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Grammophonnadel - Nadelherstellung - Drei-S-Werke in Schwabach
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GrammophonTeam
Sa Apr 04 2015, 16:21 Druck Ansicht
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⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
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Wohl nur die wenigsten Leute machen sich eine Vorstellung, welch wichtiger Faktor die Nadel bei einem Grammophon darstellt und wie ungeheuer kompliziert die Herstellung dieses kleinen Gegenstandes ist. Wenn man berücksichtigt, dass der Druck einer Nadel auf die Rille einer Schallplatte ca. 1000 kg pro qcm beträgt, und die Nadel unter diesem Druck bei einer 30 cm-Platte einen Weg von rund 200 m zurückzulegen hat, so kann man sich wohl denken, dass die Nadeln nur dann ihren Zweck erfüllen, wenn diese mit größter Sorgfalt hergestellt werden.

Das Drei-S-Werk in Schwabach, im Jahre 1850 gegründet, stand an der Spitze sämtlicher derartiger Unternehmen und wies die größte maschinelle Einrichtung der Welt für die Herstellung von Sprechmaschinen-Nadeln auf. Ein Gang durch das Werk wird nun zeigen, welche Einrichtung dazu gehörte, um eine so winzige Grammophon-Nadel herzustellen.

Das Werk erhielt das Rohmaterial, so genannten Gußstahldraht, von einem der renomiertesten Drahtwerke angeliefert. Die Qualität des Rohmaterials spielte eine sehr bedeutende Rolle und wurde ausschließlich in besonderer Zusammensetzung für das Drei-S-Werk hergestellt. Sehr häufige Stichproben im Labor des Drei-S-Werkes gewährleisteten gleichmäßige Güte des verwendeten Rohmaterials.





Dieser Draht wurde nun auf modernsten Rieht- und Abschneidemaschinen, deren Leistung rund 40 m in der Minute beträgt, auf besondere Längen geradegeschnitten bzw. gerichtet, so dass kleine Stangen für die Weiterverarbeitung entstehen. Diese wanderten nun in die verschiedenen Schleifereien, um mit entsprechenden Spitzen versehen zu werden. Nachdem an den Drahtstücken links wie rechts dieser Arbeitsgang vollendet war, gelangten diese sogenannten angeschliffenen Drahtstücke in die einzelnen Abschneidereien. Es wurde hier unterschieden zwischen Nadeln, die ohne jede Fasson und Garantiestempel waren und solchen, die eine Pressung aufwiesen, wie z.B. die weltberühmten Condor-Nadeln des deutschen Polyphon-Grammophon-Konzernes.

Diese Art Nadeln wurden auf mächtigen kombinierten Spezialexzenterpressen hergestellt, die gleichzeitig die Pressung und Prägung des Garantiestempels und das Abschneiden vornahmen. Anschließend an diesen Prozess wanderten die Nadeln automatisch in die Härterei. Dies dürfte wohl der wichtigste Vorgang gewesen sein, denn eine schlecht gehärtete Nadel bedeutete wohl den Ruin einer Schellackplatte.
Drahtrichterei - Abschneiden und prägen



Die Firma hatte zur Kontrolle der Temperaturen in den mächtigen Härteöfen eine einzigartige Temperatur-Meßanlage geschaffen, die nicht nur an jedem einzelnen Ofen dem Härter die erforderlichen Härtegrade anzeigte, sondern im Betriebsbüro war die Gegenkontrollanlage, die nicht nur jederzeit die Temperatur jedes Ofens registrierte, sondern es waren auch Kurvenschreiber angebracht. Die Aufzeichnungen dieser Apparate zeigten, ob die Arbeitsvorgänge richtig worden waren. Partien mit zu niedriger oder zu hoher Temperatur konnten auf diese Weise herausgenommen werden.Außerdem wurden gleichzeitig im Labor Stichproben, sogenannte Gefügeschliffe, von fertig gehärteten Nadeln vorgenommen, um unter allen Umständen ein richtig gehärtetes Gut zu erhalten.




Nach diesem Arbeitsvorgang wanderten die gehärteten Nadeln in Partien zu 20 bis 25 kg in die sogenannte Schauerei. Sehr viele Leute denken, dass Grammophonnadeln vernickelt sind, was ganz und gar nicht zutrifft, sondern ein komplizierter Polierprozess bewirkte dieses nickel-ähnliche Aussehen.

Die Partie in bestimmtem Gewicht wurde mit feinstem Fischtran und Schmirgel vermengt, 4 zu einem rollen-förmigen Paket verwandelt und in Maschinen unter Druck eingespannt, die nun dauernd diese Pakete hin und her-rollten. Dieses aneinander Reiben, welches je nach der Qualität 3 bis 6 Tage dauerte, bewirkte, dass die Nadeln voll und ganz glatt wurden, doch wirkten diese noch immer unansehnlich. Ein ähnlicher Arbeitsvorgang, der unter Hinzu tun von Zinnasche und Olivenöl, an Stelle des vorher beschriebenen Materials, rund 2 Tage andauerte, bewirkte das endgültige Aussehen der hoch-fein polierten Nadeln. Diese wurden dann noch mit kochendem Seifenwasser gereinigt und anschließend daran mit Sägespänen getrocknet. Der eigentliche Fabrikationsvorgang war nun beendet.




Eine Qualitätsnadel musste nun selbstverständlich trotz sorgfältigster Herstellung noch einer genauen Kontrolle unterzogen werden. Dieses wurde durch komplexe Suchmaschinen bewirkt, die vom Werk selbst konstruiert bzw. gebaut wurden und teils geschützt, teils zum Patent angemeldet wurden. Diese Apparate gewährleisteten ein äußerst genaues Aussortieren und dürften trotz der ungeheuren Mengen, die in diesem Werk mit der größten maschinellen Einrichtung der Weit erzeugt wurden, nur ganz wenige Fehlstücke aufgewiesen haben. Anschließend daran fand das Verpacken in Blechdosen statt. Dieser Vorgang wurde auf kleinen elektrischen Spezial-Waagen vorgenommen und hatte vor allem den Vorteil, dass die Nadeln nicht mehr durch die Hände der Arbeiterinnen wanderten, sondern ohne jede Berührung automatisch in die Dosen fielen. Äußerst interessant war eine für das Werk speziell hergestellte Maschine, welche voll und ganz automatisch um die Dosen ein Papierband, eine sog. Garantie-Banderole, legte. Anschließend daran geschah die Verpackung in Kartons, die in der eigenen Kartonagenabteilung des Werkes hergestellt wurden.



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Willi-H-411
So Apr 05 2015, 13:17
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Es ist schon erstaunlich, wenn man sich die Diskrepanz zwischen dem Herstellungsprozeß, der ja einige Tage dauerte und dem Vorgang des Verschleiß, der ja gerade mal drei bis vier Minuten dauerte, anschaut.

Es ist aber auch beeindruckend, mit welcher Sorgfalt solch ein Verschleißgegenstand hergestellt wurde. Die Frage, die sich mir hier stellt, ist, wie groß die Sorgfalt bei gegenwärtig hergestellten Nadeln ist?

VG Willi
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bluenote
So Jan 17 2016, 09:12
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Dez 25 2013, 12:55
Wohnort: Deutschland
Beiträge: 28
wenig bekannt, selbst bei vielen Sammlern, war/ist, dass die Grammophonnadeln in 4 Stärken auf den alten Maschinen weiter hergestellt wurden bis etwa 2014. Mann konnte in 1000er Plastiktüten bestellen, bekam diese dann in altertümlichen Pappschächtelchen mit der Post ins Haus. Über den Herstellungsprozess ist mit nichts bekannt, ich konnte aber keinen Qualitätsunterschied zur Vorkriegsware feststellen. Bei meiner letzten Bestellung (2014)erfuhr ich dann, dass das Unternehmen zahlungsunfähig ist, aufgelöst wird und die alten Anlagen verkauft wurden. So habe ich dann die Restbestände aufgekauft...und wechsele weiterhin nach jeder Platte die Drei-S-Nadel.
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Starkton
So Jan 17 2016, 18:44
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Grammophonteam schrieb ...

Das Drei-S-Werk in Schwabach, im Jahre 1850 gegründet,

Drei-S-Werk hieß es aber erst seit 1926.

Seit 1850: Schwabacher Nadelfabrik Fr. Reingruber (?)

Seit 1910: Schwabacher Nadel- und Federfabrik Fr. Reingruber

Seit 1916: Schwabacher Spinnereinadel- und Stahlspitzenwerk Fr. Reingruber

Seit 1926: Drei-S-Werk-Schwabacher Spinnereinadel- und Stahlspitzenwerk Fr. Reingruber

Wenn ich bedenke, wie intensiv Nadeldöschen gesammelt und wie teuer sie bezahlt werden, ist der Forschungsstand zur Geschichte der Grammophonnadelherstellung seit 1900 noch sehr dürftig.
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