Faltblatt, welches Edison mit seinem Phonographen vor diversen Honoratioren abbildet, die sich offenbar namentlich bestimmen lassen. Die Darstellung ist fiktiv. Edison war wohl auf der Ausstellung, das Datum seines Besuchs ist allerdings unbekannt.



Auf der Innenseite des Faltblattes werden diverse Anwendungen des Phonographen beschrieben, zum Beispiel bei der Behandlung von Taubheit.



Für die Öffentlichkeit blieb der Phonograph allerdings eine teure und umständlich zu bedienende Kuriosität. Auch die Ausstellungsleitung, welche etwa 5000 Präsentationen in ihrem Gesamtkatalog bewertete, gab dem neuesten Edison Class M lediglich die niedrigste Einstufung: "Interessant". Großen Erfolg auf der Ausstellung hatten lediglich die damals ganz neuen Phonographen mit Geldeinwurf



Die Weltausstellung wurde von den verschiedensten Nationalitäten besucht. Hier ist die spanische Ausführung des Werbeblatts. Noch nie wurde sie der englischen Version gegenüber gestellt. Man beachte die unterschiedliche grafische Textgestaltung. Ich suche natürlich auch die deutsche Version, wenn es sie denn überhaupt gibt.


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alang
Mi Mai 16 2018, 15:05
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jun 12 2012, 19:52
Wohnort: Delaware, USA
Beiträge: 657
Wow! Das sind sehr interessante Zeitdokumente. 1893 war ja wirklich eine Zeit, wo der Phonograph noch hauptsaechlich eine Kuriositaet auf Jahrmaerkten war. Vergleichbar mit den ersten Heimcomputern, "interessant, aber was mach ich damit?". Erst mit den kleineren und billigeren Phonographen und Graphophonen setzten sich diese auch fuer den Heimgebrauch durch.

Waere wirklich interessant zu wissen, in welchen und wievielen Sprachen diese Pamphlete gedruckt wurden. Ich koennte mir vorstellen vielleicht noch in deutsch, franzoesisch und vielleicht russisch, neben englisch und spanisch?

Vielen Dank fuers Vorstellen dieser Raritaeten.
Andreas
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schiebermaxe23
Do Mai 17 2018, 00:56
Gast
Ein solcher Phonograph wurde auch auf der Gewerbeaustellung 1896 vor den Toren Berlins in der Landgemeinde Treptow (heute Berlin-Treptow) präsentiert. Passend dazu wurde auf einer Walze der Festmarsch zur Berliner Gewerbeausstellung von Heinrich Landwehr vorgespielt. Eventuell hat sich bis heute ein Exemplar erhalten, kann vielleicht hier präsentiert werden ?
Viele Grüße
Maxe
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DGAG
Do Mai 17 2018, 17:55

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Hallo @schiebermaxe23, könntest Du Deine Frage bitte in dem von mir eröffneten Thread über die Berliner Gewerbe-Ausstellung von 1896 noch einmal stellen. Wäre es möglich die Quelle zu zitieren, aus welcher der höchst interessante Hinweis auf die Festmarsch-Walze stammt.
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DGAG
Mo Mai 21 2018, 16:51

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Zur Ausstellung selbst habe ich einige Bilder. Die ersten beiden stammen aus einem Büchlein, in dem die Aussteller im Electrical Building auf der Weltausstellung beschrieben werden.


An den Stand der Edison Manufacturing Co. (Bild oben) schloss sich links der Bereich der North American Phonograph Co. an (Bild unten).


Hinter der verglasten Fassade befand sich ein aufwendig gestalteter Raum, "bewacht" von einer Büste Edisons. Die Schalldose des von einer Angestellten bedienten Phonographen (Bild unten) ist mit einem umlaufenden Rohr verbunden, an dem zahlreiche Hörschläuche angeschlossen sind. Jeweils über ein Dutzend Interessierte konnten eine Walze anhören, ohne dass andere Ausstellungsbesucher gestört wurden. Quelle: Link - Hier klicken


Den Abschluss der Edison-Ausstellung bildete ein offener Raum, welcher von einer beeindruckenden "Pyramide" beherrscht wird. Ich habe davon ein originales Glaspositiv im Mittelformat, wovon ich einen Ausschnitt zeige (Bild unten). Unter der Büste Edisons sind drei Lagen Walzen aufgereiht, gefolgt von Class M Phonographen, verschiedenen Schalltrichtern und Hörschläuchen.

Etwas unterhalb der Bildmitte, am Fuß der Pyramide, flankiert von zwei großen Schalltrichtern, lässt sich das Schwungrad eines großen Zinnfolienphonographen von 1878 identifizieren. Die Ausstellungsleitung fand dieses historische Gerät sogar "very interesting" und damit spannender als die aktuellen Modelle! Eine entlarvende Feststellung über den damaligen Stellenwert der Phonographentechnik in der Öffentlichkeit.


Bitte auf das Bild clicken und vergrößern

Rechts unten auf der Abbildung, vor der Pyramide, sieht man den oberen Teil eines Phonographen mit Tretantrieb. Der Mechanismus selbst befindet sich unter einem rechteckigen Holzdeckel. Rechts an der Wand sind Einzelteile eines Phonographen sowie Hörschläuche arrangiert.

Am 17. und 18. Juli 1893 entstanden ethnologische Tonaufnahmen mit einem Phonographen auf der Weltausstellung. Unter dem Link ganz unten kann man drei davon ab Minute 9:00 bzw. 14:00 anhören. Ebenfalls im Jahr 1893, aber vermutlich erst kurz nach Ende der Ausstellung, nahm Issler's Orchestra eine "Tour of The Columbia Exposition" auf einer kommerziellen Edison 2-Minuten-Walze auf, zu hören ab Minute 16:40. Hier ist der Link zu den Tonaufnahmen: Link - Hier klicken

[ Bearbeitet Mo Mai 21 2018, 17:46 ]
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