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Im Westen nichts Neues - 1930. Nach dem Antikriegsroman von Erich Maria Remarque
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Starkton
Mi Sep 19 2012, 22:36 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
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Beiträge: 1881
Im Westen nichts Neues ist ein Meilenstein und bekanntestes Beispiel für die frühe Entwicklung des (deutschen) Tonfilms und der Filmsynchronisation.

Als Vorlage diente der gleichnamige Antikriegsroman von Erich Maria Remarque. Gedreht von Lewis Milestone im Jahr 1930 in den USA unter dem Titel All Quiet on the Western Front, ist Im Westen nichts Neues einer der ersten Filme, die für den deutschen Markt synchronisiert wurden und zwar durch das Berliner Studio der "Rhythmographie G.m.b.H." am Halleschen Tor.

Der Film erlebte am 4. Dezember 1930 im Berliner Mozartsaal am Nollendorfplatz seine deutsche Uraufführung und lief tags darauf in den deutschen Kinos an. Bereits in dieser Fassung waren Namen jüdischer Mitwirkender aus dem Vorspann getilgt und der Film freiwillig von 139 Minuten auf 85 Minuten gekürzt worden. (Quelle: Wikipedia)

[Nachtrag am 20.09.2012]
Nach längerem Suchen konnte ich eine Abbildung einer der Schellackplatten des Soundtracks von 1930, aufgenommen von der Western Electric Manufacturing Co. und gepresst von der Columbia Phonograph Co. für die Universal Pictures Co., auftreiben. Die Geräuschkulisse (Schlachtenlärm, etc.) der amerikanischen und der deutschen Filmversion war identisch und wurde, auch in Deutschland, von allen Seiten wegen ihrer Authentizität gelobt. Platten mit diesem Inhalt wurden also auch in Deutschland als Filmbegleitung aufgelegt, ob mit geändertem Label weiß ich nicht.

Die von der Deutschen Universal bei der Tobis-Klangfilm in Auftrag gegebenen deutschen Sprechtexte führten, neben einigen Bildpassagen, dagegen zu heftigen Krawallen, siehe unten.




Hier ist eine Werbeanzeige der "Rhythmographie G.m.b.H." von 1931:




Hier ist die Titelseite des deutschen Filmprogramms von Dezember 1930:



Bilder aus der 1931 bei Rowohlt Berlin erschienenen Filmbroschur:





Bereits die zweite Vorführung am 5. Dezember 1930 wurde durch Nationalsozialisten massiv gestört. Hier ein Bericht darüber:



Aufgrund der anhaltenden Krawalle erließ der Berliner Polizeipräsident noch im Dezember 1930 ein Demonstrationsverbot. Die Ordnungshüter sicherten die Straßen, hier am Wittenbergplatz, im Berliner Westen mit Wasserwerfer.



Auf Antrag der Landesregierungen Thüringens, Braunschweigs, Sachsens, Bayerns und Württembergs verbot die Oberste Filmprüfstelle unter der Leitung von Ernst Seeger am 11. Dezember die Vorführung des Films im Deutschen Reich wegen der von ihm ausgehenden „Gefährdung des deutschen Ansehens in der Welt“ und der „Herabsetzung der deutschen Reichswehr“. Der Film habe eine „ungehemmte pazifistische Tendenz“ ...

Dieses Verbot stieß auf heftige Proteste. Erst nach einer Novellierung des Lichtspielgesetzes (Lex Remarque), die am 31. März 1931 in Kraft getreten war, wurde der Film am 8. Juni 1931 „für bestimmte Personenkreise und in geschlossenen Veranstaltungen“ wieder freigegeben. Mit der Machtergreifung der Nationalsozialisten wurde Im Westen nichts Neues endgültig verboten. (Quelle: Wikipedia)

[ Bearbeitet Do Sep 20 2012, 15:11 ]
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Barnabás
Mi Sep 19 2012, 22:42
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jul 04 2012, 20:37
Beiträge: 651
@ Strakton:
Du hast da wirklich eine schone Arbeit hinterlegt.
Aber wo ist denn da der Bezug zu der Musik?
Soweit ich es sagen kann, wurden zu diesen Film keine Schallplatten aufgenommen ? Oder?

Gruss B.
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Starkton
Mi Sep 19 2012, 22:49
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Barnabás schrieb ...

Soweit ich es sagen kann, wurden zu diesen Film keine Schallplatten aufgenommen ? Oder?

Das ist genau die Frage die mich interessiert. Es wäre toll wenn, wie bei Metropolis, eine filmbegleitende Werbeplatte auftauchen würde mit Auszügen aus der deutschen Synchronisation.

PS: Ich habe jetzt eine Abbildung der für den Soundtrack verwendeten Schellackplatten gefunden und damit meinen Beitrag ergänzt.

[ Bearbeitet Do Sep 20 2012, 14:48 ]
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Starkton
Mi Sep 19 2012, 23:19
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Bereits Mitte der 1920er entwickelte der deutsche Erfinder Carl Robert Blum Apparaturen, welche zuerst Bild und Musik (sog. „Musik-Chronometer“) und später Bild und Ton (sog. „Rhythmographie“) synchron zusammensetzen sollten.

Im Auftrag der Deutschen Universal wurden die Filme Kapitän der Garde und Im Westen nichts Neues mithilfe Blums neuen Patent synchronisiert, dabei wurden die Dialoge von Laufbändern vorgelesen, welche die Sprechgeschwindigkeit vorgaben. (Quelle: Wikipedia)

Hier ist ein frühes Patent vom 7. November 1920 von Carl Robert Blum zur Synchronisation von Bild und Ton:




Ein Auszug aus einem weiteren Patent vom 19. September 1929 - hier die Schweizer Fassung:





[ Bearbeitet Mi Sep 19 2012, 23:25 ]
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Starkton
Do Sep 20 2012, 14:58
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Eine Abbildung des Musikalischen Chronometers von 1928 zur Synchronisation von Bild und Ton des Erfinders Carl Robert Blum.




Und hier das Filmplakat für die Berliner Uraufführung vom 4. Dezember 1930. Unglaublich, was sich alles noch erhalten hat:


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joha
Do Sep 20 2012, 16:57
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Hallo Starkton,
eine sehr interessante Aufarbeitung,habe auch vermutet das die Tonaufnahme für den Gefechtslärm von der Platte gekommen sein muss.
Die Firma-Loe Polster "Tondienst" Labor für lehrtechnische und gewerbliche Ton und Schallplattenaufnahmen stellte solche Geräuche und Tonhintergründe für den Film in großen Mengen her.
Herr Leo Polster war ebenfalls Kapellmeister und Inhaber der Firma in Nürnberg und Hamburg und hatte die technische Leitung dieser Firmen zur Filmvertonung.
Die Firma muss bis 1941 bestanden haben.
Mehrere solche Platten sind in meinem Bestand,es sind alles Lackplatten die mit Winkelnadel abzuspielen sind.
Gruss joha
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Starkton
Fr Sep 21 2012, 18:21
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1881
Danke für den Hinweis auf die Firma Leo Polster von der ich nichts wusste. Es ist nachvollziehbar dass alles was nicht absolut synchron ablaufen musste, also z.B. Hintergrundgeräusch oder Begleitmusik auch Anfang der 30er Jahre noch von Schallplatte kam.

Man fragt sich wann die Filmschallplatten und damit auch die Grammophone endgültig aus den Kinos verschwanden.
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Aristodemo
Fr Sep 21 2012, 21:01
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Jan 21 2012, 01:07
Beiträge: 426
@Joha, die Firma Leo Polster muss noch nach dem Krieg bestanden haben.......Ich habe einen Lackschnitt mit 45 U.
Grüße
Michael
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