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Grammophon "leiert"
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realwhiteangel
Mo Jan 17 2011, 17:48 Druck Ansicht
Gast
Hallo Ihr Lieben,

ich freue mich, Euch gefunden zu haben :-)

Ich habe vor kurzem ein Koffergrammophon "Odeon" erstanden, im Deckel steht "Tresor", es scheint alles original zu sein, der Zustand ist gut bis sehr gut. Es spielt eine Plattenseite locker durch, das Laufwerk läuft recht ruhig, macht kaum Geräusche. Leider hat es aber Gleichlaufschwankungen, die besonders bei Klassik zu hören sind. Ich habe den Motor schon neu geschmiert, optisch sieht er auch sehr gut aus. Vielleicht habt Ihr Erfahrungen damit. Sollte ich vielleicht mal die Feder neu fetten?
Für Tipps bin ich sehr dankbar.

Viele Grüße
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Formiggini
Mo Jan 17 2011, 19:28

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Die Freude beruht auf Gegenseitigkeit :)

Gleichlaufschwankungen sind eher selten ein Problem der Feder.
Vorallem wenn du sagst, das der Motor ruhig eine ganze Seite durchzieht, dürfte mit der Feder alles Ok sein.

Was du machen könntest, ist den ausgebauten Motor für etwa 20 min bei 50C in den etwas geöffneten Bachofen stellen. Bitte keine höhere Temperatur.
Gleich danach mehrmals aufziehen und durchlaufen lassen.
Altes Fett in der Federdose wird durch die Wärme wieder weicher, und beim laufenlassen wieder etwas verteilt.

Wahrscheinlicher ist, das die Gleichlaufschwankungen von dem Fliehkraftregler herrühren.
Das ist dieses Bauteil - zumindest ein Teil davon ;)


Bei diesem fehlen noch zwei Metallzungen mit den dazugehörigen Gewichten. Ausserdem fehlt auf dem Photo der kleine Metallhebel der mit einem kleinen Filzstück am Ende gegen die Scheibe drückt und damit den Motor abbremst/reguliert.

1) Möglicherweise bremst dieses zu stark oder ungleichmäßig. Reib doch mal die Scheibe A mit etwas Öl ein.
Auch das Filz oder Lederstückchen an dem Hebel bekommt ETWAS Öl auf die Vorderseite.

Hier bitte echt nicht zuviel - also nicht mit der WD40 Dose einfach draufhalten. Lieber ein Wattestäbchen damit benetzen und damit den Filz 3-4 mal leicht einreiben.

Erwischt du zuviel, bremst der Filz nicht mehr, und die nächsten 50 Plattenseiten laufen zu schnell, dann verteilt sich das Öl langsam wieder....... also sachte ;)

2) Der Fliehkraftregler ist links und rechts in kleinen Schrauben mit einen Loch gelagert. Allerdings sind diese Löcher nicht genau mittig, sondern etwas exzentrisch.
Wenn sich diese Schrauben im Laufe der Jahrzehnte auch nur um den Bruchteil eines Millimeters verzogen haben, läuft der ganze Fliehkraftregler unrund, was zu einem leiern führt.
Die beiden Schrauben lassen sich von aussen an den Punkten B1 und B2 meist verstellen - hier kann man nachregulieren.
Aber sei gewarnt - es ist ein wirkliches Geduldsspiel, bis diese beiden richtig eingestellt sind, es handelt sich wirklich um winzig kleine Drehbewegungen der Schrauben! Ich habe mit deren Einstellung schon Stunden verbracht.....

3) Die Gewichte auf den kleinen Federn des Fliehkraftreglers sind nicht immer vernietet, sondern oft auch geschraubt, oder mit einer kleinen Mutter auf der Gegenseite gekontert. Hat sich eine dieser Verbindungen etwas gelockert, erzeugt das eine Unwucht im Lauf. Schau mal nach, ob alle drei Gewichte wirklich absolut fest auf den Federn sitzen.

Andere, weniger leicht zu behebende Möglichkeiten des leierns:
- Irgendwo ist ein Zahnrad ausgeschlagen, schau mal alle genau nach - in diesem Fall heißt es ab zum Uhrmacher mit dem Motor.
- Eine der drei kleinen Federn des Reglers auf dem die Gewichte sitzen ist ausgeleiert - das führt zu einer Unwucht. Dann muß ersatz her, auch nicht ganz einfach.....
- Die Scheibe auf die der Filz drückt, wurde gelegentlich aus billigem Zinkguß hergestellt. Dieses kann im laufe der Jahre anschwellen und verursacht so eine Unwucht. Dann muß diese Scheibe wieder auf der Drehbank absolut plan gedreht werden, wer kann das schon noch.... (Ausser ein Uhrmacher)

Probier erstmal die Möglichkeiten 1 - 3 durch, vielleicht behebt dies schon das leiern.
Ich drück dir die Daumen!

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realwhiteangel
Di Jan 18 2011, 16:58
Gast
Vielen Dank für die Tipps! Da werde ich mir den Fliehkraftregler mal vornehmen, z.B. mit 'nem Filzstift mal testen, ob alle Gewichte gleichmäßig nach außen gedrückt werden... Die Idee mit dem Backofen finde ich auch gut....

Viele Grüße
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Micha
Di Aug 08 2023, 17:18
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Dez 02 2022, 11:43
Wohnort: Radebeul
Beiträge: 18
Formiggini schrieb ...

2) Der Fliehkraftregler ist links und rechts in kleinen Schrauben mit einen Loch gelagert. Allerdings sind diese Löcher nicht genau mittig, sondern etwas exzentrisch.
Wenn sich diese Schrauben im Laufe der Jahrzehnte auch nur um den Bruchteil eines Millimeters verzogen haben, läuft der ganze Fliehkraftregler unrund, was zu einem leiern führt.
Die beiden Schrauben lassen sich von aussen an den Punkten B1 und B2 meist verstellen - hier kann man nachregulieren.
Aber sei gewarnt - es ist ein wirkliches Geduldsspiel, bis diese beiden richtig eingestellt sind, es handelt sich wirklich um winzig kleine Drehbewegungen der Schrauben! Ich habe mit deren Einstellung schon Stunden verbracht.....


Würde mich freuen, wenn jemand genauer Erläutern könnte, wie ein Feinregulieren ablaufen würde.

Was ich nicht verstehe ist, wie es zu einem unrunden Lauf kommen kann, nur weil die Achse schräg steht. Ich hatte ein wimmerndes Grammophon, bei dem die Bremsscheibe des Fliehkraftregler ganz leicht wabberte und ich kann mir nicht vorstellen, dass ein Kippen der Achse das verändert hätte. Ich vermute, die Achsneigung hat einen anderen Einfluss auf den Klang.

Das Wabbern habe ich übrigens durch leichtes Abdrehen hinbekommen, und zwar nicht mit Drehbank, sondern durch das Randhalten einer spitzen Kante eines Schraubendrehers. Diesen habe ich am Chassis abgestützt und während des Laufens des Motors so an die Bremsfläche gehalten, dass nur ein periodisches Schleifen zu hören war. Dadurch habe ich die Erhöhung entfernt, die am Bremsfilz den Lauf mit jeder Umdrehung leicht gebremst hatte. Das Wimmern ist nun nahezu verschwunden. :)

(Danach ist der Antrieb voller feinster Messingspänchen und man muss eine Reinigung einplanen. Aber wenigstens ist die Scheibe an Ort und Stelle eingeschliffen.)

Als Ursache für das Wabbern halte ich eine Lagerung über längere Zeit mit angezogener Bremse. Leider ist zum Beispiel beim kleinen Excelda die Regelung der Drehzahl auch gleich die Bremse und wenn man nicht aufpasst, drückt diese jahrelang auf die gleiche Stelle der Scheibe, wenn das gute Stück in einer Kiste die Zeit überdauert.

In harmloseren Fällen kann es aber auch sein, dass sich über jahrelange Lagerung nur ein Abdruck von harzigem Öl auf der Scheibe gebildet hat, den man mit Stahlwolle wegpoliert bekommt.

PS: Ich glaube, dies war der älteste Beitrag des Forums, den ich hiermit nach vorn geholt habe. Er war jedenfalls der letzte in der Liste. :)


[ Bearbeitet Di Aug 08 2023, 17:19 ]
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