Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, Sa Mai 21 2011, 16:50
...es gibt hier wohl niemand, der diesen Ohrwurm nicht kennt... aber über die Geschichte dieses Riesenhits ist im Internet sehr viel Falsches zu lesen.
Darum möchte ich Euch bei Interesse hier einmal die Fakten zu dem "Hit" näherbringen.
Die Melodie stammt von Gerhard Winkler, der Text von Ralph Maria Siegel ( Vater des heutigen Siegel jun.)
Die allererste Aufnahme wurde im März 1943 bei Odeon mit Magda Hain unter Leitung von Gerhard Winkler gemacht.
(Sammlung Stephan Wuthe)
Magda Hain war eine Angestellte bei Siemens in Berlin, sie wurde von Winkler entdeckt und in den Jahren 1942-45 in Berlin sehr beliebt wegen ihres völlig schnirkellosen Auftretens und natürlich wegen ihrer netten Stimme. Eigentlich eine typische Berlinerin, die mit all den Nöten der Zeit eine ideale Reflektionsfigur abgab. Schnell erhielt sie von den Berlinern auch den Zusatz "die singende Hausfrau".
Hier bei einer Veranstaltung in den 50er Jahren für die Berliner Trümmerfrauen:
Ihre Karriere endete schon in den Nachkriegsjahren und sie starb in den 90er Jahren verarmt in einem Altenheim in Regensburg.
Nun zurück zu den Caprifischern.
Das Lied wurde in der ersten Zeit auch noch im Rundfunk gespielt und wurde schnell beliebt.
Die Surrealistik des Textes zur Berliner Wirklichkeit 1943 störte nicht, nein, sie war eine Art minutenbegrenzte Fluchtmöglichkeit für die Seele.
Nun kommt langsam die Politik ins Spiel... es zeichnen sich schon im Sommer größerwerdende Probleme mit Italien ab.
Ab Spätsommer 1943 singt Rudi Schuricke das Lied in dem "Volks-Varieté" PLAZA , welches 1929 in der Halle des nicht mehr benötigten Ostbahnhof am Küstriner Platz (Friedrichshain) eingerichtet wurde.
Das Haus hatte 3000 Plätze und war neben der Scala eines "der" Unterhaltungsvarietés in Berlin. Endgültig zerstört bei den Kämpfen in Berlin 1945 und abgerissen 1952. Es stand genau an der Stelle, wo sich heute das Verlagshaus des "Neuen Deutschland" befindet.
Schuricke sang die Caprifischer in Form einer Zwischennummer, er gab dabei den "singenden Dirigent" des Plaza-Orchesters.
Hier ein recht seltenes Foto einer dieser Auftritte:
Der Rundfunk spielte das Lied nicht mehr, weil bekanntlich die Amerikaner 1943 Neapel und Capri besetzten.
Die Schallplatte mit Schuricke erreichte jedoch noch den Markt, wie das Originaletikett der Aufnahme von 1943 beweist:
Es ist oft zu lesen, daß die Aufnahme im Krieg gänzlich "verboten" war. Das stimmt so nicht. Es wurde lediglich im Rundfunk nicht mehr gespielt. Das wirkte sich natürlich extrem verkaufsmindernd auf die Schallplatte aus.
Die wirklich große Stunde kam dann ab 1946/47 , wo die Caprifischer scheinbar den gleichen Reflex bei den Hörern auslöste, wie schon in der kurzen Episode des Schlagers 1943.
Es war geradezu ein "Volkslied" bis in die 50er Jahre hinein.
Die Amiga presste als erste Eigenaufnahme die Caprifischer mit Kurt Reimann. Daran allein sieht man, welche Popularität das Lied schon im Frühjahr 1947 hatte.
Unschlagbar allerdings blieb die Version mit Rudi Schuricke!
Es wurde die Matritze (10167 1/2) von 1943 auf allen Schellackplatten der Deutschen Grammophon/Polydor bis in die 50er Jahre verwendet.
Um Euch die enorme Bekanntheit der Caprifischer zu verdeutlichen, hier noch zum Abschluß ein paar zeitgenössische Bilderwitze aus der frühen Nachkriegszeit
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
snookerbee, So Mai 22 2011, 17:09
Danke für die interessanten Bilder und Fakten.
In den Informationen zur CD-Serie "Amiga-Schlagerarchiv" wird berichtet, daß Gerhard Winkler die "Caprifischer" nach dem Krieg zunächst für Radiophon (Matrize R842/47) aufnahm und etwas später noch einmal für Amiga (Matrize AM501a/47). Das war Anfang 1947. Eine Radiophon-Platte habe ich selbst noch nie gesehen. Weiß jemand etwas über dieses Label?
Hier ist das Labelfoto der Amiga-Version mit dem Komponisten selbst als Dirigent.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, So Mai 22 2011, 17:48
Hallo Snookerbee,
ja, danke, das ist das Amigaetikett.
Amiga begann die Eigenaufnahmen mit Nr. 1100. (die Serie 1000 waren alte Tempomatr).
"Radiophon" tauchten vor etlichen Jahren schon immer mal noch auf.
Ich kenne welche, die ein orange-gelbes Etikett zeigen und im oberen Teil den Berliner Funkturm.
Mal sehen, ob ich was an Bildmmaterial finde .
Gruß, Nils
PS: Über Google kommen nur zwei, drei von den ganz einfachen Etiketten, handbeschriftet.
Aber ich hatte mal eine Radiophon bei einem Sammler in der Hand. Die war wie gesagt orange-gelb, der Funkturm (mit Haus des Rundfunks) war in Rot aufgedruckt. Das war eine Michael Jary.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
snookerbee, So Mai 22 2011, 19:52
Hallo Nils, danke für den Hinweis via Google zu suchen. Hätte ich ja auch mal drauf kommen können... *denk
Mir scheint, dass Radiophon wohl Musik für den Rundfunk aufgezeichnet hat, der die Platten dann sendete. Durch die Google Suche bin ich auf die Etikettensammlung vom albis-verlag gekommen. Da findet man weiter unten auf der Seite einige Radiophon-Labels mit entsprechenden Hinweisen.
Link - Hier klickenGrüße, Claus
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, So Mai 22 2011, 20:08
Hallo Claus,
ja, ich habe das nur leider so schwach in Erinnerung ! Es gab wohl reine Rundfunkproduktionen in jeweils sehr begrenzter Stückzahl, aber wohl auch einige normal käufliche.
Ganz im Prinzip wurden sie wohl hergestellt, damit der Rundfunk halbwegs aktuelle Platten für Sendungen zur Verfügung hatte, als die kommerzielle Plattenherstellung noch brach lag.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, Mi Nov 14 2012, 23:01
hier erstmal ein Labelbild, ich besitze allerdings auch nur die Nachkriegspressung.
ich werde noch einen anderen Weg versuchen euch diese Aufnahme zu Gehör zu bringen.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
snookerbee, Mi Jan 23 2013, 00:45
Rudi Schuricke sang das Lied "Capri-Fischer" auch in einem Nachkriegsfilm.
Das Begleitorchester dürfte Kurt Drabek's Gruppe sein,
die ja ab 1946 mit Harfe und Vibraphon spielte.
Am Klavier sieht man zu Beginn den Komponisten Gerhard Winkler selbst.
Der Film ist der "DEFA-Augenzeuge Nr. 43/1947"
Das Lied beginnt bei 13:05 im Filmclip:
Link - Hier klickenRe:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
GrammophonTeam, Do Jul 31 2014, 11:58
Von einem aufmerksamen Leser der Seite haben wir noch diese Informationen bekommen - Vielen Dank!
Liebe SchellackfreundInnen,
habe eine – hoffentlich fachkundige – Ergänzung zum Capri-Fischer Artikel. Die Schuricke-Aufnahme wurde laut meinem Plattenexemplar am 21.12.1943 eingespielt. Ich habe eine französische Pressung, bei der auf der Matrize das Datum 21.12.43 verzeichnet ist. Das würde auch ungefähr mit der Matrizennummer 10168 übereinkommen (Beispiel: Die letzten und unveröffentlichten Lale Andersen-Titel im Krieg bei Dt. Gramm. tragen die Matr.Nrn. 10149 GD/ 10150 GD, datiert auf 13.11.43, laut Weihermüller, Discographie der dt. Kleinkunst, Bd. III, S. 594). Auf meiner deutschen Nachkriegspressung steht kein Datum, nur das Jahr 1943 auf der Rückseite. Wenn das Datum stimmt, hat Schuricke den Titel also sehr spät und somit fast ein dreiviertel Jahr nach Magda Hain aufgenommen; mir ein Rätsel, wo doch klar war, dass aufgrund der politischen Lage mit Italienschlager kein Hit mehr zu erwarten war, zumal die Platte dann wohl erst Anfang 1944 auf den Markt gekommen sein dürfte!
Es grüßt
R. J. R.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
snookerbee, Do Jul 31 2014, 13:46
Die entscheidenden Frage ist, ob das Datum auf der französischen Pressung den Aufnahmetag wiedergibt oder den Tag, an dem die Pressmatrize hergestellt/geprüft wurde.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Fr Jan 29 2016, 01:01
Es ist in der Tat das Aufnahmedatum - die Platte kam erst 1944 heraus.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Mo Dez 31 2018, 17:14
Ich möchte die Veröffentlichung von Schurickes „Capri-Fischern“ in der Zeit vor Kriegsende infrage stellen. Es ist mittlerweile klar, dass das scheinbare „Kriegsetikett“ von SIEMENS-POLYDOR auch in der frühesten Nachkriegszeit (d.h. Sommer 1945 bis mindestens Mitte 1946) praktisch unverändert (s.u.) weiterverwendet wurde. Dass bei der DGG in Hannover der Pressbetrieb im Sommer 1945 bereits wieder in Gang war, ist hinlänglich bekannt; man vgl. dazu die Angaben in der Dissertation von S. Fetthauer (2000), die erstaunliche Produktionszahlen für die ersten Nachkriegsmonate (bis zu 50.000 Platten monatlich!) detailliert auflistet. Weitere Lohnpressungen entstanden vermutlich auch bei Otto Stahmann (z.B. Horst Winter auf POLYDOR) und in Berlin (Ringbahnstraße), siehe ebd.
Platten, auf denen der Zusatz „Hergestellt unter der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung“ fehlt, sind also
mitnichten immer eindeutige 'Kriegspressungen', sondern können sehr wohl auch zwischen Mai 1945 und Sommer/Herbst 1946 gepresst worden sein. Es besteht daher die Vermutung, dass auch die „Capri-Fischer“ zu eben diesen frühen Nachkriegsveröffentlichungen der DGG gehören, die erst 1946 auf den Markt gebracht wurden.
Die SIEMENS-POLYDOR-Ausgabe der „Capri-Fischer“ taucht OHNE den Vermerk der Nachrichtenkontrolle gar nicht mal so arg selten auf, was gegen eine Produktion in der Endkriegszeit spricht. Das Etikett unterscheidet sich bei allen mir bislang begegneten Exemplaren deutlich von den eindeutigen Kriegspressungen der Marke SIEMENS-POLYDOR, denn es ist strahlend weiß und glänzend; genauso wie es die späteren Nachkriegs-SIEMENS-POLYDOR-Etiketten MIT dem Aufdruck der Nachrichtenkontrolle sind. Die Etiketten der Kriegsausgaben von Siemens-Polydor sind immer aus grobem, unbeschichteten Papier von natürlicher Farbe.
Ob zwischen Anfang 1944 und Mai 1945 (mit Ausnahme von TEMPO) überhaupt noch Neuveröffentlichungen von Platten auf den deutschen Markt gelangten, ist meines Erachtens allgemein sehr fraglich, zumal auch das Katalogmaterial mit dem Jahreswechsel 1943/44 offenbar vollständig eingestellt wurde. Nach langem Überlegen und einigen Gesprächen mit dem Verfasser/Threaderöffner, der meine Ansicht wegen der neuen Forschungslage (Literatur s.o.) nun stützt, gehe ich daher - bis auf stichhaltige Belege - davon aus, dass die „Capri-Fischer“ in der Version von Rudi Schuricke erst nach Kriegsende, d.h. vermutlich Anfang 1946, auf den Markt gekommen sind.
Die oben gezeigte französische Ausgabe könnte für den damals unter französischer Besatzung stehenden Markt im Saargebiet gedacht sein und ebenfalls von 1946/47 datieren.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Mo Dez 31 2018, 20:30
Die höchste mir bekannte Siemens-Polydor-Ausgabe einer vor Kriegsende entstandenen Aufnahme ohne Nachrichtenkontrolle-Aufdruck ist die 47959 (Schlusnus). Wenn man also davon ausgeht, dass die Nummern sukzessive vergeben wurden (was bei der DGG, abgesehen von Zweitbelegungen) der Fall war, müssten also in der Zeit des von Dir angenommenen Zeitraums (Mai 45 bis Sommer/Herbst 46) mindestens 92 Platten im 47000er-Block erschienen sein - und die Firma hatte noch etliche weitere Serien. Erst mit der 47960 (Künneke, aufgenommen 13. 07. 46) kam die erste Nachkriegsaufnahme in dieser Reihe heraus. Eine solche Neuveröffentlichungsflut halte ich in dieser Zeit für unwahrscheinlich. Warum 1944 nur noch Tempo Neues auf den Markt gebracht haben soll, sehe ich nicht ein. Sowohl Electrola, Odeon, Imperial, Phonoton, wie auch Telefunken (da gibt es sogar einen "Sammelnachtrag 1944") haben noch bis mindestens Ende 44 produziert. Die Ausführungen von Frau Fetthauer sind übrigens mit Vorsicht zu genießen, da sie ohne Erfahrung auf dem Gebiet der Schellackplatte an die Sache herangegangen ist.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Mo Dez 31 2018, 21:11
Die Angaben, wonach die DGG in Hannover bereits ab Juni 1945 wieder produzierte und eifrigst neue Matrizen von bereits vorliegenden Aufnahmen geschnitten hat (hierunter sind Magnetophon-Bänder zu verstehen, die unmittelbar nach Kriegsende erstmalig umgeschnitten wurden), beruhen
nicht auf Frau Fetthauers Ausführungen, sondern sind dem in ihrer Dissertation im Wortlaut (!) edierten
Briefverkehr von Dr. Hugo Wünsch (dem damaligen Direktor der DGG) zu entnehmen; sie sind also als Primärquelle zu hundert Prozent vertrauenswürdig und aussagekräftig.
Es bleibt festzuhalten - und u.a. darauf stütze ich meine Argumentation - dass bislang nicht ein einziger schriftlicher Beleg von Neuerscheinungen nach dem Jahreswechsel 1943/44 vorliegt; auch den erwähnten "Telefunken-Sammelnachtrag 1944" hat nach meiner Kenntnis bislang noch niemand im Original zu Gesicht bekommen (bitte um Korrektur - das wäre wirklich einmal eine kleine Sensation, ihn hier sehen zu können!).
Die DGG arbeitete ohne jeden Zweifel ab Sommer 1945 mit Hochdruck daran, alte "gutverkäufliche" Bestseller in den Presswerken Hannover und Berlin (sowie wohl bei Stahmann) zu produzieren; das Meiste wurde gepresst,
um die bei Kriegsende fast geleerten Lager wieder aufzufüllen: Dies werden in großem Maße jene Platten sein, die zwischen Mai 1945 und Herbst 1946 produziert und dann einige Monate (bis zur offiziellen Verkaufserlaubnis durch die allierten Kontrollbehörden im Sommer 1946) eingelagert wurden;, nach dem Aufkleben des bekannten rechteckigen "Lizenzzettelchens" bzw. -Stempels ab Juli 1946 gelangten diese Platten in den Verkauf. Diese frühen Nachkriegspressungen tragen das vermeintliche 'Kriegsetikett': Die Lizenz der Besatzungsbehörde wurde erst im Juni 1946 (!) ausgestellt - erst ab diesem Zeitpunkt bestand also überhaupt die Notwendigkeit, die Etikettenklischees anzupassen! Dass Letzteres mit einiger zeitlicher Verzögerung gegenüber dem Gesetz geschah, liegt auf der Hand. Pressungen aus der Zeit zwischen Kriegsende und Herbst 1946 (!) tragen also jenes Etikett, das oftmals etwas voreilig als 'Kriegsetikett' bezeichnet wird - treffliche Beispiele sind hierfür etwa die Fritz Stamer-Platten vom 26.2.1945; so liegt mir etwa Polydor 47941 ("In der Nacht ist der Mensch nicht gern alleine") auf dem vermeintlichen 'Kriegsetikett' vor, das u.a. ebenfalls für die Nachkriegsaufnahmen von G. Landmann Verwendung fand, ebenso wie für mehrere RADIOPHON-Übernahmen aus der frühen Nachkriegszeit. Das Gleiche gilt für die frühe Nachkriegsproduktion bzw. für frühe Nachkriegsveröffentlichungen der BRUNSWICK ("The Maskeraders", "The Blue Five" auf Pseudo-'Kriegsetiketten' ohne Vermerk der Nachrichtenkontrolle...). Von Restbeständen alter Etiketten, die nach Kriegsende Verwendung fanden, ganz zu schweigen...
Es war für die DGG zwischen Kriegsende und Sommer 1946 aus juristischen wie logistischen Gründen praktisch unmöglich, Neuaufnahmen zu machen; stattdessen wurden (durch den bei Fetthauer edierten Schriftverkehr zweifelsfrei belegt) zahlreiche ältere, bislang unveröffentlicht gebliebene Matrizen für Neuerscheinungen genutzt sowie Bandaufnahmen aus der Zeit von 1942-45 erstmalig auf Wachsplatte geschnitten.
Die bislang postulierte Angabe, dass jede Platte, auf der der Vermerk "Hergestellt unter der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung" fehlt, zweifelsfrei eine 'Kriegspressung' darstellt, ist so leider m.E. nicht mehr zu halten.Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Mi Jan 02 2019, 13:31
Entgegen der in Fetthauers Dissertation enthaltenen Informationen sind bereits für die Filmton-Playbacks der 57000er Serie Magnetbänder umgeschnitten worden. Die spätesten Seiten 2312 - 2324 GS wurden im Matrizen-Eingangsbuch am 05. 05. 44 (2325 - 2341 GS am 14. 04. 44) verzeichnet. Noch nie ist mir eine dieser Platten in einer eindeutigen Nachkriegspressung, also mit dem - wie ich es nenne – Vollkornlabel untergekommen, so dass von einer Veröffentlichung nach dem Krieg kaum ausgegangen werden kann.
Aehnlich verhält es sich mit der „Melodienfolge aus 15 Jahren deutscher Filmmusik“ 57329 – 57332 (2359 – 2364 GS).
Die beiden Platten mit Szenen aus Sutermeisters ROMEO UND JULIA (68148 & 68149, aufgenommen am 31. 07. 44) liegen mir in zwei verschiedenen Polydor-Ausgaben (ohne “Nachrichtenkontrolle”) vor, wovon die eine mit “Auftrag der Zentralstelle…” beschriftet ist und somit schwerlich aus der Nachriegszeit stammen kann.
Nicht zu reden von der ganzen anti-sowjetischen Propaganda auf Polydor-Platten, bzw. etlicher seriöser Aufnahmen der aus der SU geflohenen Sänger Wolkoff, Zabaida-Sumitzky, Schadan, Kalerowa, Sergejewa, Orlova, Kuprianowa u. a.. Auch hiervon ist nie ein „Vollkorn“-Exemplar aufgetaucht; sehr wahrscheinlich wurden beim Einmarsch der Roten Armee aus Angst die entsprechenden Presswerkzeuge vernichtet.
Sogar Wolkoffs 31056 (PRJ 0194, aufgenommen am 31. 01. 45) ist noch erschienen. Die Nummer 36009 der Sopranistin Kuprianowa (aufgenommen am 11. 44) ist überdies nach dem Krieg neu belegt worden.
Vielleicht besitzt einer der geneigten Samlerkollegen solch späte Ausgaben der Deutschen Grammophon mit dem Aufdruck „Wehrmachtseigentum“?
Mich würde interessieren, welche Nachkriegsmatrizen mit Bandaufnahmen der Kriegszeit bespielt wurden. Bei den frühen KK-Nummern habe ich in der Tat Lücken; innerhalb der mir bekannten Aufnahmen ist nichts Verdächtiges. Einen diesbezüglichen Verdacht hatte ich bisher nur bei Telefunken (zufälligerweise Helga Willes Capri-Fischer auf 35506)
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Mi Jan 02 2019, 19:07
Man wird hier scharf zwischen Platten für den Zivilbedarf und solchen für den Bedarf der Wehrmacht und anderer verbündeter Armeen ('Wlassow-Armee' etc.) sowie staatlicher Instistutionen trennen müssen.
Der Betrieb der DGG sollte Ende 1943/Anfang 1944 - nach Komplettverbot der Plattenproduktion (!) - sogar zur Rüstungsproduktion requiriert werden, was in letzter Minute noch verhindert werden konnte - die entsprechenden Archivquellen sind in dem genannten Werk von Frau Fetthauer detailliert nachzulesen. Es würde mich sehr wundern, wenn man in diesen - für das Unternehmen sehr unsicheren - Zeiten nach Frühjahr 1944 noch zahlreiche Neuerscheinungen für den Zivilmarkt herausgebracht hätte; während andere Firmen (TFK, Electrola, Odeon) ihre Neuerscheinungen (nicht aber die Produktion!) offenbar praktisch vollkommen eingestellt hatten.
Sowohl in der Telefunken-"Ernte" von Juli 1942 als auch im DGG-Katalog 1943 ist nur noch ein Bruchteil des früheren Gesamtangebots als lieferbar gelistet. TFK gibt z.B. im Vorwort zur "Ernte" (Juli 1942) an, dass nur noch die gelisteten Platten überhaupt während des Krieges weitergepresst würden; Neuerscheinungen folgten nachweislich bis Oktober 1943, vermutlich aber noch einige wenige bis zum Jahresbeginn 1944.
In der Zeit zwischen Frühjahr 1944 und Mai 1945 noch viele Neuerscheinungen zu veröffentlichen, deren Absatz potentiell fraglich war, wäre (gelinde gesagt) bemerkenswert. Die wenigen Arbeitskräfte und die knappen Rohstoffe nutzte man eher, um (neben propagandistischen Aufnahmen) Platten für den Export zu pressen, die Devisen und Rohstoffe für die Rüstung ins Land brachten, als dutzende Neuerscheinungen auf den 1944/45 quasi zusammengebrochenen Zivilmarkt zu werfen, deren Absatz zudem fraglich war...
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
jitterbug, So Jan 06 2019, 11:16
Capri-Fischer ohne Depositato, "A" im Spiegel.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Willi-H-411, So Jan 06 2019, 11:40
In der Polydor-Datenbank
Link - Hier klicken wird das Stück dreimal aufgeführt:
Si 22 381 A Schuricke, Rudi Capri-Fischer 1957
78 47 867 A Schuricke, Rudi Capri-Fischer
Si 2042 260 A Schuricke, Rudi Capri-Fischer 1950
Leider wird hierbei nicht angegeben, aus welchem Jahr die 78er Veröffentlichung stammt.
VG Willi
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, So Jan 06 2019, 12:21
jitterbug schrieb ...
Capri-Fischer ohne Depositato, "A" im Spiegel.
Danke fürs Zeigen dieses seltenen Etikett-Typs! Er fand offenbar genau in der 'Übergangszeit' zwischen 1944 und 1946 Verwendung; mir liegt eine Platte aus einem 1946/47 von den Briten erworbenen Konvolut vor, die den gleichen Etikett-Typ aufweist (siehe Abb. im "Capri-Fischer"-Thread). Es belegt also m.E. leider nicht die Veröffentlichung vor Kriegsende.
Hat hier vielleicht jemand Zugriff auf die exakten Daten aus dem Aufnahmebuch der DGG und kann sie hier zeigen? Geht daraus evtl. hervor, ob der genannte 21.12.1943 das Datum der eigentlichen Aufnahme im Studio bezeichnet, oder ob an diesem Tag erst der Schnitt (vom Band) oder die Entwicklung der Matrize vorgenommen wurde? Es fällt auf, wie eingangs erwähnt wurde, dass das Datum so erheblich viel später als das der Magda Hain-Aufnahme liegt, die ja auch noch in den Monatsnachträgen der Odeon 1943 auftaucht.
Ich mutmaße hier, aber handelt es sich bei der Schuricke-Version möglicherweise um eine Aufnahme, die etwa zeitgleich mit der Hain-Version bereits im März/ April 1943 auf Band gemacht worden war und dann erst am 21.12.43 auf Wachsplatte umgeschnitten wurde? Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
jitterbug, So Jan 06 2019, 13:55
Traudl Winkler, die Witwe Gerhard Winklers, sprach immer vom Oktober 1943, als Schuricke das Lied in sein Repertoire nahm und die Platte besang. Das „Original“ sei eindeutig Magda Hain, für die Gerhard Winkler ja etliche Lieder komponierte.
Viele Grüße, Stephan
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, So Jan 06 2019, 14:08
Lieber Stephan Wuthe, dass Schuricke den Titel 1943 in der Plaza gesungen hat und es auch eine Bandaufnahme gab, die eventuell noch 43 zu einer Plattenmatr umgeschnitten wurde, da gibt es doch gar keinen Widerspruch.
Nur, ob die Schallplatte wirklich noch vor Kriegsende den Markt erreichte, da bestehen erhebliche Zweifel.
Grüße, Max
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, So Jan 06 2019, 14:17
Abstellhebel schrieb ...
... dass Schuricke den Titel 1943 in der Plaza gesungen hat und es auch eine Bandaufnahme gab, die eventuell noch 43 zu einer Plattenmatr umgeschnitten wurde,...
Die Möglichkeit, dass es sich möglicherweise um eine umgeschnittene Magnetophon-Aufnahme handelt, ist natürlich plausibel und würde das späte Datum erklären. Es ist aber nur eine
Vermutung.
Ich bin nicht sicher, ob die DGG jeden Bandumschnitt wirklich auch immer stringent in den Aufnahmebüchern vermerkt hat. Sicher weiß aber jemand hier darüber Genaueres. Meine Vermutung ist, dass damit bereits ab Sommer 1942 bei einigen Platten der Marken Siemens-Polydor und Siemens Spezial gearbeitet wurde - die technische und örtliche Flexibilität gerade bei Großaufnahmen mit großem Chor und Orchester (wie bei den Capri-Fischern) wäre ein großer Vorteil dabei gewesen.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Di Jan 08 2019, 13:47
Lieber Odeon89,
Deiner Argumentation kann ich beim besten Willen nicht folgen. Verstehe ich recht, das Du aus Ermangelung von Nachtrags/Neuerscheinungs-Zetteln/Annoncen schließt, es seien von Anfang 1944 bis Kriegsende keine Platten (abgesehen von solchen zu Propagandazwecken – wieso allerdings die beiden aus ROMEO UND JULIA und die Filmton-Polydors hierzu zählen sollen, ist mir ebensowenig erfindlich) der DGG erschienen? Dasselbe könnte ich aus dem Fehlen solcher Unterlagen des Zeitraums Sommer 45 bis Herbst 46 schlussfolgern (der früheste mir vorliegenden Katalog ist vom Mai 1948).
Das Verbot nicht kriegswichtiger Produktion bewirkte lediglich, dass Neuerscheinungen von der „Zentralstelle“ genehmigt werden mussten: Was diese für „kriegswichtig“ hielt, lag im Auge, bzw. Ohr des Betrachters, der möglicherweise bestechlich war. Im Fall von z. B. Tempo wurde sogar ausschließlich Unterhaltungsmusik durchgewunken. Hier waren noch nicht einmal (wie offenbar bei der DGG) begleitende Propaganda-Aufnahmen nötig, um noch bis mindestens Dezember 1944 Neues herauszubringen (die letzte mir bekannte Nummer 1953, Horst Winter mit „Aloha oe“ wurde im Dezember 44 aufgenommen, die 1951, derselbe mit „Ich weiß, dass ich dich lieben muss“, aufgenommen im November oder Dezember, existiert sogar in zwei Takes, wovon einer sehr häufig anzutreffen ist, jedoch beide nie in einer eindeutigen Nachkriegspressung, so dass hier von einem Kriegsverlust der Matrizen ausgegangen werden kann).
Wie kommst Du darauf, TFK, Electrola und Odeon hätten nach dem Verbot 1943 Neuerscheinungen für den einheimischen Zivilmarkt „offenbar praktisch vollkommen eingestellt“? Für die letzten beiden Marken gibt es (wenn auch wenige) Gegenbeweise. Von den großen Firmen war TFK wohl noch die aktivste, aber dies weiter auszuführen, würde diesen Thread ausufern lassen…
Was nun die Möglichkeit eines Umschnitts von Schurickes Capri-Fischern angeht, so gibt es in der Tat ein Reichsrundfunk-Band vom 07. 07. 1943, was als Vorlage durchaus denkbar wäre. In der Regel findet sich im Spiegel nach der Matrizennummer ein „D“ für Duplizierung – diese Sitte wurde jedoch nicht konsequent gehandhabt.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Di Jan 08 2019, 18:28
Danke für die Ausführungen! Ja, ich gehe in der Tat davon aus, dass die großen deutschen Plattenfirmen - mit der Ausnahme von Tempo - kurz nach dem Jahresbeginn 1944 die Neuerscheinungen für den Zivilmarkt eingestellt haben. Dies trifft freilich nicht auf den Bedarf des Militärs und den Export zu, wie ich bereits im Thread zu "Depositato" ausführlich dargelegt habe.
Meine Argumentation stütze ich dabei nicht nur - aber auch - auf das Fehlen jeglicher Neuerscheinungslisten nach Dezember 1943 (die späteste bekannte Kriegsliste dürfte wohl die "Liste 6" von ODEON sein, die offenbar die Neuerscheinungen der Monate November und Dezember 1943 listet). Hinzu kommt, und das ist vielleicht ein wenig zu kurz gekommen, dass die Etiketten dieser 'strittigen' Kriegsveröffentlichungen nicht von jenen früher Nachkriegsveröffentlichungen unterschieden werden können (Beispiel: Fritz Stamer, Polydor 47941, mit Pseudo-'Kriegsetiektt' vorliegend; ebenso die RBT-Aufnahmen der Serie Radiophon mit dem gleichen Etikett). Ich möchte nochmals betonen, dass eine Platte nicht automatisch als 'Kriegspressung' bzw. 'Kriegs-Neuerscheinung' angesehen werden darf, wenn sich auf dem Etikett der Passus "Hergestellt unter der Nachrichtenkontrolle der Militärregierung" nicht findet.
Die höchste Bestellnummer, die in dem offenbar letzten Siemens-Polydor-Nachtrag von Mai/ Juni 1943 gelistet ist, ist Nr. 47800 (Rolf Schanz Salonorchester: "Illusion"). Zu dieser Zeit sind monatlich nur noch ca. sechs bis acht Platten in der (deutschen) 47000er-Serie erschienen. Im schweizer Siemens-Polydor-Katalog von Oktober 1944 (!) ist hingegen als höchste Bestellnummer noch 47843 gelistet (Hans Busch Salonorchester: "Solveighs Lied"). Diese Platte liegt mir als deutsche Siemens-Polydor-Pressung vor, mit DEPOSITATO (April 1943), das m.E. eine Nachkriegspressung kennzeichnet (siehe entsprechenden Thread hier im Forum). Hier ist zentral wichtig, dass die schweizer Siemens-Polydor-Ausgaben nicht durch die DGG, sondern üblicherweise in der Schweiz selber gepresst wurden (sie unterschieden sich auch in der Schrifttype auf dem Etikett deutlich von deutschen Ausgaben).
Bezeichnenderweise sind in diesem 1944er-Katalog die "Capri-Fischer" auch
nicht enthalten. Offenbar belieferte die DGG die schweizer Tochtergesellschaft noch 1944 mit einigen Matrizen, die vermutlich in Deutschland während des Krieges nicht mehr erschienen sind. Exakt das gleiche Bild ergibt sich auch bei Odeon (hier ist z.B. noch zeitgenössisch Zarah Leanders "Ich hab' Angst vor dir und der Liebe" erschienen, das in Deutschland erst nach dem Krieg auf den Markt kam).
Meine Gegenfrage lautet nun: Wenn bei der DGG 'munter' bis zum 8. Mai 1945 Neuerscheinungen auf den Markt gebracht worden wären, wo sind dann analog die ELECTROLA- oder ODEON-Neuerscheinungen von 1944/45? Hier stellt sich dieses Problem offenkundig nämlich gar nicht: Die höchste mir bekannte Neuerscheinung der Electrola mit Kriegsetikett ist Best.Nr. E.G. 7321 (Kirsten Heiberg); in der letzten Neuerscheinungsliste (Liste 5 1943 = Oktober) ist bei E.G. 7317 Schluss. E.G. 7332 ist nun aber bereits eine eindeutige Nachkriegsaufnahme (Vgl. K. Krüger: Trümmer-Takes. Die letzten Berliner Plattenaufnahmen im Krieg. In: Fox auf 78, Heft 25 (Winter 2009), 12-14). Diese 'Lücke' lässt sich hervorragend durch eine letzte Neuerscheinungsliste für Dez. 1943/ Jan. 1944 erklären. Das gleiche Bild zeigt sich auch bei Odeon: Hier ist die höchste mir mit Kriegsetikett vorliegende Neuerscheinung Best.Nr. O-31728 (Werner Schwarz T.O.), die entsprechend im Odeon-Monatsnachtrag 6 gelistet ist. Da diese Aufnahme jedoch erst im Dezember 1943 entstand, ist von einer Neuerscheinung frühestens im Januar 1944 auszugehen. Danach war ganz offenkundig sowohl bei Electrola als auch bei Odeon Schluss, obwohl Lindström nach den Kriegsschäden am Berliner Werk bis Mai 1945 Lohnpressungen bei Kybarth in Ehrenfriedersdorf machen ließ. (Quelle: E. Pigorsch: Schallplatten(kunst) aus dem Erzgebirge. Teil 2: August Kybarth (1878-1945) und Albert Vogt (1884-1954). (Online), S. 9.)
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
berauscht, Mi Jan 09 2019, 10:29
Ich habe de Thread mal von
Refrainsänger nach
Diskussionskreis Schellackplatten verschoben.
Die Diskussion darf sich jetzt also ruhig ausgedehnen, solang sie noch in Beziehung zum
Thema "Capri - Fischer" steht.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Mo Jan 14 2019, 13:46
Unstrittig ist ja, dass bis zur alliierten Lizenzvergabe "munter" noch dieselben Polydor- und Siemens-Etiketten weitergepresst wurden, ebenso unstrittig sind jedoch auch – ich wiederhole ebenfalls gern – Ausgaben zwischen Anfang 1944 und Kriegsende (siehe ROMEO UND JULIA, frühestens 08.44, bzw. Filmton, frühestens 05.44, sollen die ausschließlich für Militär & Export gedacht sein?).
Warum der schweizer Siemens-Katalog vom Oktober 44 nicht eine einzige 1944er Aufnahme (und ebensowenig Schurickes Superschnulze) enthält, kann ich mir auch nicht erklären, das Hauptaugenmerk liegt hier wohl auf E-Musik.
Wiegesagt, ich möchte diesen Thread nicht ausufern lassen, nur soviel zu Electrola: der 03/04.44er Nachtrag enthält noch die EG 7329; die erste mir bekannte Nachkriegsveröffentlichung in diesem Nummernblock ist EG 7331.
Meiner Ansicht nach hat einzig das Columbia-Label Ende 1943 seine Neuerscheinungen eingestellt.
Die These über die Bedeutung des „depositato“ ist betörend, stößt jedoch spätestens mit den Bar-Trio-Seiten 10014 – 23 GD 9 an ihre Grenze, da diese mit „depositato 8.6.“ vorkommen, obwohl sie erst am 23. 06. 1943 aufgenommen wurden.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Mo Jan 14 2019, 13:49
... und vermutlich gibt es auch Clangor 1944 nicht mehr...
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, Mo Jan 14 2019, 16:39
Hallo Konezni,
ihr redet etwas aneinander vorbei. Odeon89 schreibt ganz ausdrücklich, dass es um den zivilen Markt geht, deswegen fallen die Kinotonplatten und russische Gesänge oder "Charly" Platten natürlich raus.
Es ist unbestritten, dass bei Grammophon und Lindström in sehr reduziertem Ausmaß 1944 noch Aufnahmen stattfanden - die aber eben nicht mehr den ZIVILEN Binnenmarkt erreichten. Hat jemals ein Sammler hier zum Beispiel die 1944 Aufnahme mit Kary Barnet / Steimel "Zum Abschied reich' ich dir die Hände" auf altem Odeon Kriegsetikett gesehen ?
Es ist unstrittig, dass ab Sommer 1945 bis in den Herbst hinein in Hannover "Kriegsetiketten" neu oder aus Altbestand verwendet wurden, noch ohne Lizenzvermerk.
Mit Gruß, Max
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Mo Jan 14 2019, 17:51
Hallo Max,
die Export-Funktion der "russischen Gesänge" sehe ich durchaus, warum aber sollen die Filmton-Polydors dem zivilen Markt vorenthalten worden sein?
Was die "Charly-Platten" angeht, die ich nicht ins Feld geführt habe, so gibt es diese 1944 bei der DGG gar nicht mehr.
Schöne Grüße,
Raoul
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Mo Jan 14 2019, 18:53
Konezni schrieb ...
... warum aber sollen die Filmton-Polydors dem zivilen Markt vorenthalten worden sein?
Zu den (ausgesprochen raren) "Filmton-Polydors" ist der genaue Verwendungszweck meines Wissens bislang noch nicht mit letzter Gewissheit geklärt worden. Mir wäre jedenfalls neu, dass diese von Beginn an regulär im Plattenladen erhältlich waren.
Wenn ich es richtig in Erinnerung habe, schrieb Stephan (Jitterbug) einmal, dass auch eine oder mehre Platten in einem eindeutig in die frühe Nachkriegszeit (1946?) zu datierenden Konvolut aufgetaucht sind. Davon wird nicht ausgeschlossen, dass diese Platten ursprünglich zur Kinobeschallung etc. genutzt worden sind, aber (in Ausnahmefällen) auch einmal regulär ins Ladengeschäft gelangten. Die Regel dürfte dies aber vor Kriegsende (leider) nicht gewesen sein, sonst wäre diese Platten nicht solch ausgesprochenen Raritäten.
Ich bitte weiterhin zu bedenken, dass auf den orangenen 30cm-57000er-Polydor zahlreiche Künstler zu hören waren, die zu dem Zeitpunkt bei der Konkurrenz einen Exklusivvertrag hatten, so Hans Albers, Ilse Werner, Hilde Hildebrand und Peter Igelhoff (allesamt bei der Lindström unter Exklusivvertrag stehend). Ferner war Peter Igelhoff nach 1942/43 politisch offensichtlich nicht mehr wohlgelitten, sodass Neuveröffentlichungen seiner Aufnahmen zu dem hier behandelten Zeitpunkt (1944 bis Mai 1945) für den Zivilmarkt wohl kaum noch infrage kamen.
Re:
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Odeon89, Mo Jan 14 2019, 19:25
Konezni schrieb ...
nur soviel zu Electrola: der 03/04.44er Nachtrag enthält noch die EG 7329; die erste mir bekannte Nachkriegsveröffentlichung in diesem Nummernblock ist EG 7331.
Meiner Ansicht nach hat einzig das Columbia-Label Ende 1943 seine Neuerscheinungen eingestellt.
Dürfte ich um eine Quelle für den Monatsnachtrag 3/4 1944 (oder vielleicht sogar einen Scan desselben) bitten? Um welchen Titel/ Interpret handelt es sich bei E.G. 7329?
In Analogie zu den 1943er-Nachträgen müsste sich der Nachtrag 3/4 1944 auf ca. Juni/August 1944 beziehen. H. Sieben, der mit großer Akribie über Jahrzehnte hinweg bei allen bekannten Sammlern, Musikern etc. deutschlandweit die Monatsnachträge aller größeren Plattenfirmen zusammengetragen hat, hört mit dem Monatsnachtrag 5 / 1943 bei Electrola auf. Ich vermute jedoch, dass es - in Analogie zu Odeon - noch einen Nachtrag 6 / 1943 (Dezember/ Januar) gegeben hat. Selbst in den 1970/80er-Jahren, als viele der Zeitgenossen (wie H. Lange u. D. Schulz-Köhn) noch lebten und ihn mit dem entsprechenden Material versorgten, war es augenscheinlich nicht möglich, auch nur eine Spur eines späteren Monatsnachtrages irgendeiner deutschen Plattenmarke nach dem Jahreswechsel 1943/44 zu finden.
Die Nummer E.G. 7329 halte ich als Neuerscheinung für Sommer 1944 doch für recht verwunderlich: Wie geschrieben, ist die höchste Nummer im letzten mir bekannten Monatsnachtrag (Liste 5 1943 = ca. Oktober) E.G. 7317. Auf Kriegsetikett vorliegend ist noch E.G. 7321 (Kirsten Heiberg), die ich als Neuerscheinung auf Dezember 1943 (Liste 6 1943) datieren möchte. K. Krüger listet im "Fox auf 78" (Heft Winter 2009) noch E.G. 7323 (Heinz Burzynski T.O.) als mit Kriegsetikett belegt auf; diese Ausgabe ist ungemein rar und mir ist nicht bekannt, ob sie einen Lizenzzettel von 1946 auf dem Etikett trägt, was auf eine Verwendung alter Druckbögen in der frühen Nachkriegszeiten schließen lassen könnte. Eine Neuerscheinung von E.G. 7323 halte ich in der Liste 6/43 auch für wahrscheinlich.
Es wären damit also innerhalb eines dreiviertel Jahres zischen Oktober 1943 und Sommer 1944 insgesamt nur zwölf Platten in der E.G.-Serie in Deutschland erschienen - vorausgesetzt, dass alle Nummern auch lückenlos belegt wurden -, was ich für sehr verwunderlich halte. In der Liste 5 1943 werden allein schon
elf Platten in der E.G.-Serie als Neuerscheinungen gelistet.
Deswegen würde ich mich sehr über einen Beleg freuen, oder hat sogar jemand eine Electrola-Ausgabe zwischen E.G. 7324 und E.G. 7331 auf dem 'Kriegsetikett' vorliegen und kann sie hier exemplarisch zeigen? Den mir bekannten Sammlern und mir selbst ist eine solche jedenfalls niemals begegnet.
Re:
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Odeon89, Mo Jan 14 2019, 20:16
Konezni schrieb ...
Die These über die Bedeutung des „depositato“ ist betörend, stößt jedoch spätestens mit den Bar-Trio-Seiten 10014 – 23 GD 9 an ihre Grenze, da diese mit „depositato 8.6.“ vorkommen, obwohl sie erst am 23. 06. 1943 aufgenommen wurden.
Ich gehe davon aus, dass die 'Daten' eher größere Konvolute an Müttern bezeichnen, die gesammelt zur Auslagerung gelangten. Es fällt auf, dass es offenbar nur eine beschränkte Nummernvarianz gibt. So tauchen besonders häufig "3.4.", "19.8.", "8.6." im Wachs auf; diese Daten beziehe ich alle auf das Kalenderjahr 1943, auch wenn "Depositato" nach "Mech.Copt. 1938" etc. eingestempelt wurde. Diese Daten fallen auffallend mit den intensiven Luftangriffen auf norddeutsche Städte im Sommer 1943 zusammen. Möglicherweise waren die Matrizen so nach Konvolut-Datum (in Kisten oder Regalen) angeordnet, dass eine spätere Wiederauffindung schnell möglich war... Gut möglich also, dass auch mal nachträglich die ein oder andere Matrize als 'Nachzügler' mit einsortiert wurde, z.B. weil man erst wieder in einigen Monaten ein solches Konvolut nach Arnstadt sandte, aber trotzdem die bisher gezogenen Mütter in Sicherheit bringen wollte.
Möglicherweise führt dies aber tatsächlich in diesem Thread hier zu weit
Re:
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berauscht, Mo Jan 14 2019, 20:48
Telefunken brachte 1944 auch noch Neuerscheinungen heraus, deren Aufnahme Ende März 1944 erfolgte. Bestellnummern A 10536 - A 10539.
Re:
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Odeon89, Mo Jan 14 2019, 21:09
berauscht schrieb ...
Telefunken brachte 1944 auch noch Neuerscheinungen heraus, deren Aufnahme Ende März 1944 erfolgte. Bestellnummern A 10536 - A 10539.
Dabei handelt es sich allerdings durchwegs um Wiener Aufnahmen (Gretl Rath, Ernst Landl, Jane Tilden, Herbert Mytteis). Insbesondere die Rath- und Tilden-Platten tauchen in Wien noch sehr häufig auf, während sie in Deutschland praktisch nie zu finden sind. Sie sind mir des öfteren in Konvoluten mit eindeutigen Nachkriegsplatten begegnet und steckten, sofern noch die Originalhülle vorhanden war, stets in "Telefunken Austria"-Hülle (Nachkrieg), was mich an einer Veröffentlichung noch 1944 zweifeln ließ. Nicht auszuschließen ist, dass für den Wiener Markt diese Platten noch zeitgenössisch erschienen sind - sie stellen aber eine große Ausnahme dar und sind meist in exzellenter Pressqualität.
Bei Telefunken wurde die Aufnahmetätigkeit mit dem November 1943 in Berlin weitgehend eingestellt. Das ganze Jahr 1944 hindurch entstanden (incl. der Wiener Aufnahmen!) gerade einmal ca. 25 Neuaufnahmen, die - mit Ausnahme der genannten Jane Tilden und Gretl Rath-Platten - auf 'Kriegsetikett' (das nicht automatisch eine Kriegspressung kennzeichnen muss!) praktisch unauffindbar sind.
Dies alles lässt mich an den Neuerscheinungen dieser Platten nach Jan. 1944 Zweifel hegen, solange kein eindeutiger Beleg in Papierform auftaucht, der die Neuerscheinung dieser Platten eindeutig für Deutschland vor Mai 1945 belegt.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
berauscht, Mo Jan 14 2019, 22:13
Die Platten müssen noch vor Mai 1945 erschienen sein, da Telefunken in Österreich erst 1949 wieder ins Schallplattengeschäft einstieg. Alle nach dem Krieg erschienen Platten tragen das Telefunken Austria-Etikett. Auch gibt es nach dem Kriege die A-Bestellnummern in Österreich nicht mehr.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Di Jan 15 2019, 16:01
Nun ufert dieser Thread doch noch aus. Da ich weder über genug Geduld, noch die Zeit zu weiteren Ueberzeugungsversuchen verfüge, stelle ich wenigstens noch die beiden folgenden Labelabbildungen zur Diskussion. Zu Odeon suche ich bei Bedarf noch einen entsprechenden Beleg heraus. Was Phonoton und Tempo angeht, so besteht da doch wohl Einhelligkeit...
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
, Di Jan 15 2019, 18:20
Das ist jetzt natürlich sehr speziell, wenn du die (für Alle) sehr interessanten Electrola-Nachträge 3 und 4 von 1944 aus "Zeitmangel" und mangelnder Geduld weder zeigst, noch eine Quelle nennst.
Die Electrolaplatte ist 1943 aufgenommen und passt sehr gut in die Liste 6/43.
Ein Beleg für deine Behauptungen zu Electrola 1944 ist sie nicht.
Gruß, Max
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
berauscht, Di Jan 15 2019, 18:58
Die Telefunken A 10561 ist eine deutsche Nachkriegspressung, denn Platten mit diesem Etikett findet man in Wien nicht.
Eine Telefunken-Aufnahmeapparatur befand sich bis Februar 1945 in Wien. Sie wurde dann gemeinsam mit der aus Prag nach Frastanz in Vorarlberg ausgelagert.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Di Jan 15 2019, 19:34
Konezni schrieb ...
Nun ufert dieser Thread doch noch aus. Da ich weder über genug Geduld, noch die Zeit zu weiteren Ueberzeugungsversuchen verfüge, stelle ich wenigstens noch die beiden folgenden Labelabbildungen zur Diskussion. Zu Odeon suche ich bei Bedarf noch einen entsprechenden Beleg heraus.
Erstmal herzlichen Dank für die Abbildungen der Etiketten. Ganz wie "Abstellhebel" schrieb, würde auch ich für die Lale Andersen-Platte eine Neuerscheinung in der Liste 6 / 1943 (= Dezember/Januar) ansetzen wollen. Wie herausgestellt wurde, sind die Telefunken über 10535 womöglich noch im Frühling 1944 erschienen - als gesichert kann dies
allein aufgrund Etiketten meines Erachtens nicht gelten, dabei bleibe ich auch bis zum zeitgenössischen schriftlichen Gegenbeleg. Die mir vorliegenden TFK-Pressungen über 10532 mit 'Kriegsetikett' tragen bereits den Lizenzzettel der Allierten, mit der Ausnahme der erwähnten Wiener-Aufnahmen. Dies schließt eine Konzeption der Platten (Best.Nrn.-Vergabe etc.) vor Kriegsende freilich ebensowenig aus, wie Pressungen, die für den Bedarf der Truppen usw. vorgesehen waren und nicht unbedingt auch in den zivilen Verkauf gelangt sind.
berauscht schrieb ...
Die Telefunken A 10561 ist eine deutsche Nachkriegspressung, denn Platten mit diesem Etikett findet man in Wien nicht.
Diese Aussage ist mir nicht nachvollziehbar - das Etikett wurde vermutlich seit etwa Anfang 1944 wohl u.a. bei Kybarth in Ehrenfriedersdorf verwendet. Es gibt durchaus Belege (Händleraufkleber) aus der 'Ostmark' auf dem Hellgrau-Etikett.
@Admin - Vielleicht könnte man den Thread der Übersichtlichkeit halber jetzt doch aufteilen und einen neuen Thread (Themenvorschlag z.B.: "Neuveröffentlichungen von Platten nach 1943 für den deutschen Zivilmarkt" oder ähnliches) erstellen? Eine passende Stelle dafür scheinen mir die Beiträge ab dem 8. Jan. zu sein.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
berauscht, Di Jan 15 2019, 20:02
Odeon89 schrieb ...
@Admin - Vielleicht könnte man den Thread der Übersichtlichkeit halber jetzt doch aufteilen und einen neuen Thread (Themenvorschlag z.B.: "Neuveröffentlichungen von Platten nach 1943 für den deutschen Zivilmarkt" oder ähnliches) erstellen? Eine passende Stelle dafür scheinen mir die Beiträge ab dem 8. Jan. zu sein.
Eine Aufteilung ist technisch leider nicht möglich. Ich habe aber alle Beiträge ab 8. Januar 2019 in einen neuen Thread mit dem Titel "Neuveröffentlichungen von Platten nach 1943 für den deutschen Zivilmarkt" kopiert.
Neuveröffentlichungen von Platten nach 1943 für den deutschen Zivilmarkt Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Di Jan 15 2019, 20:13
Danke sehr!
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Fr Aug 23 2019, 19:58
Nach den Angaben in der neuen "Diskographie der Gesangsinterpreten der leichten Muse von 1925 bis 1945" von W. Schneidereit (3. Band, S. 1296f.) stammt die auf SIEMENS-POLYDOR 47867 veröffentlichte Aufnahme der "Capri-Fischer" vom "ca. 17.11.1943". Wo dieses Datum herrührt, ist mir leider nicht bekannt.
Weiß jemand, woher das Aufnahmedatum 21.12.1943 stammt, das bisher zu den Capri-Fischern genannt wurde, und wie sich der Unterschied erklären ließe?
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Fr Aug 23 2019, 23:56
Das Datum stammt von Aufnahme-Unterlagen der DGG. Am 17. 11. 1943 entstand die vorhergehende Sitzung, die nachfolgende am 07. 01. 1944.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, So Aug 25 2019, 16:35
Vielen Dank! Ist daraus zu schließen, dass das bisher angegebene Datum, der 21.12.1943, die korrekte Angabe für die Aufnahme darstellt? Geht aus den Aufnahmebüchern (sie liegen mir leider nicht vor) evtl. hervor, ob es sich um einen Band-Umschnitt handelt?
Ist bekannt, ob diese Umschnitte bei der DGG überhaupt in den Aufnahmebüchern immer vermerkt wurden, oder war das Verfahren der Aufnahme auf Magnettonband ab einem bestimmten Zeitpunkt (Sommer 1942?) möglicherweise bereits zum Standard für Siemens-Spezial und Siemens-Polydor geworden?
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Remirus, Di Aug 27 2019, 16:14
Die Siemens-Polydor-Version mit Schuricke habe ich noch mit dem rot-weißen Label (mit aufgedrucktem Hinweis auf die Nachrichtenkontrolle der Militärregierung), kenne von Börsen usw. aber nur Platten mit dem orangenen Polydor-Label der Besatzungszeit. Meine scheint also eine sehr frühe Pressung zu sein. Weiß jemand vielleicht, bis wann es die Platte mit diesem Label gab? Vielleicht habe ich ja eine Seltenheit ... :-)
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Polyfar41, Di Aug 27 2019, 23:13
Die Verwendung des Siemens-Etiketts (eingeführt 1943) wollte man nach dem Krieg wieder zurückstellen, um dem guten Ruf des Schallplatten-Unternehmens nicht zu schaden, da die Firma Siemens durch ihre wehrwirtschaftliche Produktion in Mißkredit geraten war. (Laut Aussage DG-Direktor Hugo Wünsch, in: Sophie Fetthauer, Deutsche Grammophon - Geschichte eines Schallplattenunternehmens im "Dritten Reich", Seite 183/184).
Ich besitze zwei Nachkriegs-Platten, eine Siemens-Polydor und eine Polydor, beide mit Lizenz durch die alliierte Militärregierung C.30.212, mit folgenden Daten:
47966 Siemens-Polydor "Deep in the heart of Texas", Mx. 186 1/2-KK, Bandaufnahme Hamburg am 29.09.46, Überspielung auf Wachs = 26.11.46.
47975 Polydor, Etikett: orangerot, Deutsche Grammophon G.m.b.H.. Hannover, "Tico-Tico", Mx. 182 1/2-KK, Bandaufnahme Hamburg, Überspielung auf Wachs = 12.02.47.
Danach sieht es so aus, als ob der Etiketten-Wechsel bei Neuaufnahmen etwa um die Jahreswende 1946/1947 stattgefunden hat.
Das orangerote Etikett blieb auch nur 2 Jahre und wurde 1949 durch das dunkelrote Etikett mit der Polydor-Schleife und den goldenen Sternchen abgelöst.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Odeon89, Mi Aug 28 2019, 02:51
Stephan (Jitterbug) zeigte weiter vorne in diesem Beitrag bereits eine sehr frühe Pressung der "Capri-Fischer"; hier das SIEMENS-POLYDOR-Etikett OHNE Zensurvermerk. Diese Pressung stammt aus der Zeit zwischen 1944 und Sommer 1946 (vermutlich nach Mai 1945). Zu dieser Zeit entstanden Pressungen für die Deutsche Grammophon GmbH wohl an drei Orten: Hannover, Berlin-Ringbahnstraße sowie Stahmann-Werke/P-Babelsberg (Tempo).
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Polyfar41, Mi Aug 28 2019, 05:45
Über Lohnprsessungen von Tempo Babelsberg für die DG im Zeitraum 1945/46 gibt es keine gesicherten Erkenntnisse.
Zwar existiert ein Vertrag zwischen Otto Stahmann junior (Tempo Babelsberg) und der DG über ein Volumen von 10.000 Platten monatlich ( lt. Schriftwechsel DG-Direktor Wünsch vom 12.9.45). Es ist aber bisher keiner Quelle zu entnehmen, ob der Vertrag auch wirklich umgesetzt wurde.
Edwin Hein, ehemaliger Geschäftsführer der DG, zuständig für die firmeneigenen Verkaufsläden der DG (Grammophon Spezialhaus GmbH) spricht in einem Jubiläumsbericht "65 Jahre Deutsche Grammophon Gesellschaft 1898-1963" nur davon, "dass man irgendwann imstande war, im Keller in der Ringbahnstraße kleine Auflagen von Schallplatten zu pressen". Der Vertrag mit Stahmann wird hingegen in der Schrift nicht erwähnt.
(Quelle: wie oben, Sophie Fetthauer, S.198-200).
Das Presswerk Hannover lief im Dreischichtbetrieb und lieferte den größten Teil der Platten. Wir hatten 1946/47 einen Wohnungsnachbarn, der dort als Presser arbeitete und fast ausschließlich Nachtschichten machte.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
jitterbug, Sa Jan 11 2020, 14:45
Hier mal wieder eine Ergänzung zum Thema "Capri-Fischer":
Mir liegt inzwischen die RADIOPHON-Platte von RUDI SCHURICKE vor. Sie trägt die RADIOPHON-Umschnittmatriznummer 605/46, ist allerdings bereits während des Krieges am 07.07.1943 mit Begleitung der Kapelle KURT DRABEK aufgenommen worden. (Datums-Information durch H.-Joachim Schröer)
Es handelt sich um eine 30cm-Pressung, auf der Rückseite befindet sich eine Tango-Aufnahme vom Orchester Victor Hohenfels.
Die RADIOPHON GmbH hat anfangs sehr viele noch vorliegende Tonbänder der Reichsrundfunkgesellschaft durchmischt auf 25 und 30cm Platten umgeschnitten. So besitze ich etliche Aufnahmen mit WILLI STECH, ERWIN BOOTZ, PETER IGELHOFF, DTU, OTTO DOBRINDT, HERBERT-ERNST GROH, PETER ANDERS, BRUNO SAENGER, HANS BUND u. a., oftmals auf glatt weißem Etikett mit blauem Stempel "RADIOPHON GmbH". Dabei reichen die RADIOPHON-Matriznummern ohne weiteres in höhere Bereiche, während auch längst EIgenaufnahmen gemacht wurden.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Trommler, So Okt 18 2020, 12:34
Ich möchte die Sammlung gerne mit folgendem Label ergänzen. Es dürfte sich ebenfalls um ein Original von 1943 handeln.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Telraphon, So Okt 18 2020, 19:52
Original ist da nur die Pressmatrize, die identisch mit Jener von den Siemens-Experimentalplatten ist. Gepresst wurde Deine Platte - am ganz normalen Polydor-Label der frühen 50er gut erkennbar - in der Nachkriegszeit.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Remirus, Mo Okt 19 2020, 10:48
@ Trommler und Telraphon: Das ist offenbar eine späte Pressung der "Schuricke-Urversion" von 1943, der zweiten überhaupt (nach der Magda-Hain-Version), und ich finde es bemerkenswert, dass diese Version offenbar noch um 1950 neu aufgelegt wurde. Wenn die abgebildete Platte noch gut in Takt ist, finde ich persönlich es nicht richtig, sie mit Verachtung zu "strafen". Ich würde sie genauso wertschätzen wie meine "Siemens Polydor", die nicht mehr in gutem Zustand ist.
Eine Frage hätte ich noch: Wer war Theo Knobel? Der Name ist mir außer auf dieser Platte noch nirgendwo begegnet. Sollte das vielleicht ein Pseudonym für Gerhard Winkler sein, der ja sowohl bei der Magda Hain- wie auch bei der Kurt-Reimann-Version (Amiga) als Orchesterleiter beteiligt war? Es wäre schön, wenn mir jemand darauf eine Antwort geben könnte.
Herzliche Grüße!
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
berauscht, Mo Okt 19 2020, 11:39
Remirus schrieb ...
Eine Frage hätte ich noch: Wer war Theo Knobel? Der Name ist mir außer auf dieser Platte noch nirgendwo begegnet.
Dann schau nochmal genauer ... sicher hast Du auch die Tangoplatte "Wenn du wüßtest, wie ich dich verehre" mit dem Lied aus dem Tonfilm "Ein Mädel wirbelt durch die Welt"
Theo Knobel wurde 1906 geboren und war Kapellmeister und Komponist in Berlin.
Telefonbuch: 1937 bis 1969: Knobel Theo, Kapellmeister und Komponist, Grunewald, Wernerstraße 17
Später nach dem Krieg wurde Knobel Produzent bei Philips in Hamburg, weshalb er auch dort eine Wohnung hatte.
Telefonbuch: 1955 bis 1980: Knobel Theo, Kapellmeister und Komponist, Wandsbek, Pillauerstraße 1
Knobel produzierte die ganzen Marschmusik- und Studentenlieder-Platten. Knobel starb 1982.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Telraphon, Mo Okt 19 2020, 15:43
Wenn die abgebildete Platte noch gut in Takt ist, finde ich persönlich es nicht richtig, sie mit Verachtung zu "strafen". Ich würde sie genauso wertschätzen wie meine "Siemens Polydor", die nicht mehr in gutem Zustand ist.
Die Platte "mit Verachtung zu strafen" ist sicher falsch - es ist und bleibt eine schöne Aufnahme. Nur ist sie halt weder selten, noch hat sie einen Sammlerwert, der über die obligatorischen "50 Cent" hinausgeht - man findet sie noch zuhauf, was ja auch von ihrer einstigen Beliebtheit zeugt. Auch ich habe sie im Regal stehen....Es kommt ja nicht immer auf den finanziellen Wert an.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Remirus, Di Okt 20 2020, 15:29
@ berauscht: Danke für die Info! Demnach ist Theo Knobel auch für die Wikipedia relevant.Da sollte ich wohl mal tätig werden. Die von dir genannte Tangoplatte kenne ich übrigens nicht.
@ Telraphon: Mit diesem Label sehe ich die Platte hier zum ersten Mal. Mit dem orangenen Besatzungszeit-Polydor-Label dagegen ist sie mir schon öfters begegnet. Wie auch immer, ich suche die Platte nach wie vor in einem gut spielbaren Zustand, da wäre mir diese "50-Cent-Version" genauso willkommen wie eine ältere.
Herzliche Grüße euch beiden und allen "Mitlesern"!
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
berauscht, Do Okt 22 2020, 12:18
Remirus schrieb ...
Eine Frage hätte ich noch: Wer war Theo Knobel? Der Name ist mir außer auf dieser Platte noch nirgendwo begegnet.
Mehr Theo Knobel gibt es übrigens auch hier im Forum:
Link - Hier klickenRe:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Remirus, Do Okt 22 2020, 18:48
O, wie peinlich, da muss ich mich jetzt selbst verbessern! Die "Trizonesien-Hymne" habe ich nämlich selbst auch, allerdings noch mit dem lila Polydor-Label, und dort ist in der Tat Theo Knobel als Orchesterleiter angegeben. Darauf habe ich bisher einfach nicht geachtet. Das Lied sehe ich übrigens wegen seiner zweiten Strophe etwas kritischer als die anderen Teilnehmer des Threads. Vielleicht werde ich mich dort noch äußern und den "Faden" nach fünf Jahren wieder aufnehmen.
Herzliche Grüße!
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Moonbeam, Mo Jan 03 2022, 21:37
in der Bucht ist eine vermeintliche Testpressung von 1942 zu haben, falls jemand noch Weihnachtsgeld über hat.
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Moonbeam, Mi Feb 23 2022, 12:39
Ich habe heute eine wohl französische Pressung bekommen. Ich entschuldige mich für das schlechte Foto, aber egal wie oft ich es versuche, ich kriege es nicht besser hin. Die Nummern sind dieselben wie üblich: 47867 und Matritze 10167 GD. Kann mir jemand etwas über das Veröffentlichungsjahr sagen? Danke!
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Konezni, Mi Feb 23 2022, 21:53
Sieht mir eher nach einer schweizer Ausgabe der späten 40er Jahre aus...
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Fehlmann1960, Do Feb 24 2022, 08:16
Es handelt sich ziemlich sicher um eine Schweizer Pressung. Randbeschriftungen am Label, mit französischer Schrift, gibt es bei Schweizer Pressungen relativ oft.
Hier eine Schweizer Pressung mit gleicher Beschriftung von 1945 mit rotem Label.
Gruss Thomas
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Moonbeam, Do Feb 24 2022, 10:25
Danke Euch beiden!
Re:
Die Geschichte der "Capri - Fischer "
Moonbeam, Fr Mär 04 2022, 22:37
Und noch ein anderes Label das ich bisher in diesem thread nicht gesehen habe. Die Beschriftung ist anders.