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Jazzverbote im dritten Reich
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Autor Eintrag
joha
Mi Feb 06 2013, 18:49
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Teil 2








Nun Hals und Beinbruch schrieb Fred Diselhorst 1937/38
Gruss joha
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snookerbee
Do Feb 07 2013, 13:52
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676

Heute ist mir bei der Durchsicht dieses Threads zum ersten Mal aufgefallen, daß der oben gezeigte Presseartikel "Der Rattenfänger von NeuYork" aus dem Jahre 1944 stammt. Bisher war ich der Annahme, er sei mindestens 5 Jahre älter und stamme aus den Enddreißigerjahren. Da ich diesen Artikel schon mehrfach im Zusammenhang mit dem Thema Swing-Verbot gesehen habe, erscheint mir seine Bedeutung durch die späte Veröffentlichung nun in einem völlig anderen Licht.

"1944, Folge 26" wird, wenn man wöchentliches Erscheinen voraussetzt, in der Jahresmitte publiziert worden sein. Zu dieser Zeit hatte die deutsche Bevölkerung längst andere Sorgen, als in der Swing-Musik das Werk eines jüdischen Verbrechers namens Gutmann zu sehen. Meiner Meinung nach wird die angestrebte Wirkung des Artikels insgesamt nicht bedeutend gewesen sein. Fraglich ist auch, ob dieses Blatt (Illustrierter Beobachter) Mitte 1944 noch von einem Großteil der Bevölkerung gelesen wurde.

Mein Fazit: Wenn man diese Veröffentlichung in den richtigen zeitlichen Zusammenhang bringt, entspricht der Inhalt vielleicht dem Wunschdenken damaliger Parteigenossen, hat aber mit einem wie immer auch praktizierten Swing- oder Jazzverbot nichts zu tun.

Was meint Ihr?

Grüße
Claus

[ Bearbeitet Do Feb 07 2013, 14:04 ]
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Gast
Do Feb 07 2013, 14:19
Gast
Claus, das siehst Du völlig richtig.

Der Swing war da in Deutschland wirklich kein Thema mehr.

Ich kann es mir nur so erklären: die 26. Woche 1944 war unmittelbar nach der Invasion in Frankreich.
Scheinbar wurde da jeder Hebel zur antiamerikanischen Propaganda gezogen.

Gruß, Nils

[ Bearbeitet Do Feb 07 2013, 14:24 ]
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Rundfunkonkel
Do Feb 07 2013, 17:46
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1112
Den Erzählungen zufolge war dieses Verbotsvorgehen aber auf Dauer sowieso nicht durchzuhalten. Es gibt doch diesen Bericht, bei dem während eines Fliegerangriffes in England die deutschen Bomberpiloten einen englischen Sender hörten. Schon 1940 wurde das deutlich:





Bild aus dem Buch "Wunschkonzert", 1940
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Gast
Do Feb 07 2013, 17:58
Gast
Hallo RFO,

ich verstehe nichts von Kriegstechnik, weiß aber, daß Bomberpiloten anfangs Sender als Flugorientierung benutzt haben.
Das war auch ein Grund, warum der Sender Berlin (Funkturm) dann nicht mehr genutzt wurde. Als Ersatz wurde in höchster Eile ein Drahtfunk über das Telefonnetz eingerichtet.

So hatten es die feindlichen Flugzeuge nicht so leicht, einfach nach der Feldstärke des Senders zu fliegen.

Vielleicht war das anfangs auch bei Anflug deutscher Flugzeuge auf England so ?

Gruß, Nils
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joha
Do Feb 07 2013, 19:07
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Hallo Nils da hast du vollkommen recht,die Flugzeuge benutzten die Radiosender als Leitstrahl,Radiosender gingen bei Vorwarnung sofort in den bekannten Knackton über, Fliegeralarm wurde regional ausgelöst,sofern man noch dazu kam
gabs gleich Vollalarm.
Die Japaner benutzen ebenfalls die Sender Hawai als Leitstrahl auf Perl Harbor bei dem Großangriff auf die US -Flotte.
Die Luftwaffe versuchte mit Abwurf von Staniolstreifen die Anfliegenden Verbände im Funkempfang zu stören.
Off Topik sind wir wieder mal sorry.

[ Bearbeitet Do Feb 07 2013, 20:17 ]
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Rundfunkonkel
Do Feb 07 2013, 21:37
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1112
In besagtem Artikel wurde geschrieben, dass die Piloten den Sender aber wegen der Musik ausgewählt hatten, weil ihnen dieses "Tsching-Bumm" auf die Nerven ging. In der RRG wurde daraufhin auch mehr und mehr moderne Tanzmusik gespielt (ich klammere Jazz hier natürlich mal aus).
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gramofan
Do Feb 07 2013, 21:55
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1164
Das Thema mit Jazz oder besser "heißeTanzmusik" im 3.Rreich ist unendlich kompliziert, da es nie eine klare Definition gegeben hat, was denn darunter zu verstehen ist und außerdem verschiedene Akteure angefangen bei Musikern, Komponisten, Plattenfirmen, Musikkritikern, Behörden,Parteinstanzen usw. in wechselnden Konstellationen mitgemischt haben, meist um Eigeninteressen zu befördern, die oft genug letztlich mit der Musik eher wenig zu tun hatten. Das ganze ist wunderbar aufgedröselt bei Jockwer: Unterhaltunsmusik im Dritten Reich und immerhin so komliziert, dass man damit ein paar Hundert Seiten füllen kann. Jeder Versuch das Thema hier angemessen auf 2, 3 oder 10 Seiten im Forum abzuhandeln, dürfte zum Scheitern verurteilt sein.
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GrammophonTeam
Do Feb 07 2013, 22:22
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Jeder Versuch das Thema hier angemessen auf 2, 3 oder 10 Seiten im Forum abzuhandeln, dürfte zum Scheitern verurteilt sein.


Dem können wir nur zustimmen!
Zumindest ist es innerhalb eines einzelnen Threads nicht möglich dieses vielschichtige Thema entsprechend zu beleuchten und zu diskutieren.
Andererseits ist es eine sehr interessante Thematik...

Wenn es gewünscht ist, könnten wir dafür eine eigene Kategorie im Diskussionsportal einrichten.
Diesbezüglich bitte kurz Rückmeldung an uns.

In diesem Thread soll es maßgeblich um die Sammlung von Dokumenten und Zeitzeugen Aussagen gehen - Wir bitten dies zu beachten.

Viele Grüße
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joha
Fr Feb 08 2013, 11:30
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Hallo Zusammen,

Hier mal ein Beispiel aus dem Jahr 2004 an Hand dieser CD Ausgabe.
Um verkaufsfördernd zu sein, wurde hier ebenfalls das falsche Plakat sowie das nie offizielle Schild der Reichskulturkammer benutzt.
Es passt auf jeden Fall nicht zusammen,da weder Jary ,Lutter,Joost und viele andere nichts damit zutun hatten.
Swingende Tanzmusik(beschwingter Foxtrot)waren weder Verboten noch untersagt,dem Käufer wird ein sehr einfaches Bild hingeworfen.
Ein Hörer der sich nie damit beschäftigt hat und keinen Zugang zu Schellacks und Orginalmaterial hat wird auch diesen gedruckten Unsinn glauben.
Die Firma D&H Hommage Gmbh war hier sicherlich nicht gut beraten.
Gruss joha
Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


[ Bearbeitet Fr Jan 26 2018, 08:44 ]
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joha
Fr Feb 08 2013, 12:04
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder



Meine Frage,wo ist das Orginalplakat abgeblieben ???
Wer war dieser Staatsrat Dr. H.S.Ziegler was für eine Aufgabe hatte er???
Generalintendant in Weimar
****
1988 wa­ren die Aus­stel­lungs­ma­cher noch da­von aus­ge­gan­gen, dass Zieg­lers Pro­pa­gan­da­schau als of­fi­zi­el­le Äu­ße­rung des NS-​Staats an­zu­se­hen sei. Wei­te­re For­schun­gen er­ga­ben je­doch, dass sie schon 1938 um­strit­ten war. So hat­te et­wa Pe­ter Ra­abe, der Prä­si­dent der Reichs­mu­sik­kam­mer, aufs schärfs­te ge­gen sie pro­tes­tiert: Zieg­ler sei mu­si­ka­li­scher Laie und da­her nicht be­fugt, der­ar­ti­ge schwer­wie­gen­de Ur­tei­le zu fäl­len.****
Zitat mit Aussagekraft!!!
Gruss joha



[ Bearbeitet Fr Jan 26 2018, 08:45 ]
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Gast
Fr Feb 08 2013, 12:32
Gast
In einem anderen Thema hatte ich es schon mal geschrieben: Der Titel dieser Veröffentlichungsreihe "Als Swing tanzen verboten war " ist eine geschichtlich verdummende, aber reißerisch verkaufsförderde Strategie.

Die Aufnahmen war scheinbar allesamt frei verkäulich, stammen aus Zeiten, in denen "Swing" noch völlig unbekannt war (und die Nazis noch weit weg).

Zu den Aufnahmen aus dem Krieg: woher mögen die Aufnahmen denn wohl alle stammen, wenn sie doch verboten waren ?

Diese Serie schadet ganz eindeutig der seriösen Erkundung und läßt sich auch mit der damaligen Wahrheit nicht vereinbaren.

Gruß, Nils
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snookerbee
Fr Feb 08 2013, 12:40
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676
In folgendem recht ausführlichen Artikel über die Swingjugend gibt es auch einige Ungenauigkeiten:

Link - Hier klicken

"Obwohl Swingmusik im Radio bereits schon 1935 per Gesetz verboten wurde..."
- Hier wird zwischen Jazz und Swing verwechselt. Außerdem war das "Verbot des Niggerjazz für den gesamten Deutschen Rundfunk" kein Gesetzeserlaß soweit ich das weiß.

"In den meisten Cafés und Tanzlokalen sind deshalb überall von der Reichsmusikkammer gut sichtbar Schilder angebracht, mit der Aufschrift "Swing tanzen verboten". - Hier ist es wieder, das berühmte Schild.

"Offiziell gibt es schon jahrelang keine Swingplatten mehr zu kaufen ..." Ich weiß nicht, auf welches Jahr sich diese Aussage bezieht, aber sie stimmt schlichtweg nicht. Allein die Musik der deutschen Orchester wurde mit fortschreitendem Kriegsverlauf immer swingender. Dafür gibt es zahllose Beispiele (Willy Berking, Horst Winter, H.G. Schütz u.a.). Außerdem hat Stephan Wuthe auf seiner Internetseite verschiedene Beispiele von deutschen Pressungen ausländischer Swingplatten bis in die Kriegszeit nachgewiesen.


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joha
Fr Feb 08 2013, 13:06
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Wenn ich mich nicht irre spielte Willy Berking 1944 in Wien einige seiner Swing Nummern für Imperial beim Wiener Rundfunk ein.
Wir müssen auch ein Filmschnipsel eines deutschen Films mit Willy Fritsch,in einem Berliner Club haben dort hängt in der Kulisse
das Vorbild, was für dieses Plakat später diente,wenn ich mich nicht verguckt habe.Der Neger mit dem Sachsophon war also schon um 1931-33 da.Vieleicht habt Ihr den Filmclip noch mal da.
Wäre doch sehr Interessant,dann wäre der Kulissenmaler für dem Film der Urheber des Buchdeckels vom Ziegler.
Gruss joha
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snookerbee
Fr Feb 08 2013, 13:11
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676
Meinst Du den Thread hier? Link - Hier klicken

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Was Dir so alles auffällt!

[ Bearbeitet Di Mai 21 2019, 16:13 ]
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Rundfunkonkel
Fr Feb 08 2013, 13:19
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1112
Dass die Musik immer swingender wurde, bestätigt nur den Artikel aus meinem Buch von 1940. Um die Leute am Radio zu halten, hat sich der Musikstil den Geschmäckern anpassen müssen. Und Tsching-Bumm war eben gegenüber beschwingter Musik bei der breiten Masse nicht so gefragt. Die goldene Sieben oder das DTUO beweisen es doch genauso. Und: wir haben doch, genau wie die Leute damals, ein Problem genau zu definieren wo die Grenze der Musikstile liegt.
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joha
Fr Feb 08 2013, 14:40
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
@snookerbee,
Danke ja genau aus diesem Film wird die Vorlage für dieses,, Angebliche Plakat,, stammen,der Kulissenmaler wird sicherlich mehrere Entwürfe für die Produktion gemacht haben.
Sogenannte Entwurfs/Script/Mappen wurden auch damals schon für den Kulissenbau verwendet.
Die Propaganda Abteilung der Nazis wird sicherlich auf das Material aufmerksam geworden sein,und es für Ihre Zwecke missbräuchlich verwendet haben.Ich glaube das die Vorlage von da stammt, soviel Zufall gibts doch garnicht.Es passte ja auch in die damalige Ansicht und ein Judenstern war schnell hinzugefügt, der ja im Orginal nicht vorhanden war.
Gruss joha
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Musikmeister
Sa Feb 09 2013, 23:01
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1078
joha schrieb ...



Wer war dieser Staatsrat Dr. H.S.Ziegler was für eine Aufgabe hatte er???
Generalintendant in Weimar
****





nachfolgend Quelle: Prieberg Handbuch deutsche Musiker 1933-1945













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joha
Mo Feb 11 2013, 18:31
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Danke Musikmeister ich hatte den Link zu Ziegler oben schon mit drin.
Gruss joha
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