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Leitworte von Fritz Lang zum Ufa-Film "Metropolis" von 1927
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Starkton
Mi Sep 05 2012, 02:07 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
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Beiträge: 1879



Als die Nadel auf die alte Schellackplatte aufsetzt, gibt es erstmal Kratzgeräusche. Dann hebt eine Stimme an. Vom Kino ist die Rede, vom Film, der "sichtbar gewordenes Märchen" und eine "Bildhaftmachung des noch nie Gesehenen" sei, der dem Zuschauer gar die "Gefilde noch unerreichbarer Gestirne" zeigen könne.

Es ist der Regisseur Fritz Lang, der hier spricht. Wir hören seine "Leitworte zum Ufa-Film ,Metroplis’". Aufgenommen vermutlich kurz vor der Premiere des Films im Januar 1927, veröffentlicht auf einer Schellackplatte der Firma Vox. Auf der ersten Seite: "Leitmotive" der Musik zu "Metropolis". [...]

Eine weitere Parallele zwischen Platte und Film gibt es. "Metropolis" existierte in verschiedenen Schnittfassungen – mit teils sogar verschiedenen Aufnahmen derselben Szenen. Und auf Schmauders Platte ist nicht dieselbe Fassung von Langs Ansprache wie auf der Platte seines Freundes, es gibt geringe Unterschiede in der Wortwahl. Die abweichenden sogenannten Matrizennummern der Platten bestätigen die Verschiedenheit.

Gedacht waren die Platten wohl als Werbemittel. Vermutlich wurden sie in nur sehr kleiner Auflage hergestellt. "Metropolis" lief ja 1927 nur kurz, und dass Filmmusik eigens veröffentlicht wurde war im Gegensatz zu heute seinerzeit nicht üblich. Warum aber gibt es zwei Fassungen? Vielleicht habe es damals kurz vor der Premiere mit der Plattenproduktion schnell gehen müssen, vermutet Schmauder. Deshalb könnten der Produktionsprozess abgekürzt und dabei verschiedene "Takes" der Leitworte für verschiedene Platten benutzt worden sein.

Über seinen Film im speziellen spricht Fritz Lang dabei gar nicht, sondern über den Film im Allgemeinen. In pathetischem Tonfall beschwört er die "lebendige Sprache des stummen Bildes", die überall dort verstanden werde, wo "Menschen guten Willens sind". Er spricht davon, wie der Film das menschliche Gesicht und damit die Seele zeige. "Vielleicht ist die Entschleierung des Menschlichen eine der tiefsten Aufgaben des Films." Ganz sicher ist sich der Regisseur seiner Sache aber noch nicht: "Der Film ringt mit sich selbst und seinem Werden."

(Zitiert aus: Sammler entdeckt alte Platte von Fritz Lang, in: Badische Zeitung, Freiburg, 19. Februar 2010. Foto: Phonopassion)

[ Bearbeitet Mi Sep 05 2012, 02:08 ]
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Willi-H-411
Mi Sep 05 2012, 09:24
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
In pathetischem Tonfall beschwört er die "lebendige Sprache des stummen Bildes", die überall dort verstanden werde, wo "Menschen guten Willens sind".

Da ist was dran. Ein Stummfilm wird auf der ganzen Welt verstanden. Er "spricht" durch das Bild, die Mimik der Schauspieler, den Filmschnitt, die Dramaturgie. Dinge, die auf der ganzen Welt gleich zu sein scheinen bzw. gleichermaßen empfunden werden. Egal, welche Sprache ein Mensch spricht.

Ein Zeichen dafür, wie gleich die Menschen sind. Egal, welcher Hautfarbe, Rasse, Herkunft...

VG Willi
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Barnabás
Mi Sep 05 2012, 17:47
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jul 04 2012, 20:37
Beiträge: 651
Hallo,

hier eine Ausgabe des Filmplakates von 1927.

Gruss B.
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Starkton
Fr Sep 07 2012, 22:14
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Tolles Plakat!! Seiner Zeit weit voraus. Ich habe gehört dass ein Originalexemplar unlängst für über 10.000 Euro auf einer Auktion versteigert wurde.
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Barnabás
Mo Sep 10 2012, 17:35
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jul 04 2012, 20:37
Beiträge: 651
Hallo Starkton,

habe noch eine Autogrammkarte zum Film gefunden.
Die B. Helm in der Rolle des Gasto-Mädel.

Gruss
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vox.grammophon
So Jan 10 2016, 00:00
Gast
Unpackbar, wie wir in Österreich sagen. Ich übersetze: Superklasse! Von dieser Platte gibt es wirklich nur noch ganz wenige bekannte Exemplare. Schön, sie in diesem Forum aufzufinden! Über den Sound des Original-Score von "Metropolis" ist ja seit den 1990er Jahren viel spekuliert worden. Ein Wahnsinn, den Score auszugsweise vom Komponisten selbst dirigiert zu hören!
Hier kann man sich A- bzw. B-Seite anhören (B-Seite: gesprochene Worte von Komponist Huppertz): (A-Seite, Fritz Lang) und (B-Seite, Huppertz dirigiert Orchester) [wahrscheinlich die Berliner Philharmoniker]).
(Manche Browser stufen die genannten Seiten als unsicher ein -, doch bitte keine Sorge, sie sind sicher. Besonders Vorsichtige können die Tracks auch auf YouTube finden.) Falls die Links nicht funktinonieren: bitte kopieren und in euren Browser einfügen.
Beide Aufnahmen von Mitte/Ende Jänner 1927, veröffentlicht im Februar 1927 auf VOX-Schellack, wie von Starkton hochgeladen ( ).

Dazu noch ein pic aus den Vox-Nachrichten von Februar 1927:





[ Bearbeitet So Jan 10 2016, 00:16 ]
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Konezni
So Jan 10 2016, 03:33
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Aug 20 2015, 18:23
Wohnort: Berlin
Beiträge: 248
Schön, zu wissen, dass zwei Takes überlebt haben, allerdings sind die Aufnahmen spätestens im Dezember 1926 entstanden. Beim Orchester wird sich's eher um dasjenige Jenö Fescas (Pseudonym Willy Metschkes) handeln, welches ein paar Nummern zuvor belegt.
Stummfilmmusiken gab es durchaus bereits vorher auf Handels-Platten, etwa 1922 auf Vox: DAS WEIB DES PHARAO (E. Künneke); vor METROPOLIS erschienen noch diverse Aufnahmen aus FRIDERICUS REX & DAS FLOETENKONZERT VON SANSSOUCI (M. Roland), LUMPEN UND SEIDE (H. Hirsch), DER FLUG UM DEN ERDBALL (Walter Kollo) und DIE KOENIGIN DES WELTBADES (A. Egen). Meines Wissens wurde jedoch, zumindest in Deutschland, nichts vom jeweiligen Tonkünstler selbst dargeboten - erst für den Zweiteiler DER WELTKRIEG (M. Roland) bemühte wiederum die Vox im April 1927 dessen Komponisten. Diese Platte scheint noch seltener zu sein als die zwei von Huppertz.
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