Forums
Forums > Grammophone > Diskussionskreis Grammophonmodelle > Koffergeräte und Spielzeuggrammophon
Anleitung zur Restaurierung eines Koffergrammophons (Electrola C106)
Moderators: SchellackFreak, berauscht, GrammophonTeam, Charleston1966, DGAG, Der_Designer, LoopingLoui
Author Post
Klangwolke
Mon Mar 10 2014, 21:05pm Print View
Joined: Sat Jan 04 2014, 13:54pm
Location: 4150 Rohrbach Österreich
Posts: 244
Ich möchte euch am Beispiel dieses Electrola C106 die einzelnen Schritte zeigen und erläutern, wie ich meine Grammophone restauriere. Selbstverständlich handelt es sich hier um nur einen von unzähligen Wegen zum Erfolg zu kommen und ich möchte sicherlich nicht behaupten, daß dies der einzig richtige ist. Dieser Artikel sollte eher als Erfahrungsbericht, Gedankenanstoß und kleine Hilfestellung verstanden werden.
Also auf geht's!
Dies ist das Gerät im Zustand, wie ich es erworben habe. (Einige werden es vielleicht auf Grund des markanten Aufklebers noch von ebay her kennen *grins )





Als erstes zerlege ich das Koffergrammophon in möglichst alle Einzelteile und mache davon reichlich Photos, damit ich zum Schluß noch weiß, wo welcher Teil hin gehört.
Danach widme ich mich dem Koffer.
Kleine Macken kann man nach der Reinigung gut mit Schuhcreme kachieren. Größere Beschädigungen der Bespannung flicke ich aus. Dafür ist es sehr hilfreich, wenn man einen "Organspender" hat also einen irreperablen Koffer, aus dem man ruhigen Gewissens Stücke ausschneiden kann.
Dann schneide ich die Bespannung um die beschädigte Stelle herum so groß wie nötig aber so klein wie möglich aus, passe die Flicke an und klebe sie mit etwas Weißleim an. Austretenden, überschüssigen Leim gleich mit einem nassen Tuch wegwischen!









Wenn alle Schadstellen repariert sind, wird der Koffer gereinigt. Dafür ist eine milde Seifenlösung für gewöhnlich ausreichend. In diesem Fall verwendete ich einen mit Spiritus getränkten Lappen, um die Reste des Aufklebers entfernen zu können. -hat gut funktioniert und der Bespannung keinen Schaden zugefügt.
Nach dem Trocknen habe ich den gesamten Koffer mit schwarzer Wasserbeize satt eingelassen und nach einem weiteren Trocknungsvorgang reichlich schwarze Schuhcreme aufgetragen.







So sieht das Ganze dann aus...
Poliert wird der Koffer erst ganz zum Schluß, wenn das Gerät wieder gänzlich zusammengebaut ist. So hat die Creme genug Zeit einzuziehen und es macht nichts, wenn man während des Zusammenbaus Fingertapper hinterlässt.



Nun geht's an das Motorboard und all die Beschläge und Metallteile:









Der Rost und vor allem die Asselleichen zeigten mir, daß das Gerät wohl eher ein Keller- denn ein Dachbodenfund war!
Die meisten Teile habe ich lediglich mit Polierpaste bearbeitet. Für kleine und verwinkelte Teile hat sich der Auftrag mit einer Zahnbürste sehr bewährt und auch zum Auspolieren ist oft eine weiche Bürste vorteilhafter als ein weiches Tuch!






Die "Lackschäden" der schwarzen Beschläge wie das Schloß und die Kofferecken habe ich nicht ausgebessert, da meiner Meinung nach so der alte Flair besser erhalten bleibt. Diese Teile habe ich lediglich (wie abschließend alle Metallteile) mit einem, mit Waffenöl getränktem Brillenputztuch behandelt. Für das Schloß hat sich auch hier eine alte Zahnbürste bewährt!




Die doch sehr rostige Kurbel befreite ich mittels Elektrolyse von ihren Oxidationen (wird in einem anderen Thread dieses Forums sehr gut beschrieben) und polierte sie anschließend wie die anderen Metallteile.




Das Motorboard habe ich mit einem anfeuernden Öl (Baolin) eingelassen und danach mit Schellackpolitur aufgearbeitet. Auf ein gänzliches Abschleifen und neu Politieren habe ich verzichtet, um ebenfalls die Spuren der Zeit zu erhalten.


...und so kann ich schon einen Teil wieder zusammenbauen, um den Ãœberblick zu wahren.




Nun zum Motor:
Warum er nicht funktionierte war schnell klar...


Zum Glück waren die Gewichte noch vorhanden und die passenden Federn habe ich in meinem Ersatzteillager gefunden. (Kann man aber auch käuflich erwerben)
Das Zerlegen, Reinigen und Schmieren des Motors werde ich hier nicht beschreiben, da dies auch schon ausführlichst in diesem Forum geschehen ist.
Ich beschränke mich hier auf ein paar Vorher- Nachher-Photos.








Bleibt nur noch der Plattenteller. Die Leimpatzer habe ich mit einem scharfen Messer entfernt und anschließend den Filz mit reichlich Wasser und einer Bürste gereinigt.










Nun alles zusammengebaut und den Koffer mit einer Bürste aufpoliert - FERTIG!
Ich glaube, das Ergebnis kann sich sehen lassen:











[ Edited Tue Feb 23 2021, 12:09pm ]
Back to top
krammofoon
Mon Mar 10 2014, 21:21pm
Schellack-Gnadenhof
Joined: Mon Jun 27 2011, 20:47pm
Posts: 1215


Ohne Worte........ ganz, ganz große Klasse!

Gruss
Georg
Back to top
Limania
Mon Mar 10 2014, 21:55pm
†
Joined: Mon May 21 2012, 15:14pm
Posts: 1106
Der pure Wahnsinn!!
Gratulation zu dieser hervorragenden Arbeit


LG Limania
Back to top
joha
Mon Mar 10 2014, 23:48pm
Joined: Mon Mar 26 2012, 15:45pm
Location: Dresden/Sachsen
Posts: 985
Sehr schön dokumentiert,Klasse Arbeit
Gruss Jörg
Back to top
alang
Wed Mar 12 2014, 01:55am
Joined: Tue Jun 12 2012, 19:52pm
Location: Delaware, USA
Posts: 660
Saubere Arbeit! Vielen Dank fuer die Dokumentation.

Andreas
Back to top
Klangwolke
Sat Mar 15 2014, 06:47am
Joined: Sat Jan 04 2014, 13:54pm
Location: 4150 Rohrbach Österreich
Posts: 244
Vielen Dank für die Blumen! Fühle mich sehr geschmeichelt.
Wolfgang
Back to top
Nostalphon
Sat Apr 26 2014, 06:49am
Joined: Sun Apr 06 2014, 08:02am
Location: Landkreis Ludwigsburg, Württ.
Posts: 151
Erstklassige Arbeit!!!
Chapeau!!!

Vielen Dank für die Präsentation!

LG
Nostalphon
Back to top
Musikmeister
Sat Apr 26 2014, 21:27pm
Autor
Joined: Sun Aug 21 2011, 21:23pm
Location: Hamburg
Posts: 1085
Verkaufsangebote eines Händlers, Ende 1938:



[ Edited Sun Jan 24 2016, 00:34am ]
Back to top
Lossi
Mon Mar 20 2023, 22:30pm
Joined: Tue Mar 14 2023, 02:08am
Location: Niedersachsen
Posts: 27
Moin, Klangwolke,
hab da eine Frage....
Reicht es, die 4 Schrauben in den Ecken zu lösen, um das Motorboard komplett herauszuheben ?
Mein *Aristola* ist ja noch nie geöffnet worden...
Ich würde mich das jetzt mal wagen, ins Innere zu sehen...
Eventuell finde ich ja da noch einige Info's...
Hängt der Motor nur am Board, oder ist er auch noch am Boden befestigt ?
Wenn ja, würde ich es sein lassen.
Den Motor vom Board lösen... und dann nicht wieder alles ordentlich zusammen zu bekommen...
Dieses Risiko wäre mir zu groß...

Gruß
Lossi
Back to top
gramofan
Tue Mar 21 2023, 08:13am
Joined: Sat Oct 01 2011, 20:32pm
Location: bei Berlin
Posts: 1171
Hallo Lossi,
da ich Dein Modell nicht kenne , kann ich natürlich keine Angaben mit Richtigkeitsgarantie machen, aber bei allen Koffern die ich bisher gesehen habe (und das waren nicht Wenige) hing der Motor nur am Motorbord, nie auch am Boden. Desgleichen gilt für das Lösen des Motorbords. Die vier Eckschrauben sollten genügen (Kurbel vorher abnehmen!).
Viel Erfolg!

[ Edited Tue Mar 21 2023, 21:51pm ]
Back to top
Lossi
Tue Mar 21 2023, 20:21pm
Joined: Tue Mar 14 2023, 02:08am
Location: Niedersachsen
Posts: 27
Danke gramofan...
Mein Gerät findest Du HIER

Gruß Lossi
Back to top
 

Jump:     Back to top

Ãœber Uns

Wir sind mehr als ein Forum! Als eingetragener Verein arbeiten wir an der Beständigkeit unserer Leidenschaft.

Ãœber uns

Wir suchen Dich!

Du schreibst Artikel, möchtest im Forum als Moderator aktiv werden? Dir liegt Social Media. Bewahre Wissen! Wir warten auf dich.

Schreib uns

Tipps

Einsteiger-Ratschläge für optimale Nutzung und wichtige Aspekte beim Grammophon und Schellackplatten-Kauf.

Zu den Informationen