Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Mi Apr 06 2011, 19:20

Video anklicken und weiter lesen... ;)





Habt ihr euch auch schon mal über die Klangqualität mancher Platten der Deutschen Grammophon aus der Zeit um 1926 gewundert?
Klingt irgendwie akustisch aufgenommen, dann aber wieder doch nicht.
Ab c. spät August/September 1925 brachte die Grammophon/Polydor vermehrt elektrische Aufnahmen heraus, allerdings ohne dies auf dem Label zu vermerken. Warum nicht ?


Vorweg, auch nach intensiver Suche in der online Ausgabe des Deutschen Patentamtes, lassen sich keine eigenen Patente der Deutschen Grammophon für ein elektrischen Aufnahmeverfahren belegen.
Gesucht habe ich nicht nur mit dem Begriff "Deutsche Grammophon (AG) sondern auch unter Polyphon Werke zu diesen gehörte damals die Deutsche Grammophon.

Laut einigen Quellen soll die Grammophon ab 1922/23 mit einem eigenen elektrischen Verfahren experimentiert haben, ob solche Platten auf den Markt kamen weiß ich nicht.
Die frühesten (Deutschen) Patente für elektrische Tonaufnahme stammen aus den Jahren 1920 und 1921 (Egbert von Lepel & Dr. Huth, letzterer bekannt durch die Radiofirma Huth)

System Huth



System von Lepel



Möglicherweise experimentierte die Grammophon mit einem dieser Verfahren, dazu bedarf es aber noch weitergehender Forschungen.

Allerdings gibt es bereits 1909 ein Patent auf elektrische Wiedergabe von Grammophonplatten. Dies ist dahingehend erstaunlich, da zu diesem frühen Zeitpunkt eine elektronische Verstärkung noch nicht möglich war! Die elektrische Abtastung konnte nur mit Telefonhörern abgehört werden demzufolge wurde damals die elektrische Abtastung nicht weiter verfolgt.

Elektrische Abtastung 1909



Die elektrischen Aufnahmen der Grammophon ab 1925 schwanken in der Tonqualität erheblich. Nicht alle Aufnahmen sind ab diesem Zeitpunkt elektrisch, viele Platten aus diesem Zeitraum verwenden noch das akustische Aufnahmeverfahren.
Die elektrischen Aufnahmen auf Victor und Columbia (beide nutzten das Western electric Verfahren) waren Haushoch überlegen (Ab April/Mai 1925 in den USA im Handel).

Andererseits könnten auch Patentrechtliche Gründe eine Rolle gespielt haben.
Die Grammophon hatte im Winter 1926 ein Abkommen mit der amerikanischen Brunswick, deren elektrisches Aufnahmeverfahren LIGHT RAY zu verwenden.





Mr Deutsch sagte darüber hinaus, dass als teil des Abkommens die elektrischen Aufnahme und Wiedergabe Rechte der General Electric der Deutschen Grammophon zugänglich werden. Möglich ist dies durch die Deutsche General Electric Co, so dass die neuen Aufnahmen von nun an durch das "Light Ray" Verfahren gemacht werden können.....

Ein weiterer wichtiger Punkt in dem Abkommen ist die Herstellung und der Verkauf der Brunswick Panatrope Grammophone in Deutschland und Österreich durch die Deutsche Grammophon.




Meiner Meinung nach verwendete die Grammophon bei ihren elektrischen Aufnahmen ab 1925 bereits das Light Ray Verfahren, die Patente hielt die General Electric inne, die auch eine deutsche Niederlassung hatten. Möglich das die G.E. dieses Verfahren zur Verfügung stellte.

Vom Frequenzgang sind die Aufnahmen aus der Zeit vor dem Abkommen (1926) denen aus der Zeit in der die Grammophon das Light Ray Verfahren definitiv nutzte quasi gleich.
Jedoch fast immer schlechter wie Aufnahmen aus den USA die die gleiche Technik nutzten.

Bei dem LIGHT RAY Verfahren wurde in einen Trichter eingespielt (deswegen auch die typischen Resonanzen einer akustischen Aufnahme).Am Hornende befand sich eine Membran an die ein kleiner Spiegel gekoppelt war. Dieser bewegte sich zusammen mit der Membrane. Ein gebündelter Lichtstrahl fiel auf den Spiegel, durch ein weiteres Linsensystem traf der in der Helligkeit schwankende (Im Rhythmus der Aufnahme) Lichtstrahl auf eine Photozelle. Diese wandelte die Lichtschwankungen in pulsierende Stromimpulse, die verstärkt einen Schneidekopf antrieben.

















Schneidekopf der General Electric, vermutlich verwendete auch die Grammophon dieses Schneidegerät


"Mikrophon" mit Trichter des Light Ray Systems. Dieser Schall/Elektrikwandler wurde auch von der Deutschen Grammophon verwendet



Diese Aufnahmetechnik entstammt früher Tonfilmentwicklung. Das LIGHT RAY Verfahren geht direkt auf Entwicklungen der Pallophotophone Geräte für Tonfilme zurück.
Dieses Verfahren wurde von Charles Hoxie ab c. 1920 bei der amerikanischen General Electric erfunden und verbessert.
Pallophotophone leitet sich aus dem griechischen für Rüttelnder Licht Klang ab.








1927 tauschte die Brunswick dieses Mikrophon-verfahren gegen ein normales Kondensatormikrophon, resultierend in einer erheblichen Klangverbesserung. Zeitgleich führte die Grammophon das Polyfar Raumklang Verfahren ein. Dieses lässt sich jedoch mit keinen Patenten belegen, bzw. die Grammophon hielt keine Patente darauf.

Auszug aus einem Brunswick Katalog für das elektrische Verfahren "Light Ray" wie es auch bei der Grammophon zum Einsatz kam








Worum könnte es sich bei dem POLYFAR Verfahren gehandelt haben?
Für die Deutsche Grammophon fand ich keine weiteren Informationen, allerdings von der Firma Odeon zum Raumtonverfahren:




Auch die Ultraphon AG verwendete ein Raumtonverfahren, bei dem mit einem weiteren Mikrophon Hallanteile mit aufgenommen wurden.
Es ist also sehr wahrscheinlich, dass die Deutsche Grammophon mit dem Begriff Polyfar das Raumklangverfahren ihrer Aufnahmen bezeichnete.

Ab 1928/29 brachte die Grammophon ebenfalls elektrische Plattenspieler mit Verstärkern auf den Markt. Diese Geräte gab es auch mit eingebautem Radio.
Diese ``Musiktruhen`` sind quasi identisch zu den AEG Geräten dieser Zeit. Da die AEG Zugang zu den Patenten der General Electric hatte, wird hier also ebenfalls Technik verwendet, die bei der amerikanischen Brunswick zum Einsatz kamen.

Woraus leitet sich der Begriff POLYFAR ab? Dies konnte ich noch nicht vollständig klären. Die AEG verwendete ebenfalls den Begriff Polyfar,
Gea-Polyfar III für einen Zweikreis Audionempfänger (1930/31).
POLY bedeutet viel oder mehr. Möglicherweise spielt hier auch die Firma POLYphon mit hinein, zu der die Deutsche Grammophon ja gehörte.
FAR könnte aus dem englischen FAR für fern entlehnt sein. Also möglicherweise die Verwendung mehrerer Mikrophone aus der Ferne.

Die Firma Homocord verwendete teils auf ihren Platten den Begriff Fernaufnahme
Auch die Telefunken (Ein Zusammenschluss von Siemens & AEG!) verwendete den Begriff FAR in ihren Geräteserien, z.B. ARCOFAR.

Möglicherweise wissen zu der Begriffsgebung POLY-FAR Spezialisten im Rundfunkmuseum.org mehr? Vielleicht kann ein Mitglied dort im Forum hierzu eine Anfrage stellen ;) ?






Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Odeon89, Do Apr 07 2011, 18:08

Hallo,
vielen Dank für diese hochinteressante Erklärung! Gibt es eigentlich irgendeine Möglichkeit, an der Matrizennummer festzustellen, ob es sich um eine solche "elektrische" Aufnahme handelt, oder muss man sich da rein auf sein Gehör verlassen?

Liebe Grüße
Kai

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Do Apr 07 2011, 18:41

Leider konnte ich noch keinen Zusammenhang zwischen MxNr. und elektrischen Aufnahmeverfahren finden.
Anfangs dachte ich noch, das "bg" in den MxNr stehe für elektrisches Aufnahmeverfahren - war wohl leider eine Sackgasse, frühe elektrische Platten finden sich auch mit mit anderen Buchstabenkombinationen.

Zugegebenermaßen habe ich aber auch das Mx System der Grammophon nicht wirklich verstanden - ich kann dort kaum Regelmäßigkeiten finden....

Vielleicht findet sich ja noch ein Grammophonexperte, der etwas Licht in das Nummernsystem bringen kann.

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, So Mai 08 2011, 14:09


YT Sammler "Brillantspecial" hatte vor einiger Zeit eine DERBY Platte hochgeladen, bei der die Vermutung im Raum stand, das es sich um eine Efim Schachmeister Platte auf Grammophon handelt.
Dieser Verdacht hat sich nun bestätigt.

" Maria, Mari " - Efim Schachmeister Orchester
Grammophon mx. 306 br / Bestellnummer: 20462

Das besondere an dieser Derby/Grammophon Aufnahme ist, es handelt sich bereits um eine elektrische Aufnahme des Sommers 1925. Laut der Lange Discographie dürfte die Aufnahme Ende Juli, Anfang August 1925 gemacht worden sein. Dem Klang nach auch schon mit dem "Light Ray" Verfahren, also fast ein halbes Jahr VOR dem abkommen der Deutschen Grammophon mit der Amerikanischen Brunswick:



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
, So Mai 08 2011, 16:26

Da Lange auch viel "geschätzt" hat bei den Aufnahmedaten, habe ich versucht, ein genaueres Datum aus den kopierten Listen aus England der Deutschen Grammophon zu finden.

Völlig sinnlos :-D

Die Aufzeichnungen gehen zwar (seltsamerweise) noch deutlich in die 20er Jahre, aber sind ein unendliches Chaos mit den Mischungen aus Bestell-Katalog- und Matr.Nummern. Dazu sind die Kopien der sehr zerfransten Originale auch mit Lupe schwer zu entziffern. ...und das ganze Ding hat 4-500 Seiten.

Da kann ich leider nicht helfen.



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Mo Mai 09 2011, 05:49

Den Lange Datierungen stehe ich teils auch kritisch gegenüber. Zumindest decken sich häufig seine "Schätzungen" mit den ungefähren Erstveröffentlichungen von Notenblättern/Titeln. Leider gibt es quasi kaum eine andere Quelle.

Gefühlt wird er so ab 1926 genauer.
Das du dich nicht durch 500 Seiten mit der Lupe kämpfen willst, kann ich verstehen ;-)



Viele Grüße


Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, So Jun 05 2011, 10:33

Ich fand in einer alten Radiozeitschrift einen recht interessanten Artikel zu den "Polyfar" Geräten.

Dieser belegt nochmals die Zusammenarbeit von AEG & der Dt. Grammophon (diese wird in dem Artikel allerdings mit ihrem "Besitzer" Polyphonwerke A.G. erwähnt).

Wir sollten dabei im Hinterkopf behalten, das die AEG Zugang zu den Patenten der General Electric hatte.











Interessant bei der letzten Werbung; Auch Electrola arbeitete mit der AEG zusammen!

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
, So Jun 05 2011, 10:59

Danke, Uli !

Ja, das ist schon richtig ! Bei den (richtig seltenen) Schrankgeräten mit Radio von Electrola wurden Fremdgeräte (in jenen Jahren solche der AEG) verbaut.

Die Grammophonteile sind die uns bekannten (aus England), die Radioteile sind in solchen Schränken jedoch deutsche Erzeugnisse. Das gilt natürlich nur für Deutschland.
Ich habe schon ein paar englische Schränke mit Radioteil gesehen, diese sind dann auch englischen Ursprungs.

Gruß, Nils


Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
, Sa Jul 23 2011, 22:58

Hallo Formiggini,

zwecks Übergang vom akustischen zum elektrischen Aufnahmesystem bei der Bestellnummern-Serie 19000 von "Grammophon" habe ich mal nachgeschaut:

- bis 19330 (April 1925) wurde alles akustisch aufgenommen.

- von 19331 bis 19396 wurde gemischt aufgenommen.
(Deine 19364 ist noch akustisch. Beide Mx-Nummern [1241 av / 1242 av / schau mal nach, ob das stimmt] fallen zumindest noch in diesen Zeitraum!!
Als Datum ist "Mai 1925" angegeben.)

- von 19397 bis 19563 wurde der größte Teil elektrisch aufgenommen.
(Es gibt noch einige Ausnahmen, auch wurden jetzt noch einige bisher unveröffentlichte Stücke von 1924 und eher in den Handel gebracht).

- ab 19564 (September 1926) wurde nur noch elektrisch aufgenommen.

Wir müssen uns einfach damit abfinden, dass es bei der Marke "Grammophon" keinen eindeutig und klar getrennten Übergang zum elektrischen System gab, sondern dass dieser allmählich vonstatten ging.

Es ist nur sehr schade, dass man mehr als 2 Jahre brauchte, um klanglich halbwegs ordentliche Aufnahmen zustande zu bringen.

Bedenkt bitte bei Recherchen auch, dass es ab 1927/28 einige Fälle gab, wo akustische Musikstücke (meist klassischer Art oder Weihnachten) nochmal neu elektrisch eingespielt und trotzdem unter der alten Bestellnummer wiederveröffentlicht worden.

Das vielleicht bekannteste Beispiel ist die Weihnachtsplatte 19288, die es in mindestens 3 verschiedenen Besetzungen und mit verschiedenen Matrizennummern gibt.

===========================

Hallo onlyesterdays,

der dicke Ring am Plattenrand ist nicht zwangsläufig identisch mit akustischen Aufnahmen, obwohl dieser in etwa der gleichen Zeit weggelassen wurde.
Maßgebend ist wie überall auch hier die Matrizennummer und dazu sollte man immer eine gute Lupe bereitliegen haben.

===========================

Hallo Odeon89,

das Potpourri "Alle Neune" ist vom Oktober 1924 und noch voll akustisch!
Es würde auch keinen Sinn ergeben, bei den Schlagern über 3 Jahre später mit total gleicher Titelauswahl Neuaufnahmen zu machen. Man will ja immer das Neueste unter die Leute bringen.

===========================

Viele Grüße

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
schellackplatte, Sa Jul 23 2011, 23:19

Hallo Uli, hallo Kai!

Die Aufnahmeverfahren gingen in der Zeit 25/26 etwas durcheinander. Damit sich später unterscheiden lies, welches Aufnahmeverfahren jeweils verwendet wurde, bakam die Matrizennummer eine Buchstabenkombination angehängt. Bei den beiden Titeln auf Platte 19364 steht da ein "a". (1241-av bzw. 1242-av) Dieses "a" steht für eine "Akustische Aufnahme" und ist vom Mai 1925 -
Die Platte 19261 hat die Matrizennummer 611-az und 612-az ist also auch eine akustische Aufnahme.
Alle elektrischen Aufnahmen haben zur Unterscheidung zu den akustischen Aufnahmen ein "b" bekommen.
Die Discographie der Godwin Aufnahmen ist in Band 7 der Discography der deutschen Tanzmusik erschienen.
Liebe Grüße Willi*cool

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Sa Jul 23 2011, 23:23

Das mit "a" für akustisch und "b" für elektrisch ist ja endlich mal eine Information zu dem wüsten Grammophon System, mit dem man was anfangen kann! Danke!

So können einen die Ohren täuschen *no

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Odeon89, Sa Jul 23 2011, 23:32

In Berthold Leimbachs Diskographie findet man die Aufschlüsselung der Buchstabenkombination zu den Toningenieuren der D.G.A.G.

Allerdings gibt es auch das Kürzel "ab" (= 25cm-Aufnahmen des Toningenieurs Hancox, 30cm-Aufnahmen tragen das Kürzel "ac"). Das ist dann aber ein Widerspruch zu den Erläuterungen... Die Aufnahmen von Hancox können ja schlecht gleichzeitig akustisch und elektrisch sein *grins

Bezieht sich die Zuordnung der Aufnahmetechnik immer auf den ersten Buchstaben?

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
, So Jul 24 2011, 01:09


Hallo Willi,

Deine Anmerkungen gelten leider nur teilweise.
Alle Buchstaben in den Matrizennummern sind immer komplett zu betrachten - niemals einzeln!
Diese Buchstaben wurden Aufnahmeleitern und Plattengrößen zugeordnet und damit auch verschiedenen Regionen und Zeitabschnitten.

Dass "a" = akustisch heißt und "b" = elektrisch sein soll, ist nicht in Ordnung. Das kann man so nicht stehen lassen. Es gab auch schon um 1910 bis 1912 Matrizennummern mit einem "b".

Fakt ist aber, dass zumindest in der Übergangszeit der 30 cm-Platten (Ich hole hier noch etwas weiter aus: 1924 bis 1927) alle Mx-Nummern, die ein as, av, und az haben, noch akustisch aufgenommen wurden.

Die ersten elektrischen 30cm-Aufnahmen begannen mit be, danach bg, bm, bi, bo usw.

Das ganze internationale Matrizennummernsystem ist hochkompliziert und hier nicht in einer verständlichen Form zu erklären. Um das mal aufzubereiten bräuchte man sehr viel Zeit.

==============================

Hallo Odeon89,

ja, bis zum Ende der akustischen Ära versuchte man diese Aufnahmetechnik weiter zu entwickeln und es entstanden teilweise durchaus noch recht gute Aufnahmen. Trotzdem waren dem Ganzen physikalische Grenzen gesetzt. Etwas neues musste her!

Natürlich gab es auch eine Serie mit "ab". Die wurde für 25cm-Platten von 1908 bis 1910 genutzt.

Und es gab auch eine Serie mit "ac". Die wurde für 30cm-Platten von 1908 bis 1912 genutzt.

Da sehe ich keinen Widerspruch zu meinem letzten Text.
Bitte (oben für Willi) beachten: Die Buchstaben haben keine Einzelbedeutung, sondern sind immer als "Gesamteinheit" zu betrachten.

==============================

Hallo Onlyesterdays,

ok, freut mich. Die "Alle Neune"-Platte ist recht verbreitet. Mir ist noch keine untergekommen, die eine andere Matrizennummer hätte als Deine. (Habe jetzt extra noch mal nachgeschaut).

==============================

So, jetzt geh' ich schlafen.

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, So Jul 24 2011, 10:46

Anscheinend hat sich die Entwicklung der elektrischen Aufnahmen bei der DGAG parallel zu dem amerikanischen Brunswick/Vocalion Konzern vollzogen.

Brunswick machte am 7. April 1925 die erste elektrische Aufnahme nach dem "Light Ray" Verfahren der General Electric, Vocalion (gleicher Konzern!) folgte am 2. Mai 1925.#
Bis Herbst 1925 nahm Brunswick/Vocalion sowohl akustisch, wie auch elektrisch auf.
Von der Aufnahmequalität mit sehr wechselnden Ergebnissen - wie auch bei der DGAG.

Ab Oktober/November 1925 veröffentlichte Brunswick nur noch elektrische Aufnahmen.

Es stellt sich nun die Frage, ob die Zusammenarbeit bereits im Frühjahr 1925 bestand, oder ob die DGAG die Aufnahmetechnik von der deutschen Abteilung der General Electric erhielt, die das Verfahren ja entwickelte?

Eine weitere Frage an die Discographischen Spezialisten
- Die DGAG soll ja bereits 1924 mit einem eigenen elektrischen System experimentiert haben, allerdings waren die Ergebnisse schlechter als mit dem "Light Ray" System (Ich habe solche Aufnahmen aber noch nicht gehört).
Führen die Grammophon Discographien/Unterlagen solche Experimente, bzw. lassen sie sich anhand von Mx.Nummern belegen - so sie denn überhaupt in den Handel kamen?

Um zu verdeutlichen, wie die Qualität der ersten elektrischen Versuche im argen lag (sie sind oft nur schwer von akustischen Aufnahmen zu unterscheiden), hier einige Beispiele:

Begräbniss des unbekannten Soldaten, Westminster Abbey, 11. November 1920
Dies war ein experimentelles System, entwickelt von Lionel Guest & Horace Owen Merriman. Die Aufnahme wurde in der Westminster Abbey mit vier Kohlekörner Mikrophonen gemacht, und auch von der Britischen Columbia veröffentlicht - es handelt sich um die erste, kommerzielle, elektrische Aufnahme.
Die Columbia entschied sich aber gegen das System, und blieb bei dem akustischen Verfahren. 1925 übernahmen sie das Westrex System der Western Electric (wie auch Lindström 1926)




Guest & Merriman führten ihre Experimente aber in Kanada weiter, hier eine elektrische Testaufnahme vom 14. Oktober 1923




In den USA entwickelte Orlando Marsh in Chicago für sein Autograph Label ein eigenes, elektrisches System. Erste Aufnahmen wurden bereits 1921 gemacht, ab 1924 gab es auf seinem Label nur noch elektrische Aufnahmen.
Das System basierte wohl auf Telephon-Technik, mit einem ähnlich eingeschränkten Klangspektrum wie bei frühen Fernsprechern.

"King Porter Stomp" King Oliver -cornet & Jelly Roll Morton - piano
Chicago, Dezember 1924




"Up Jumped The Devil" Merritt Brunies and his Friars Inn Orchestra
Chicago, September 1924



Hier noch ein Ausschnitt aus der elektrischen Testaufnahme für das Autograph Label von 1921. Es spielt eine (leider) unbekannte Jazzband aus Chicago:



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Di Jul 26 2011, 21:48



Wie ich weiter oben in einer älteren Nachricht mal geschrieben habe, wechselte bedingt durch einen Patentaustausch auch die amerikanische Brunswick um Ende 1926/27 von dem doch recht seltsamen "Light Ray" Mikrophon mit Spiegel zu einem "richtigen" Mikro der Western Electric.
Von der General Electric wurde das Verstärker und Schneidesystem beibehalten.
Durch ein "echtes" Mikro verbesserte sich die Klangqualität der Aufnahmen erheblich.
Zu diesem Zeitpunkt waren die Grammophon und Brunswick ja schon geschäftlich verbunden.

Ungefähr zu dem gleichen Zeitpunkt verbesserte sich auch bei der Grammophon der Klang erheblich. 1927 begann man dann die Polyfar Serie einzuführen, auch wurden die Platten erstmals stolz als "elektrisch aufgenommen" vermarktet (Obwohl man damit ja schon im Frühjahr 1925 begann...)

Wann aber genau vollzog sich der Wechsel bei der Grammophon?

Noch Ende 1926 hat man den typischen "Light Ray" Klang
(z.B.Dezember 1926 Nordisk Polyphon X.S.40825/17bn)


Auch im Januar 1927 herrscht dieser Klang vor
Grammophon 19646 (Mx. No.: 110 be)


Doch im Juli 1927 - welch ein Klang!
Bei dieser Aufnahme hört man am Ende übrigens auch erstmals das typische Grammophon "pfeifen"
GRAMMOPHON 21015, Matr. Nr.334-bh



Also - irgendwann zwischen Januar und Juli 1927 wechselte auch die Grammophon die Aufnahmetechnik.

Kann jemand diesen Zeitraum anhand von Musikbeispielen, bzw. Platten genauer eingrenzen?

Es wäre interessant den Zeitraum zu Vergleichen, wann jeweils die Brunswick und wann die Grammophon zu dem besseren Mikrophon wechselte.
Schlug sich dieser Wechsel auch in Matriznummern nieder?
Schließlich musste vermutlich ab diesem Zeitpunkt auch die Grammophon dann an Western Electric Lizenzen abführen für die Nutzung des Mikrophons.

Steht dafür der Vermerk "Mech. Copyright 192X" ?
Ab wann wurde dieses auf Platten verwendet - fällt es Zusammen mit der klanglichen Verbesserung bei den Aufnahmen?




Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Mi Aug 17 2011, 17:42

Der Eingrenzung, wann die Grammophon zum verbesserten Aufnahmesystem wechselte, bin ich nun noch ein Stück näher gekommen.

Diese Platte stammt etwa vom Mai 1927.



Mx. 613bd

Diese ist schon nach dem besseren System aufgenommen.
Auch findet man den Vermerk Polyfar sowie Mech. Copyright 1927

Anscheinend geht der Hinweis Mech. Copyright 192X wirklich einher mit der besseren Aufnahmetechnik, die ja nun zum teil (das Mikrophon) von Western Electric bestand. Steht noch zu klären, ob Mech. Copyright 192X auch zu einer weiteren Lizenzabgabe führte.

Zumindest lässt sich nun der Wechsel vom alten Light Ray Verfahren zum Polyfar System in den Zeitraum von Januar bis Mai 1927 legen.

Auch bei dieser frühen Polyfar Aufnahme hört man in den letzten c. 25 Sekunden das typische Grammophonpfeifen.


Ich habe mir mal den Abschnitt der Aufnahme im Spektrographen meines Audioeditors angeschaut, dieses pfeifen schwankt zwischen 9500 - 10.000Hz, und wird stetig lauter:




Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Musikmeister, Sa Feb 02 2013, 00:19

Herold38 schrieb ...



- ab 19564 (September 1926) wurde nur noch elektrisch aufgenommen.




Ist dann die Grammophon 19564 Paul Godwin mit seinem Künstler-Ensemble "Eine Weiße mit ´nem Schuß / Andalusia" die erste 30cm Grammophon-Platte mit dem Vermerk "Mechan.Copt." im Spiegel?

Welche war die erste 25cm-Platte der 20er Serie mit "Mechan.Copt." im Spiegel?

In meiner Sammlung ist zur Eingrenzung dessen folgende Platte die späteste 25cm-Platte mit altem Label (Vollbild bitte klicken):




die früheste 25cm-Platte mit neuem Design und dem "Mechan.Copt."-Vermerk:




und hier noch eine Nachpressung im neuen Design jedoch ohne dem "Mechan.Copt."-Vermerk (14.Stamper):





Vielleicht lässt sich so ja die erste Platte mit dem "Mechan.Copt."-Vermerk ausfindig machen.
Dieser Vermerk steht meiner Meinung nach in direktem Zusammenhang mit dem Depositato-Thema hier im Forum.

Der Grammophon-Hauptkatalog 1927 endete verhältnismässig früh mit Plattenerscheinungen bis spätestens Ende März 1927 und man findet noch keine Hinweise auf das neue Polyfar-Raumton-Verfahren.
Am 05.09.1927 wurden erstmalig mindestens 175.000 neue Grammophon-Plattenhüllen für 25cm- und 30cm-Platten mit Werbung für das neue Polyfar-Raumtonverfahren gedruckt und bis Ende 1927 nochmals mindestens 885.000 weitere Hüllen in Auftrag gegeben.

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
GrammophonTeam, Do Jun 27 2013, 20:23

Hier der (englische) Artikel der erstmals die Zusammenarbeit der Grammophon mit Brunswick veröffentlichte. Auf welchen rechtlichen Beinen (ab Sommer 1925) die Nutzung des "Light Ray" Verfahrens bei der Grammophon stand, ist noch nicht geklärt.





Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
GrammophonTeam, Di Jul 23 2013, 18:52

Popular Science Monthly, Februar 1926

Dieses System kam vermutlich auch bei der DGAG zum Einsatz





Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
GrammophonTeam, Mo Jan 20 2014, 22:49

Noch ein paar "Schnipsel"...

Nochmals der Artikel in der Talking Machine World vom Dezember 1926. Anscheinend eine andre Druck-Version, bei dieser Ausgabe sieht man Mr. Deutsch anstatt des Grammophon.





...the electrical recording and reproducing rights of the General Electric Co. will become available to the Deutsche Grammophon Co. through the German General Electric Co.,... from now on will be made by the "Light Ray" method...

Die Rechte an der elektrischen Aufnahme und Wiedergabe der General Electric stehen nun der Deutschen Grammophon durch die AEG zur Verfügung. Ab nun erfolgen Aufnahmen bei dieser (Deutsche Grammophon) mittels des "Light Ray" Verfahrens...


Es steht nach wie vor die Frage im Raum - benutzte die DGAG bereits seit 1925 das "Light Ray" Verfahren? Akustisch lassen die Aufnahmen seit 1925 darauf schließen. Bis 1926 hatten die Ton-Ingenieure die neue Technik einfach besser im Griff.
Der Artikel ist ja nur die erste öffentliche Erwähnung der Zusammenarbeit. Die AEG (General Electric) scheint bei den elektrischen Aufnahmen der Deutschen Grammophon eine wichtige Rolle zu spielen.




Bezüglich:

Gelegentlich zu finden:
Schon seit 1922 wurde bei der Deutschen Grammophongesellschaft mit Versuchen für das elektrische Aufnahmeverfahren experimentiert.

Zu dieser Aussage finden sich jedoch keinerlei Quellenangaben. Ob dies stimmt ist uns nicht bekannt.
Verfügt hierzu jemand über weitere Informationen?
aus diesem Eintrag: Link - Hier klicken

1922 - blicken wir in die USA:

Bei der Victor experimentiert 1922 der Ingenieur Albertis Hewitt mit elektrischen Aufnahmen. Er nutzt dabei das Pallophotophone von Charles Hoxie. Aus diesem entwickelte sich das Aufnahmeverfahren Light Ray. Es entstanden 1922/23 Test-Aufnahmen bei der Victor. Diese wurden jedoch nicht veröffentlicht. Die Geschäftsleitung der Victor verlor ihr Interesse an dem elektrischen Verfahren. 2006 tauchte eine dieser Testaufnahmen in den USA in einer Auktion auf. Sie befindet sich nun in Privatbesitz.
Quelle: Michael Biel "The Making and Use of Recordings in Broadcasting Before 1936" (Dissertation, Northwestern University, 1977. pp. 284–285.) Link - Hier klicken



Auf der Seite Emil Berliner Studios findet sich diese ohne Quellen belegte Aussage:

1922
Bereits drei Jahre vor der weltweiten Einführung elektroakustischer Aufnahme- und Wiedergabeverfahren stellen Ingenieure der DGG Wachsaufzeichnungen mit Hilfe eines selbst experimentell hergestellten, elektromagnetischen Schreibers intern vor. Über die Modulationsquelle ist nichts überliefert; vermutlich verwendeten sie mittels elektromechanischer Vorrichtungen erzeugte Messton-Signale, oder möglicherweise auch schon Versuchsaufnahmen über erste Kohlekörner-Mikrophone aus Fernsprechern.


Einer der Ingenieure der DGAG, Walter Buhre reiste im April 1922 in die USA ( Link - Hier klicken )
Ob diese Reise privater oder Geschäftlicher Natur war, wissen wir nicht. Sollte es eine Geschäftsreise gewesen sein, ist es durchaus möglich das Buhre dabei in Kontakt mit den Versuchen der Victor mit dem "Light-Ray Verfahren" kam.

Ebenfalls von Emil Berliner Studios :

1925

...verfasst der DGG-Ingenieur Buhre einen Laborbericht über die erfolgreiche Entwicklung eines elektromagnetischen Schreibers, der in der Lage ist, 100 bis 4500 Hz aufzuzeichnen.


Leider wieder ohne Quellenangabe.
Ab Frühjahr 1925 finden sich die ersten elektrischen Aufnahmen im Katalog der Deutschen Grammophon. Akustisch sind sie den späteren des "Light-Ray Verfahrens" mehr als ähnlich.

Handelt es sich nun um eine Eigenentwicklung der DGAG? Bekam die DGAG schon im Frühjahr 1925 durch die AEG Zugang zu der Technik der General Electric (Pallophotophone)? Wurde diese vielleicht mit einem eigen entwickelten Schneidekopf und Verstärker kombiniert?

Die Nutzung des "Light-Ray Verfahrens" bei der Deutschen Grammophon ist dokumentiert. Es stellt sich eigentlich nur die Frage in wie weit eigene Entwicklungen eingeflossen sind.
Wie Eingangs erwähnt, eigene Patente der DGAG sind bis dato noch nicht aufgetaucht.

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
GrammophonTeam, Di Sep 30 2014, 17:23

Notiz aus der Berliner Tagespresse, Juni 1926: " Die Deutsche Grammophon-Aktiengesellschaft hat das elektrische Aufnahmeverfahren an Tanzplatten erprobt und will es jetzt an den "Künstlerplatten" mehr und mehr zur Anwendung bringen."

Wie wir wissen, dauerte diese "Erprobung" seit mindestens Sommer 1925, mit dem noch recht unausgegorenen Verfahren "wagte" man sich aber zunächst nur an die billigen Schlagerplatten...


Juni 1926

In der Hauszeitschrift "Die Stimme seines Herren" vom Oktober 1926 findet man ein sehr interessantes Bild des Paul Godwin Orchesters im Aufnahmeraum der Deutschen Grammophon.




Hier sieht man nun endlich mal (neben einem Kohlekörner-Mikrophon) das Aufnahmegerät/Mikrophon des "Light-Ray" Verfahrens (Der Kasten aus dem der kleine Trichter ragt). Hochinteressant in diesem Zusammenhang: Offiziell wurde die Zusammenarbeit mit der amerikanischen Brunswick und die daraus resultierende Nutzung des "Light-Ray" Verfahren erst im Dezember 1926 gemacht. Hier sieht man das dazugehörige Gerät aber bereits im September/Oktober 1926. Definitiv also, bereits vor der Zusammenarbeit mit der Brunswick nutzte die Grammophon dieses Verfahren.

Auch sehr interessant das zweite Mikrophon. In dem Artikel aus Link - Hier klicken "Die Schallwellen werden durch eine Mehrzahl an hochempfindlicher Mikrophone dem Verstärker zugeleitet..." Tatsächlich war die Aufnahmequalität im Sommer/Herbst 1926 zwar noch nicht wirklich gut, jedoch schon deutlich besser als noch ein Jahr zuvor. Auch von anderen Firmen aus den 30er Jahren ist bekannt: Teils kamen verschiedene Mikrophone gleichzeitig zum Einsatz um ein breiteres Klangspektrum abdecken zu können.

Die elektrischen Aufnahmen aus dem Jahr 1925 konnten nicht wirklich überzeugen. Das Bild der beiden verschiedenen Mikrophon-Typen lässt eine Vermutung sehr wahrscheinlich werden: Die Grammophon "mischte" die Signale einmal des "Light-Ray Mikrophons" und andererseits des aus dem Rundfunk bekannten Kohlekörner Mikrophon um ein breiteres Klangspektrum bei der Aufnahme zu erreichen.




Insgesamt sind die Parallelen in der Entwicklung des elektrischen Aufnahmeverfahrens bei der Deutschen Grammophon und der Brunswick in den USA frappierend. Gemeinsamer Nenner: die General Electric/AEG. Hier eine tabellarische Gegenüberstellung der zeitlichen Abläufe:


DEUTSCHE GRAMMOPHONVOCALION / BRUNSWICK USA
.
  • 1921: Vocalion veröffentlicht in den USA Aufnahmen der Polyphon (Deutsche Grammophon)
.
  • 1924: Die Brunswick übernimmt die Vocalion
  • General Electric in Deutschland = AEG
  • 1924: Die General Electric entwickelt das elektrische Aufnahmesystem Light Ray
  • Mai 1925: Die ersten elektrischen Aufnahmen. Diese haben quasi den identischen Klang zu den ersten Light Ray in den USA. Elektrische Aufnahmen der Jahre 1925/27 tragen ein b in der Matriznummer (be, bd, bg, bm, bi, bo, bh usw
  • 7. April 1925 - Die ersten elektrischen Aufnahmen nach Light Ray
  • Sommer 1925: Es entstehen elektrische und akustische Aufnahmen. Die akustischen überwiegen noch.
  • Sommer 1925: Es entstehen elektrische und akustische Aufnahmen
  • Herbst 1925: Die meisten der Tanzmusikplatten werden nun elektrisch aufgenommen.
  • November 1925: Es entstehen nur noch elektrische Aufnahmen. Das neue Verfahren wird publik gemacht.
    • Frühjahr 1926: Mit den Matritzen 339bg - 369bg wird erstmals ein Orchester unter Leitung von Richard Strauss elektrisch aufgenommen
  • Juni 1926: Die Grammophon bewirbt ihr Verfahren. Es wird angekündigt ab nun auch "ernsthafte Musik" nach dem neuen, elektrischen Verfahren aufzunehmen.
  • 1925: Die Brunswick führt den ersten elektrischen Plattenspieler mit Verstärker vor. Name: Panatrope; Entwicklung: General Electric
  • September 1926: Ab nun wird ausschließlich elektrisch aufgenommen.
  • Dezember 1926: Die Brunswick und die Deutsche Grammophon verkünden nun öffentlich ihre Zusammenarbeit.
  • Dezember 1926: Die Brunswick stellt der Grammophon durch die AEG nun offiziell das Verfahren Light Ray zur Verfügung
  • c. Mai/Juni 1927: Die Klangqualität der Aufnahmen verbessert sich erheblich. Das System wird nun massiv als Polyfar beworben. Auch die AEG (über Telefunken) führt in verschiedenen Produkten der Unterhaltungselektronik die Silbe -Far ein.
  • c. April 1927: Die Brunswick übernimmt von der GE neue Mikrophone und Schneideköpfe. Die Qualität bessert sich erheblich.
  • Die Grammophon bringt in Zusammenarbeit mit der AEG den ersten elektrischen Plattenspieler mit Verstärker auf den Markt. Name: Polyfar. Dieses ist baugleich mit dem Panatrope der Brunswick/GE


Oktober 1926


Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, So Nov 30 2014, 20:52

In Bezug auf das fast identische Bild aus Link - Hier klicken



Nachtrag Mai 1930


Anscheinend verwendete man dieses Photo noch bis 1930 in Nachträgen - entstanden ist es jedoch bereits 1926. Die große Frage: Steuerten beide Mikrophone gleichzeitig die Verstärkeranlage an? Möglich wäre dies. Das "Light-Ray" Mikrophon war vom Frequenzumfang recht beschränkt. Wird parallel ein zweites Mikrophon verwendet, vergrößert sich dadurch (theoretisch) auch die akustische Bandbreite.

Ähnlich wie in den USA, wird dieses Mikrophon im Laufe des Jahres 1927 ersetzt worden sein - zumindest gibt es genau dann einen qualitativen Sprung bei den Aufnahmen.

Grüße



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
GrammophonTeam, Mi Jan 21 2015, 20:58

Ein Artikel von 1928 bestätigt die Zusammenarbeit der Deutschen Grammophon, Brunswick, General Electric und der AEG bei der Entwicklung des (gemeinsamen) elektrischen Aufnahmeverfahren.



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Sa Okt 31 2015, 20:58

Zwar haben wir die beiden Bilder hier schon gesehen, in der "Zeitschrift für Instrumentenbau" fanden sie sich jedoch in höherer Auflösung. Die Ausgabe stammt vom 15. August 1926. Daher sind die beiden Aufnahmen früher zu datieren (Juni/Juli - oder noch früher?), und geben ganz gut Aufschluss über das frühe elektrische System bei der Grammophon. Die Grammophon gab ihr System ja ab Mai 1926 "bekannt", mit dem Zusatz: "Wurde zunächst nur an Tanzmusikaufnahmen erprobt". Daher könnten, rein theoretisch, die Bilder noch früher entstanden sein.

Paul Godwin



Kohlekörnermikrophon & "Light Ray" Mikro der GE/AEG


Die eigentliche Aufnahmetechnik in kompletter Ansicht




Gut zu erkennen der Gewichtsantrieb für die eigentliche Aufnahmemaschine und die dicke Wachsmatrize. Bei den "runden Ding" rechts neben dem Aufnahmetechniker, scheint es sich um einen normalen Grammophontrichter zu handeln. Auch bei WE (Lindström und Co.) war es ja zunächst üblich eine Probeaufnahme noch akustisch abzuhören.

Bei der einzelnen Röhre auf dem Tisch, könnte es sich um einen kleinen Kontrollverstärker für den Kopfhörer handeln; möglicherweise wird damit auch das Messgerät (Aussteuerung?) dahinter angesteuert. Der eigentliche Verstärker (vier Röhren) ist Batterie betrieben. Um welchen Röhrentyp könnte es sich handeln?

Bei dem dunklen Kasten oben rechts im Bild könnte es sich um den Regler für die beiden Mikrophone (Mischer) handeln. Insgesamt wirkt der komplette Aufbau doch etwas "verwegen"...

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Willi-H-411, Mo Nov 02 2015, 08:29

Grammophonteam schrieb ...



Der Text unter dem Bild des Aufnahmeraums verwirrt mich. Wenn ich die Schrift richtig entziffere, steht da u.a.:

Die Schallwellen werden durch eine Mehrzahl hochempfindlicher Mikrophone dem Verstärker zugeleitet und dann dem Aufnahmemembran zugeführt, die sie in entsprechende Bewegung umwandelt, die auf den Schreibgriffel einwirkt.

Es ist der Begriff "Aufnahmemembran", mit dem ich so recht nichts anfangen kann. Befand sich der Schneidstichel tatsächlich an einer Membran, gab es also damals noch keinen elektromagnetischen Schneidekopf? Falls ja, wie wurde diese Membran dann in Schwingungen versetzt?


Formiggini schrieb ...

Insgesamt wirkt der komplette Aufbau doch etwas "verwegen"...

Na ja, "verwegen" ist da aber schon äußerst freundlich definiert. "Kabelverhau" wäre schon passender.

Hier fehlen eigentlich nur noch die Warnhinweise, die es zu Anfang des Radios gab, daß man sich mit aufgesetztem Kopfhörer nicht vom Tisch, auf dem der Radioapparat stand, entfernen soll, um nicht die Apparatur runterzuziehen.

VG Willi



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Rundfunkonkel, Mo Nov 02 2015, 10:11

Der eigentliche Verstärker (vier Röhren) ist Batterie betrieben. Um welchen Röhrentyp könnte es sich handeln?


Evtl. um eine Siemens BE?

Link - Hier klicken

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Formiggini, Mo Nov 02 2015, 16:07

@RFO: Dass könnte hinkommen. Zumindest bestand ja von Siemens zur AEG über Telefunken eine gewisse "Verwandtschaft"...

@Willi: Ganz frühe, elektrische Aufnahmedosen um 1920 waren tatsächlich noch mit einer Membrane versehen. Im Grunde handelte es sich um "umfunktionierte" Kopfhörer- bzw. Telefonhörer. An die Membran wurde der Schneidestichel befestigt (vereinfacht). Das "Problem" hier, ist aber, nach meiner Meinung ein ganz anderes...

Unsere Sprache hat sich in den letzten 90 Jahren verändert. Dies merke ich immer wieder recht stark, wenn ich zu Artikeln in alten Publikationen und Zeitungen recherchiere. Die elektrische Aufnahmetechnik war, bei Veröffentlichung des Artikels, noch ganz neu. Mit dem Begriff "(elektromagnetischer) Schneidekopf" hätte 1926/27 kaum ein Leser etwas anfangen können. Zumindest dem technikinteressierten Laien könnte aber der Begriff "Aufnahmemembran" geläufig gewesen sein. Viele der uns heute geläufigen (Fach) Begriffe haben sich erst später eingebürgert. So war es um 1899/1900 auch noch vollkommen normal in Zeitungen den Begriff "der Record / ein Record" zu lesen. Gemeint war damit die Walze eines Phonographen.

Grüße

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
Rundfunkonkel, Di Apr 26 2016, 22:00

Bei diesem Bild frage ich mich, was das exakt in der Bildmitte darstellt - ein drittes Mikro, welches Richtung Decke gerichtet ist? Oder ist es nur ein Filter, welcher vor das Kohlemikrophon geklappt werden kann? Sieht etwas dick für sowas aus.



Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
snookerbee, Mi Apr 27 2016, 00:40

Das könnte eine Stoppuhr sein. Oben auf dem größeren Bild, das ein anderer "take" der selben Situation ist, kann man das besser erkennen.

Link - Hier klicken

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
somberrecords, Mo Aug 12 2024, 10:51

Hallo zusammen,
der letzte Beitrag in diesem Tread ist ja schon eine Weile her. Hier ist ein interessantes Bild aus der "Stimme" vom Oktober 1926 (mit dem entsprechenden Artikel unter "Hausmitteilungen" zu finden):





Hier ist deutlich das Light Ray-Aufnahmegerät neben einem Mikrophon zu erkennen. Das ist offenbar ein Hinweis darauf, dass bei der Deutschen Grammophon mit verschiedenen Systemen nebeneinander experimentiert wurde. Irgendwo hier habe ich auch gelesen, dass die Systeme miteinander gekoppelt wurden. Im Artikel in der "Stimme" dazu ist jedoch nur von einem Mikrophon die Rede.

Re: Frühe elektrische Aufnahmen bei der Deutschen Grammophon
gramofan, Mo Aug 12 2024, 11:01

Das linke dürfte eine Kohlekörnermikrophon sein, wie es auch im Rundfunk für Ansagen gebraucht wurde (siehe Bild - dieses Exemplar steht im Funkhaus Berlin an der Masurenallee, leider in einem Glaskasten und deshalb schlecht zu photographieren).