Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
, Mo Jan 06 2014, 21:58

Aufruf zu einer Diskussion zum Thema


In einer privaten Nachricht berichtete ich Nils (Gast) vor einigen Tagen über ein kleines Abenteuer, daß ich in meinen jüngeren Jahren, noch zu DDR-Zeit, erlebte als ich Erkundungen zur alten TEMPO-Schallplattenfabrik in Potsdam-Babelsberg anstellte. Nach einigen "Ermittlungen" vor Ort wurde mir von damals schon betagten Babelsbergern eindeutig die alte Fabrik in der Garnstrasse genannt und ich erfuhr auch, daß nach dem Kriege hier die"LIED DER ZEIT G.m.b.H." produzierte. Heute hört man oft und an verschiedenen Stellen, daß die TEMPO-Fabrik in der Tuchmacherstrasse gewesen wäre. Die oben erwähnten älteren Herrschafften sagten mir damals, daß das Werk in der Tuchmacherstrasse nur das nach der Gründung des "VEB Deutsche Schallplatte" gebaute Pressenwerk sei, nicht aber die alte "TEMPO". Ich behaupte nach wie vor, daß die alte Stahmann-Fabrik die in der Garnstrasse war. Wer kann mir das mit guten Argumenten widerlegen?

Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
berauscht, Mo Jan 06 2014, 22:17

Nach meinen bisherigem Kenntnisstand war die Fabrik in Babelsberg in der Auguststraße 45 (heute Tuchmacher Straße). Auf dem Gelände befand sich vorher die Schirmstockfabrik Noah.


Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
berauscht, Di Jan 07 2014, 12:52

Gut, damit die Diskussion in Gange kommt behaupte ich die Aussage von brunosaite ist falsch.
Mein Zeitzeuge ist das Telefonbuch, es sagt, dass die Tempo Schallplattenfabrik in der Auguststraße 45 war.

Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
jitterbug, Di Jan 07 2014, 18:22

berauscht schrieb ...

Gut, damit die Diskussion in Gange kommt behaupte ich die Aussage von brunosaite ist falsch.
Mein Zeitzeuge ist das Telefonbuch, es sagt, dass die Tempo Schallplattenfabrik in der Auguststraße 45 war.

Ich möchte Dir unbedingt mit der von Dir genannten Adresse auch Recht geben: Hier ein Photo eines TEMPO-Versandkartons aus der Kriegszeit, die Adresse auf dem Nassklebeband lautet: Lager u. Expedition: Auguststraße 45 (siehe Nahaufnahme).

Da das heute neu bebaute Gelände tatsächlich fast von Alt-Nowawes bis zur Tuchmacherstraße zu reichen scheint, ist die südliche Begrenzung des Geländes die Garnstraße. So könnte doch der Werk-Eingang tatsächlich von der Garnstraße aus gewesen sein, die Postadresse und Verwaltung in der August-(heute: Tuchmacher-)straße. So kann brunosaite also auch Recht haben.

Die Berliner Verwaltung lag in der Wilmersdorfer Stenzelstraße 10 (heute Blissestraße, ab 1937 zu Ehren des SA-Mannes Stenzel, der an der Ecke Augusta-/Detmolder Straße am 5.1.33 bei Auseinandersetzungen mit Antifaschisten seinen Verletzungen erlag), Ecke Wilhelmsaue. Ganz unten die Abbildung ein Lieferschein/Rechnung der TEMPO-Schallplatte vermutlich aus den späten 30er Jahren. Im Briefkopf wird darauf verwiesen, dass Paket- und Bahnsendungen an die Auguststraße 45 in Potsdam-Babelsberg zu richten (sic!) seien.

Auch hier steht ein Nebau aus den 70er Jahren, alle Spuren der TEMPO sind ausgelöscht.

An anderer Stelle wurden ja bereits diverse Versandkartons gezeigt: Dieser hier war tatsächlich gefüllt mit etlichen interessanten TEMPO-Platten in originalen "Butterbrotpapier-Hüllen" von Emanuel Rambour, Llossas, Winter, Burzynski, Widmann. Die Platten, die mich nicht interessierten (Heyn-Quartett, Melodios, Kermbach etc.) hatte ich damals (vor ca. 18 Monaten) auf eBay verkauft.









Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
GrammophonTeam, Di Jan 07 2014, 19:43

Zur Verdeutlichung für die nicht Ortskundigen

Die Tuchmacherstr. (vormals Auguststr.) mündet in die Garnstr.




Google Maps


A bezeichnet die heutige Hausnummer 45. Die Tuchmacherstr. hat heute 51 Nummern.
Vermutlich hatte die Auguststr. weniger Hausnummern. Schließlich steht heute auf einem ehemaligen Fabrikgelände ein kompletter Wohnkomplex!

Hatte sie auch nur 6 Hausnummern weniger - dann war die Tempo Fabrik tatsächlich Ecke Auguststr./Garnstr.
Von der heutigen Nummer 45 bis zur Garnstr. sind es c. 50 Meter.

Nun stellst sich nur noch dir Frage wie die Fabrik hierin lag.




Auf den Hüllen lässt sich erkennen das die Tempo Schallplattenfabrik von Otto Stahmann tatsächlich zwei Eingänge hatte. A dürfte der Werk-Eingang sein, B der Geschäftseingang/Verwaltung.

Nun gibt es zwei Möglichkeiten: Entweder blicken wir bei dieser Abbildung von der Garnstr. aus auf die Fabrik. Die Verwaltung mit der Geschäftsadresse lag dann in der Auguststr. Die Zeitzeugen mit denen Jürgen sprach hatten dann recht: Die Fabrik lag an der Garnstr. Der Werk-Eingang ging dann Richtung Alt-Nowawes.

Oder....

Wir blicken von der Auguststr./Tuchmacherstr. auf die Fabrik. Dann lag der Werk-Eingang in der Garnstr.

Grüße

Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
Musikmeister, Di Jan 07 2014, 21:06

Sehr gute Arbeit!
Laut den Telefonbüchern ist die Berliner Anschrift der Marke Tempo seit 1933 (habe bis 1939 geschaut) immer Berlin-Wilmersdorf, Uhlandstr. 121 - also nicht weit entfernt von jitterbugs gezeigter Tempo-Rechnung mit der Anschrift Stenzelstrasse 10, unter der ich eigentlich nur "normale" Mieter finden konnte. Vielleicht ging die normale Briefpost gleich über einen Anwalt... *stop

Mich würde nun interessieren, wo denn genau vor 1933 Stahmanns Brillant ansässig war?




Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
berauscht, Mi Jan 08 2014, 11:29

Ich hatte schon vor einiger Zeit die Geschäfts- und Privatadressen in Berlin herausgesucht.
Link - Hier klicken

Das Firmengelände in Babelsberg hat sich Tempo möglicherweise mit der Fischlederfabrik op ten Höfel & Co geteilt.

Re: Wo war die alte TEMPO- Fabrik wirklich?
, Mi Jan 08 2014, 13:24

Nun will ich mich mal wieder mit in die Diskussion hängen nachdem "Grammophonteam" der Sache, meiner Meinung nach, schon recht tief auf den Grund gekommen ist.



Das obere Bild zeigt die heutige Situation. Auf der alten Karte von 1930, auf dem nächsten Bild, sieht man die damalige Situation(da gab es "Tempo" natürlich noch nicht). Wenn man nun das bekannte Bild von den TEMPO-Plattenhüllen nimmt und es um 180 Grad dreht, so daß das hohe Gebäude hinten in die damalige Friedrich Straße(heute Garnstraße) kommt ... ich denke, dann stimmt´s!?
.
Wenn man dann auf der Zeichnung das Gebäude bei "A"mal als die "Auslieferung" betrachtet, welche dann in der damaligen Auguststraße läge, das Gebäude "B", das dann in der Wilhelm Straße läge als Eingang für die Belegschaft des Betriebes ansieht, denke ich, kommt man der Situation schon bei. Der Schornstein im Vordergrund und die Anlagen rund herum sind dann, die in allen Plattenfabriken sehr schmutzigen Mühlen für die Plattenbestandteile, der Material-Mischbereich usw.,usw.

Mit besten Grüßen
Jürgen