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Sprechende Bogenlampe
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GrammophonTeam
Do Mär 05 2015, 11:22 Druck Ansicht
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Schon um die Jahrhundertwende (1900) suchten Erfinder und Phonoindustrie immer wieder nach Wegen sich nicht nur vom Trichter zu lösen, sondern die Wiedergabe durch erhöhte Lautstärke auch einem größeren Personenkreis zugänglich zu machen. Eine der heute fast vollkommen in Vergessenheit geratenen Erfindungen war die Sprechende Bogenlampe.

Kurz zur Bogenlampe selbst. Wird an zwei Kohlestifte ein höherer elektrischer Strom (Ampere) angelegt, springt zwischen beiden ein sehr heller Licht(funken)bogen über. Dieser kann eine Temperatur bis zu 10.000 Grad erreichen. Wegen der verwendeten Stifte nannte man es auch Kohlebogenlampe.


Zwar musste der Abstand der sich verbrauchenden Kohlestifte ständig nach reguliert werden, trotzdem war die Bogenlampe über viele Jahrzehnte die stärkste künstliche Lichtquelle und wurde z. B. auch in Kinoprojektoren eingesetzt.

Um 1900 entdeckte man durch Zufall: wenn sich der Strom ändert, gibt die Bogenlampe Töne von sich. Schnell war man bei der Idee den Strom der Bogenlampe mit einem Mikrophon zu modulieren, bzw. zu "besprechen".

Über einen Transformator T wurde ein Mikrophon M in den Versorgungskreis der Bogenlampe angeschlossen. Die Lautstärke der von der sich in der Temperatur änderten Flamme soll recht beachtlich gewesen sein. Mit einem veränderlichen Widerstand W konnte diese noch reguliert werden. Der benötigte Strom kam aus Batterien (B1 & B2) oder aus dem Stromnetz. Die Lautstärke war umso höher, je länger der erzeugte Lichtbogen war.

Sehr bald machte sich auch die junge Phonoindustrie diese neue Erfindung zu nutze, hoffte man so doch vom Trichterklang weg zukommen und die Lautstärke der Schallplattenwiedergabe zu erhöhen.


Hierzu wurde die Schalldose des Phonographen über einen Schlauch akustisch mit dem Mikrophon verbunden. Die Schallwellen der Wiedergabe regten also direkt das Mikrophon an. Ein weiterer großer Vorteil: Man konnte das Wiedergabegerät und den Lautsprecher (sprechende Bogenlampe) räumlich voneinander trennen.

1901






PZ 1901, 2. Jhg, No.16, S. 182


1906



...Ferner empfiehlt es sich, an Stelle der gewöhnlichen Kohlen mit verschiedenen Salzen getränkte Kohlen, sogenannte Effektkohlen, zu verwenden, weil man mit diesen einen längeren Lichtbogen bilden kann. Um das blendende Licht der Bogenlampe von Ihren Augen abzuhalten, stelle ich vor die Bogenlampe eine rote Glasscheibe. Das Mikrophon M, das sich in einem entfernten Zimmer des Institutes befindet,ist durch einen Kautschukschlauch K luftdicht mit einem Grammophon G verbunden.

Lasse ich nun das Grammophon spielen, so übertragen sich die Schallwellen auf die Mikrophonplatte. Die Mikrophonströme werden zufolge der hier durchgeführten Schaltung über den Gleichstrom des Lichtbogens gelagert und aus der Bogenlampe wird mit unveränderter Klangfarbe jenes Musikstück heraus schallen, welches vom Grammophon produziert wird. Die Klangwirkung ist eine so bedeutende, daß auch in den obersten Bankreihen das vom Hofopernsänger Leo Slezak gesungene Preislied aus„Meistersinger" unschwer zu erkennen ist. Schaltet man den Mikrophonstrom aus, so verschwindet sofort die Lautwirkung.
Vortrag mit Experimenten von Dr. Ernst Kraus,
gehalten am 14. November 1906 am Institut der technischen Hochschule, Berlin


Durchsetzten konnte sich diese Erfindung nicht. Noch in den dreißiger Jahren sinnierte man über mögliche Einsatzgebiete der sprechenden Bogenlampe.



Erst Jahrzehnte später wurde die Grundidee der sprechenden Bogenlampe wieder aufgegriffen. Manche HiFi - Enthusiasten schwören seitdem auf Plasmalautsprecher.
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Starkton
Do Mär 05 2015, 11:56
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
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Die Bogenlampe wurde auch als Hilfsmittel verwendet um Schwingungen sichtbar zu machen:

Von zwei verschiedenen Seiten sind ganz gleichzeitig Mittheilungen veröffentlicht worden über eine neue Methode, Schwingungen zu fixiren und dem eingehenderen Studium zugänglich zu machen. [...] Beide bedienten sich für ihre Zwecke des Lichtstrahls, und zwar wesentlich in der gleichen Weise; Herr Fröhlich wollte die Schwingungen einer unter dem Einflusse der Wechselströme oscillirenden Telephonplatte [eingebaut in einem Telefon], Herr Hermann die Schwingungen einer angesungenen oder angesprochenen, elastischen Membran sichtbar machen. Beide befestigten zu diesem Zwecke auf der Membran ein kleines Spiegelchen, welches seine Schwingungen einem reflectirten Lichtstrahl einer elektrischen Bogenlampe mittheilte. Die weitere Benutzung des reflectirten Lichtstrahls ist bei beiden Methoden eine abweichende.
Herr Fröhlich lässt den reflectirten Strahl auf einen polygonalen Drehspiegel fallen, der ihn auf einen Papierschirm wirft [...]; und wenn man die Drehungsgeschwindigkeit des Spiegels in ein bestimmtes Verhältnis zu der Geschwindigkeit der darzustellenden Schwingungen bringt, [...] so erhält man auf dem Schirm stehende Curven, die man bequem messen, zeichnen und photographieren kann.
Herr Hermann, welcher die Schwingungen von Eisen-, Glimmer-, Holz- oder Papierplatten oder einer gespannten Membran aufzeichnen wollte, liess das von dem kleinen Spiegelchen reflectirte, verticale Spaltbild der Bogenlampe auf eine schwarze Blechplatte mit feinem, horizontalem Spalt fallen. Durch die Schwingungen des Spiegelchens verschiebt sich das verticale Spaltbild parallel mit sich selbst in horizontaler Richtung, so dass der aus der Kreuzung des Bildes mit dem Spalt hervorgehende Lichtpunkt horizontal oscilliert. Diese Oscillationen werden dann unmittelbar photographiert, indem sie auf eine dicht hinter dem Spalt der Blechplatte in verticaler Richtung sich bewegende, empfindliche Papierfläche fallen. [...]
Herr Hermann gibt in seiner Mittheilung nur eine sehr sorgfältige Beschreibung seines Apparates, der Versuchsanordnung und der grossen Empfindlichkeit und Genauigkeit seiner Methode [...]. „Die erlangten Aufzeichnungen übertreffen nach dem Urteile Aller, welche sie gesehen haben (auch Referent hatte Gelegenheit, die überaus schönen, feinen Originalzeichnungen zu sehen) hinsichtlich ihrer Deutlichkeit, Feinheit und Eleganz bei weitem alles bisher Bekannte.“ (Quelle: Naturwissenschaftliche Rundschau, IV. Jahrgang, No. 41, Braunschweig, 12. Oktober 1889, S. 528)
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