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DGAG-Aufnahmen von April/Mai 1915: Im U-Boot und Otto Weddigens letzte Fahrt
Moderatoren:SchellackFreak, berauscht, GrammophonTeam, Charleston1966, DGAG, Der_Designer, LoopingLoui
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DGAG
Fr Jul 06 2018, 21:11 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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DGAG Aufnahmen von April/Mai 1915: Im U-Boot und Otto Weddigens letzte Fahrt

Otto Weddigen war ein U-Boot Kommandant im 1. Weltkrieg. Erst durch seine Erfolge erkannte die deutsche Kriegsmarine das Potential der U-Boot Waffe. Am 18. März 1915 rammte ein englisches Schiff das U-Boot mit der Nummer U 29, das Weddigen erst kurz zuvor übernommen hatte und versenkte es mit der gesamten Mannschaft: Link - Hier klicken



Hier ein Foto des letzten Auslaufmanövers von U 29. Quelle: Link - Hier klicken

Noch vor dem "Roten Baron" Manfred von Richthofen wurde Weddigen als Kriegsheld verehrt. Die Deutsche Grammophon A.G. reagierte schnell. Bereits Ende April oder Anfang Mai 1915 nahm das "Zonophon-Ensemble" (laut Aufnahmebuch/Techniker Franz Hampe) die kurzen Hörspiele "Im U-Boot" und "Otto Weddigens letzte Fahrt" im Berliner Studio auf. Die Matrize der ersten Aufnahme war am 20. Mai 1915 fertig gestellt. Auf dem Label wurde daraus die "Grammophon-Truppe" mit "X" als Hörspiel-Arrangeur.



Bei "Im U-Boot" (mx. 17778 L) wird eine Feindfahrt nachgespielt, die mit Grammophonmusik und plattdeutschen Bordgesprächen der Besatzung beginnt und deren Höhepunkt die erfolgreiche Torpedierung eines gegnerischen Schiffes ist. Kurios sind die durch Trommeln imitierten Laufgeräusche des Torpedos. Die Aufnahme endet mit Gesängen und Akkordeonmusik.

Offenbar hat der Arrangeur Quellenstudium betrieben. In einem Brief vom 20. Oktober 1914 beschreibt Weddigen, damals noch Kommandant von U 9, dass sowohl ein Grammophon als auch ein Akkordeon mit an Bord waren. Link - Hier klicken



In "Otto Weddigens letzte Fahrt" (mx. 17779 L) meldet das Extrablatt die Versenkung von U 29 mit Weddigen an Bord, was eine Menschenansammlung zunächst mit Bedauern, dann aber mit zunehmendem Patriotismus kommentiert. Zum Abschluss erklingt ein Marsch.

Ich halte diese Platte für sehr selten. Zudem ist es die erste mir bekannte Aufnahme mit einem U-Boot als Motiv. Womöglich blieb es die einzige aus der Zeit des 1. Weltkriegs. Mein Exemplar ist mit dem ersten Stempel gepresst. Es ist fraglich ob mehr als ein paar hundert Exemplare das Presswerk verließen. Damals hatte man andere Sorgen als solche Aufnahmen zu kaufen, so groß war der Patriotismus dann doch nicht. Im "Grammophon" Plattenverzeichnis von 1919 sind diese Aufnahmen natürlich nicht mehr gelistet. Hat jemand die Verzeichnisse von 1915-18 und könnte mal nachsehen wie lange das Katalogleben der Platte war?

[ Bearbeitet Fr Jul 06 2018, 21:29 ]
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krammofoon
Fr Jul 06 2018, 21:22
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
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Servus :-)

Besteht in irgendeiner Form die Chance, dass wir diese Platte in den Sender bekämen?

Solch seltene Aufnahmen bekommt man sicherlich nicht alle Tage zu Gehör.

Gruss
Georg
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DGAG
Fr Jul 06 2018, 21:37

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Ich müsste direkt vom Grammophontrichter mit Mikrofon aufnehmen. Bin aber ziemlich unbeholfen was Digitalaufnahmen angeht. Ist einfach nicht mein Metier.
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gramofan
Fr Jul 06 2018, 21:40
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
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Im Grammophon-Verzeichnis (Grünettikett) für 1917 ist die Platte nicht mehr verzeichnet.
Sie liegt mir übrigens auch vor.
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DGAG
Fr Jul 06 2018, 21:43

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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Vielen Dank. Dann kann man also von etwa 2 Jahren Vermarktung ausgehen. Ist Deine Pressung auch vom ersten Stempel?
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krammofoon
Fr Jul 06 2018, 21:49
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
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Servus :-)

Martin, würdest du die dann ggf. aufnehmen wollen? Du hättest ja einen Sender.....

Gruss
Georg
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gramofan
Sa Jul 07 2018, 12:23
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
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Beiträge: 1175
Wollen schon, die Zeit....
Ich versuch am WE ein paar Minuten zu finden.

Nachtrag:
Ist jetzt drin!

[ Bearbeitet Sa Jul 07 2018, 14:37 ]
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krammofoon
Sa Jul 07 2018, 12:45
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
Beiträge: 1214
Servus :-)

Klasse!

Falls du magst, schick mir, solltest du keine Zeit haben, einfach die Rohdatei in WAV und die Labels..... ich würde den Rest machen und halt bei mir veröffentlichen oder auf deinem Sender, falls du es erlaubst.

Gruss
Georg
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Konezni
Sa Jul 07 2018, 14:05
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Aug 20 2015, 18:23
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Vermutlich wirkt der am selben Tag im Studio tätige Komiker Max Horst mit; sollte eine Frauenstimme zu hören sein, wird sich's um Olli Tolsten handeln.
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gramofan
Sa Jul 07 2018, 21:45
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
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Beiträge: 1175
DGAG schrieb ...

Ist Deine Pressung auch vom ersten Stempel?

Ich gestehe, die Beiträge über die Stempelnummmerierung hab' ich alle nicht gelesen.
Bislang sehe ich auf der Platte nur die Matritzennummern. Wo finde ich die Stemepelnummer?
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DGAG
Sa Jul 07 2018, 22:14

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 689
Auf 12 Uhr befindet sich die Katalognummer, erhaben gestempelt. Da dies eine meiner spätesten Platten ist, bin ich nicht sicher wie die verschiedenen Stempel zu dieser Zeit von der DGAG markiert wurden. Nach der Katalognummer auf meiner Platte folgt jedenfalls nichts. Soweit ich es auf dem von Dir gescannten Label von "Otto Weddigens letzte Fahrt" feststellen kann, folgt bei Deiner Pressung ebenfalls nichts.

Die Labelfarbe auf meiner Platte ist ockergelb. Ich nehme an es ist wegen der Beleuchtung, dass die Labelfarbe auf Deiner Pressung fast weiß ist.

Deine Platte hat während der ersten Minute auf beiden Seiten deutliche Nebengeräusche. Ist das ein Hitzeschaden?

[ Bearbeitet Sa Jul 07 2018, 23:10 ]
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gramofan
So Jul 08 2018, 08:39
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1175
Auf meiner Platte folgt auf die Bestellnummer im Schellack auch nichts. Die Labelfarbe dürfte gleich sein. Mein Photoapparat hat bei Aufnahmen mit wenigen Farben immer so seine Probleme mit der korrekten Widergabe (und ich setz' mich auch nicht hin bearbeite das solange nach, bis es stimmt). Ganz schlecht geht's mit Golddruck und mit bestimmten Uni-Farben (z.B. rot bei DGG und dunkelblau bei Odeon).
Ja, leider hat die Platte am Beginn einen Hitzeschaden.

[ Bearbeitet So Jul 08 2018, 18:45 ]
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Musikmeister
So Jul 08 2018, 17:10
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
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Beiträge: 1096
DGAG schrieb ...

Zudem ist es die erste mir bekannte Aufnahme mit einem U-Boot als Motiv. Womöglich blieb es die einzige aus der Zeit des 1. Weltkriegs.


Zum Thema U-Boote gibt es mindestens noch eine weitere Aufnahme aus der Zeit des 1.WK: "Das war U9" mit Gesang von Max Kuttner auf Beka, aufgenommen am 09.01.1915. Ich habe die Platte bei mir jetzt schon fast 2 Tage lang gesucht und sie leider noch nicht gefunden. Das U-Boot U9 war ja das erste Boot von Weddigen.
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DGAG
So Jul 08 2018, 18:06

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 689
Vielen Dank für den Hinweis. Ich hoffe Du findest die Platte noch. Sie würde wunderbar in diesen Thread passen.

"Das war U 9" brachte mich auf die Spur von zwei weiteren U-Boot-Aufnahmen (wenn es sich nicht um ein und die selbe Platte handelt):

Eine ist vermutlich von 1916: Gustav Schönwald: Im Unterseeboot (Favorite 1-017268) Quelle: Link - Hier klicken

Die zweite ist eventuell von 1915: Gustav Schönwald: Unterseeboot 9 - Szene, mit den Liedern: Ich hatt' einen Kameraden und: Unsere Marine - Marschlied. Quelle: Link - Hier klicken



[ Bearbeitet So Jul 08 2018, 18:37 ]
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Musikmeister
Di Jul 10 2018, 18:56
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1096
Nach fast 4 Tagen des Suchens und kurz vor der inneren Kapitulation habe ich die Platte nun doch noch gefunden und gleich mal den Refrain entziffert und angefügt.
Es werden noch 2 England-feindliche Strophen gesungen. Der angegebene Komponist Dannenberg müsste Friedrich Kark sein.


Refrain:

Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


DGAG schrieb ...

Auf 12 Uhr befindet sich die Katalognummer, erhaben gestempelt. Da dies eine meiner spätesten Platten ist, bin ich nicht sicher wie die verschiedenen Stempel zu dieser Zeit von der DGAG markiert wurden.


Zu der Zeit wurde schon der Code G-R-A-M-O-P-H-L-T-D für die Stamper genutzt.
Hier ein Beispiel für den R-Stamper:
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DGAG
Mi Jul 11 2018, 12:10

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 689
Vielen Dank, dass Du diese Platte bis zur Selbstaufopferung gesucht, hier abgebildet und transkribiert hast. Der Reim des Refrains ("Wer tat so kräftig ihn verbläuen? Das war U9, das war U9") ist ganz schön krumm. :)

Musikmeister schrieb ...

Zu der Zeit wurde schon der Code G-R-A-M-O-P-H-L-T-D für die Stamper genutzt.

Ich war unsicher weil ich annahm, dass nach dem Code der Gramophone Co. Ltd. ein "G" im Spiegel des ersten Stampers auftauchen müsste. Bei der Otto Weddigen-Platte findet man aber nichts dergleichen. Kann es sein, dass die DGAG nach dem Kriegsausbruch ein abweichendes System einführte? Vor 1910 trug der erste Stempel der Grammophon-Gesellschaften, anders als die folgenden, ja auch keine römische Ziffer nach der Katalognummer.

Hier als zeitgleiches Beispiel eine, wie ich annehme, Stamper 1-Pressung der Gramophone Co., Ltd. Es ist das Weißlabel einer Londoner Aufnahme von Mai 1915 mit der Katalognummer 2-022001 und "G" für den Stamper auf 3 Uhr.


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Musikmeister
Mi Jul 11 2018, 18:50
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1096
DGAG schrieb ...

Ich war unsicher weil ich annahm, dass nach dem Code der Gramophone Co. Ltd. ein "G" im Spiegel des ersten Stampers auftauchen müsste.


Wird zwar OT hier, aber was solls:
Der eigentliche 1.Stamper ist für mich nach Einführung dieses Codes der blanke Spiegel hinter der Katalognummer. Viele, viele Platten haben in meiner Sammlung auf einer Seite einen der Codebuchstaben (meistens G, R oder A) und auf der anderen Seite nichts.
Vor Jahren habe ich mal 2 schöne einseitige handbeschriebene Testplatten mit Grammophon-Aufnahmen von Lola Artot de Padilla (17913 ½ L und 17914 L) von einer älteren Dame in einer Hamburger Villa nahe der Uni mit weiteren Platten kaufen können, die ausser der Matrizennummer nichts im Spiegel zu stehen haben. Ein nicht unerheblicher Teil solcher Platten muss dann, nachdem die Werbezwecke befriedigt waren, mit nachgetragener Katalognummer in den regulären Verkauf gekommen sein. Die beiden Artot de Padilla-Aufnahmen entstanden ja im Juni 1915 und wurden zuerst im September 1915 als Schwarzetikett mit den Katalognummern 2-43461/2 veröffentlicht.
Später im Jahre 1917 änderten sich die Katalognummern in 943362/3 und schliesslich erhielt die Platte die erste Bestellnummer 61797. Mangels Plattenkatalogen kann der weitere Weg dieser Schwarzetiketten nach dem 1.Weltkrieg nicht weiter verfolgt werden. Zum Jahresanfang 1923 erschien die Platte aber nochmals als Grünetikett mit der Bestellnummer 14611 (mein Exemplar wurde in Wien im Dreimäderlhaus verkauft). Die Plattenseite 17914 L hat auf dieser Platte wieder eine neue Katalognummer erhalten B44020 mit Angabe des R-Stampers dahinter (scheinbar startet der Code mit jeder neu vergebenen Katalognummer neu), auf der anderen Plattenseite 17913 ½ L ist neben der neuen Katalognummer B44019 ohne Stampervermerk noch die ältere oben bereits erwähnte Katalognummer 2-43461 unter dem Label notiert mit der Stamperangabe T.
Somit kann man für diese Plattenseite 17913 ½ L sicher sagen:
Ab September 1915 bis Anfang 1923 waren hier 10 Stamper in Gebrauch (der nicht notierte Stamper vor G, G, R, A, M, .O., P, H, L und T).



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Pinetop
Do Jul 12 2018, 06:01
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Okt 23 2012, 14:04
Beiträge: 86
Jacques Rotter hat ebenfalls 1915 den Titel "Im U-Boot" aufgenommen, erschienen auf Columbia D-7500.
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