Elektrische Tonabnehmer - elektrische Grammophon Schalldose - Pickup

Geschichte, Entwicklung, Aufbau und Funktion des Tonabnehmers
aus der Reihe
Wie funktioniert ein Grammophon - Plattenspieler?


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Sowohl Thomas Edison, wie auch Emil Berliner beschäftigten sich während der Erfindung des Phonographen und des Grammophons mehr oder weniger zeitgleich auch mit der Entwicklung und Verbesserung von Mikrophonen. Von beiden finden sich Aufzeichnungen welche die Idee beinhalten ihre Tonträger (Walze - Schallplatte) auch elektrisch mittels eines angepassten Mikrophons abzutasten. Bereits ab 1894 entwickelte François Dussaud einen Phonographen welcher sowohl elektrisch (über ein Mikrophon) aufnahm, wie auch elektrisch abspielte: Elektrische Aufnahme 1896. Mangels Verstärkertechnik (die Verstärkerröhre war noch nicht erfunden) wurde jedoch keiner dieser frühen Ansätze der elektrischen Abtastung von Tonträgern weiter verfolgt.

Betrachtet man sich ein frühes Mikrophon (oben 1877), so wäre dies prinzipiell "schnell" zu einer elektrischen Schalldose umgebaut. Wenn man in die Mikrophondose spricht, wird die dünne Membrane in Schwingung versetzt. Diese Schwingungen werden in elektrische Impulse umgewandelt. Nun kann man diese über eine Drahtleitung versenden und in einem Kopfhörer wieder hörbar machen.

Baut man jetzt an das Mikrophon einen flexibel gelagerten Steg (grau eingezeichnet) an dessen Ende eine Nadel befestigt ist, hat man (im Grunde) bereits einen elektrischen Tonabnehmer. Die Membran wird nun nicht mehr von den Schwingungen der Sprache, sondern von den Auslenkungen der Schallrille (Walze oder Schallplatte) erregt.

Die folgenden Entwicklungen von elektrischen Schalldosen beruhen (fast) alle auf dem Prinzip der elektromagnetischen Induktion. Darunter versteht man das Entstehen eines elektrischen Feldes durch Änderung der magnetischen Flussdichte in oder an einer Spule. Anders ausgedrückt: Nährt sich ein Magnet einer Spule oder taucht in diese ein, entsteht in der Spule elektrische Spannung. Hierbei ist es ausreichend wenn sich die Stärke des Magnetfeldes nur ändert, ein Wechsel des Feldes ist nicht nötig um diesen Effekt zu erzeugen!
In den nächsten Jahren wurden einige elektrische Abtaster auf dieser Basis entwickelt und teils auch zum Patent angemeldet. 1912 wurde sogar ein System vorgestellt bei dem die Schallplatte elektrisch abgetastet und in Lautsprechern wiedergegeben wurde: PHONOMOSA - Elektrische Abtastung und Wiedergabe. Im Grunde war diesen ganzen Erfindungen eines gleich: es handelte sich um umgebaute Schalldosen für das Grammophon bzw. umgebaute Telephon oder Kopfhörerkapseln. Auf die Membran wurde ein Magnet angebracht, dahinter saß eine Spule. Verbunden mit der Membran war der Hebel (mit Nadel) einer akustischen Schalldose. Die Rillenauslenkungen ließen nun den Magneten vor der Spule mehr oder weniger stark wackeln - dies erzeugte dann den Sprechstrom.
Diese ganzen Systeme waren recht träge und durch die zu bewegende Masse recht schwerfällig. Da sich nur vor der Spule ein Magnetfeld änderte, waren auch die erzeugten Ströme recht schwach. Entsprechend war die übertragene Tonqualität auch eher bescheiden. Der Frequenzumfang, wenn überhaupt, lag ungefähr bei denen der des damals üblichen Telephon. Insgesamt recht blechern und kaum zum Übertragen von Musik geeignet. Die fehlende Möglichkeit die schwachen Signale zu verstärken tat ihr übriges. Keine dieser Entwicklungen schafften es zur Marktreife. Die Patente gerieten mehr oder weniger wieder in Vergessenheit.


1918 wurde von H.C. Egerton in den USA bei der Western Electric ein Patent eingereicht, welches einen bedeutenden Schritt weiter ging. Ursprünglich wurde diese Erfindung entwickelt um (auf Phonographen-Walze) Telefonate aufnehmen und später wiedergeben zu können. Im Grunde ein früher Anrufbeantworter. Die damaligen Magnete waren noch recht schwach - dafür aber schwer. Um dieses Problem zu umgehen, war bei dieser Erfindung der gesamte Aufbau ein anderer. In zwei Spulen wurde von einem starken Elektromagneten ein kräftiges Magnetfeld erzeugt. Unterhalb der beiden Pole bewegte sich (drehbar gelagert) ein kleiner Anker mit geringer Eigenmasse. Auf diesem saß die Nadel welche die Tonrillen abtastete. Wenn sich dieser Anker nun im Rhythmus der Rillen vor den beiden Polen bewegte, veränderte sich dadurch in den beiden Spulen das Magnetfeld. Dies erzeugte wiederum eine elektromagnetische Induktion in den Spulen. Dadurch das a) das Magnetfeld wesentlich stärker war, und b) wesentlich weniger Masse (Gewicht) bewegt werden musste, war das erzielte (elektrische) Signal wesentlich stärker und umfangreicher im Frequenzverlauf.

Auch konnte nun mit den ersten, wirklich funktionsfähigen Verstärkerröhren das Signal fast beliebig verstärkt werden. Zum "Kunden" zu Hause schaffte es dieses System allerdings nicht. Im professionellen Bereich wurde es jedoch etwas später verwendet. Die Western Electric baute ab 1924 ihren fast schon legendären Tonkopf 4 - A auf Basis dieses Patent. Ab 1926 wurde dieser Abtaster bei den frühen Nadeltonfilmen der Vitaphone verwendet.



Vollständige Patentzeichnung
Weitere Informationen:



Edward W. Kellogg
1925


Im Forschungslabor von General Electrics arbeitete Kellog an der Unterwasserortung, und später zusammen mit Chester W. Rice an Langwellenantennen und Lautsprechern. Dieses führte 1923–25 zur Entwicklung des elektrodynamischen Lautsprecher. Als Nebenprodukt der Arbeiten am Lautsprecher, entwickelte Kellog ab 1924 den ersten elektrischen Tonabnehmer welcher es bis zur Marktreife schaffte. Das Prinzip seiner Erfindung beherrschte viele Jahre die Entwicklung der elektrischen Tonabnehmer.

Nachdem sein Kollege Rice wenig erfolgreich mit der piezoelektrischen Wandlung experimentiert hatte, entschied sich Kellogg für die elektromagnetische Wandlung, bei dem ein Weicheisenanker den magnetischen Fluss in einer Spule verändert und dadurch eine Spannung in dieser induziert. Die engen Beziehungen der deutschen AEG zur amerikanischen General Electric (GE war Aktionär der AEG) und damit der AEG- und Siemens-Tochter Telefunken zur General Electric bewirkten, dass die GE-Patente über die AEG auch zu Telefunken nach Deutschland kamen.

Die AEG-Patentschrift von 1926 enthält eine detaillierte Zeichnung dieses ersten serienmäßig gefertigten Tonabnehmers.




gesamtes Patent anzeigen
Weitere Informationen:


Frequenzgang 1925/26



Der grundlegende Aufbau solcher Tonabnehmer sollte über viele Jahre nahezu identisch bleiben. Der Nadelträger (A) ist an einem Punkt drehbar gelagert. Um Eigenresonanzen (Verzerrungen) im hörbaren Bereich zu vermeiden, wird dieser bei (B) von einem Stück Gummi bedämpft. Ein starker (Hufeisen) Magnet erzeugt das nötige Magnetfeld in dem Spule (C) und Nadelträger liegen.




Es handelt sich hier um ein sogenanntes Vierpol-System, da vier Pole eines Magnetfeldes in Wechselwirkung den Magnetfluss verändern und dadurch die (Sprech) Spannung erzeugen.

Steht der (leicht magnetisierte) Weicheisenanker senkrecht (A) ist der Magnetfluss ausgeglichen bzw. "neutral". Bewegt sich der Anker zur linken Seite (B) verstärkt sich das Feld zwischen N zu S. Der Anker bewegt sich wieder in Position A, das Feld schwächt sich ab. Nun bewegt sich der Anker zur rechten Seite (C), es verstärkt sich das Feld zwischen S und N (quasi "über Kreuz). Dieser sich ständig wiederholende Vorgang erzeugt in der Spule eine sich ändernde Spannung.

In der Praxis kann sich der tatsächliche Aufbau leicht unterscheiden - auch kann das System "liegend" eingebaut sein. Die wichtigsten Bauteile sind sich jedoch immer gleich, die grundlegende Funktion ändert sich nicht.



Quelle: Norman Field, Early Electric Pick-ups



h=Magnete, g=Spule, d=Polschuh, f/c=Dämpfungsring (Gummi) gehalten von Schrauben, a=Anker, b=Ankerende zwischen elastischen Dämpfungsstücken

Wartung

Da dieses System von Ende der 20er Jahre bis in die frühen 50er Jahre sehr verbreitet war, soll hier kurz auf mögliche Fehlerquellen eingegangen werden. Ausführliche Tipps zur Wartung dieser elektrischen Tonabnehmer finden sich in der Rubrik Elektro Schalldosen, Tonabnehmer und Plattenspieler.

  • Magnet
    Der Magnet kann im Laufe der Jahre an Kraft verloren haben. Dadurch wird die Wiedergabe leiser. Abhilfe schaffen hier die modernen, kleinen sog. "Super-Magnete" (Neodym). Einfach innen an den alten Magneten einen dieser modernen anbringen. Er haftet von selber und bringt die alte "Stärke" zurück.

  • Spule
    Die dünnen Drähte der Spule können abgerissen sein. Vorsichtig wieder anlöten. Wenn die Spule im inneren einen "Bruch" hat, fließt kein Strom mehr. Hier kann man mit einem günstigen Messgerät aus dem Baumarkt o. ä. auf "Durchgang" prüfen. Notfalls muss der kaputte Draht komplett abgewickelt werden. Dann die neue Spule mit dünnem, lackiertem Draht wieder (von Hand) aufwickeln. Sehr mühselig...

  • Nadelträger
    Der Nadelträger kann in seiner Lagerung durch 1 - 2 Tropfen säure-freiem Leichtöl (Nähmaschinenöl o.ä.) in der Gängigkeit unterstützt werden.

  • Gummidämpfung


    Fast immer sind die Gummis der Dämpfung ausgehärtet oder gar zerbröckelt. Für eine möglichst reine Wiedergabe, aber auch zur Schonung der Schallplatten, sollten diese ersetzt bzw. erneuert werden. Ersatz kann z. B. Dichtungsmaterial aus dem Baumarkt oder auch Gummiteile aus dem Fahrradfachhandel sein. Hier ist experimentieren angesagt.

    Bei dem oberen Abnehmer fehlen nicht nur die Dämpfungs-Gummis auch "klebt" der Anker (magnetisch) an dem rechten Polschuh. Zunächst muss dieser zentriert werden. Hierzu werden dünn zugeschnittene Papierstreifen immer links und rechts abwechselnd zwischen Anker und Polschuhe geschoben, bis dieser wieder mittig ist. Nun werden die Schrauben (1) und (2) gelöst und darunter der neue Gummi stramm eingesetzt. Nach entfernen der Papierstreifen sollen alleine die Gummidämpfer den Anker in der mittigen Position fixieren.

    Bei dem zweiten Abnehmer hat sich die Dämpfung fast komplett zersetzt. Zwei neue Gummistücke, fixiert unter den Nasen der Schraubenhalterung, setzen den Anker wieder in die Mitte.
    Bei diesen Arbeiten ist sehr darauf zu achten nicht die dünnen Drähte der Spule zu beschädigen oder auszureißen!




1937 brachte die Telefunken den ersten Tonabnehmer mit einer Dauernadel auf den Markt. Durch Miniaturisieren, stärkere Magnete usw. war es möglich das Auflagegewicht von über 100g auf c. 20g zu senken. Dadurch konnten erstmals Saphirnadeln verwendet werden die den lästigen Nadeltausch ersparten. Die elektrische Funktionsweise blieb sich im Grunde gleich, der Frequenzgang wurde jedoch stark erweitert. Der Telefunken TO1000 und seine Nachfolger stellt quasi die Geburtsstunde der modernen Plattenspieler dar.


Weitere Informationen zu diesem Tonabnehmer unter: Telefunken TO 1000 - TO 1002



Kristalltonabnehmer

Ende 1936 kamen in Deutschland die ersten Kristallabnehmer auf den Markt. Diese hatten eine grundlegend andere Funktionsweise als die bis dahin üblichen Magnetabnehmer mit Spule.
Piezoelemente können bestimmte Kristalle (Piezokristalle) oder Salze (Seignettsalz) sein. Mechanische Kraft auf ein Kristallelement (Piezoelement) bewirkt eine elektrische Spannung. Ein Kristall - Tonabnehmer ist also ein elektromechanischer Schwingungswandler. Üblich war in den 30er und 40er Jahren ein Auflagedruck von c. 15g. Die damals verwendeten Kristalle waren recht groß (bei einer Stärke von gerade einmal ~ 0,3 mm), starke Rillenauslenkungen der Schallplatte konnten Spannungen von bis zu 10 Volt erzeugen.


Diese neuen Kristallabnehmer waren recht leicht und konnten deswegen zum Teil auch schon mit Dauernadeln oder Halb-Dauernadeln betrieben werden. Die hohe Ausgangsspannung erübrigte einen separaten Transformator oder eine zusätzliche Verstärkerstufe.

Einen großen Nachteil bringen diese Kristall-Systeme heute jedoch mit sich: oft sind diese zerstört und nicht mehr reparabel. Die Kristalle ziehen Feuchtigkeit an. Unter dessen Einfluss zersetzen sie sich im Laufe der Jahre. Es gibt zwar Ansätze (und Fachfirmen), die diese zerstörten Kristalle durch neue Piezoelemente ersetzen - hierfür ist jedoch sehr viel Erfahrung notwendig. Eine Reparatur dieser frühen Kristallelemente gelingt dem unerfahrenen Laien (leider) nur selten oder wirklich befriedigend.

Durch Alterung zerstörter Kristall in einem System




Bis in die frühen 50er Jahre dominierten diese beiden Systeme den Markt für Plattenspieler mit 78 Umdrehungen für Schellackplatten. Auch die ersten Leichttonabnehmer für Vinylplatten mit 33, bzw. 45 Umdrehungen basierten (weiterentwickelt und miniaturisiert) auf den Verfahren die hier gezeigt wurden.

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