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Deutsche Grammophon A.G. "De Luxe II" von 1907
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Starkton
Sa Jul 20 2013, 22:40 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
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Deutsche Grammophon A.G. "De Luxe II" von 1907



HERSTELLER: Deutsche Grammophon A.G.
MODELL: "De Luxe II"
SERIENNUMMER: D.G.A.G. 574 Rev.L.
JAHR: 1907 - 1911
DAMALIGER PREIS: 350 Mark, ab c. 1910 reduziert
GEHÃUSE: Mahagoni massiv, schellackpoliert
PLATTENTELLER: 30 cm
TRICHTER: "Lotustrichter No. 9 mahagonifarbig mit Rand" aus Weißmetall, von Herbst 1908; 65 cm Mündungsdurchmesser, mahagonifarben maseriert mit silbernen Zierstreifen.
MOTOR: 3-Feder
SCHALLDOSE: Gramophone Co. Ltd. "Exhibition"

INTERESSANTE DETAILS:

  • An jeder Gehäuseecke drei Holztragsäulen aus Mahagoni. Handgeschnitzte Perlleiste an der oberen Sockelleiste. An drei Seitenflächen feuervergoldete, feinziselierte Bronzefruchtgirlanden.

  • Das Gehäuse ist in seiner Mischung aus verschiedenen Stilen von Renaissance, über Louis-seize bis Klassizismus typisch für den Historismus, dem erst mit Ausbruch des 1. Weltkriegs im Jahr 1914 endgültig der Garaus gemacht wurde.

  • Die Deutsche Grammophon A.G. meldete das Modell "De Luxe II" am 6. Juli 1907 unter der Fabriknummer 210 beim Deutschen Musterregister an.

  • Taucht erstmals im D.G.A.G. Gerätekatalog von Juli 1907 auf.

  • Mit anfangs 350 Mark Kaufpreis zusammen mit dem gleich teuren „De Luxe III“, Fabriknummer 209, das Spitzenmodell unter den Trichtergrammophonen der D.G.A.G.

  • Bei der Markteinführung im Juli 1907 war bei diesem Modell ein "mahagonifarbig geaderter, innen silberner Lotustrichter" mit silberfarbigen Zierstreifen im Lieferumfang. Der Mündungsdurchmesser des aus Einzelsegmenten bestehenden Trichters betrug 62 cm, die Länge 60 cm. Bereits nach wenigen Monaten war auch die Innenseite mahagonifarbig bemalt. Ab Sommer 1908 schließlich wurden die Einzelsegmente mit einem angesetzten Außenrand stabilisiert. Der Trichter erhielt damit seine endgültige, bis 1911 beibehaltene, Form. Durch diese Maßnahme wuchs der Mündungsdurchmesser auf 65 cm, die Länge auf 64 cm.

  • Das "De Luxe II" ist fast baugleich mit dem „New Melba,“ dem Flaggschiff der englischen Gramophone Co. Beim „New Melba“ sind die Fruchtgirlanden an den Gehäuseseiten jedoch aus Mahagoni geschnitzt und der serienmäßige "Lotustrichter," englische Bezeichnung „Morning Glory,“ besteht aus poliertem Messingblech.



Ich erhielt den "Lotustrichter No. 9" im restaurierungsbedürftigen Zustand. Die Farbe war teilweise abgeplatzt bzw. bis auf die Grundierung abgerieben. Um den Trichter zu retten, und da ich mein De Luxe II schon lange komplettieren wollte, investierte ich in eine professionelle Restaurierung.



Auf allen Seitenflächen, außer der Rückseite, sind feuervergoldete Bronzefruchtgirlanden mit kleinen, vergoldeten Nägelchen befestigt. Darüber befindet sich die handgeschnitzte Perlleiste. Kurios ist, dass die Säulen zum Teil verkehrt herum aufgebracht sind. Vermutlich sind sie abgefallen und versehentlich so befestigt worden. Ich möchte nichts kaputt machen und belasse sie so. Bin im Gegenteil sogar froh, dass alle Säulen noch da sind.



Wie riesig die Trichtermündung ist sieht man am besten von vorne. Sie verdeckt in dieser Ansicht einen Großteil des Gehäuses.



Hier habe ich den im Jahr 1907 alternativ zum Lotustrichter, ohne Aufpreis, angebotenen "T.A. I" Messingtrichter montiert.





Der Plattentellerfilz war vielleicht ursprünglich grün. Ich habe das "De Luxe II" aber mit diesem weinroten Samtbezug bekommen, der erkennbar alt ist. Ich habe ihn lediglich vorsichtig gereinigt und belasse ihn als historisch gewachsenen Originalzustand.

Links auf dem Bild befindet sich die Drehzahleinstellung, und rechts die so genannte Kanonenbremse für den Plattenteller.



Zu einem unbekannten Zeitpunkt wurde ein schmaler Schlitz für den Geldeinwurf sehr sauber und aufwendig schräg durch das massive Gehäuse ausgestemmt. Eine Münzmechanik besaß dieses Gerät nie, das Geld fiel wohl in ein Kästchen im Inneren des Motorgehäuses. Links davon wäre eigentlich das Firmenschild, ein auf weißem Zelluloid gedruckter "Schreibender Engel," der D.G.A.G., zu erwarten gewesen. Das Schild ist, wie so oft, herausgefallen und wurde durch eine Eigenkonstruktion ersetzt. Was nach Kleberesten aussieht, ist nur die Spiegelung einer transparenten Folie. Es wurde damals nichts beschädigt und es sieht stimmig aus. Ich sehe keine Notwendigkeit, das Schild zu entfernen oder auszutauschen.



Ein Blick auf den kräftigen Dreifeder-Motor mit vernickeltem Federhaus. Der beste Grammophonmotor seiner Zeit. Auch das Gehäuseinnere besteht aus massivem Mahagoni.



Der im Jahr 1907 neu konstruierte, liegend angeordnete Drehzahlregler wird über die Federhausspindel angetrieben. Links unten die Drehzahleinstellung. Die Stange zum Offenhalten des Deckels wurde abmontiert. Dies war wegen des Münzeinwurfs erforderlich, den man als schwarzes Rechteck ganz unten rechts am Bildrand erkennen kann.



Erster Katalogeintrag von Juli 1907.



Vor kurzem habe ich in einem russischen Forum dieses wunderbare Plattencover gefunden. Quelle: Link - Hier klicken



Hier ist die Titelseite einer ungarischen Schallplatten-Nachtragsliste von September 1908 aus der EMI-Sammlung. Es ist die früheste Quelle welche das De Luxe II mit dem neu gestalteten Lotustrichter No. 9 mit Rand zeigt: Link - Hier klicken




[ Bearbeitet Mi Jul 19 2017, 12:35 ]
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Willi-H-411
So Jul 21 2013, 08:58
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Sehr schönes Gerät. Wenn du nicht soweit weg wohntest, würde ich mal vorbeikommen, um mir das auch mal anhören zu können. Hier hört das Auge sicherlich doppelt mit.

Wenn man das Verhältnis des Preises für den Trichter in Euro auf den Preis für das Gerät umrechnet, so dürfte dieser also um die 4.250 Euro gelegen haben. Eine stolzer Betrag.

Woher kommt dieser Unterschied in der "Maserung" am Rand des Plattentellers? Sind vielleicht hauptsächlich 25er Platten darauf abgespielt worden? Es hat den Anschein, daß bis zu diesem Durchmesser der Stoff plattgedrückter ist.

VG Willi
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joha
So Jul 21 2013, 13:11
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Mär 26 2012, 15:45
Wohnort: Dresden/Sachsen
Beiträge: 985
Ein sehr schönes Gerät was die Zeit überdauert hat um 1905 bis 1911 waren die Dekore und Verzierungen große Mode,an Gebäuden (Rathäusern ) findet man diesen Schmuck häufig.
Es hat damit einiges auf sich,was heute etwas in Vergessenheit geraten ist.
Die Kunst im Kaiserreich zeigte Girlanden aus Früchten und Füllkörbe mit Blumen,die Bedeutung der Früchte stand für Nahrung für das Volk,Ehren und Lorbeer für reiche Felder und ein siegreiches Vaterland,aus goldenen Füllhörnern wird das Glück über das Volk und der Segen ausgeschüttet.
Diese in Sandstein ,Holz, gebannten Ornamente zeugen vom Reichtum des Volkes, was sich natürlich alle Firmen zu nutze machten und auf Postkarten Gebäuden und Möbeln zu finden war. Ein Orginal aus der Kaiserzeit ist dieses schöne Grammophon.
Gruss joha
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alang
So Jul 21 2013, 20:03
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jun 12 2012, 19:52
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Beiträge: 660
Ein wunderschoenes Geraet. Herzlichen Glueckwunsch! Waere interessant zu wissen, in was fuer einem Haushalt so ein Prunkstueck damals gestanden ist. Der Motor scheint identisch mit dem des Auxetophone zu sein, sollte also locker 15 Minuten speilen wenn er voll aufgezogen ist. Da macht das Platten hoeren Spass.
Gruss
Andreas
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Starkton
So Jul 21 2013, 20:10
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
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Willi-H-411 schrieb ...

Sehr schönes Gerät. Wenn du nicht soweit weg wohntest, würde ich mal vorbeikommen, um mir das auch mal anhören zu können. Hier hört das Auge sicherlich doppelt mit.

Wenn Dir Berlin nicht zu weit weg bist, kannst Du gerne für ein Konzert vorbei kommen.
schrieb ...

Wenn man das Verhältnis des Preises für den Trichter in Euro auf den Preis für das Gerät umrechnet, so dürfte dieser also um die 4.250 Euro gelegen haben. Eine stolzer Betrag.

Drei Monatsgehälter eines Facharbeiters. Man muss sagen, dass die D.G.A.G. zu dieser Zeit mit ihren Grammophonen Verlust machte. Das war nur Prestigesache, denn der Gewinn kam mit den millionenfach verkauften Schallplatten, vor allem den billigen Zonophonplatten.
In den Jahren um 1907 verkaufte die D.G.A.G. von allen ihren Grammophontypen zusammen nur etwa 9000 Stück pro Jahr. Im Katalog von 1907 befanden sich 11 Modelle zu Preisen zwischen 75 und 350 Mark.
schrieb ...

Woher kommt dieser Unterschied in der "Maserung" am Rand des Plattentellers? Sind vielleicht hauptsächlich 25er Platten darauf abgespielt worden? Es hat den Anschein, daß bis zu diesem Durchmesser der Stoff plattgedrückter ist.

Der Samt ist außerhalb der 25 cm-Zone viel stärker von Licht und Luft angegriffen worden. Das "De Luxe II" gehörte einem Sammler von Uhren und Astrolabien, der mit über 80 Jahren starb. Ich gehe davon aus, dass eine 25 cm Platte zu Demonstrationszwecken auf dem Plattenteller lag, und der Sammler das Grammophon zwar mechanisch gut in Schuss gehalten hat, aber fast nie abspielte.
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Starkton
So Jul 21 2013, 20:14
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
joha schrieb ...

Die Kunst im Kaiserreich zeigte Girlanden aus Früchten und Füllkörbe mit Blumen,die Bedeutung der Früchte stand für Nahrung für das Volk,Ehren und Lorbeer für reiche Felder und ein siegreiches Vaterland,aus goldenen Füllhörnern wird das Glück über das Volk und der Segen ausgeschüttet.

Danke für die Erläuterung. Es macht Sinn, dass der Dekor mit bedacht ausgewählt wurde. Leider geben die Quellen keine Auskunft, wer dieses und andere Modell der Grammophon Gesellschaft entworfen hat.
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Starkton
So Jul 21 2013, 20:26
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
alang schrieb ...

Waere interessant zu wissen, in was fuer einem Haushalt so ein Prunkstueck damals gestanden ist. Der Motor scheint identisch mit dem des Auxetophone zu sein, sollte also locker 15 Minuten speilen wenn er voll aufgezogen ist.

Ich würde wirklich gerne wissen bei wem so ein Gerät im Musiksalon gestanden hat. Schade, dass es kein Werkstattheft wie bei Autos gibt, in das jeder Vorbesitzer eingetragen ist.

Kann gut sein, dass er 15 Minuten spielt. Ich ziehe aus Gewohnheit trotzdem nach jeder Platte auf

Hier ist ein Blick ins Schaufenster der D.G.A.G., und zwar in ihr Haupthaus in Berlin, Ritterstraße. Die Aufnahme stammt von 1907. Von links nach rechts sieht man ein "Monarch I", ein "Monarch III", das "De Luxe II" mit Lotustrichter und den "Gibson-Automat No. 1" als einziges Grammophon mit Münzeinwurf, das die D.G.A.G. damals noch anbot.


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Willi-H-411
So Jul 21 2013, 20:53
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Eine sehr schöne Fensterdekoration. Und "Caruso" darf auch nicht fehlen. Da kommt der Wunsch nach einer Zeitmaschine doch wieder mal auf.

Wie sah das damals mit Alarmanlagen aus? Bei den Werten, die dort im Schaufenster stehen, dürfte es so manchem Langfinger in denselbigen gejuckt haben.

VG Willi
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snookerbee
So Jul 21 2013, 21:06
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1684

Und auch ein Mensch hat sich in das Bild "geschummelt". Vielleicht war es ein jugendlicher Angestellter, der dort über dem Caruso-Schild nach draußen schaut.
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Willi-H-411
So Jul 21 2013, 21:08
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 12 2011, 11:42
Wohnort: Ruhrpott
Beiträge: 1296
Das schaut eher nach einer Spiegelung aus. Man kann ja auch noch andere Dinge sehen, die sich auf der Straße abgespielt haben.

Nachtrag: Obwohl ich, nach nochmaligen Hinsehen, mir da doch nicht mehr sicher bin.

[ Bearbeitet So Jul 21 2013, 21:10 ]
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Kleiner
So Aug 25 2013, 15:27
Gast
Ich sitze hier und sabbere... so ein wunderschönes Gerät. Ist es unhöflich, zu fragen, wieviel Du dafür bezahlen musstest? Im Übrigen (aber das ist natürlich Geschmacksache) gefällt mir der Messingtrichter sogar noch besser als der aus Holz.

Deswegen hoffe ich, dass folgende Frage nicht lächerlich erscheint: Diese Exhibition-Schalldose gefällt mir allein vom Aussehen her schon extrem gut, ich hatte sogar mal kurzfristig mit dem Gedanken gespielt, mir für meinen indischen Nachbau diese zuzulegen. Ich weiß, das wäre Perlen vor die Säue, habe den Gedanken auch wieder verworfen. Aber meine Frage wäre: Klingt diese Schalldose denn gut? Zeichnet sich Exhibition durch einen guten Klang aus? Dann wäre nämlich irgendwann ein Verbau an ein richtiges Grammophon eine Option, wenn ich denn mal bald eines haben sollte.
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Starkton
So Aug 25 2013, 18:44
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Erstmal Glückwunsch zu Deinem Geschmack. Ich finde den Messingtrichter auch sehr passend. Nicht nur, weil er im Grammophonkatalog als Option drin steht und damit historisch korrekt ist, sondern auch, weil er so gut mit den vergoldeten Girlanden harmoniert. Allerdings suchte ich einen schönen Platz für meinen Holztrichter ... Den Wert maile ich Dir.

Die Exhibition Schalldose ist zurecht legendär. Bis 1920 galt sie als das Maß aller Dinge, obwohl der übertragene Frequenzbereich eng ist, und alles andere als gerade verläuft. Das Messprotokoll ist das eine, die Performance auf einem großen Grammophon wie diesem aber (hörpsychologisch) etwas ganz anderes. Zumindest, wenn es um Stimmen geht, und die sind mein Sammelgebiet.

Dass kein Tiefbass vorhanden ist, stört mich nicht, und wird durch die strahlenden, dynamisch im Raum stehenden Stimmen mehr als ausgeglichen. Eine korrekt eingestellte Exhibition Schalldose tastet auch stärker abgenutzte Schallplatten noch korrekt ab, wenn die lauten Stellen auf modernen Plattenspielern schon längst verzerrt wiedergegeben werden.
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veritas
So Aug 25 2013, 19:32
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Jun 28 2012, 17:52
Wohnort: Allgäuer Provinzpampa
Beiträge: 543
Wirklich ein wunderschönes Gerät und endlich auch mal ein originales mit Verzierung am Gehäuse. Die Kanonenbremse finde ich besonders elegant und zuverlässig sind diese in Regel auch. Bislang ist mir noch keine untergekommen, die Probleme gemacht hat.

Exhibition-Schalldosen sind schon zu bekommen, nicht aber wirklich preiswert. Aber es bieten sich auch die zahlreichen Nachbauten an, die es schon damals auch in Deutschland gegeben hat. Viele von denen liefern klanglich ein ebenfalls exzellentes Ergebnis, kosten aber gern mal weniger als die Hälfte einer Exhibition.

Ob solch eine Schalldose allerdings auf einem Repro-Grammophon ordentlich funktioniert müßte man vorher einmal ausprobieren. Eine Exhibition (oder ein vergleichbarer Nachbau) hat ein deutlich höheres Gewicht als eine "Sound Box", wie sie an den Repro-Geräten immer steckt. Es könnte sein, daß der Federmotor dieses zusätzliche Gewicht nicht ohne Gleichlaufprobleme bewältigt. Die Victor-Exhibition, die ich hier habe bringt es ziemlich genau auf 150g. Das ist eine ganze Menge. Wenn Du deine momentane Schalldose testweise dahin beschwerst und der Motor noch sauber durchzieht, dann sollte er auch mit einer Exhibition spielen.

Ich finde die Exhibition auch klanglich besonders attraktiv und entwicklungstechnisch einen Meilenstein. Im direkten Vergleich klingt sie für mein Empfinden wesentlich besser als eine Victor/HMV No. 4. Gut justiert gibt es selbst bei elektrisch aufgenommenen Platten keine Probleme.
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Webseite
Starkton
So Sep 29 2013, 21:37
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Seit ich dieses Grammophon habe, frage ich mich, wie ein Sammler von Uhren dazu gekommen sein könnte. Was hat das Gerät mit Uhren zu tun? Wozu der Geldeinwurfschlitz? In einem Buch von 1908, Quellenangabe ganz unten, habe ich jetzt folgende hübsche Geschichte gelesen, die wunderbar dazu passt und den Zusammenhang erklären könnte. Die Geschichte stammt aus den ersten Jahren nach 1900, als man gegen Bezahlung Schallplatten unter anderem im Uhrmacherladen anhören konnte.

Kern der kurzen Erzählung ist eine Schallplatte. Darauf zu hören ist das Kunstlied Die Forelle, komponiert von Franz Schubert, gesungen im Jahr 1902 von dem Wiener Bariton Leopold Demuth für die Deutsche Grammophon A.-G, Katalognummer C 2-42531, mx. 1092x. Das "C" steht für Concert-Record, also für eine 25 cm Platte. Demuth ist ein wunderbarer, früh verstorbener Sänger. Leider habe ich diese Platte nicht.

Die Geschichte lautet so:

„Grammophonplatte C 2-42 531. Die Forelle von Schubert. – In Musik umgesetztes Gebirgswässerlein, kristallklar zwischen Felsen und Fichten murmelnd. Die Forelle, ein entzückendes Raubtier, hellgrau, rot punktiert, auf Beute lauernd, stehend, fließend, vorschießend, hinab, hinauf, verschwindend. Anmutige Mordgier!
Die Begleitung auf dem Klavier ist süßes sanftes eintöniges Wassergurgeln von Berggewässer, tief und dunkelgrün. Das reale Leben ist nicht mehr vorhanden. Man spürt das Märchen der Natur!
In Gmunden wußte ich es, daß täglich in den Nachmittagsstunden eine Dame in dem Laden des Uhrmachers die Grammophonplatte C 2-42 531 zwei- bis dreimal spielen ließ. Sie saß auf einem Taburett [= gepolsterter Schemel], ich stand ganz nahe beim Apparate.
Wir sprachen niemals miteinander.
Sie wartete dann später immer mit dem Konzerte, bis ich erschien.
Eines Tages bezahlte sie das Stück dreimal, wollte sich dann entfernen. Da bezahlte ich es ein viertes Mal. Sie blieb an der Türe stehen, hörte es mit an bis zu Ende.
Grammophonplatte C 2-42 531, Schubert, Die Forelle.
Eines Tages kam sie nicht mehr.
Wie ein Geschenk von ihr blieb mir nun das Lied zurück. Der Herbst kam, und die Esplanade wurde licht von gelben spärlichen Blättern.
Da wurde denn auch das Grammophon im Uhrmacherladen eingestellt, weil es sich nicht mehr rentierte.“ (Peter Altenberg, Grammophonplatte, in: Märchen des Lebens, Berlin 1908)
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alang
Mo Sep 30 2013, 15:36
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jun 12 2012, 19:52
Wohnort: Delaware, USA
Beiträge: 660
Das ist wirklich eine sehr nette Geschichte und sie koennte auch wirklich den Geldeinwurfschlitz erklaeren. In einem Uhrenladen oder einem anderen kleineren Geschaeft hat man sich vielleicht die zusaetzlichen Kosten und Komplikationen eines Automaten gespart und stattdem einfach einen Geldeinwurf installiert. Man hat warscheinlich darauf gebaut, dass die Kunden ehrlich sind, oder dass man leicht ein Auge darauf haben kann.
Danke
Andreas
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Starkton
Sa Okt 05 2013, 11:38
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Viele Grammophone ereilt ein hartes Schicksal. Dieses hier wurde an allen Ecken und Enden amputiert. Ich könnte heulen!!



Quelle: Link - Hier klicken
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Calle
So Okt 13 2013, 22:26
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 18 2011, 10:57
Wohnort: Emmerich am Rhein
Beiträge: 292
Endpreis: 611 Euro !!!!!!

Wow, hatte ich nicht erwartet... Habe da wohl mitgeboten da mir eine Säule fehlt und die runde Plakette ist auch immer willkommen aber bei so einen Preis kann ich mir die Säule günstiger beim Tischler herstellen lassen...

Wer war wohl der Käufer...?

[ Bearbeitet So Okt 13 2013, 22:27 ]
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Starkton
Mo Okt 14 2013, 20:20
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Calle schrieb ...

Wer war wohl der Käufer...?

Keine Ahnung wer der Käufer war, bei diesem Preis schätze ich, dass er dieses sehr seltene Modell neu aufbauen will. Da müsste er allerdings noch mal mindestens das Doppelte investieren, wenn er nicht selbst tischlern und schellackieren, sowie die Fehlteile von vorhandenen Grammophonen nehmen kann. Kann gut sein, dass dieser Thread den Preis befeuert hat.

Interessant ist, wie hell das Mahagoni des Gehäuses durch Lichtschäden geworden ist. Ganz anders die Säulen. Vielleicht lagen die in der Schublade und sind erst vor kurzem wieder angesetzt worden.
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Calle
Mo Okt 14 2013, 21:16
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 18 2011, 10:57
Wohnort: Emmerich am Rhein
Beiträge: 292
Ja, da hast Du wohl Recht; ich denke da wird er/sie ;-0 bestimmt mindestens noch mal das Doppelte investieren müssen.
Es wird bestimmt schwierig sein die Leisten usw. nachzufertigen; auch ist die Bremse anscheinend mal versetzt worden und mir scheint da ist auch ein Loch o.ä. unten links; keine Ahnung wieso.
Arm, Kurbel, Schalldose, usw. fehlen... Die kosten schon ein kleines Vermögen...
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