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Stereo-Grammophon?
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juliuskalliope
Mi Jul 27 2022, 12:27 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Nov 27 2021, 10:11
Wohnort: Stuttgart
Beiträge: 36
Hallo allerseits!
Ich habe eine knifflige Frage für euch!
Gab es jemals ein Konzept für ein Stereo-grammophon mit Schalldosen? Diese Frage kam mir in den Kopf, als ich Schellackplatten mit meinem Stereo-Plattenspieler abgespielt habe und mir aufgefallen ist, dass die Y-formation von Plattenspielern auch bei Grammophonen funktionieren könnte.
Vielleicht weiß ja jemand was darüber.
Viele Grüße!
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Polyfar41
Mi Jul 27 2022, 15:45
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Feb 24 2017, 11:27
Wohnort: Frankfurt am Main / Berlin
Beiträge: 141
Mit mechanischen Grammophonen und Schalldosen konnte man aus technischen Gründen keine Stereophonie realisieren. Es gab zwar mehrere Ansätze zu dem Thema, aber ein funktionierendes Konzept entstand daraus zunächst nicht. Hier zwei Beispiele:

Erstens gab es Ende der 20er Jahre ein Ultraphon-Grammophon von Heinrich Küchenmeister, das hatte 2 Schalldosen, die allerdings dieselbe Mono-Rille einer 78er Platte mit 8 cm Versatz abtasteten. Durch die zeitliche Verzögerung von etwa 0,1 Sekunden wurde eine Art Raumton-Klang erzeugt, der über getrennte Tonarme und Trichter abgegeben wurde. 1932 wurde der Verkauf eingestellt, da das Gerät für den damaligen Markt zu teuer war.

Zweitens entstand 1932 eine Duke-Ellington-Aufnahme in echtem Stereo. Sie musste auf zwei Grammophonen gleichzeitig synchron abgespielt werden, da jeweils eine Platte den linken und die andere den rechten Kanal enthielt. Es blieb ein Experiment und geriet wegen mangelnder Synchronisierungsmöglichkeit in Vergessenheit. Vor wenigen Jahren wurden die wieder entdeckten beiden Platten mit Hilfe der Digitaltechnik synchronisiert und man stellte überrascht fest, dass es sich um eine Stereo-Aufnahme handelte, die mit zwei Mikrofonen auf zwei gleichzeitig geschnittenen Plattenseiten gemacht worden war.

Die endgültigen technischen Grundlagen für Stereo-Schallplatten verdanken wir Alan Blumlein von der englischen EMI. Er kombinierte 1934 den vertikalen mit dem horizontalen Rillenschnitt, um die zwei Kanäle in eine Rille mittels eines von ihm entwickelten speziellen Schneidkopfes zu schneiden. Die Wiedergabe dieser Platte war aber nur mit einem entsprechenden zweikanaligen elektro-magnetischen Tonabnehmer möglich. Auch diese Technik war zu der Zeit zu aufwendig und zu teuer; erst zwanzig Jahre später arbeitete die Industrie daran weiter und brachte die ersten Stereoplatten 1958 auf den Markt.
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LoopingLoui
Sa Jul 30 2022, 18:08
"Moderator"

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 26 2021, 19:14
Wohnort: Altkreis Bersenbrück
Beiträge: 650
Polyfar41 schrieb ...

Erstens gab es Ende der 20er Jahre ein Ultraphon-Grammophon von Heinrich Küchenmeister, das hatte 2 Schalldosen, die allerdings dieselbe Mono-Rille einer 78er Platte mit 8 cm Versatz abtasteten. Durch die zeitliche Verzögerung von etwa 0,1 Sekunden wurde eine Art Raumton-Klang erzeugt, der über getrennte Tonarme und Trichter abgegeben wurde. 1932 wurde der Verkauf eingestellt, da das Gerät für den damaligen Markt zu teuer war.

Die deutsche Ultraphon geriet wegen großer Verluste im Tonfilmgeschäft in Schwierigkeiten und nicht etwa wegen ihrer Schallplatten und Grammophone. Dies ist auch in den entsprechenden Beiträgen hier im Forum nachzulesen.
Das "Ultraphon" mit zwei Tonarmen wurde sowieso schon nach vielen verschiedenen Modellvarianten1929/30 aufgegeben. Ab und an tauchen aber immer wieder Geräte (meist Stand-Tonnen) auf - sie scheinen sich also am Anfang nicht so schlecht verkauft zu haben.

Polyfar41 schrieb ...

Zweitens entstand 1932 eine Duke-Ellington-Aufnahme in echtem Stereo. Sie musste auf zwei Grammophonen gleichzeitig synchron abgespielt werden, da jeweils eine Platte den linken und die andere den rechten Kanal enthielt. Es blieb ein Experiment und geriet wegen mangelnder Synchronisierungsmöglichkeit in Vergessenheit. Vor wenigen Jahren wurden die wieder entdeckten beiden Platten mit Hilfe der Digitaltechnik synchronisiert und man stellte überrascht fest, dass es sich um eine Stereo-Aufnahme handelte, die mit zwei Mikrofonen auf zwei gleichzeitig geschnittenen Plattenseiten gemacht worden war.

Wenn ich mich nicht irre war dies doch eher ein unbeabsichtiger Zufall und kein Stereophonie-Experiment. Vielmehr wurden wohl zwei verschiedene Schneidemaschinen gleichzeitig geschaltet, um bei einem Fehler zumindest eine gute Aufnahme zu haben. Selten gerieten dabei beide "Takes" in den Verkauf.
So gibt es bei YT eine Aufnahme von "Gotta get some Shuteye" mit Jack Hylton auf einer internen Selbstaufnahme-Folie, welche etwa parallel zur Wachs-Aufnahme lief. Übrigens sehr hörenswert...
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