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Vorverstärker für Schellack selberbauen
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Rundfunkonkel
Mi Nov 30 2011, 19:34 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
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Beiträge: 1119
Hallo in die Runde,

durch diverse Nachrichten und Anregungen im Forum hielt ich es zuletzt nicht mehr aus, und es musste endlich mein RFT 78 Plattenspieler mit TAMS0249 Tonabnehmer (soll baugleich mit Telefunken TO1002 sein)fertig werden. Obwohl Willi-H-411 gern einen Vergleich zwischen zwei unterschiedlichen Frequenzkorrekturen am serienmäßigen Übertrager dieses Tonarmes hören würde, habe ich "vorübergehend" meinen röhre-bestückten Phonopre "aus eigenem Anbau" dafür hergenommen. Damit wurde klar, dass der moderne Plattenspieler (er klang plötzlich richtig schlecht) nicht mit irgendwelchen nachträglichen Anpassungen weiterlaufen konnte - eine passende Lösung musste her... der Versuch mit der Anti-RIAA Schaltung in einem anderen Thread hätte bedeutet einen weiteren Verstärker dazwischen zu konstruieren. Kurz gesagt: Bücher gewälzt, Schaltungen ausgewählt, verworfen... bis ein kleiner einfacher Zweitransistor-Vorverstärker in einem Büchlein auftauchte. Nachdem er ohne die RIAA Korrektur aufgebaut war, ging es an die Anpassung an Schellackplatten. Ich habe momentan bewusst auf eine Umschaltung verzichtet, da bisher auch meistens die Schalter am Röhrenpendant in einer ausgewählten Stellung verbleiben. Vielleicht später mal, im Augenblick ist das Gerät im Testlauf. Sobald eine Platte bei Juhutube ist, würde ich mich über eine Beurteilung des Frequenzbildes freuen. Da ich (noch) nicht in der Lage bin die passenden Widerstände und Kondensatoren, zumal für eine unbekannte Frequenzkorrektur, zu berechnen, musste das Ganze via try and error erledigt werden.

Ich würde ja gerne den Schaltplan mit meinen Änderungen hier zeigen, aber denke dass dieser (zumindest teilweise) dem Buch-Copyright unterliegen wird.





Gruß

RFO

[ Bearbeitet Mo Dez 26 2011, 15:21 ]
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Formiggini
Do Dez 01 2011, 14:39

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Tolles Projekt - ich bin mir sicher, dass wir es schaffen können, eine halbwegs nachbausichere Anleitung für einen Schellackplatten Vorverstärker hier zusammen auf die Beine zu stellen

Leider ist es so, wie du schon sagtest, dass vorallem in Büchern veröffentlichte Schaltpläne dem Copright unterliegen.

Auch mit Schaltbildern anderer, sowie von noch erhältlichen oder älteren Bausätzen (z.B. ehemals Radio RIM) könnte es Schwierigkeiten geben...

Allerdings spricht aus Urheberrechtlichen Gründen nichts dagegen, wenn man das Prinzipschaltbild z.B. ohne Bauteilwerte oder nur die relevanten Baugruppen ohne das komplette Schema nachzeichnet.

Daraus ergibt sich eine gute Ausgangslage, in denen die Abänderungen gezeigt werden können, um Vorverstärker den Schellackplattenkurven anzupassen.


Der Bau eines Vorverstärkers für Grammophonplatten beschäftigt mich auch schon länger.

Ich habe dabei drei verschiedene Ansätze durchprobiert:

1. Passive Frequenzanpassung zwischen aktiven Verstärkerstufen:

Man nehme zwei lineare Vorverstärker (z.B. Mikrophonverstärker), gerne auch als Bausatz oder Modul, und lege zwischen sie jeweils eine passive Entzerrung.

Eine gute Möglichkeit die Bauteile für die verschiedenen Frequenzgänge zu berechen gibt es hier, leider nur auf englisch: Link - Hier klicken

Allerdings hat diese Option einen großen Nachteil: Durch die passive Entzerrung geht viel "Leistung" verloren - d.h. die beiden Verstärker die die passive Bass und Höhenentzerrung ansteueren, müssen "voll aufgedreht" werden. Dies führt leider bei den meisten, günstigen Verstärkerstufen zu einem starken Eigenrauschen oder sogar zu Verzerrungen des ganzen Gebildes.

Man müsste dann sehr hochwertige Verstärkerstufen verwenden, was die ganze Sache wieder recht teuer macht... Also Konzept verworfen.

2. Aktive Anpassung in dem Gegenkopplungszweig von Transistorstufen

Kleine Transistorverstärker (Auch Eigenbau oder Bausatz) können "Gegengekoppelt" werden. D.h. vom Ausgang des Transistors wird ein kleiner Teil wieder dem Eingang zugeführt. Mit verschiedenen Bauteilen (Widerständen und Kondensatoren) in diesem Gegenkopplungszweig, lässt sich der Frequenzgang beeinflussen.

Viele kleine RIAA Vorverstärker sind nach diesem Prinzip aufgebaut.
Ändert man nun die Bauteilwerte in der Gegenkopplung, lässt sich diese dem Frequenzgang von Schellackaufnahmen anpassen.

Was ganz gut klingt, erwies sich bei mit etwas Schwierig: Auch wenn ich fertige Bausätze für solche Vorverstärker verwendete, um dann mit dem Gegenkopplungszweig zu experimentieren, stellte sich oft wildes Schwingen der ganzen Schaltung ein - es pfiff wie wild...

Ausserdem fand ich es recht kompliziert, für Transistoren die verschiedenen Gegenkopplungszweige zu berechnen.

Ich persönlich habe für mich diesen Ansatz wieder verworfen - heißt aber nicht, dass dieser schlecht wäre.
Deine Schaltung scheint ja auf diesem Prinzip zu beruhen, und bringt wirklich ordentliche Ergebnisse!
Daher würde mich dein Lösungsansatz brennent interessieren - Vielleicht lerne ich noch im Nachhinein, was ich da verpfuscht habe... *heul

3. Aktive Anpassung in dem Gegenkopplungszweig von Operationsverstärkern

Kleine Operationsverstärker, die als Chips aufgebaut sind, lassen sich vorzüglich als Vorverstärker nutzen.
Es sind nur wenige externe Bauteile zur Beschaltung notwendig.
Viele "moderne" Bausätze für Phono Vorverstärker nutzen mittlerweile diese kleinen Chips.
Ein weit verbreiteter Operationsverstärker ist der NE 5532. Dieser acht-beinige Chip ist "doppelt" aufgebaut, d.h. er bietet bereits die Möglichkeit für einen Stereovorverstärker.

Mit diesem kleinen Teil, habe ich das wüste Schwingen der Schaltung in den Griff bekommen.

Hier mal eine Prinzipbeschaltung eines NE 5532
Bild 1


Mit P1 lässt sich die Lautstärke am Eingang regeln.
Interessant sind für uns die Bauteile Widerstand R4 und Kondensator C3.
Diese bilden, ähnlich wie bei Transistorstufen eine Gegenkopplung, mit der sich der Frequnezgang der Schaltung beeinflussen lässt.

Wichtig für mich, ist eine einstellbare Bassanhebung, sowie Höhenabsenkung.

Ändern wir nun die Bauteile R4/C3, so lässt sich die Schellackanpassung leicht realisieren:
Bild 2


Bild 3


Die Werte für die Bauteile habe ich einem thread im Dampfradioforum entnommen: Link - Hier klicken
Dort wurde eine tolle Schaltung für einen Schellackentzerrer entwickelt.
Leider fürchte ich, dass viele mit dem Aufbau einer solchen Schaltung etwas überfodert sind - Nichts dest weniger, eine tolle Leistung, die dort zusammen entwickelt wurde.


Vielleicht kann sich ja eine Zusammenarbeit zwischen den beiden Foren diesbezüglich entwickeln?
Ich bin dort zwar nicht Mitglied - nur eifriger Leser, andere Mitglieder hier bei uns, sind mir da aber vorraus. Vielleicht will das mal jemand in die Hand nehmen?



Nun sind aber wohl einige mit der Eigenentwicklung eines Vorverstärkers auf Basis eines Op-amps wie dem NE5532 etwas überfordert.

Wie gesagt, viele Bausätze basieren auf dem NE5532, in dem Aufbau muss ja nur der Gegenkopplungszweig nach den obigen Bildern geändert werden.

Sucht mal im Netz nach Bausatz "NE5532", da findet sich einiges...

Ich habe mich für einen (eigentlich zwei) Bausatz Namens "Super Stereo Ear" entschieden: Link - Hier klicken

Vorteilhaft fand ich den Lautsärkeregler. Damit lassen sich die zwei Stufen für die Bass und Höhenanpassung gut regeln.

Unter dem link ist auch der Schaltplan dieses Bausatzes als pdf einsehbar - ihr werdet sehen, dass er sich nicht stark von dem ersten Bild unterscheidet.

Was ich nun machte, war nach Aufbau und Funktionstest der beiden Bausätze jeweils R4 und C3 auszubauen, und je durch einen Stufenschalter zu ersetzen, an dem die Bauteile aus Bild 2 und 3 zugeschaltet werden können.

Mit diesem Konzept lassen sich die verschieden Schellackkurven schon recht gut anpassen.
Allerdings war ich damit noch nicht ganz zufrieden.....

Die Frequenzanpassung ist nicht immer optimal, oder entspricht nicht immer ganz unserem heutigen Hörbild.

Deswegen schaltete ich noch einen Bausatz nach, mit dem sich Bässe, Mitten und Höhen stufenlos regeln lassen. Damit lassen sich die Frequnzgänge im weiten Rahmen regeln.

Es gibt einige Baustäze für Klangregelnetzwerke auf dem Markt, leider lassen sich bei den meisten nur Bässe und Höhen regeln.
Dieser Bausatz lässt aber auch die Beeinflussung der Mitten zu: Link - Hier klicken

Das ganze Gerät ist also so aufgebaut:
1. Bausatz Vorverstärker mit abänderung zur Bassanhebung
geht in
2. Bausatz Vorverstärker mit abänderung zur Höhenabsenkung
geht in
3. Bausatz der Klangregelung Bässe/Mitten/Höhen

Das ganze wurde dann noch in ein Gehäuse eingebaut, und spielt nun so bei mir:



[ Bearbeitet Mi Jan 03 2018, 11:10 ]
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Rundfunkonkel
Do Dez 01 2011, 16:08
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
Wohnort: Umkreis Köln
Beiträge: 1119
Hallo Formiggini,

Wie Du unter 2. in Deinem Posting beschrieben hast, wird auch hier eine Gegenkopplung zwischen den zwei Transistoren als Korrekturglied eingesetzt. Bauteilwerte kann ich gerne mal nachsehen; aufgeschrieben habe ich sie mir noch nicht.

Nachdem die Schaltung fertig auf der geätzten Platine aufgebaut war, dachte ich zuerst an eine einstufige Korrektur, so wie Du sie schaltbar gemacht hast (ob das der Grund Deiner Probleme gewesen war?). Nach Stunden des Probehörens zwischen dem Röhrengerät und diesem Neubau habe ich das aber verworfen, da die absinkende Filterkurve offensichtlich viel zu steil verläuft. Ich habe mich dann, in Anlehnung an die ursprüngliche Idee mit gestaffeltem Filter, durch viele viele Versuche mit den unterschiedlichsten Bauteilwerten und Platten der 30er bis 50er Jahre an die nun eingelöteteten Werte herangetastet. Auf eine stärkere Absenkung der Höhen (wie meist) habe ich bewusst verzichtet, um zum einen dem Programm im Rechner die Arbeit zu erleichtern - und zum anderen aber die Höhen, die ja öfters weitaus stärker vorhanden sind als angenommen - beim normalen Hören nicht zu beschneiden. Das Beispielvideo klingt meines Erachtens mit der RIAA Kurve recht dumpf, basslastig und wenig transparent, was ganz bestimmt nicht das Entwicklungsziel der Ingenieure in den 30er und 40er Jahren gewesen sein kann. Auf jeden Fall würden die meisten Plattenfreunde ihre Aufnahmen mit passender Korrektur kaum wiedererkennen.

Der Schaltplan meines röhrenbestückten Entzerrers ist noch mit einer EF12 bzw. EF40 (geht auch mit EF86) aufgebaut. Diesen würde ich gerne nochmals aufbauen, aber dann mit einem klanglich ähnlichen Röhrenersatz, einem N-Kanal Mosfet. Allerdings wäre eine etwa 10fache Verstärkung vor dieser Stufe nötig, um moderne Tonabnehmer daran zu betreiben - was auch der Grund dieses Transistorgerätes als Ersatz ist.

Mir fällt da gleich wieder der Schaltplan des Telefunken Vorverstärkers Ela B 1200 aus den 40ern ein... der muss demnächst mal gebaut werden :).

Gruß

RFO

[ Bearbeitet Mi Jan 03 2018, 11:21 ]
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Rundfunkonkel
So Jun 23 2013, 00:49
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jul 03 2011, 16:48
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Zum letzten Satz meines vorherigen Eintrages kann ich nur sagen: er ist gebaut - und ich bin begeistert. Anbei zwei Bilder dazu *year .




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