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Foren > Grammophone > Crapophon oder nicht - Ist mein Grammophon echt?
Mein erstes Trichtergrammophon ist ein... ja was denn eigentlich?
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Regency98
So Apr 12 2015, 21:37 Druck Ansicht
Gast
Hallo ihr!

Habe heute einem netten älteren Herrn 2 Grammophone abgekauft.
Ein Koffergrammophon, vermutlich Marke "Weltklang" und das Trichter-Gerät,
um das es hier gehen soll. Er selbst hatte die beiden vor langer Zeit einem
befreundeten Sammler abgekauft.

Da ich viel über "Crapophones" aus Indien gelesen habe, informierte ich mich
vor dem Kauf, so umfassend wie es mir möglich war, über die Merkmale und
Besonderheiten der Hersteller echter Geräte, um einen Fehlkauf zu vermeiden.

Hat wohl auch ganz gut geklappt, mein Apparat wirkt auf mich authentisch.
Der Trichter sieht zwar aus, als hätte man ihn aus der Titanic geborgen,
tut aber seinen Zweck und
der Motor läuft viel besser, als ich es mir ausgemalt hatte.

Und nun das große Aber:

Ich hatte das Grammophon anhand seines Trichters und seines Tonarms
als Parlophon-Gerät identifiziert. Plaketten, oder Logos gab es leider keine (mehr).
Doch diesen Arm, sowie dessen Gelenk scheint es so bei keinem
anderen Hersteller gegeben zu haben.

Als ich den Deckel abschraubte, konnte ich allerdings einen Motor des Britischen Herstellers
Garrard erkennen. Auch der Geschwindigkeitsregler ist mit "Fast <-> Slow" betitelt und
lässt so ebenfalls auf ein Britisches Fabrikat schließen.

Für mich wirkt das alles wie "Oben deutsch, unten Britisch".
Interessant, aber verwirrend.

Also, was meint ihr? Hat da jemand irgendwann einmal aus 2 Grammophonen eins gemacht,
oder wie lässt sich das erklären? Dass Garrard einmal Motoren für Parlophon gebaut hat, konnte
ich bisher nirgendwo nachlesen. Aber was weiß ich schon, ich bin ja auch nur Anfänger...

Ich freue mich über jede Antwort und jede Theorie zu diesem Grammophon!
Bilder hänge ich natürlich an!

Grüße

Jonas







[ Bearbeitet So Apr 12 2015, 21:40 ]
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GrammophonTeam
So Apr 12 2015, 21:47
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Hallo Jonas,

...Die Kurbel sieht verdächtig nach Koffergrammophon aus, der Geschwindigkeitsregulator passt zeitlich so gar nicht zum Tonarm. Es sieht so aus, als ob hier verschiedene Teile "verheiratet" wurden. Die Schalldose könnte aus den 1930er Jahren sein.

Grüße

[ Bearbeitet So Apr 12 2015, 21:49 ]
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Regency98
So Apr 12 2015, 22:00
Gast
Hallo, danke für die schnelle Antwort!

Ach, das ist nicht so schlimm, damit
habe ich gerechnet.
Aber viel Geld habe ich dafür auch nicht bezahlt, von
daher ist das nicht sehr enttäuschend.

Es kann sehr gut sein, dass der komplette Motor aus einem
Koffergerät stammt, meines Wissens nach hat Garrard
ja hauptsächlich für diese Geräte produziert.
Komischerweise scheint er sehr gut ins Gehäuse zu passen,
da ich keine älteren, gestopften Löcher erkennen konnte.

Aber ob nun verheiratet, oder nicht, es ist mein erster Kauf
und solange das Motörchen eine Plattenseite durchhält
bin ich ganz zufrieden damit

Wer weiß, vielleicht findet sich ja mal ein passender Parlophon-
Unterbau an den Trichter und Tonarm passen?

Ich verlinke mal mein Vergleichsfoto aus dem Netz, das mir
geholfen hat Trichter und Arm zu indentifizieren.

Link - Hier klicken



[ Bearbeitet So Apr 12 2015, 22:04 ]
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Regency98
Mo Apr 13 2015, 11:24
Gast
Nun stellt sich mir allerdings die Frage, wie gut dieses Gerät den alten Platten tut..

Die Nadel liegt eigentlich nicht verkehrt auf der Platte, Winkel und Lage passen recht gut. Sprünge oder Hänger passieren auch nicht. Auch der Tonarm läuft recht gut mit.

Gibt es noch weitere Faktoren, auf die ich achten muss und kann ich guten Gewissens Platten damit hören?

Danke schon mal!
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berauscht
Mo Apr 13 2015, 12:38
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1994
Es kommt darauf an was Du damit hören willst. Für Platten ab ca. 1930 ist die elerktrische Abtastung authentischer. Das war zu der Zeit schon Stand der Technik.
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Rundfunkonkel
Mo Apr 13 2015, 14:36
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1118
Mein Senf dazu: elektrische Abtastung als Haupthorchinstrument zwecks Erhalt der Platten ist das Beste, was Du den Scheiben antun kannst. Mal eine damit anhören würde ich aber auch . Zudem verpasst Du einiges an Klangqualität, wenn Du sie nicht mit passendem, modernerem Equipment abspielst. Teuer muss das alles aber trotzdem nicht sein, bei der Wahl der richtigen (gebrauchten) Geräte.
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Regency98
Mo Apr 13 2015, 16:17
Gast
Alles klar, danke für die Antworten!

Lieb von euch dass ihr euch so um eure Newbies kümmert :)
Ja das mit dem 78er-Plattenspieler habe ich ohnehin schon länger vor.
Habe im Moment einen schönen Telefunken in der Mache, den ich kürzlich geschenkt bekommen habe .Bei dem hat sich leider ausgerechnet die Halterung des Reibrades im Gehäuse verteilt. Das war mal Zinkguss, es ist zum Heulen. Aber nerve im Moment einen guten Bekannten, der sie mir evtl. replizieren kann.

Kampflos will ich den Dreher zumindest nicht aufgeben ;)

Warum genau ist ein Trichtergerät denn nicht gut für elektrisch aufgenommene
Platten? Sind die in irgendeiner Weise empfindlicher und leiden stärker unter dem
hohen Auflagegewicht der Schalldose, oder wie verhält sich das?

[ Bearbeitet Mo Apr 13 2015, 16:19 ]
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Odeon89
Mo Apr 13 2015, 16:27
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Mär 22 2011, 12:19
Beiträge: 338
Hallo Jonas,

ganz einfach formuliert: Die elektrisch aufgenommenen Platten (ab ca. 1925/26) haben in ihren Rillen sowohl wesentlich "feinere" (fein nuancierte Höhen) als auch kräfitgere Ausschläge (mehr Bässe), da das aufgenommene Frequenzspektrum weit größer ist als bei akustisch aufgenommenen Platten. Durch das hohe Auflagegewicht der akustischen Schalldose, kombiniert mit der Stahlnadel, werden diese Auslenkungen in der Rille schnell "weggefräst".

Deswegen lohnt sich die Anschaffung eines modernen Plattenspielers mit Leichtgewicht-Tonabnehmer allemal, zumal die Platten praktisch keiner Abnützung mehr unterliegen.

Beste Grüße,
Kai
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Regency98
Mo Apr 13 2015, 18:18
Gast
Hallo Kai,

das klingt logisch! Wieder was gelernt.
Werde mal versuchen, den Telefunken in nächster Zeit zu reparieren, hoffentlich klappt das auch.

Beste Grüße zurück,

Jonas
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Arto
Di Apr 14 2015, 18:39
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jan 07 2014, 01:33
Wohnort: z.Z. Dänemark
Beiträge: 185
Ich würde sagen, dass moderne elektrische Wiedergabe mit leichten Pickups gewiss das beste ist, obwohl man mit höherer Auflagegewicht als bei Vinylplatten spielen muss. Der Grund ist, dass die viele Partikelchen sonst so viele kleine Stösse geben, dass der Nadel fast schwebt. Das hat wenigstens Cecil Watts photographisch bestätigt.

Aber akustische wiedergabe nach 1926, d.h. mit Western Electric Ortophonic Schalldose (wie Victrola, HMV oder Electrola No. 5) und korrekten Trichtern (gefaltet oder offen gemäss Percy Wilson) ist fast eben so gut. Das Ziel war, dass man eine akustische Wiedergabe gleich gut wie eine ideale elektrische Wiedergabe erreichen sollte. Das war in der Tat akustisch viel einfacher zu erreichen! Für Reisekoffer stimmt das nur nach unten bis zu 200 Hz, aber für grössere Trichter geht es auch für Orgelplatten.

Der Verschleiss entsteht nicht nur durch einfache Reibung zwischen Nadelspitze und Rille von der Schwerekraft abgeleitet, aber auch durch die gewaltige seitwärts gerichtete Kraft, die in der Resonanz von Nadel, Schalldose und Trichter entsteht. Deshalb sind Orgelplatten, die auf Reisekoffer gespielt wurden, immer in einer fürchterlichen Zustand. Eine gute Schalldose und ein dazu akustisch angepasster Trichter sorgen dafür, dass oberhalb der (jetzt niedrigen) Grenzfrequenz überhaupt keine Resonanz entsteht, und der Verschleiss ist minimal. Percy Wilson hat mit George Webb dieses alles sehr gut beschrieben in “Modern Gramophones and Electrical Reproducers” 1929, die erste allgemeinverständliche Erklärung von der Entwicklung von Maxfield und Harrison.

Die besten Grammophone überhaupt (wenigstens bevor Telefunken T1000) waren die Expert oder EMG mit Riesentrichter und gut geeichte (“tuned” auf englisch) Schalldose.

Die Platten wurden in den frühen Jahren geprüft, und wenn die weniger als 100 Abspielvorgänge aushielten, wurden sie gar nicht veröffentlicht. Es gab Unterschiede, wenigstens bei Gramophone Company. Dort wurde es erlaubt, aktuelle Platten für den lokalen Markt auch mit nur 50 Wiedergaben zu verkaufen – es gab keine Zeit um eine Wiederholung der Aufnahme zu machen, denn die Platten wären dann nicht mehr aktuell. Die berühmte letzte Platte von Adelina Patti, “La Calasera” war schon nach 3 Wiedergaben kaputt (durch die Rille gebrochen) aber wurde trotzdem ausgegeben, aber nach einer Monat wieder zurückgezogen. Erst um 1950 wurde sie in der VB-Serie wieder ausgegeben, und ich habe glücklicherweise 2 Exemplare. Denn man sieht in der Tat Verschleisspuren bei den gefährlichen “a”s nach meinen höchstens 50 Wiedergaben mit Shure M75 und 3 Gramm auflagegewicht! Man spielt nicht kostenlos mit >50 cm Lichtbandbreite herum.

Arto
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