Michael Jary (Tanzorchester) - Biografie

Michael Jary



(Maximilian Michael Andreas Jarczyk)
(24. September 1906 in Siemianowitz bei Kattowitz -- gestorben am 12. Juli 1988 in München)





Maximilian Michael Andreas Jarczyk kam aus einer bodenständigen Familie. Jarys Vater, Hugo Jarczyk arbeitete als Technischer Abteilungsleiter in Königshütte, seine Mutter Anna Jarczyk war Schneiderin.

Sein Bruder Herbert Jarczyk machte als Film- und Fernsehkomponist Karriere (1949: Hallo, Sie haben Ihre Frau vergessen mit Heli Finkenzeller und Titelmelodie zur Krimiserie Der Kommissar mit Erik Ode)

Maximilians streng katholische Erziehung führte dazu, daß er als Kind Missionar werden wollte. Seine Eltern ließen ihn also die Klosterschule der Steyler Missionare bei Neiße besuchen. Dort wurde Maximilian gefördert und gefordert- und wäre auch fast ein guter Katholik geworden. Vorher entdeckte er “ gottseidank “ seine Liebe zur Musik. Im Alter von 18 Jahren kehrte er dem Kloster den Rücken und besuchte das Konservatorium in Beuthen.

Er wurde Chorleiter eines Kirchen- und Arbeiterchores und komponierte erste Kammermusikwerke. Sie wurden vom Sender Gleiwitz ins Programm aufgenommen und der angehende Komponist durfte seine Musik zusammen mit festangestellten Rundfunkmusikern vor dem eingeschalteten Rundfunkmikrophon dem Radiopublikum zu Gehör bringen.





Schließich erhielt Maximilian Jarczyk zwei Engagements, beides Mal als Zweiter Kapellmeister für die Stadttheater von Neiße und Plauen. So wurde Jary bereits in seinen Anfangsjahren als Musikschaffender zum Vielbeschäftigten und Vielgereisten, liegen die beiden Engagements doch fast 300 Kilometer auseinander.

Doch Jary hielt es in der Provinz nicht lange aus. Wie jeder ehrgeizige Musiker jener Jahre wollte auch er nach Berlin, um seine Kenntnisse zu vertiefen. So schrieb er sich im Jahre 1929 in die Staatliche Musikhochschule Berlin für das Fach Komposition ein. Seine Dozenten sind Franz Schreker, Paul Hindemith, Arnold Schönberg und Igor Strawinsky. Um sich sein Studium finanzieren zu können, spielte Jarczyk in Cafes, Stummfilmkinos Klavier und verfaßte erste Arrangements für Unterhaltungsorchester. Die Stadt Berlin verlieh ihm im Jahre 1931 den Beethoven-Preis.


Die Komposition für seinen Hochschulabschluß war ein Konzert für zwei Klaviere, Trompete und Posaune. Er stand selbst am Dirigentenpult. Die Aufführung am 8. Februar 1933 endete in einem Skandal. Jarczyk wurde von Mitgliedern des Kampfbundes für deutsche Kultur ausgebuht. Von Paul Graener, dem neuen Direktor des Stern´schen Konservatoriums mußte sich der junge Komponist anhören, sein Abschlußkonzert sei kulturbolschewistisches Musikgestammel eines polnischen Juden. Und das, obwohl Jarczyk wie gesagt aus streng katholischen Verhältnissen stammte.

Jarczyk, der ehemalige Verfechter der so genannten Ernsten Musik in seiner Lehrzeit am Konservatorium hatte er viel über das Kompositionshandwerk der Zwölftonmusik gelernt- entschloß sich, sich von nun an mehr mit der Leichten Muse zu beschäftigen.
Unter dem Pseudonym Jackie Leeds verfaßte er jazzbeeinflußte Arrangements für Tanzorchester, unter dem Namen Max Janzen entstanden Chansons für die Chansonniere Hilde Hildebrand.
Diese sammelnswerten Schellackaufnahmen entstanden im Jahre 1935 für die Electrola-Schallplattengesellschaft. Begleitet wird die Hildebrand von der Goldenen Sieben (Electrola E.G. 3333, Liebster und Einsamkeit)


Die Pleite aus der Musikhochschule sowie die sich immer mehr zuspitzende politische Lage veranlaßten Max Jarczyk, seinen polnischen Namen zu ändern. Er entfernte drei Konsonanten aus seinem Nachnamen und wählte seinen ursprünglich zweiten Vornamen als Ersten. Geboren war: Michael Jary


Michael Jary bei einer Aufnahme bei der Lindström (Odeon) mit Rudi Schuricke 1940


Sinfonische Untermalungsmusik war seine Spezialität. So komponierte er 1936 für den nach einer Romanvorlage von Honor de Balzac gedrehten Film Die große und die kleine Welt seine erste Filmmusik.

Auch Swing-Arrangements und Jazz gehörten trotz des staatlich diktierten Unerwünschtseins swingender Rhythmen zu seinem Repertoire. Unter anderem entstand ein ganzer Zyklus von Tierkreiszeichenvertonungen in diesem Stil. Trotz der relativen Häufigkeit der zumeist auf dunkelblauer Odeon-Platte erschienen Aufnahmen erscheinen diese Einspielungen sammelns-, und vor allen Dingen hörenswert. Speziell sollte an dieser Stelle die Exzentrik Serie erwähnt werden




Michael Jary mit seinem Kammer-Orchester
Aufgenommen in Berlin, 18.November 1940




Und dann ist da noch eine Vinyl-Schallplatte mit dem Titel Papas Tanztee. Ein aufschlußreiches Bild der Tanz-, Jazz- und Unterhaltungsszene Berlins in den 20er bis 40er Jahren zeichnet Michael Jary mithilfe zahlreicher Aufnahmen berühmter Orchester von damals, wie Barnabas von Geczy, Marek Weber und Weintraub´s Syncopators. Auch eine Aufnahme seines eigenen Kammertanzorchesters ist zu hören. Jary selbst führt als Confrencier durch die Schallplatte und erwähnt zahlreiche interessante Details rund um die Unterhaltungskultur seiner Schellack-Ära.


Um Haaresbreite wäre Deutschland damals bereits um einen großartigen Unterhaltungskünstler ärmer geworden. Auf Einladung des heute umstrittenen Schweizer Dirigenten Ernest Ansermet sollte Jary nach Genf reisen und sich der sogenannten Ernsten Musik als Dirigent und Komponist verschreiben.

Ansermet war bei einem Gedächtniskonzert für den polnischen Komponisten Karol Szymanowski, das Jary dirigierte auf den jungen Musiker aufmerksam geworden. Die deutschen Behörden verweigerten Jary jedoch die Ausreise. So blieb er in Berlin und konnte sich weiter seiner geliebten Unterhaltungsbranche und seiner Musik widmen. Bald landete Jary seinen ersten großen Hit. Der Tango Roter Mohn wurde am 3.10.1938 von der chilenischen Sängerin Rosita Serrano auf Telefunken-Schallplatte (A 2702) aufgenommen. Das Orchester wurde von Michael Jary persönlich geleitet. Der Text zu Roter Mohn stammte aus der Feder von Bruno Balz. Das Autorenteam Jary/Balz bereicherte zahlreiche UFA-Spielfilme mit Texten und Melodien, die heute zu Evergreens geworden sind.





Aus dem Film Paradies der Junggesellen stammt der Marschfoxtrott Das kann doch einen Seemann nicht erschüttern, gesungen von den drei Hauptakteuren Heinz Rühmann, Josef Sieber und Hans Brausewetter 1939. Die schwedische Filmdiva Zarah Leander sorgte 1942 dafür, dass die Jary/Balz-Schlager Ich weiß, es wird einmal ein Wunder gescheh´n und Davon geht die Welt nicht unter aus dem Streifen Die große Liebe bis heute unvergessen sind.

Kurz vor Kriegsende 1945 stellte Jary ein neues Ensemble zusammen. Bereits 19 Tage nach der Kapitulation trat er mit diesem Klangkörper, verstärkt durch Musiker aus dem Orchester

von Lutz Templin (damals Charlie and his Orchestra) im Auftrag der sowjetischen Kontrolloffiziere mit dem Radio Berlin Tanzorchester (RBT-Orchester) auf. Die stattliche Zahl der Orchestermitglieder belief sich auf 48 Instrumentalisten. Als Solisten für die Rundfunksendungen wurden unter anderem Ilse Werner und Bully Buhlan verpflichtet. 1946 rief Michael Jary das Rundfunkorchester von Radio Saarbrücken ins Leben.

Sein eigener Verlag, die 1948 gegründete Michael-Jary-Produktion unterhielt ab den 50er Jahren sogar ein Büro in New York.




Von seinen Freunden mit dem Spitznamen Mäckie bedacht, zog Jary im Jahre 1949 nach Hamburg um. Dort entstanden weitere Lieder, die heute fast alle nicht mehr aus der deutschen Schlagerchronik wegzudenken sind.

Darunter befinden sich:
  • Leise rauscht es am Missouriâ ( English Waltz aus dem Revuefilm Die dritte von rechts Musik: Jary, Texte: Balz, gesungen von Bruce Low auf Harmona 16000, aufgenommen in Wien 1950)Das machen nur die Beine von Doloresâ (Tango , gesungen unter anderem von Gerhard Wendland und Vico Torriani auf Philips und Decca), den Mäckie-Boogie (gesungen von Evelyn Künneke), Heut´ liegt was in der Luft( Ragtime aus dem Film Das Fräulein vom Amt, gesungen von Mona Baptiste und Bully Buhlan 1954 auf Polydor 49246).


Die namhaftesten Interpreten der deutschen Unterhaltungsbranche, darunter Zarah Leander, Lale Andersen, Rosita Serrano, Heinz Rühmann und Hans Albers sangen Lieder von Michael Jary auf der Bühne, im Film, im Rundfunk und natürlich auf Schallplatten. Auch in der Zeit nach der Schellackplatten-Ãra feiert Michael Jary weiter große Erfolge auf dem Unterhaltungsparkett.

So komponiert er für die Sängerin Heidi Brühl und die deutsche Vorentscheidung zum Grand Prix 1960 den Langsamen Walzer Wir wollen niemals auseinandergehn. Die Jury bescheinigte dem Schlager zwar nur einen zweiten Platz, jedoch ist die Aufnahme bis heute eine der meistgespielten Schallplatten bei Radiowunschkonzerten.

Von nun an widmete sich Michael Jary wieder verstärkt seiner ursprünglichen Tätigkeit als Theaterkomponist. 1963 wurde sein Musical "Nicole" in Nürnberg uraufgeführt. Es konnte Serien-Rekorde im Ostblock verzeichnen. Und auch auf dem Gebiet der Ernsten Musik experimentierte Jary in seinen späteren Jahren weiter. In seiner Wahlheimat oberhalb des Luganer Sees in der Schweiz entstanden einige sinfonische Werke. Im Jahre 1973 erlitt Jary drei Herzinfarkte, die seine Laufbahn als aktiver Komponist beendeten. Michael Jary starb am 12. Juli 1988 in München. Sein Grab befindet sich auf dem größten Parkfriedhof der Welt, dem Friedhof Ohlsdorf in Hamburg


Autor und Ãœberspielung Yannick Reinartz, Bilder Sammlung Forenmitglieder

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