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The Grand Opera Melodophon, Xylodophon, 1908
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PONOPHON
Fr Dez 09 2022, 15:46 Druck Ansicht
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Das Melodophon, Xylodophon, oder wie es auch immer nach 1908 genannt wurde, war das erste Trichtergrammophon, das mir in jungen Jahren, 1979 begegnete. Sprechmaschinen haben mich begeistert seit ich denken kann, ich kannte sie aber bis dahin nur von Bildern. Es war ein Urlaub mit meinen Eltern am Neusiedlersee, als ich es am Tresen eines Blumengeschäftes stehen sah. Es hatte ein mahagonirotes Gehäuse, mit einem Stufenförmigen Sockel, der an den Ecken abgerundet war. Die Gehäuseecken zierten 4 schwarze, gedrechselte Säulen, die zwischen Sockel und Deckplatte montiert waren. Es fehlte der Trichter und der komplette Tonarm, nur diese markante Tonarmstütze aus gedrechseltem, hellem Ahornholz war noch dran. Am Plattenteller stand ein Blumentopf und es war leider unverkäuflich. Dieses Grammophon blieb mir immer in Erinnerung, weil es durch die hölzerne Tonarmstütze etwas ganz Außergewöhnliches war.
Jahrzehnte lang konnte ich nichts darüber in Erfahrung bringen, erst als mir die Phonographische Zeitschrift zugänglich wurde, konnte ich es endlich einordnen.

1907, auf Seite 908 wurde die erste Anzeige über eine komplette Sprechmaschine, ganz aus Holz, unter dem Namen Melodophon geschaltet. Hergestellt von Hermann Strauscheidt, in Barop bei Dortmund.



Einige Seiten davor (S. 888) wird für die Fabrikation von Schalleitungen, Trichtern und Tonarmen geworben. Der typische Holztrichter wird mit Metallknie für die Verwendung an herkömmlichen Apparaten präsentiert, oder in gerader Form für Phonographen.


1908, auf Seite 160 wurde das zugehörige Gebrauchsmuster Nr. 325510 vom 27.02.1907 veröffentlicht. Leider konnte ich dieses Gebrauchsmuster auf den Seiten des Deutschen Patentamtes im Internet nicht finden.

Später, auf Seite 276 von 1908 wird schließlich das Xylodophon mit D.R. P. angemeldet vorgestellt.



Ich kannte bis jetzt, außer dem vom Neusiedlersee nur zwei weitere Apparate dieser Art. Ein Gerät, ident wie in der Werbung, wurde im Mai 2013 im Internet angeboten. Ein weiteres wurde im Dezember 2020 von Musical Treasures Of Miami offeriert. Es war eine größere Ausführung, mit einem Untergehäuse von Excelsior, mit Art Nevau Holz-Reliefen an den Seitenwänden. Kanneluren an der Trichterstütze und einem glatten, großen Furniertrichter. Die Fotos beider Geräte habe ich abgespeichert.
Die Nähe zu Excelsior ist auch bei dem Gerät aus der Werbung gegeben. Es gibt ein Excelsior Trichter Grammophon mit nahezu identem Gehäuse (nur die Sockelleiste ist leicht abweichend). Die Motoren sind auch die gleichen wie bei Excelsior. Sie erinnern aber wiederum an Pathé, wo sie möglicherweise ursprünglich herstammen.

Seit dieser Woche kann ich ebenfalls ein Melodophon oder Xylodophon Grand Opera mein Eigen nennen. Es ist in einem tollen Erhaltungszustand, sogar der Plattentellerfilz ist noch original.

Ich habe es von einer Familie aus Vösendorf bei Wien, wobei diese Familie früher in Wien lebte und das Grammophon mit übersiedelte. Es soll vom Onkel des heute 91-jährigen Herren, der es mir verkaufte stammen und war immer in Familienbesitz. Dieser Onkel war Feinmechaniker und bereits im ersten Weltkrieg Fernmeldetechniker. Soweit grob die Geschichte, die ich in Erfahrung bringen konnte.





























[ Bearbeitet Mi Dez 21 2022, 17:09 ]
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berauscht
Fr Dez 09 2022, 17:39
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Ist das das Gerät von Willhaben?
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PONOPHON
Fr Dez 09 2022, 19:13
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 246
Ja, das ist es.
Zwei weitere Strauscheidt Gebrauchsmuster und eine Anzeige habe ich noch entdeckt:
1909 S. 662


1909 S. 1065



1909 S. 1263




[ Bearbeitet Sa Dez 10 2022, 07:37 ]
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wunderlampe
Sa Dez 10 2022, 09:33
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jan 03 2022, 18:01
Wohnort: pfarrkirchen bayern
Beiträge: 6
Meine Gratulation. Tolle Darstellung.
mfg Josef
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DGAG
Sa Dez 10 2022, 17:36

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Ich finde auch, dass es eine schöne Präsentation einer wirklich ausgefallenen und attraktiven Konstruktion ist. Die polierten Holzoberflächen schauen wunderbar aus. Vor Jahren stand für längere Zeit ein Grammophon wie dieses mit seinem spektakulären Trichter aus verschiedene Holzsorten bei eBay zum Verkauf. Es sollte 1000 Euro kosten, glaube ich. Zuerst war ich misstrauisch und hielt es für die Arbeit eines fähigen Möbeltischlers aus jüngerer Zeit. Erst später bin ich auf das Melodophon/Xylodophon gestoßen. Leider ist das Modell Xylodophon No. 10 mit abgeschrägter Vorderwand noch nie aufgetaucht.

Von den Gebrauchsmustern bzw. Patenten fehlt noch dasjenige für die Schalldose von November/Dezember 1907. Es könnte bei der Suche nach dem richtigen Modell helfen. Die jetzt verbaute ist womöglich historisch dazu gewachsen, aber ich finde sie nicht so ganz passend. Hermann Strauscheidt hat sowohl ein Gebrauchsmuster als auch ein Patent für seine Schalldose angemeldet und beide erteilt bekommen. Ungewöhnlich ist, dass er sich einen Monat nach der Anmeldung einen Zusatz zum Gebrauchsmuster schätzen ließ.

Hier die Anmeldung:




Hier die Erteilung:



In der Phonographischen Zeitschrift steht womöglich eine ausführlichere Fassung mit Zeichnung.

Eigentlich reicht aber auch das Patent mit seinen sehr aussagekräftigen Zeichnungen. Speziell was den Nadelhalter betrifft. Ich würde mich übrigens wundern, wenn das Schalldosengehäuse und wohl auch die Schallmembran nicht ebenfalls aus Holz bestehen würde:





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PONOPHON
Sa Dez 10 2022, 19:15
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 246
Möglicherweise war man 1907/8 noch nicht soweit Holz-Schalldosen herzustellen.
Die Xylodophon Schalldose war jedenfalls aus Metall.
Auf dem zweiten Bild kann man die Schraube am Tonarm sehen, bei der der Stift ansteht, der die Schalldose am verdrehen hindert. Diese Schalldosen mit Stift findet man bei den früheren Apparaten, wie z.B. die Concrt der D.G.A.G. oder bei Hymnophon, Symphonion oder Reklamophon.




Die Grand Opera Schalldose muss wohl schon sehr lange auf meinem Gerät sein, weil die Patina perfekt passt. Man sieht auch uralte Kratzspuren am 19 mm Flansch von dieser Schraube am Tonarm. Vielleicht war sie sogar schon immer drauf. Sie hat eine Federspannvorrichtung für die Nadel, der vordere Ring ist aus geschwärztem Messing.
Das Xylodophon(e) aus Miami hat eine Saturn Schalldose, ähnlich der Exhibition.
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DGAG
So Dez 11 2022, 19:35

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Vielen Dank für die Abbildung der Xylodophon-Schalldose. Ich würde auch die jetzige drauflassen, aber stets Ausschau nach der "richtigen" halten. Wenn ich mir die Meisterschaft der Holzbearbeitung ansehe bin ich nach wie vor erstaunt, dass Strauscheidt den "Holz-Weg" (sorry, konnte nicht anders) nicht konsequent zuende gegangen ist.

Vielleicht war etwas in Planung, denn Vorbilder gab es. Schon 1903 hatte Friedrich Haußmann aus Langensalza, Thüringen, ein Gebrauchsmuster für eine aus Holz gefertigte Schalldose für Sprechapparate angemeldet. Außerdem präsentierte, laut Zeitschrift für Instrumentenbau, eine mir ansonsten unbekannte Firma aus Strausberg bei Berlin auf der Leipziger Herbstmesse 1907 einen Tonarm, einen "vielfarbigen" Trichter und eine Schalldose aus Holz.
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DGAG
So Dez 11 2022, 19:57

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
PONOPHON schrieb ...

Das Xylodophon(e) aus Miami hat eine Saturn Schalldose, ähnlich der Exhibition.

Ich meine, dass "Xylodophone", siehe auch die Anzeige ("Sprech-Apparate"), die Mehrzahl der eigentlichen Produktbezeichnung ist.

Strauscheidt wählte die Mehrzahl in der deutschen Anzeige aber wohl mit Bedacht, denn er hatte ja auch den englischsprachigen Markt im Visier.
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LoopingLoui
Mi Dez 14 2022, 17:49
"Moderator"

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 26 2021, 19:14
Wohnort: Altkreis Bersenbrück
Beiträge: 650
Was für ein spannendes Gerät, welches mir gänzlich unbekannt war! Ich hielt es in der Anzeige zuerst für ein Spielzeug aus den 20er Jahren (wo man ja die Holzkonstruktionen leider inflationär an billigen Tonarmen und Trichtern verwendet hat) bzw. konnte es gar nicht zuordnen.
Hier nun in der Gesamtansicht gefällt es mir sehr gut…
Glückwunsch!
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-Juergen-
Mi Dez 21 2022, 17:29
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 25 2018, 08:26
Wohnort: Rhein-Main
Beiträge: 213
Tolles Teil und interessante Infos dazu. Gratulation und besten Dank mit Grüßen
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