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Ein Volksauflauf auf Schallplatte von 1903
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Starkton
Sa Sep 15 2012, 15:40 Druck Ansicht
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Am 29. August 1903 nahm William Gaisberg, assistiert von Belford Royal, diese Schallplatte mit Schauspielern des Londoner His Majesty's Theatre auf. An diesem Tag entstanden insgesamt sieben Aufnahmen auf 25cm Platte die in den Büchern der Gramophone Company mit "Discordant Voices" [= Durcheinander gesprochene Stimmen] eingetragen sind.

Sie waren ein damals brandneues Ton-Experiment und dafür gedacht, Ansammlungen von größeren Menschenmengen auf der Bühne zu simulieren, indem eine oder mehrere dieser Platten während der Aufführung von versteckten Grammophonen abgespielt wurden. Da das Babylonische Stimmengewirr absichtlich keiner bestimmten Sprache zugewiesen werden konnte, waren die Aufnahmen auch für die Deutsche Grammophon-A.G. von Interesse. Hier ist ein schöner zeitgenössischer Beitrag dazu:

“Sprechmaschine und Bühne. – […] Kürzlich hat die Deutsche Grammophon Akt.-G. im Schillertheater zu Berlin nachgewiesen, dass mit bestem Erfolg der Phonograph [sic.] Schauspieler ersetzen kann, nämlich überall da, wo es sich darum handelt, irgend welche Geräusche oder Lärmszenen wiederzugeben, die sich hinter der Szene abspielen. […] Bei der Vorführung gelang der Volkslärm z. B. in der Forumszene aus Julius Cäsar vorzüglich […].” (Phonographische Zeitschrift, Berlin, 5. Jahrgang, No. 12, 23. März 1904, S. 196)

Ich gehe davon aus dass auch frühe Ton-Filmemacher diese Aufnahmen bei Massenszenen verwendet haben. Ein Beweis fehlt mir allerdings noch. Vielleicht hat ja einer von Euch in einer frühen Filmkritik derartiges gelesen.

Hier ist das Bild einer dieser Theaterplatten, die sehr treffend handschriftlich mit Volksauflauf und Radauplatte beschriftet ist. Zuerst dachte ich wirklich ich hätte eine frühe dadaistische Tonaufnahme gefunden.



Auch diskographisch gibt meine Platte einiges her: Die per Hand in das Wachsmaster geritzte Matrizennummer W.C.G 4131-R belegt schon mal dass diese Aufnahme vor 1904 sein muss, danach waren die Matrizennummern der Gramophone Company eingraviert. Die Pressung würde ich aufgrund der Aufschrift "The Gramophone Company, Ltd." des Weißmusterlabels um 1908 herum ansetzen.

Von den sieben Aufnahmen mit "Discordant Voices" ist nur eine regulär mit der englischen Bestellnummer G.C. 4624 veröffentlicht worden. Ich habe noch keine in der Hand gehabt, es ist aber eine andere Aufnahme als meine. Sie trägt die Matrizennummer 4126. Hier ist ein Ausschnitt aus dem englischen Schallplattenkatalog von 1911:

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