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Carl Lindström, A. G., Vorgeschichte
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GrammophonTeam
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Mit herzlichen Dank an unser Mitglied Starkton für die Erlaubnis seinen Artikel hier wiederzugeben.

Die Vorgeschichte der Carl Lindström, A. G.
Starkton, Berlin


Im Folgenden versuche ich anhand von überlieferten Quellen die Entwicklung der kleinen mechanischen Werkstatt von Carl Lindström in Berlin zu einem der größten deutschen Hersteller von Sprechmaschinen nachzuzeichnen.


Der wirtschaftliche Aufstieg von Carl Lindström vollzog sich vor dem Hintergrund der anfangs zögerlichen, ab der Jahrhundertwende immer stürmischer werdenden Entwicklung der Sprechmaschinenherstellung von einem Nischenprodukt zu einem Industriezweig. Zwanzig Jahre nach Erfindung des Phonographen durch Thomas Alva Edison gab es ab 1897 in den USA relativ billige und dennoch voll funktionsfähige Geräte zu kaufen. Dadurch entstand eine ungeahnte Nachfrage nach bespielten Tonträgern, von der allerdings nur wenige große Firmen profitierten.
Die Ausgangssituation in Deutschland, das nicht von umfassenden, schon seit den 1880er Jahren bestehenden Phonographenpatenten reguliert war, gestaltete sich völlig anders. Zahlreiche deutsche Werkstätten und Fabriken wandten sich ab 1898 der Sprechmaschine zu, inspiriert von importierten, genial einfach konstruierten Geräten aus Amerika, vor allem dem billigen Lyra-Phonograph von Gianni Bettini und dem äußerst robusten Graphophon Typ B der American Graphophone Company.

Die Geschichte von Lindström steht exemplarisch für den Pioniergeist jener Werkstattinhaber und Firmengründer, deren Betriebe allerdings die Gründerjahre der Sprechmaschinenbranche zumeist nicht überstanden.

1. Mechanische Werkstatt in Berlin

Der aus Schweden stammende Mechaniker Carl Lindström meldete sich Ende 1895 oder Anfang 1896 polizeilich in Berlin an. Er bezog eine Wohnung in der Dieffenbachstraße 58a im Postbezirk Süd, einem dicht besiedelten, vor allem von Arbeitern der Textil-, Metall- und Papierwarenfabriken bewohnten Viertel zwischen Kottbusser Tor und Südstern. Sein Nachbar, einige Hausnummern weiter, war der Schlosser Paul Pfeiffer.1

Lindström und Pfeiffer scheinen sich verstanden und gut ergänzt zu haben, denn im darauf folgenden Jahr vermeldet das Berliner Adressbuch die Gründung von „Pfeiffer & Lindström, Mechanische Werkstatt für Neuheiten und Massenartikel jeder Art“ in der Grimmstraße 38, welche die Dieffenbachstraße kreuzt.2 War Pfeiffer älter und erfahrener, oder Lindström schlicht zu zurückhaltend, um seinen Namen nach der Stellung im Alphabet voran zu setzen? Ich meine letzteres trifft zu.


2. Der „Puck“-Phonograph

Wilhelm Bahre leitete wenige Straßen von Lindströms Werkstatt entfernt, in der Mittenwalderstraße 62, Postbezirk Südwest, ein „Phonographen Specialgeschäft mit Kunstinstitut.“3 Bahre verkaufte neben eigenen Phonographen und Walzen auch importierte Sprechmaschinen aus den USA an Schausteller und Wirte.4 Für Privatleute waren diese Geräte zum Preis von mindestens zwei Monatslöhnen eines Facharbeiters noch viel zu teuer.

Durch seine Kontakte in die USA lernte Bahre einen kleinen Walzenspieler mit charakteristischer, lyrenförmiger Trägerplatte kennen. Gianni Bettini, der Erfinder, plante die Patentanmeldung in Deutschland und suchte offenbar einen deutschen Hersteller und Vertrieb.5 Der „Puck,“ wie Bahre ihn nannte,6 war als einfacher Wiedergabephonograph ohne Leitspindel billig herzustellen und wegen des direkten Schallwegs zwischen Schalldose und Trichter beim Abspielen sehr laut, was damals mehr zählte als Wiedergabetreue. Seit Ende 1897 oder Anfang 1898 auf dem deutschen Markt, erkannten bald auch andere Werkstätten das Marktpotential dieses billigen Phonographen für die Erschließung neuer Käuferschichten.

Bahre setzte sich in einem „Rattenkönig von Prozessen“7 gegen Nachahmer zur Wehr, zu denen wohl auch Pfeiffer und Lindström gehörten, allerdings hatte Bettini nur die Patentgebühr für das erste Jahr bezahlt, schon Ende 1898 war der „Puck“ nicht mehr geschützt.


3. Edmund Czempin

Für die weitere Entwicklung entscheidend war Lindströms Begegnung mit dem „Gründer der deutschen Export-Phonographen-Industrie,“8 dem Kaufmann Edmund Czempin,
Alleininhaber der Firma Czempin & Krug, mit einem Verkaufsbüro und Musterlager in der Ritterstraße 44a, mitten im alten Exportzentrum in Berlin-Kreuzberg. Czempin suchte einen technischen Leiter für seine Fabrik zur Massenfertigung von billigen Phonographen, vor allem für den Export nach England.

Carl Lindström verließ Ende 1898 oder Anfang 1899 seinen alten Betrieb in der Grimmstraße und übernahm die Leitung der handelsgerichtlich eingetragene „Phonographen-Fabrik Czempin & Krug,“ Dresdenerstraße 24, unweit vom Kottbusser Tor.9 Es ist anzunehmen, dass die Fabrik zunächst nur den „Puck“ nachbaute, wobei es offenbar gelang, sich durch Qualität bei günstigen Herstellkosten gegenüber den Konkurrenten zu behaupten, denn obwohl Lindström den „Puck“ weder konstruiert noch im Markt eingeführt hat, ist sein Name untrennbar mit diesem Gerät verknüpft.10
Lindström war jedoch mehr als nur Nachahmer, seit Januar 1899 meldete er regelmäßig Patente und Gebrauchsmuster für Sprechmaschinen an, u.a. für eine Schalldose mit Papiermembran und für einen „geräuschlosen Antrieb für Phonographen.“11 Die Vermarktung ausschließlich an Grossisten übernahm die Firma Czempin & Krug, die auch photographische, optische und elektrische Artikel sowie Violinen und Kindertrommeln im Lieferprogramm hatte.

Das Angebot in Sprechmaschinen von Czempin & Krug bestand aus zwei Modellen: dem „Familienphonograph“ mit lyrenförmiger Trägerplatte sowie dem Aufnahme- und Wiedergabephonograph „Ideal.“ Dieser erste „echte“ Lindström Phonograph hatte in der Version von 1899 noch ein offenes Motorgehäuse aus Metall. Während der „Familienphonograph“ wohl nur wenig Veränderung erfuhr, erschien Mitte 1900 ein verbesserter „Ideal“, das „Modell 1900/1“ mit hölzernem Motorgehäuse.12 Die Firma Czempin & Krug nahm mit diesem hervorragend konstruierten Gerät, nachgebaut von vielen Berliner Werkstätten, am großen „Phonographischen Wettstreit“ Anfang Februar 1901 in Berlin teil.13


4. Umzug in die Brückenstraße 13a

Weil die Räume in der Dresdenerstraße 24 für die stetige Ausweitung der Produktion nicht mehr genügten, gründete Lindström im Jahr 1900 eine eigene „Phonographenfabrik und
mechanische Werkstatt“ in der Brückenstraße 13a, Berlin-Mitte.14 Direkt neben dem gerade erst umgebauten und erweiterten Verkehrsknotenpunkt Jannowitzbrücke gelegen, verließ Lindström damit zum ersten Mal den Stadtteil Berlin-Kreuzberg.

Ende 1901 geriet Edmund Czempin, der sich wirtschaftlich übernommen hatte, in finanzielle Schwierigkeiten. Er machte per Annonce die alten Bestände seines Phonographen-Lagers zu Geld, wobei er verbliebene Geräte sogar im Einzelverkauf abzusetzen versuchte.15 Die Situation eskalierte am 2. Mai 1903, als Czempin freiwillig aus dem Leben schied.

Lindström war schon vor dem Konkurs von Czempin & Krug gezwungen gewesen, den neuen ‚Original „Ideal“ Phonographen,’ das „Modell 1903“ mit Kurbelaufzug und überarbeitetem Schalldosenarm auf eigene Faust zu vermarkten.16 Er hatte Glück, das Geschäft mit Phonographen boomte nach der Einführung der neuen Gusswalzen, vor allem Arbeiter und einfache Angestellte kauften nun große Mengen billiger Walzenspieler.


5. Max Straus und Heinrich Zunz

In der Ende 1902 gegründeten „Salon Kinematograph Co. G. m. b. H.“ mit Geschäftsräume und Musterlager in der Ritterstraße 71/75, unter Leitung der beiden Kaufleute Max Straus und Heinrich Zunz17 fand Lindström einen neuen Vertrieb für seine „Special-Fabrik für Ideal-Phonographen.“ Straus und Zunz, die ihrerseits auf der Suche nach einer leistungsfähigen Werkstatt waren, boten nicht nur große „Theater-Kinematographen“ und Filme für Aussteller sondern als Spezialität auch Apparate für den Hausgebrauch an.

Lindström bewies Flexibilität, als er neben dem Bau von Kinematographen auch die Entwicklung von Plattensprechmaschinen in seiner Fabrik aufnahm. Gut möglich dass Straus und Zunz dazu den Anstoß gaben. Eine durch Gebrauchsmuster geschützte Antriebsvorrichtung mit Steigrad und Schneckenwelle vom Mai 190318 kann als Beginn seiner Auseinandersetzung mit der Plattensprechmaschine, von seinem neuen Vertrieb „Parlophon“ genannt,19 betrachtet werden.

Obwohl noch weit mehr Walzen als Platten verkauft wurden, hatte die Deutsche Grammophon A. G in den Jahren ihres Monopols seit 1898 regelmäßig Rekordgewinne eingefahren, an denen die übrige Sprechmaschinenindustrie teilhaben wollte.
Neben den hinzugekommenen Produktionszweigen vernachlässigte Lindström die Zylindersprechmaschinen nicht, so entwarf er beispielsweise einen gelochten, elastischen Riemen, der die Motorleistung zwischen Antriebs- und Walzenachse formschlüssig über Zahnräder schlupffrei übertragen konnte.20 Die Phonographenmodelle „Viktoria“ und „Royal“ mit neuem Regulator und Kraftübertragung mit Kettentrieb waren wenig später die konsequente Weiterentwicklung dieser Erfindung. 21


6. Gründung der Lindström G. m. b. H.

Im November 1903 schien sich ein bedeutendes Geschäft anzubahnen als die Gebrüder M. & W. Isserlin, welche schon mit der Grammophon Gesellschaft einen Exklusivvertrag für Polen, das Baltikum und Teile Russlands abgeschlossen hatten,22 einen größeren Posten Kinematographen bar bezahlten und eine umfangreiche Bestellung „unter Forderung des Alleinverkaufs für Russland“ machten.23

Vor dem Hintergrund dieses, wegen angeblich mangelhafter Funktion der Geräte letztlich nicht zustande gekommenen Großauftrags brachten Lindström, Straus und Zunz ihr Kapital, ihre Produktionsstätten sowie Lagerbestände in eine neue Gesellschaft ein. Sie wurde unter dem Namen „Lindström G. m. b. H.“ mit den Geschäftsführern Straus und Zunz am 30. Januar 1904 in das Berliner Handelsregister eingetragen. Lindström übernahm die technische Leitung und die Führung der Fabrik, welche mit dem Gesellschaftskapital bedeutend erweitert und modernisiert wurde, so dass auch große Aufträge entgegen genommen und in kurzer Zeit ausgeführt werden konnten.24

Die Deutsche Grammophon A. G. hatte es als Monopolist versäumt, billige Plattenspieler, vor allem Automaten, in ihren Katalog aufzunehmen. Der größte Teil des Geschäfts mit Grammophonen wurde noch immer mit Wirten gemacht, die Automaten in großer Anzahl als günstigen Ersatz für Musik- und Tanzkapellen kauften. Lindström meldete deshalb umgehend einige Gebrauchsmuster für Plattensprechautomaten mit Geldeinwurf an.25 Eine besonders gesuchte Eigenschaft seiner Geräte war, dass die automatische Abhebevorrichtung auch bei Schallplatten ohne Auslaufrille funktionierte. Dazu kam die solide handwerkliche Ausführung bei günstigem Verkaufspreis.

Anfang Februar 1904 erschien der erste Katalog der Lindström G. m. b. H. mit einem umfangreichen Angebot an Grammophonen, Grammophon-Automaten, Phonographen und Kinematographen, der sich jedoch nur an Großhändler im In- und Ausland richtete. Der deutsche Binnenmarkt war zu dieser Zeit so aufnahmefähig, dass nur die größten Abnehmer, vor allem aus England, überhaupt die Gelegenheit bekamen, deutsche Produkte zu ordern.26

Die Herbstmesse 1904 in Leipzig machte deutlich, dass der Phonograph in Deutschland auf dem Rückzug war, besonders gefragt waren preisgünstige Plattenspieler mit Tonarm und vor allem automatischer Funktion. Wer diese im Programm hatte machte hervorragende Geschäfte. Gut ausgelastet arbeiteten deshalb schon über 40 Mitarbeiter in Lindströms Fabrik.27

Innerhalb von relativ kurzer Zeit konnte die Carl Lindström G. m. b. H. ihren Umsatz um ein Vielfaches, von anfänglich etwa 50,000 Mark auf 1 Millionen Mark im Geschäftsjahr 1905 und fast 2 Millionen Mark im Jahr darauf, steigern und galt als leuchtendes Vorbild für den Aufschwung der deutschen Sprechmaschinenbranche.28 Das gestiegene Selbstbewusstsein lässt sich auch daran ablesen dass Lindström im Juli 1905 eine auch im Ausland sehr beachtete Nichtigkeitsklage gegen den patentierten Tonarm der Grammophon Gesellschaft durchfocht.29

Ende 1905 erkrankte der Gesellschafter Heinrich Zunz schwer und starb kurz darauf. Der Eintritt seines Schwagers Otto Heinemann, Geschäftsführer der Maschinenfabrik, Metallgießerei und mechanischen Werkstatt Gustav Krebs & Co. G. m. b. H. bei Lindström geriet zum gegenseitigen Glücksfall, da beide Firmen sich hervorragend ergänzten.30


7. Neue Fabrik in der Großen Frankfurter Straße 137

Die stetige Expansion erforderte bald einen erneuten Umzug. In vergleichsweise riesigen Hallen in der Großen Frankfurter Straße 137, heute Karl-Marx-Straße, einer breiten Hauptverkehrsstraße in Berlin Mitte, waren seit Juni 1906 fast 300 Arbeiter in mehreren Abteilungen auf insgesamt 3400 Quadratmetern beschäftigt.31 Für die mit der Carl Lindström G. m. b. H. in enger Geschäftsbeziehung stehende Maschinenfabrik Gustav Krebs & Co. wurde ebenfalls ein Stockwerk im gleichen Gebäude angemietet, so dass an dieser Stelle eine der größten Produktionsstätten für Sprechmaschinen in Europa entstand.32

Neben Grammophonen, Phonographen und Kinematographen stellte Lindström auch Ventilatoren her, als einzige bedeutende Firma in der Branche jedoch keine Tonträger. Trotzdem gab es aufgrund der verschiedenartigen Produktionsfelder und des Exportgeschäfts genug zu tun, so dass auch im Sommer, der eigentlich ruhigen Zeit für Sprechmaschinenhersteller, Überstunden geleistet werden mussten.33

Zur Leipziger Herbstmesse 1906 präsentierte Lindström den patentierten Phonographen „Pan“ mit neuartiger, U-förmiger Anordnung der Funktionsteile auf der Bodenplatte, die „Parcival“ Schalldose mit Tonverstärkung durch verlängerten Hebelarm des Nadelhalters sowie einige, in der Presse nicht näher definierte, „neue Luxustypen.“34

Die Sensation der Messe war jedoch das von der Deutschen Grammophon A. G. vorgestellte „Auxetophon,“ dessen Schalldruck mit Hilfe einer speziellen Schalldose, durchströmt von Pressluft, die Stärke einer Regimentskapelle erreichte. Das für die meisten Wirte viel zu teure, aber prestigeträchtige „Auxetophon“ brachte einige Konkurrenten auf die Idee, ähnliches zu versuchen. Mindestens seit Oktober 1907 beschäftigte sich auch die Firma Lindström mit Pressluftschalldosen.35

Auf der Herbstmesse 1907 zeigte Lindström gleich 15(!) verschiedene Typen einer per Gebrauchsmuster und Warenzeichen geschützten Neuheit, genannt „Phonotable.“36 Diese Sprechmaschinen hatten, wie das Modell „School House“ der amerikanischen Victor Talking Machine Company, ihr Untergestell bereits angebaut und konnten relativ einfach von einem Raum zum nächsten oder nach draußen gebracht und aufgestellt werden.37 Das an Pfund Sterling (£) erinnernde, im August 1907 angemeldete Warenzeichen des Buchstabens „L“ mit zwei Querstrichen als Symbol für Lindström, ist vermutlich zunächst für den englischen Markt, im Zusammenhang mit dem Exportmodell „Phonotable“ geschaffen worden.

Der neue, luxuriöse Gerätekatalog von Frühjahr 1908 mit 72 Seiten im Großformat und dunkelrotem Umschlag mit Goldprägung war viersprachig abgefasst und reich bebildert. Er zeigte 38 neue Plattensprechmaschinen „in allen Größen, Stilarten und Preislagen,“ drei Platten-Automaten und als Abschluss die neue, pressluftbetriebene „Fortophon“ Starkton-Maschine, die sich optisch eng an das „Auxetophon“ der D. G. A. G. anlehnte.

Der Katalogenthielt aber nur noch einen einzigen Phonographen, ein Modell für Aufnahme und Wiedergabe.38
Um auf den unterschiedlichen Geschmack in- und ausländischer Großkunden besser eingehen zu können, mietete die Lindström G. m. b. H. auf der Leipziger Frühjahrsmesse 1908 zusätzlich zu ihren eigenen Räumen diejenigen der „Orchestrophon-Sprech- und Musik-Werke Max Gottfurcht,“ welche speziell für deutsche Grossisten eingerichtet waren, und hatte damit zusammengenommen wohl die größte Ausstellungsfläche aller Sprechmaschinenhersteller.39

Die Lindström-Fabrik stellte mittlerweile 800 Apparate pro Tag her,40 von „allerbilligst“ bis „fabelhaft billig,“ wie die Fachpresse anerkennend bemerkte. Je nach Preisklasse waren die Plattensprechmaschinen ausgestattet mit einem von vier verschiedenen Federmotoren („Start,“ „Rekord,“ „Parlophon,“ „Olympia“), einer von drei Schalldosen („Start,“ „Reform,“ „Parzival“) bzw. einem von drei entweder einfachen konischen oder aufklappbaren Tonarmen mit Kugelgelenk. Daneben unterschieden sich die Typen durch ihre Gehäuse mit plastischen Applikationen aus einer „erhärtenden, zementartigen, in Form pressbaren Masse,“41 die ihre Wertigkeit damit nur vortäuschten. Die kostengünstige Massenfertigung nach dem Baukastenprinzip verbunden mit attraktivem Erscheinungsbild sorgte für stetig steigende Nachfrage.


8. Umwandlung in die Carl Lindström, Aktiengesellschaft

Für weiteres Wachstum benötigte die Lindström G. m. b. H. frisches Kapital, das die drei Gesellschafter durch eine Änderung der Rechtsform und den Verkauf von Geschäftsanteilen erlangen wollten. Zu diesem Zweck wurde die G. m. b. H. liquidiert und ihr Vermögen auf eine neue Gesellschaft übertragen: am 26. April 1908, mit Wirkung ab 1. Januar 1908, erfolgte die Umwandlung in eine Aktiengesellschaft. Das Grundkapital von 750,000 Mark war in 750 Aktien mit einem Nennwert von je 1000 Mark aufgeteilt. Vorstandsmitglieder der Carl Lindström, A. G. waren Max Straus und Otto Heinemann.42

Anmerkung:
Veröffentlichung, Nachdruck, Vervielfältigung – auch auszugsweise – nur mit Quellenangabe gestattet.
Quelle: Link - Hier klicken


1 Berliner Adressbuch 1897: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
2 Berliner Adressbuch 1898: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
3 Berliner Adressbuch 1897: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
4 Wilhelm Bahre war laut eigener Werbeanzeige „Vertreter des grössten Phonographen- resp. Graphophon-Welthauses Amerikas.“ (RWWA 208-266-2)
5 DRP Nr. 99194. Angemeldet am 26. August 1897.
6 Wortzeichen Nr. 27108. Angemeldet am 25. August 1897.
7 Die Sprechmaschine, Berlin, 2. Jahrgang, No. 24, 22. September 1906, S. 497.
8 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 4. Jahrgang, No. 8, 25. Februar 1903, S. 257-258.
9 Berliner Adressbuch 1900: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
10 Beispielhaft: Die Sprechmaschine, Berlin, 1. Jahrgang, No. 15, 21. Juli 1906, S. 325.
Viele der zum damaligen Zeitpunkt bereits mehr als 5 Jahre zurück liegenden Ereignisse sind den Redakteuren ganz offensichtlich nur bruchstückhaft in Erinnerung geblieben.
11 DRGM Nr. 110142. Angemeldet am 27. Januar 1899; DRGM Nr. 111233. Angemeldet am 28. Januar 1899.
12 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 1. Jahrgang, No. 1, 15. August 1900, S. 7; Phonographische Zeitschrift, Berlin, 3. Jahrgang, No. 5, 26. Februar 1902, S. 61.
13 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 2. Jahrgang, No. 3, 30. Januar 1901, S. 26.
14 Berliner Adressbuch 1901: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
15 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 2. Jahrgang, No. 23, 6. November 1901, S. 274.
16 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 4. Jahrgang, No. 8, 25. Februar 1903, S. 113.
17 Berliner Adressbuch 1903: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
18 DRGM Nr. 203088. Angemeldet am 29. Mai 1903.
19 Warenzeichen Nr. 74815. Angemeldet am 23. Juli 1904.
20 DRGM Nr. 205710. Angemeldet am 15. Juli 1903.
21 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 5. Jahrgang, No. 15, 13. April 1904, S. 255.
22 Peter Martland, A Business History of the Gramophone Company, 1890-1918, PhD. Dissertation, Cambridge University 1992, S. 148-152.
23 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 6. Jahrgang, No. 5, 1. Februar 1905, S. 83.
24 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 5. Jahrgang, No. 5, 3. Februar 1904, S. 45.
25 DRGM Nr. 221009. Angemeldet am 25. Februar 1904; DRGM Nr. 221010. Angemeldet am 25. Februar 1904.
26 The Talking Machine News, Vol. II, No. 6, London, Oktober 1904, S. 205.
27 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 5. Jahrgang, No. 26, 29. Juni 1904, S. 457.
28 Die Sprechmaschine, Berlin, 2. Jahrgang, No. 15, 21. Juli 2006, S. 325.
29 Phonographische Zeitschrift, Berlin, 6. Jahrgang, No. 39, 27. September 1905, S. 853.
30 Die Sprechmaschine, Berlin, 2. Jahrgang, No. 15, 21. Juli 2006, S. 325.
Berliner Adressbuch 1906: unter Benutzung amtlicher Quellen. - Berlin: Scherl 1896-1943.
31 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 26. Jahrgang, No. 32, 11. August 1906, S. 977.
32 Die Sprechmaschine, Berlin, 2. Jahrgang, No. 30, 6. November 1906, S. 623.
33 Die Sprechmaschine, Berlin, 2. Jahrgang, No. 15, 21. Juli 1906, S. 325.
34 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 26. Jahrgang, No. 33, 21. August 1906, S. 1033.
35 DRGM Nr. 321370. Angemeldet am 8. Oktober 1907.
36 DRGM Nr. 314453. Angemeldet am 2. Juli 1907; Warenzeichen Nr. 101303. Angemeldet am 20. Juli 1907.
37 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 27. Jahrgang, No. 33, 21. August 1907, S. 1034
38 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 28. Jahrgang, No. 27, 21. Juni 1908, p. 925.
39 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 28. Jahrgang, No. 14, 11. Februar 1908, S. 435.
40 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 28. Jahrgang, No. 18, 21. März 1908, S. 609.
41 DRGM Nr. 302814. Angemeldet am 28. Januar 1907.
42 Zeitschrift für Instrumentenbau, Leipzig, 28. Jahrgang, No. 28, 1. Juli 1908, S. 965.



[ Bearbeitet Fr Dez 26 2014, 11:47 ]
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alang
Do Mai 02 2013, 22:25
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jun 12 2012, 19:52
Wohnort: Delaware, USA
Beiträge: 651
Im Anhang ein interessanter Artikel, den ich vor Jahren mal bei Research ueber Lindstroem/Parlophon gefunden habe.

lindstroem_aktiengesellschaft.pdf
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