Paul Dorn
berauscht, Sa Jul 30 2011, 13:30

Paul Dorn war ein vielbeschäftigter Refrainsänger der dreißiger Jahre. Leider ist über Ihn und sein Leben wenig bekannt. Vielleicht können wir hier gemeinsam Informationen zusammentragen.

In Berliner Aderessbüchern findet man Einträge in den Jahrgängen 1931 - 1935.

1931
Dorn, Paul, Musik., Steglitz, Amfortasweg 41

1932
Dorn, Paul, Musik., Steglitz, Amfortasweg 39, T. G 9 Albr. 3578

1933
Dorn, Paul, Musik., Steglitz, Amfortasweg 39, T.

1934
Dorn, Paul, Sänger, Steglitz, Amfortasweg 39, T.

1935
Dorn, Paul, Kapellmstr., W 50 Bamberger Str. 2, T.

In den Jahrgängen davor und danach habe ich keine Einträge gefunden. Auch nicht unter dem mutmaßlich richtigem Namen Hagedorn.


In einem Künstlerverzeichnis (ca. 1932) wirbt er als Tonfilmsänger. Stimmgattung: Lyrischer Tenor. Als seine letzten Tonfilme sind dort u. a. Angegeben: Sein Scheidunggsgrund (Ufa), Der bebende Berg (National-Film), Mal was anderes (National-Film), 2 Kabarettfilme (Ufa)
Desweiteren ein Rundfunk-engagement am Berliner Sender, sowie Schallplatten-Engagements bei: Electrola, Ultraphon und Deutsche Grammophon.

Re: Paul Dorn
snookerbee, So Jul 31 2011, 00:31

Ein interessanter Gedanke, hier mehr über Paul Dorn zusammenzutragen. Es war mir schon immer rätselhaft, warum so wenig von ihm bekannt ist, wo er doch zu den meistbeschäftigten Refrainsängern gehörte. Ich habe mal in einem YT-Video ein Bild von ihm gesehen, weiß aber nicht mehr in welchem.

Die letzten mir bekannten Aufnahmen machte Paul Dorn 1942 in Berlin. In einer FoxAuf78-Ausgabe las ich, dass er eigentlich schon Rentner war zu dieser Zeit, aber für die Volksunterhaltung reaktiviert wurde. Das würde bedeuten, dass er in den 1880er Jahren geboren wurde. Leider sind diese Lebensdaten nicht zu ermitteln. Nach den 1942er Aufnahmen verliert sich seine Spur. Sollte er bei den Luftangriffen auf Berlin gestorben sein?

Hier die sechs Aufnahmen vom 24.06.1942. Das Begleitorchester ist die Big Band von Fud Candrix.

Was geschah in dieser Nacht
Wann kommt der Tag
Kleine Geschenke erhalten die Freundschaft
Schönes Wetter
Ach Fräulein Gretchen
Wenn es draussen dunkel ist

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Re: Paul Dorn
Richard Herfeld, So Jul 31 2011, 01:21

Hier ein Foto von Paul Dorn, vermutlich entstanden um 1936 / 1937:




Re: Paul Dorn
berauscht, So Jul 31 2011, 10:46

Paul Dorn ca. 1932



Re: Paul Dorn
berauscht, So Jul 31 2011, 13:04

Meist wird Paul Dorn nur als Refrainsänger genannt oder bleibt ganz anonym. Nur selten findet man ihn als Solisten auf der Schallplatte, wie auf dieser aus dem Jahr 1932.



Re: Paul Dorn
Formiggini, So Jul 31 2011, 14:20

Eure Vorschläge - wie alt könnte Paul Dorn auf den Bildern ungefähr sein?

Re: Paul Dorn
Formiggini, So Jul 31 2011, 14:35

Kurz noch zu den Adressen, die berauscht heraus fand:

Amfortasweg - die Wohnsiedelungen in dieser Straße wurden 1930 gebaut, waren also zu dem Zeitpunkt 1931 geräumige Neubauwohnungen mit Balkon, und sicherlich nicht ganz billig.
Herr Dorn scheinte anfang der dreißiger Jahre und auf dem Höhepunkt der Wirtschaftskrise über ausreichendes Einkommen zu Verfügen.

Bambergerstr. - in bester Innenstadtlage in der Nähe des Kurfürstendamm, auch diese Wohnung dürfte nicht im unteren Preissegment gelegen haben.

Re: Paul Dorn
Mareko, So Jul 31 2011, 16:34

Für mich zeigt das Foto von "records78" einen Mann "im besten Alter" von schätzungsweise Anfang/Mitte Vierzig (1937), das Bild von "berauscht" ungefähr Ende Dreissig (1932). Somit könnte das Geburtsjahr von Paul Dorn also durchaus auch um die Mitte der 1890er Jahren liegen, zumal seine Plattenaufnahmen anfangs der 1930er Jahre, stimmlich gesehen, für mich recht 'jung' wirken. Wobei mir allerdings durchaus bewusst ist, dass eine 'ausgebildete Stimme' zuweilen trügen kann.
Noch 'was: Der Begriff 'Rentner' wird heute oftmals dafür verwendet, um Leute von 65 Jahren und darüber zu bezeichnen. 'Rentner' meint allerdings, dass einer eine Rente bezieht, neben der Altersrente gibt es noch Versicherungs-Renten, die auch deutliche Jüngere beziehen können. Im Ruhestand (sein)/Ruheständler bezeichnet jemanden, der keiner Arbeit mehr nachgeht, weil er z. B. Vermögen besitzt und seinen Lebensunterhalt daraus bestreiten kann. Da Paul Dorn, wie "Formiggini" erwähnt hat, überdurchschnittlich zu wohnen pflegte, lässt mich vermuten, dass er sich 's möglicherweise leisten konnte, sich bereits um die Fünfzig zurückzuziehen.
Viele Grüsse
Mark


Re: Paul Dorn
, So Jul 31 2011, 17:13

Dazu möchte ich aber noch anmerken, dass die Musiker insgesamt eher arme Leute in diesen Jahren waren, zumindest der durchschnittliche Musiker in einem Tanzorchester.

In einem anderem Beitrag habe ich ja schon erwähnt, dass es eine Aussage von Rudi Schuricke dazu gibt. Dem nach gab es -wie er sagte- in einem günstigen Fall einmalig 50 Mark für einen Refrain.
Wenn es weniger gut lief, scheinbar auch deutlich weniger, sagen wir mal 30 Mark.

Ich will den Paul Dorn nicht kleinreden, aber er zählte meiner Wahrnehmung nach weder zu den Vielbeschäftigten, noch zu der ersten Wahl. Da waren Schuricke, Hartung, Helgar doch noch davor.

Nur durch die Schallplatten konnte Dorn meiner Meinung nach kein gutes Leben führen. Relativ gut wären nicht unter 400 Mark im Monat. Das bedeutet, er hätte Monat für Monat fast 10 Platten besingen müssen.

Das kommt einfach nicht hin.

Davon kann man sich auch keine gute Wohnung am Kurfürstendamm leisten.
Bezieht mal den Gedanken ein, dass es in diesen Jahren noch sehr üblich war, zur Untermiete zu wohnen.

Man könnte auch mal die Theaterjahrbücher durchsehen, ob Dorn nicht noch als Nebengeschäft auf Bühnen und in entsprechenden Chören tätig war.

Gruß, Nils

Re: Paul Dorn
, So Jul 31 2011, 17:47

Hier sind noch ein paar Infos über dorn zusehen, wenn der Refrain beginnt

Link - Hier klicken

Re: Paul Dorn
berauscht, So Jul 31 2011, 18:11

Das Adressbuch weist Paul Dorn zunächst als Musiker aus. Als solcher war er auch tätig. Kurt Drabek berichtet, er hatte um die Jahreswende 1932/33 ein Engagement in der Kappelle von Adolf Ginsburg im Cafe© Berlin zusammen mit Albert Bräu, Alfred Schier am Klavier und Paul Dorn als Schlagzeuger und Sänger. (Drabek wurde dort von Albert Lutter entdeckt, und spielte darauf viele Jahre in seinem Orchester)


Re: Paul Dorn
Mareko, So Jul 31 2011, 18:21

Richtig Nils, Musiker haben damals schlecht verdient. Es wäre jedoch auch denkbar, dass Paul Dorn, neben seiner Tätigkeit als Sänger/Musiker, noch Einkünfte aus anderen Quellen (Erbschaft/geschäftlichen Tätigkeiten usw.) hatte. Auf der Karte unten hat er offenbar auch synchronisiert und damit für ein zusätzliches Einkommen gesorgt.
Im "Link" von Nils findet sich diese Visitenkarte:



Wir haben also eine weitere Adresse, nur die Datierung steht nicht fest. Ist es eine Karte gegen Ende der 30er Jahre?
Viele Grüsse
Mark

Re: Paul Dorn
Richard Herfeld, So Jul 31 2011, 18:32

Das müsste ebenfalls (wie das Foto) aus dem Buch "Künstler des Reichsrundfunks 1937/1938 sein.

Naja, die Telefonnummer hätten wir dann mal. Ruf doch mal einer an :D

Re: Paul Dorn
berauscht, So Jul 31 2011, 18:35

Die Anschrift Zehlendorfer Damm 113 a ist gar nicht in Berlin. Sie ist in der Gemeinde Kleinmachnow. Dies erklärt auch warum Paul Dorn nach 1935 nicht mehr im Berliner Adressbuch zu finden ist.

Re: Paul Dorn
Formiggini, So Jul 31 2011, 19:36

Zehlendorf, das ist doch nicht allzu weit von Babelsberg/Ufa Gelände entfernt...?

Hat Dorn vielleicht seinen Wohnsitz deswegen nach Zehlendorf verlegt, um seiner Tätigkeit der Synchronisation besser nachzukommen?

Re: Paul Dorn
, So Jul 31 2011, 19:52

Ja, in den Jahren fuhr die S-Bahn (Linie S 1) von Berlin über Zehlendorf Keinmachnow bis Potsdam (auch UFA).

Es liegt so grob auf halber Strecke zwischen Berlin und Potsdam. Fahrtzeit dürfte kaum 15 Min gewesen sein. Die Gesamtstrecke wird in einer guten halben Stunde gefahren ( Berlin Zentrum - Potsdam Babelsberg)

Re: Paul Dorn
, Mi Aug 03 2011, 19:21

Naja, die Möglichkeiten sind kurz gesagt folgende:

- Tod oder schwere Krankheit knapp nach 1942
- Auswanderung in den Kriegsjahren / nach dem Krieg: würde den kompletten Mangel an Informationen vielleicht noch am ehesten erklären
- kompletter Rückzug vom Film- und Fernsehgeschäft: gewagte These, vor allem für diese Zeit. Paul Dorns Stimme hört sich auf den 1942er-Aufnahmen noch relativ frisch an (ja, trainierte Stimmen können täuschen), aber gerade in solchen Zeiten freiwillig auf jegliches Einkommen zu verzichten, klänge zumindest für mich arg seltsam.
- Verfolgung durch das Nazi-Regime aus irgendwelchen Gründen (wegen des Glaubens kommt nicht infrage, aber vielleicht wegen unbedachter äußerungen, Deckung von Juden etc. ) - Ermordung? Fragt sich, ob das dann nicht bekannt wäre.

Wirklich ein rätselhafter Mensch, dieser Paul Dorn. Hätte er sich 1941 wohl auch nicht gedacht, dass sich siebzig Jahre später Leute über sein Geburtsdatum den Kopf zerbrechen . . . ;)


Re: Paul Dorn
, Mi Aug 03 2011, 19:46

In Kleinmachnow sieht die Bebauung noch einigermaßen alt aus. Wenn das seine letzte Adresse war, hilft es wohl nur vor Ort alte Nachbarn zu befragen, oder bei der Stadtverwaltung.

PS. Natürlich kann auch eine Kleinanzeige in einer dieser kostenlosen Wochenzeitungen helfen.

Im Internet habe ich (wie wohl auch andere) die Möglichkeiten ziemlich gründlich durch, da werden keine neuen Erkenntnisse mehr kommen.

Re: Paul Dorn
berauscht, Mi Aug 03 2011, 19:53

Die sehr freundlichen Mitarbeiter des Archivs der Gemeinde Kleinmachnow haben leider keine Unterlagen von Paul Dorn im Melderegister mehr gefunden. Es könnten sich aber noch welche im Landesarchiv in Potsdam befinden.

Re: Paul Dorn
obbbs, Do Aug 11 2011, 00:24

Wer Paul Dorn eigentlich war, interessiert auch mich brennend. Das wenige, was man über ihn weiß, hab ich, in der Hoffnung auf Ergänzung, schon vor einem halben Jahr in Wikipedia zusammengetragen. Was bei Max Mensing halbwegs gut geklappt hat - Geburts- und Sterbedaten kamen zutage! - scheint bei Dorn nicht zu funktionieren. Knacken kann man sein Rätsel wohl nur über die Berliner Meldekartei, deren älterer Bestand sich im Landesarchiv Berlin befindet. Für eine Anfrage werden 10 €‚¬ fällig, eine Verwandtschaft oder ein begründetes wissenschaftliches Interesse müssen nachgewiesen werden. Darüber kämen wir wohl weiter, nur wie ist das mit der Wissenschaft?

Re: Paul Dorn
berauscht, Do Aug 11 2011, 10:50

Paul Dorn war als Künstler eine Person des öffentlichen Lebens, daher dürfte in diesem Fall schon das öffentliche Interesse ausreichen um an Informationen aus seiner Privatsphäre zu kommen.

Ich habe schon beim Landesarchiv in Potsdam so ganz allgemein per email angefragt. Ich werde da jetzt noch mal genauer schriftlich ansuchen.
Wenn Du jetzt noch in Berlin nachfragst kommt vielleicht ja etwas heraus.



Re: Paul Dorn
obbbs, So Aug 21 2011, 00:42

Die historische Berliner Meldekartei hat für Paul Dorn/Hagedorn keinen Treffer gebracht, sei es, weil sie nur lückenhaft überliefert ist, sei es, weil Dorn/Hagedorn nur ein Künstlername war und unser Mann in Wirklichkeit anders hieß. Die Hoffnungen, etwas herauszufinden, liegen also nun bei Dir, werter 'Berauscht'.

Re: Paul Dorn
SchellackFreak, Di Sep 06 2011, 11:33

Mit diesen Informationen ist es uns ermöglicht worden eine
kleine Biografie zu Paul Dorn zu veröffentlichen.

Ich Danke allen Mitgliedern die das Forum Tatkräftig unterstützt haben.
Die Biografie steht nun im Künstlermenü unter der Kategorie Refrainsänger bereit.
Link zur Bio: HIER KLICKEN

Gruß Yannick

PS: Wenn weitere Erkenntnisse zu Paul Dorn auftauchen, würden wir uns freuen
wenn Sie hier in den Thread oder per Mail uns zugeteilt werden

Re: Paul Dorn
Mareko, Mi Sep 07 2011, 20:07

Meinen besten Dank Yannick und an alle, die sich bemüht haben!
Einfach schade, dass es in Deutschland nicht auch, wie in der Schweiz, einen amtlichen Heimatort gibt. Der hätte uns alle Stationen seines Lebens aufgezeigt und sogar seine Familie bis weit in die Vergangenheit zurück verfolgen lassen (meine Familie kann ich dadurch bis ins 14. Jahrhundert ausmachen).
Viele Grüsse
Mark

Re: Paul Dorn
berauscht, Mo Jun 04 2012, 17:56

Hier noch ein Bild von 1938. Da schaut er schon deutlich älter aus als auf den vorigen.




Re: Paul Dorn
krammofoon, Di Jun 12 2012, 10:25

Servus :-)

viel habe ich nicht vom guten Paul Dorn, aber hier wenigstens ein Labelbild auf einer 30er-Jahre Kristall:





Gruss
Georg

Re: Paul Dorn
, So Okt 07 2012, 19:38

Hallo Berauscht,
ich zweifle an, daß dieses Bild von 1938 ist. Dorn dürfte hier geschätzte 20Jahre älter sein, als auf den vorherigen Bildern. Wäre dieses Bild von 38, müßten die anderen Fotos um 1920 entstanden sein, was definitiv nicht der Fall ist. Das würde also bedeuten, daß Dein Bild erst in den 50ern entstand. Das es sich tatsächlich um Dorn handelt, hatle ich für durchaus wahrscheinlich. Ich habe heute ein Anfrage ans Dt.rote Kreuz geschickt, da ich auch Informationen habe, er sei im Krieg gefallen. Wie kommst Du an das Bild? wäre wirklich interessant.

Grüße
Gast

Re: Paul Dorn
berauscht, Mo Okt 08 2012, 10:56

Das "Bild von 1938" stammt aus eine Radioprogramm-Zeitschrift aus dem Jahr 1938. Es ist also 1938 oder etwas früher Aufgenommen worden.

Re: Paul Dorn
, So Okt 14 2012, 15:35

Das ganze macht mich nach wie vor stutzig. Du wirst mir sicherlich recht geben, daß zwischen den Bildern auf Seite 1 und diesem doch offenbar viele Jahre liegen müssen und die Bilder der ersten Jahre nun nicht aus den 20ern sind. Mich würde daher die ganze Seite dieser Zeitschrift interessieren.
Oder sollte es sich doch nicht um Dorn handeln - was ich nicht glaube - und es liegt ein "Druckfehler" vor....

Diese Fragen sind für mich durchaus berechtigt. Wenn wir nun alle auf dem Holzweg sind........

Ich hoffe bald was vom DRK zu hören.

Re: Paul Dorn
, So Okt 14 2012, 15:52

Den Unterschied zwischen den Bildern finde ich zum Beispiel gar nicht so erstaunlich. Ein paar jahre Unterschied kommt schon hin.
Das sieht sicher jeder ganz subjektiv, deswegen taugt es als unbedingtes Kriterium auch nicht gut.

Das letzte Bild von 1938 ist zum Beispiel kein professionelles Bild aus dem Atelier mit (schmeichelnder) Kunstlicht-Beleuchtung.

Es scheint vielmehr bei Tageslicht aufgenommen zu sein und bei diesem sieht man schnell sehr realistisch aus - sozusagen.

Auf dem Bild von 1938 sieht er wie ein Mann mit Ende 40, um die 50 Jahre aus.

Ich habe da keine so großen Zweifel.

Gruß, Nils


Re: Paul Dorn
snookerbee, Di Okt 16 2012, 12:33




Paul Dorn als Mitglied des Orchesters Adolf Ginsburg
Auszug aus einer Werbecollage
ca. 1930 bis 1933

(Quelle: Fox auf 78, Heft 19)


Re: Paul Dorn
berauscht, Di Feb 12 2013, 12:38

Im Jahr 1931 spielt Paul Dorn eine Nebenrolle in dem Ufa-Film "Der Hochtourist". 1936 spiele er im Film "Die Entführung" in einer Nebenrolle als Sänger mit, wird aber im Abspann nicht namentlich genannt.

Re: Paul Dorn
, Di Jul 09 2013, 00:10

In "Deutsches Bühnenjahrbuch. Theatergeschichtliches Jahr- und Adressbuch, 41. Jg. 1930", in dem alle Schauspieler, Musiker/Sänger etc, die an einem Theater in D beschäftigt sind, aufgeführt sind, ist er weder als Dorn noch als Hagedorn gelistet.

Re: Paul Dorn
jitterbug, Di Jul 09 2013, 11:55

PAUL DORN, der "sächsische singende Schlagzeuger" (so titulierte ihn FRANZ TEDDY KLEINDIN), war garantiert kein "armer Musikante", sondern ab 1935 bis 1937, also auch während der Olympiade im Berliner Sommer 1936, unter anderem der große Star der FEMINA-BAR, allerdings nur als Sänger, da sein Schlagzeugspiel nicht wirklich gut gewesen sein soll (laut KLEINDIN):

Vor internationalem Publikum wirkte der charmante Herr mit großer persönlicher Ausstrahlung als Chansonsänger im dunklen Smoking bei enormer Körpergröße. FRANZ TEDDY KLEINDIN, der selber eine imposante Erscheiniung war, verglich ihn mit KURT WEGE und mir (ich bin 1,93 m groß).

Bereits ab Beginn der 30er Jahre erschien PAUL DORN als Refrainsänger bei renommierten Orchestern auf etlichen "major companies" als Plattenfirmen: Neben ARTIPHON (mit Eddy Walis) folgten schnell ELECTROLA (z. B. mit dem Orchester MITJA NIKISCH), DEUTSCHE GRAMMOPHON (mit VINCENT DOUGLAS, ADOLF GINSBURG, PAUL GODWIN, ILJA LIVSCHAKOFF, EGON KAISER, JAMES KOK, OSKAR JOOST, ERHARD BAUSCHKE...), dazwischen auch BRILLANT (RICHARD FORST, EUGEN JAHN u. a.) und TEMPO, KRISTALL (u. a. mit EUGEN JOSÉ WOLFF), TELEFUNKEN, CLANGOR...

FRANZ TEDDY KLEINDIN und PAUL DORN, der laut KLEINDINs Erinnerung tatsächlich PAUL HAGEDORN hieß und aus Dresden nach Berlin gekommen war, begegneten sich erstmalig im Februar 1932 bei den Aufnahmen der Filmkapelle VINCENT DOUGLAS im Studio der DEUTSCHEN GRAMMOPHON (Label unten). Später arbeiten sie gemeinsam mit ILJA LIVSCHAKOFF, auch als KLEINDIN mit HERMANN ROHRBECK in der FEMINA in Berlin gastierte, war der elegante PAUL DORN von "Frauen umlagert, die an seinen Lippen hingen und bei jedem Ton dahinschmolzen" (O-Ton KLEINDIN!).

Während RUDI SCHURICKE als Laie aus einem Wettbewerb aus dem Nichts in Erscheinung trat und sich seine verhältnismäßig hohen Gagen dank seiner Popularität in jahrelanger Arbeit erstreiten musste, scheute sich PAUL DORN nicht, auch für die berühmten RM 5,-/Stunde bei BRILLANT/TEMPO aufzunehmen, wie auch für Einzelgagen, die mit der DEUTSCHEN GRAMMOPHON oder KRISTALL ausgehandelt wurden (wir sprechen von Beträgen ab RM 20,- / Titel). ERWIN HARTUNG soll bereits für RM 5,- / Titel gesungen haben, was ihm viel Beschäftigung einbrachte, aber auch den "Billig-Touch", also eher volkstümliche Wirkung.

Auf CLANGOR existiert 1936 ein Kuriosum: PAUL DORN, der kein Englisch sprach, musste mit THEO HELDT zwei Titel auf Englisch einsingen, da keine deutschen Texte für die Lieder existierten. Mit hartem teutonischem Akzent arbeitet es sich durch die COLE PORTER-Stücke, freundlich gesagt hat er einen starken "(angel-)sächsischen" Akzent...

Letztmalig waren TEDDY KLEINDIN und PAUL DORN im Jahre 1942 im CLANGOR-Studio für Aufnahmen mit dem Kapellmeister des KaDeKo WALTER MEISSNER. Diese Aufnahmen entstanden wohl sogar noch nach den FUD CANDRIX-Platten auf TELEFUNKEN vom JUNI 1942.

Allerdings hatten die beiden Musiker danach keinen Kontakt mehr, was aus PAUL DORN gegen Kriegsende wurde, war FRANZ TEDDY KLEINDIN nicht bekannt.

1) KÜNSTLER DES RUNDFUNKS 1939, Adresse: Berlin-Zehlendorf

2) ANZEIGE FEMINA 1935

3) ANZEIGE FEMINA 1936

4) ANZEIGE FEMINA 1937

5) / 6) / 7) PLATTENETIKETTEN 1932



8) PLATTENETIKETT 1936: Englischer Refrain

9) PLATTENETIKETT 1942



Re: Paul Dorn
berauscht, Di Jul 09 2013, 12:03

Im Namensregister des Almanachs sind nur Künstler gelistet, die Mitglied der Bühnengenossenschaft waren. Im "Theater-Teil" sind alle gelistet, die vom Theater an die Redaktion übermittelt worden sind.

Re: Paul Dorn
snookerbee, Di Jul 09 2013, 20:02

PAUL DORN, der "sächsische singende Schlagzeuger"


Eine Auswertung der Einwohnerverzeichnisse der online schon erfassten sächsischer Adressbücher ( Link - Hier klicken ) im Zeitraum 1925 bis 1935 erbrachte keine relevanten Eintragungen zum Namen Paul Dorn bzw. Hagedorn.

Einzig ein "P. Max Dorn, Tonkünstler" war in Dresden bis 1943 gemeldet, aber das scheint mir mit unserem Sänger eher nicht in Zusammenhang zu stehen.

Übrigens: Die meisten Dorn's gibt es in Leipzig.

Re: Paul Dorn
gramofan, Di Jul 09 2013, 21:38

berauscht schrieb ...

Die Anschrift Zehlendorfer Damm 113 a ist gar nicht in Berlin. Sie ist in der Gemeinde Kleinmachnow. Dies erklärt auch warum Paul Dorn nach 1935 nicht mehr im Berliner Adressbuch zu finden ist.

... und in der Tat ist Paul Dorn noch in der 1938er Ausgabe des Kleinmachnower Adressbuches gelistet als "Dorn, Paul, Sänger und Musiker, Zehlendorfer Damm 113 a, T(elefon). 844579"
Das Haus steht übrigens noch. Mache demnächst ein Bild.

Re: Paul Dorn
snookerbee, Di Jul 09 2013, 22:11


Vielleicht wohnen ja da auch noch Nachfahren?

Re: Paul Dorn
Rundfunkonkel, Di Jul 09 2013, 22:26

Vielleicht findet sich das haus mithilfe der Luftaufnahme besser:





Quelle: Bing Karten

Re: Paul Dorn
jitterbug, Mi Jul 10 2013, 09:57

Na bitte, ich freue mich, mit der neu gefundenen Anschrift etwas Spurenforschung zu ermöglichen!

Re: Paul Dorn
, Do Mär 06 2014, 09:47

Hier die zu Anfang erwähnte Anzeige aus dem "Künstler-Almanach 1932"




Re: Paul Dorn
joha, Do Mär 06 2014, 10:18

Im Dresdener Addressbuch 1943/44
unter Gewerbe
Paul Max Dorn-Tonkünstler Dresden N23
Kirchhoffstrasse 28 Erdgeschoss
Stadtteil Trachau


mehr war nicht angegeben
Gruss Joha

Re: Paul Dorn
joha, Do Mär 06 2014, 10:35




Wohnanlage um 1940 Kirchhoffstrasse 28
Dresden Trachau,heutige Richard Rösch Str.


Re: Paul Dorn
joha, Do Mär 06 2014, 10:42




Wohnanlage heute
Gruss Joha

Re: Paul Dorn
snookerbee, Do Mär 06 2014, 15:11

Danke sehr für die Recherche, Jörg.

Diesen Eintrag hatte ich auch schon gefunden und angenommen, dass es sich wegen des Rufnamens Max nicht um unseren Sänger handelt.

Link - Hier klicken

Wenn es denn unser Paul Dorn ist, hat er sich wohl am Ende seiner beruflichen Laufbahn wieder in der Heimat angesiedelt. Möglicherweise erklärt dann der Wohnort Dresden auch sein Verschwinden, denn er könnte immerhin zu den vielen Opfern der Bombardierung Dresdens im Februar 1945 gehören.

Grüße
Claus

Re: Paul Dorn
joha, Do Mär 06 2014, 19:28

Es könnte durchaus sein das Paul Dorn nach Dresden zurück kam.
Gründe könnten gewesen sein.
- Sonderstatus der Lazarettstadt Dresden in der bis zum 13,Febr.noch Truppenbetreuung und musikalische Darbietungen möglich und erwünscht waren.
- Die trügerische Sicherheit vor Luftangriffen,da man davon ausging ,dass die Kunst und Kulturstadt Dresden verschont bliebe,das man es nicht wagen würde Dresden massiv anzugreifen
- Die mögliche Fluchtroute über Prag nach Wien die ja noch offen war,sie wurde von vielen Künstlern benutzt

Ob Paul Dorn zu den Luftkriegsopfern gehören könnte ist möglich,seine Wohnung lag ausserhalb des Einflugwinkels dort entstand nur vereinzelt hoher Sachschaden.
Ob Paul Dorn zu den Unterhaltungskünstlern zählte die bis zum Abend des 13.2.1945 um 21,15 Uhr (Voll-Alarm) noch im Zirkus Sarasani zum Orchester der Abendvorstellung gehörten ist noch zu ergründen.Die meisten Teilnehmer kamen um,die Sarasani Truppe flüchtete mit den Resten in Richtung Westen.

Sarasani hatte Sondergenehmigung für den Spielbetrieb es war Faschings-Dienstag und die Vorstellungen voll mit Flüchtlingen und Wehrmachtsangehörigen aus den Lazaretten.
Die Vermisstenlisten des DRK sowie die Unterlagen der Friedhofsämter könnten etwas in den Unterlagen haben.
Die vielen anonyhmen Toten die nur gezählt wurden an Hand von Schädeln und in Massengräbern bestattet wurden, sind da natürlich nicht erfasst.

Vieleicht wurde er auch noch einberufen,diese Variante steht auch noch aus.Selbst mein Großvater wurde erst 1944 (Unternehmer-Selbstsändig) mit über 50 Jahren zum Sanitätsdienst Dresden eingezogen, auch das war möglich.
Gruss joha


Re: Paul Dorn
Graf_Phono, Sa Jun 28 2014, 10:20

Auf youtube gibt es einen Nutzer namens "Manfred P Dorn", der behauptet, Paul Dorns Sohn zu sein. Da er fremde Videos (unter anderem auch meine) unter seinem Namen hochlädt, mag ich ihn aktuell nicht zu seiner familiären Beziehung befragen, aber vielleicht wäre das eine Spur?
Hier klicken

Re: Paul Dorn
GrammophonTeam, Sa Jun 28 2014, 11:03

Das hilft sehr weiter!

Doylestown Intelligencer Newspaper Archive: Oktober 29, 1998 - Seite 81

Elizabeth Willmann, geboren 1905 in Leipzig heiratete 1930 den bekannten Sänger Paul Dorn. Sie war selber Musikerin. Der vollständige Name ist Paul Kurt Dorn. Elizabeth und Paul Dorn hatten einen Sohn und eine Tochter. Nachdem Paul Dorn starb, brachte sie ihre zwei Kinder alleine durch den Krieg. D.h. Paul Dorn starb anscheinend schon im Krieg. Nach dem Krieg lebte sie mit ihren Kindern in der sowjetischen Besatzungszone; 1951 emigrierte sie zusammen mit ihren Kindern in die USA. Dort heiratete sie erneut.

Elizabeth Gertrude Specht Elizabeth Gertrude Specht, formerly of Jenkintown, died Wednes- day, October at Rydal Park Medical Center. She was 93 years old. Born in Leipzig, Germany, she was the daughter of the late Paul and Gertrude (Oschatz) Willmann. She was the wife of the late Paul Kurt Dorn and Arthur Specht. She came from a very musical family. She was a pianist, her father a violinist, and together they accompanied the silent movies in the cinemas of Leipzig, Germany. In 1930 she married a popular singer, Paul Dorn. After Mr. Dorn died, she provided alone for her two children throughout World War 11 under Naziism, and then under the occupation of East Germany by communist Russia. In 1951 she engineered their; escape from East Germany and successfully emigrated to America." In America, Elizabeth married Arthur Specht. She worked for 25; years as a secretary for Ancillae Domini Academy, when it was in Germantown, retiring in 1973. She is survived by a daughter, Marion Carroll of Abington; and a son, Manfred P. Dorn Sr. and his wife, Lois Dorn of Jenkintown. She is also survived by seven grand- children; 12 great-grandchildren! and a sister, Anni Skroka of Germany. Relatives and friends are invited to call from until 11 a.m. on Friday, October at Helweg Funeral Home, 463 Old York Rd.;


Der Sohn dürfte weit über 70 sein. Musik seines Vaters (an den er möglicherweise kaum Erinnerungen hat) "erneut" auf YT zu laden möge man ihm verzeihen....

Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


Grüße

Re: Paul Dorn
Formiggini, Sa Aug 23 2014, 11:26

Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


Im Dezember 1938 sang Paul Dorn am Sender Hamburg:




Re: Paul Dorn
Formiggini, Di Sep 23 2014, 14:29

Ich hatte nun das große Glück, und auch Vergnügen, mit dem Sohn von Paul Dorn sprechen zu können.

Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


Wir werden in der nächsten Zeit die zahlreichen Dokumente und Bilder die uns der Sohn dankenswerterweise zur Verfügung stellt in einem umfangreicheren Artikel veröffentlichen. Auf die kürze zu unserem "großen Unbekannten":

Paul Kurt Dorn (definitiv nicht Hagedorn - hier lachte der Sohn herzlich...) wurde am 17. März 1905 in Leipzig / Stötteritz geboren. Sein Vater Paul Dorn (Senior) war zunächst Telegraphist, später Beamter bei der Post (Telephon).

Paul Dorn erlernte Geige, spielte aber auch gelegentlich Schlagzeug in Leipziger Kapellen und sang. 1930 heiratete er (in Leipzig) die Musikerin Elisabeth Willmann. Kurz nach der Heirat zog das Ehepaar nach Berlin. Dort lebten sie zunächst in der Stadt, kauften sich dann aber ein Grundstück in Teltow. Hier wuchsen auch seine beiden Kinder auf.

Bereits Anfang 1940 wurde Paul Dorn zur Wehrmacht eingezogen. Er wurde dort in der Truppenbetretung eingesetzt. Der Sohn erinnert sich auch noch an Besuche beim Vater, als dieser (im heutigen Polen) in Gefangenenlagern vor polnischen und russischen Soldaten auftrat. Nach Berlin kam Paul Dorn nur noch zum Heimaturlaub. In diesem Zuge entstanden dann im Juni 1942 die letzten Aufnahmen zusammen mit dem Orchester Fud Candrix.

Im weiteren Kriegsverlauf wurde Paul Dorn nach Russland abgezogen. Seine Familie sah er ab diesem Zeitpunkt nicht mehr. Im Frühjahr 1945 befand sich der Soldat Paul Dorn in Danzig. Hier starb er vermutlich im März 1945 bei der Bombardierung der Stadt. Die Familie wurde von der Wehrmacht nie über den Tod informiert. Nach dem Krieg schrieb der Witwe ein polnischer Pfarrer, dass er den Soldaten Paul Dorn in der Nähe Danzigs beerdigt hat. Die Grabstätte ist der Familie nicht bekannt.

Re: Paul Dorn
Formiggini, Fr Sep 26 2014, 17:47



Paul Dorn mit seinem Sohn im Winter 1940


Re: Paul Dorn
Formiggini, So Sep 28 2014, 13:11

Der nachträglich (1946) ausgestellte Todesschein gibt den 29. März 1945 als Sterbedatum an. Nach dem Sohn wurde dieses Datum jedoch anhand der Karte des polnischen Pfarrers geschätzt.



"Kurt Paul Dorn... in Gdingen (Gdynia) Regierungsbezirk Danzig seinen Kriegsverletzungen erlegen."

Vermutlich versuchte Paul Dorns Einheit in der Hafenstadt Gdingen (Gdynia) über die Ostesee der Bombardierung zu entkommen.


(Karte 1937)


Re: Paul Dorn
Calle, So Sep 28 2014, 13:33

Gdingen, auch Gotenhafen genannt, war indertat eine Hafenstadt....

Re: Paul Dorn
Odeon89, Mo Jan 14 2019, 20:53

Formiggini schrieb ...

In diesem Zuge entstanden dann im Juni 1942 die letzten Aufnahmen zusammen mit dem Orchester Fud Candrix.


Kleine Korrektur: Die Candrix-Aufnahmen vom 24. Juni 1942 sind nicht Paul Dorns letzte Tätigkeit für die Telefunken geblieben.

Dorns letzte tagesgenau datierbaren Aufnahmen entstanden am 13. Juli 1942 in Berlin mit dem Tanzorchester Adalbert Lutter: