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Signierte Fotografie Thomas Alva Edisons von 1889 mit interessantem Rahmen
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DGAG
Di Mai 19 2020, 20:05 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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Beiträge: 648
Signierte Fotografie Thomas Alva Edisons von 1889 mit interessantem Rahmen



Ich habe diese Fotografie samt Rahmen vor über 15 Jahren einem amerikanischen Abgeordneten abgekauft, der das Konvolut auf seinem Speicher gefunden hatte. Eine befreundete Fotospezialistin hat das durch Insekten und unsachgemäße Reparaturmaßnahmen beeinträchtigte Stück vorzüglich restauriert. Signierte Fotografien Edisons dieser Größe und aus dieser Zeit sind selten, umso mehr wenn im Archiv Dokumente dazu auftauchen. Meines Wissens ist es zudem die einzige Fotografie dieser Art bei der auch Edisons Begleitbrief erhalten ist.

Im Mai 1889 wurde der Ingenieur der Elektrotechnik, Professor William Dennis Marks, Chefingenieur und Technischer Direktor der Edison General Electric Company. Neben seiner neuen Tätigkeit war er Geschäftsführer der The Edison Electric Light Company of Philadelphia.

Um das elektrische Licht in Philadelphia bekannter zu machen plante Marks eine Werbekampagne, bei welcher er Edisons Portrait verwenden wollte. Er kontaktierte den berühmten Erfinder, mit dem er seit 1880 bereits zahlreiche Schreiben ausgetauscht hatte, und dieser antwortete am 17. Mai 1889 wie folgt (übersetzt):
"[...]. Mein Urteil mag durch meine Bescheidenheit beeinträchtigt sein, aber da ich keine Empfehlungen geben kann, die im Widerspruch zu meinen Überzeugungen stehen, und da meine Überzeugungen in diesem Fall nicht mit Ihrem Vorschlag übereinstimmen, ist es mir folgerichtig unmöglich, meine Zustimmung zu geben." (Auszug des Briefdurchschlags aus dem Edison Archiv)

Marks schrieb daraufhin leicht verschnupft, dass er sich eine Fotografie kaufen müsste, wenn Edison ihm nicht großzügiger Weise eine solche als persönliches Geschenk senden würde. Dies tat der Erfinder, indem er ihm ein von ihm signiertes, großformatiges Foto, eine so genannte Tafelkarte ("Panel Card", 19 x 33 cm), zuschickte. Fotos dieser Größe versandte Edison nur an seine wichtigsten und besten Geschäftspartner und Freunde.



In der Detailaufnahme ist erkennbar, dass sich Edison bei seiner am 20. Mai 1889 in seinen neuen Werkstätten in Orange, New Jersey, entstandenen Signatur verschrieben hatte ("Frient"), sich aber gleich korrigierte. Die leichte Unkonzentriertheit wird verständlich wenn man weiß, dass Edison zu diesem Zeitpunkt einen wichtigen Prozess, den Faden seiner Glühlampe betreffend, gegen die Westinghouse Consolidated Company führte. Am 21. Mai reiste er deshalb abends nach Pittsburgh um die Verhandlung persönlich zu verfolgen.



Von allergrößter Seltenheit ist die Tatsache, dass der zugehörige Begleitbrief als Durchschlag in Edisons Archiv identifiziert werden konnte. Darin lässt Edison betreffend der Verwendung der Fotografie durch Marks keine Zweifel aufkommen:
"Ich freue mich, Ihnen eines meiner Fotos als persönliches Geschenk in einem separaten Umschlag zukommen zu lassen. Natürlich haben Sie meinen Brief vom 17. Mai dahingehend interpretiert, dass ich die Verwendung meines Porträts auf Ihren Werbebroschüren ablehne."


(Rutgers, The State University of New Jersey, The Thomas A. Edison Papers, TAED LB029482)

Hier ist ein Portrait von William Dennis Marks. Quelle: Link - Hier klicken


Der Rahmen, der vermutlich nicht ursprünglich für die Edison-Fotografie gedacht war, ist für sich genommen ebenfalls außerordentlich interessant. Siehe weiter unten.

[ Bearbeitet Mi Mai 20 2020, 14:26 ]
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Telraphon
Di Mai 19 2020, 23:46
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Ein faszinierendes Dokument, ein schönes Foto und ein wunderbarer Einblick zum Einen in das "Geschäftsgebaren" und zum Anderen in die Umgangsformen Edisons. Schön, dass all das hier nun wieder zusammenfindet und so geschlossen von Dir präsentiert wird.

Auch der schlicht-schöne Rahmen der mit seinen einfachen aber breiten Leisten gut an entsprechende Jugendstil-Holzrahmen aus Deutschland in jenen Jahren erinnert ist wirklich eine Augenweide - die auf dem Rahmen abgebildete Chromsäurebatterie für einen Class M Phonographen passt natürlich hervorragend zu der Photographie - einem kommt sofort der Kupferstich mit einem grimmigen Edison samt Hörschlauch am Class M in den Sinn, auf welchem auch eine solche Batterie zu sehen war - in Deutschland stand unter dem Bild schlicht "Edison am Phonographen" - was dem gezeigten Gerät auch zu jener Zeit in keiner Hinsicht gerecht wurde. Man könnte das Bild sogar fast schon so zuschneiden, dass es sich mit den Schnitzereien ergänzen würde - unglaublich!

Im letzten Jahr wurde eine solche Batterie im schönen Zustand bei Ebay für lächerliche 112 Euro verkauft - ich könnte mich bis heute in den Allerwertesten beißen.

Doppelt passend ist dieser Rahmen aber auch in Hinsicht auf das Schreiben und den von Dir so hervorragend dargelegten Hintergrund - denn mit eben jenen Batterien beleuchtete Edison einst seine Stände auf Weltausstellungen - ich meine zuletzt 1893 in Chicago. Das war natürlich in mehrfacher Hinsicht besonders, da Westinghouse ja zu Edisons Ärger den Zuschlag für die elektrische Ausrüstung jener Messe bekommen, Edisons Glühbirnenpatent erfolgreich umgangen und damit auch gewissermaßen einen entscheidenden Sieg im "war of currents" davongetragen hatte.

Vielen, vielen Dank für dieses Tolle Zeitzeugnis. Solltest Du dich jemals davon trennen wollen, wäre ich ein dankbarer Käufer.
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DGAG
Mi Mai 20 2020, 11:10

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Vielen Dank für die nette und ausführliche Antwort.

Zum Rahmen und zu einem möglichen Grund für seine Entstehung:

Das bemerkenswert naturalistisch eingeschnitzte Relief einer flaschenförmigen Grenet Batterie, dazu drei (Phonographen-)Walzen und eines Kastens, den ich für einen Aufbewahrungsbehälter für Walzenspäne halte, ließ auch mich sofort an ein berühmtes Foto denken, das Edison am 16. Juni 1888 erschöpft von tagelanger Arbeit ohne Schlaf beim Abhören des soeben vollendeten Phonographen zeigt.



Dies umso mehr, als es einen sehr amüsanten, dazu passenden Briefwechsel im Edison-Archiv gibt. William Dennis Marks, der als Elektroingenieur natürlich vom Fach war, bezog sich auf das obige Foto, als er am 4. November 1890 Folgendes an Edison schrieb:
"Vor meinem Schreibtisch hängt ein Foto von Ihnen, das Sie beim Abhören des Phonographen zeigt + es stört mich immer zu sehen, dass die Zinkelektrode der Batterie nach oben herausgezogen ist + es folglich eine Bewegung geben kann. Ich weiß nicht, ob Sie dies bemerkt haben, oder ob es Sie kümmert, aber es könnte für Sie vielleicht von Interesse sein, wenn Sie es nicht bemerkt haben."

Die Betonung in der Übersetzung des Zitats aus dem Brief von Marks stammt von mir. Dass die Zinkelektrode der Batterie herausgezogen ist ermöglicht eben gerade nicht, dass Strom fließt, der Elektromotor des Phonographen in Bewegung gesetzt wird und Edison die Walze tatsächlich abhören kann.

Dieser Lapsus von Marks war eine Steilvorlage für Edison, der in seiner Antwort trocken kommentierte:
"Ich gehe davon aus, dass der Fehler in genau derselben Weise entstanden ist, wie Sie sich in der obigen Äußerung geirrt haben - d.h. durch Unachtsamkeit."

Marks ließ die Sache offenbar nicht ruhen und er ließ einen Rahmen anfertigen auf dem eine Grenet Batterie mit eingeschobener Zinkelektrode dargestellt ist. Die Zuleitung führt ins Bild und auch die anderen eingeschnitzten Elemente passen zum Thema, so dass ich mir vorstellen könnte, dass Marks den Rahmen für einen Bildausschnitt wie diesen anfertigen ließ:



Irgendwann muss auch Edison klar geworden sein, dass der lächerliche Fehler korrigiert werden sollte. Als er dem damaligen Direktor des Deutschen Museums anlässlich seines Besuchs in Orange, New Jersey, im November 1925 dieses signierte Foto schenkte, war die herausgezogene Stange der Elektrode bereits diskret wegretuschiert. In der Ausstellung in München hängt eine Vergrößerung dieses Bildes, allerdings ohne Edisons Signatur, auf der die Retusche deutlich zu erkennen ist.





[ Bearbeitet Mi Mai 20 2020, 12:51 ]
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