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Deckel für Phonographenwalzendosen selbst gemacht. Kleine Bastelarbeit für lange Corona-Winterabende
Moderatoren:SchellackFreak, berauscht, GrammophonTeam, Charleston1966, DGAG, Der_Designer, LoopingLoui
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gramofan
Sa Okt 31 2020, 15:14 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
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Beiträge: 1164
Leider bekommt man Phonographenwalzen (Gold moulded) amerikanischer Provenienz häufig in Originaldosen aber mit fehlendem Deckel. Diese Deckel sind im Original aus Pappe in Form gepresst (anders als die europäischen, die aus zwei oder drei Teilen zusammengesetzt und daher leicht nachzubauen sind). Aber selbst ist der Sammler:
Ausgangsmaterial war für mich eine braune Pappe von 0,4 mm Stärke, von der ich aus anderen Arbeiten noch einen größeren Posten Verschnittstücke herumliegen hatte. Dazu habe ich mir einen Stempel und eine passende Außenform aus Aluminium gedreht. Da die amerikanischen Dosen im Schnitt etwa 65 mm Durchmesser haben habe ich den Stempel auf 64,7 mm gedreht (sitzt dann stramm). Der Innendurchmesser der Außenform ergibt sich aus dem berechneten ca. 1,6 fachen Umfang des Papprohlings an der Außenkante bei 105 mm Durchmesser (unter Berücksichtigung von 20 mm Steckrand). Bei einer Materialdicke von 2*0,4 mm ergibt das eine Zugabe von ca. 0,5 mm so dass ich hier auf einen Gesamtdurchmesser von ca. 66 mm kam. Wichtig ist, alle Teile, die später mit der Pappe in Berührung kommen möglichst glatt zu polieren insbesondere die Kante der Außenform, die ich zusätzlich noch etwas angerundet habe. Tut man das nicht, besteht die Gefahr, dass die Pappe bei der Verarbeitung reißt oder man auf halber Strecke stecken bleibt.
Mit dem Schneidzirkel habe ich entsprechende Pappscheiben ausgeschnitten. Damit sich der Rand beim Einlegen in die Form vernünftig legt muß er möglichst kleinteilig zieharmonikaförmig geknickt werden. Daher habe ich ihn zunächst mit vielen Rillungen versehen und dann gefaltet. Da das ziemlich mühsam und zeitraubend ist, soll das in einem späteren Stadium mechanisiert werden. Falls ich passende Kegelzahnräder dafür finde, wäre es eine Option, den Rand der Pappe zwischen den Zähnen durchlaufen zu lassen, ansonsten könnte man auch eine entsprechende Form fräsen. Das war mir aber z.Z., wo ich nur die Machbarkeit erproben wollte, zu aufwendig. Die Pappe wird nun kurz in Wasser getaucht, so dass sie leicht feucht ist und anschließend mit dem Stempel in die Form gedrückt. Nach einer Viertelstunde habe ich den Stempel herausgezogen und die Pappe trocknen lassen. Das Ergebnis ist auf dem letzten beiden Bildern zu sehen.
Nach dem gleichen Prinzip lassen sich natürlich auch Deckel für Dosen mit anderen Durchmesser machen. Auf dem Programm steht auf alle Fälle noch das nötige Werkzeug für Dosen von (Columbia) Indestructible und für Everlasting.













[ Bearbeitet Sa Okt 31 2020, 17:32 ]
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Telraphon
Sa Okt 31 2020, 18:40
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Fantastische Idee und interessante Lösung.
Mir fällt allerdings auf, dass die Oberseite Deiner Deckel glatt ist - ich habe momentan nur zwei Edison-Dosen (1x normale 2-min-Walze und 1x recording blank) vorliegen - bei Beiden hat der Deckel oben eine Vertiefung.
Beim Deckel der regulären Walzendose sieht man gut, dass für diese Vertiefung in die Pressform offensichtlich in regelmäßigen Abständen Rillen eingearbeitet wurden, die sich in der Pappe abzeichnen - in verändertem Lichteinfallswinkel sind derartige Riefen dann bei beiden Deckeln (nur von Außen) erkennbar, was mich darauf schließen lässt, dass nur die äußere Pressform derartige Riefen hatte.







Vielleicht hilft Dir diese Beobachtung ja bei der Weiterentwicklung.

LG!
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gramofan
Sa Okt 31 2020, 19:57
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
Natürlich ist mir die Originalform bekannt. Um mir die Arbeit zu vereinfachen, habe ich erst mal so ausprobiert, ob das Verfahren, dass ich mir vorgestellt habe überhaupt funktioniert. Die originale Deckelform hinzubekommen ist beim Formenbau für einen Hobbydreher wesentlich schwieriger als eine gatte Oberfläche.
Immerhin ist der Deckel bei den Indestructibles und den Everlastings glatt.
Aber wer weiß, wann der Impfstoff kommt. Vielleicht mache ich mich noch dran...

[ Bearbeitet Sa Okt 31 2020, 22:33 ]
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berauscht
Sa Okt 31 2020, 21:05
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Ich würde zum anfeuchten der Pappe ein Weißleim-Wasser-Gemisch nehmen. Dann wird nach dem Trocknen die Pappe steif und fest.
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DGAG
Sa Okt 31 2020, 22:24

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Sehr gut gemacht. Wenn man jetzt noch Pressformen für Deckel verschiedener Firmen hätte, das wär's. Suche z.B. welche von Lambert, die außen feine, senkrechte Rillen haben.
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gramofan
Sa Okt 31 2020, 22:40
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
berauscht schrieb ...

Ich würde zum anfeuchten der Pappe ein Weißleim-Wasser-Gemisch nehmen. Dann wird nach dem Trocknen die Pappe steif und fest.


Ansich eine verlockende Idee - aber was mach ich, wenn der Deckel dann in der Form festklebt?
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Rundfunkonkel
So Nov 01 2020, 00:17
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1112
gramofan schrieb ...

berauscht schrieb ...

Ich würde zum anfeuchten der Pappe ein Weißleim-Wasser-Gemisch nehmen. Dann wird nach dem Trocknen die Pappe steif und fest.


Ansich eine verlockende Idee - aber was mach ich, wenn der Deckel dann in der Form festklebt?



Hallo,

beim Kuchen fettet man die Form leicht, damit es nicht klebt. Bei Gummibärchen steht meist drauf: Trennmittel: Bienenwachs.
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berauscht
So Nov 01 2020, 11:06
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
gramofan schrieb ...

Ansich eine verlockende Idee - aber was mach ich, wenn der Deckel dann in der Form festklebt?

Der Weißleim klebt erst richtig wenn er trocknet. Bei Verdünnung mit Wasser bleibt selbst Expressleim sehr lange offen.

Mir würden spontan zwei Ideen kommen zum Testen:

1. Die Pappscheibe auf der Hülsenseite mit Wasser anfeuchten, und auf der Stempelseite mit Leimwasser, da ich denke, den Stempel bekommt man leicher raus /runter als die Hülse.

2. Den fertig gepressen Deckel in eine Form (Steifen aus PET-Flaschen) geben und dann mit Leimwasser einpinseln und in der Form trocknen lassen.
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gramofan
So Nov 01 2020, 11:57
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
Vorerst habe ich noch zwei ander Ideen, um den Deckel stärker zu stabilisieren. 1. nach dem Trocknen einpinseln mit Schellackpolitur. Das habe ich in anderem Zusammenhang schon gemacht und weiß daher, dass die Form dabei nicht verloren geht.
2. muss ich noch probieren: Tränken mit flüssiger Hartwachspolitur fürs Auto.


[ Bearbeitet So Nov 01 2020, 11:57 ]
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krammofoon
So Nov 01 2020, 14:38
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
Beiträge: 1214
Servus :-)

Meine selbst hergestellten Deckel hatte ich damals mit Plakatschutzlack stabilisiert.

Ein Bekannter hatte mir damals Pressstempel aus Eichenholz in verschiedenen Größen gedrechselt.

Papier war ein braunes Einfachpapier, welches meterweise in unserem Baumarkt als Stopfpapier ankommt. Die Farbe und die Struktur stimmten erstaunlich gut.

Das war jetzt vor gut 4 Jahren...

Irgendwann hatte ich das Ganze dann aus Zeitmangel auf Eis gelegt.

Im Sender hatte ich auch die Arbeitsschritte in einer Sendung dargestellt.

Gruss
Georg
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krammofoon
So Nov 01 2020, 14:43
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
Beiträge: 1214
Servus :-)

Nachtrag...

Das Papier (2 Lagen) wurde ca. 5 Minuten in lauwarmem Wasser vorbereitet und dann vorsichtig in den Stempel gelegt.

Das Holz nahm das Wasser gut auf.

Nach ca. 30 Minuten konnte man den Rand oben begradigen und der Deckel konnte vorsichtig aus der Form raus.

Als Trennmittel nahm ich PTFE-Spray, weil das keine Flecken hinterlassen hat.

Gruss
Georg
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B_Diehr
Mo Nov 02 2020, 06:45
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Sep 17 2014, 09:40
Beiträge: 105
Salut,

um die konkaven Deckel herzustellen brauchst du ja nur einen entsprechenden Einleger für die Form. Um diesen zu zentrieren hat er entweder den gleichen Durchmesser wie der Stempel oder du bohrst ein Zentrierloch in die untere Form plus Einleger.

Grüße

B_DIEHR
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gramofan
Mo Nov 02 2020, 21:49
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
Na ja, wenn schon, dann mach ich es richtig. Da ich aber noch 'ne Menge andere Dinge zu tun habe, ist es immer ein Frage des passenden Zeitfensters. Als nächstes ist jetzt erst noch ein Form für die im Durchmesser kleineren Indestructible und Oxford-Walzen dran. Danach sehen wir weiter...
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Vogtländer
Mi Nov 04 2020, 18:29
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Dez 24 2015, 00:14
Wohnort: Vogtland
Beiträge: 173
...das ist ja mittlerweile ne richtige Ideenschmiede geworden ,
da hab doch auch noch was beizusteuern.

Was, wenn du je einen Ober- und Unterstempel drehst, als äußere Form nur eine Hülse.
Somit kannst du, so etwas klemmt oder klebt, den Unterstempel als "Auswerfer" benutzen.
Außerdem hat diese Art von Werkzeug den Charme, das du in den Unterstempel einfacher Rillen einarbeiten, bzw. verschiedene Druckstücke für konkave Deckelformen einlegen / schrauben / verbolzen kannst.

Was nimmst du denn zu Drücken, den Daumen, Schraubzwinge oder Schraubstock oder gar Hydraulik?

Ich bin sehr gespannt wie´s weitergeht, möglicht ohne COVID und mit tollen Deckeln.

Viel Erfolg wünscht der Mario
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gramofan
Mi Nov 04 2020, 20:59
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
Vogtländer schrieb ...

Was nimmst du denn zu Drücken, den Daumen, Schraubzwinge oder Schraubstock oder gar Hydraulik?


Da reicht z.Z. die reine Kraft eines Unterarms, so fest ist die Pappe im angefeucheteten Zustand nicht. Hydraulik steht mir leider nicht zur Verfügung. Wahrscheinlich würden dafür dann auch keine Alu-Formen mehr genügen und aus Eisen machts doch erheblich mehr Aufwand beim Drehen.
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