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Deutsche Grammophon A.G. Elektrisch betriebenes Trichtermodell + Piedestal von ca. 1910
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DGAG
So Jul 01 2018, 13:01 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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Deutsche Grammophon A.G. Elektrisch betriebenes Trichtermodell + Piedestal von ca. 1910



Auf einer kleinen Serie von drei Fotografien die ich zusammen erwarb ist immer das gleiche Trichtergrammophon abgebildet, ein bisher nicht in Katalogen nachgewiesenes Luxusmodell, plus passendem Piedestal (Pedestal/Unterschrank). Es gibt gewisse Ähnlichkeiten mit einem Modell für den spanischen Markt, dem Monarch No. 13 de Luxe von 1909, siehe unten, hergestellt von einer Schwester der DGAG. Ein noch überzeugenderer Hinweis ist das vergoldete Bronzerelief auf der Tür des Piedestals, welches identisch ist zu demjenigen auf dem Oberteil des DGAG Salon-Apparat Modell "No. XI" von 1910, Link - Hier klicken

Entstanden sind die Aufnahmen im Atelier des Coburger Hof-Photographen Wilhelm Adler. Was an obigem Bild auffällt ist der weiße Laborkittel, den der junge Mann trägt. Vielleicht ist auch er Photograph. Möglicherweise ist es Max Adler, der das Atelier später von seinem Vater übernommen hat. Link - Hier klicken



Das Gehäuse scheint aus Mahagoni zu sein mit vergoldeten Bronzeapplikationen, ähnlich dem DGAG "De Luxe II" von 1907 Link - Hier klicken . Bemerkenswert ist der Spearpoint-Trichter aus Mahagoni mit zusätzlichen Intarsien um die speerblattförmigen Aussparungen. Eigentlich würde man auf dieser Seite des Gehäuses eine Kurbel erwarten, stattdessen sieht man nur einen Knopf an einer Stange die ins Gehäuseinnere führt. Auf der Gehäusedeckplatte fehlt anscheinend die Drehzahleinstellung und die Bremse. Dazu weiter unten mehr.



An der gleichgebliebenen Position der drei übereinander gelegten DGAG-Plattenalben im Ablagefach des Piedestals kann man erkennen, dass das Familienportrait am selben Tag entstand. Neben dem Kleinkind, das gerade sitzen gelernt hat, spielt auch auf diesem Bild das Grammophon eine Hauptrolle. Der junge Mann muss mächtig stolz auf beide sein.



Das nächste Foto ist etwa ein Jahr später nicht im Atelier sondern zuhause aufgenommen worden. Das Kind kann inzwischen stehen und das Grammophon hat ein passendes Piedestal erhalten, ebenso reich verziert wie das Gerät selbst. Man achte auf das spiralig gedrehte Kabel welches sich von der Grammophonrückseite entlang des Piedestals nach unten schlängelt. Ich halte dieses Kabel für eine Stromzuführung. Offenbar hatte das Grammophon einen Elektromotor! Vermutlich diente die oben beschriebene Stange an der rechten Gehäuseseite zum Ein- und Ausschalten.

Unten rechts sind wieder die drei Plattenalben arrangiert. Eines ist aufgeschlagen, aber leider kann ich außer dem "Stimme seines Herrn" Motiv nichts auf dem Label erkennen.



Es gibt einige Ähnlichkeiten mit dem Typ Monarch No. 13 de gran lujo aus dem Katalog von 1909 der Compagnie Francaise du Gramophone, Paris, welche als Compania Franzesa del Gramophone eine Filiale in Barcelona unterhielt.

Die überreichen Bronzeapplikationen des unbekannten Grammophons, die sich sogar in den Ecken der Gehäusedeckplatte befinden, erinnern mich zudem an russische Grammophone, typisch bling-bling eben. Das elektrisch betriebene Grammophon, inklusive verziertem Holztrichter samt Piedestal und Plattenalben, dürfte diesen frühen Technik-Enthusiasten annähernd ein durchschnittliches Jahreseinkommen, damals etwa 1000 Mark, gekostet haben. Ob dieses Set bei seinen Nachfahren die Zeit überdauert hat?



Die ersten beiden Fotografien tragen auf der Rückseite den obigen Aufdruck des Coburger Hof-Photographen Wilhelm Adler.

[ Bearbeitet Di Okt 30 2018, 07:54 ]
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Hedensö
So Jul 01 2018, 16:23
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Jan 06 2012, 11:09
Beiträge: 881
Sehr interessant!
Das weckt bei einem Sammler natürlich den Ehrgeiz herauszufinden, was es damit auf sich hat.

Ich glaube mit der Compania Franzesa del Gramophone bist du schon sehr nahe dran. Schaue mal dieses Gehäusedesign an, das ist schon sehr nah dran...
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Das Design des Piedestals erinnert mit der Harfe an das Gehäusedesign des De Luxe III. In der Regel lassen sich bestimmte Designelemente wiedererkennen zwischen Piedestal und Grammophon, was aber hierbei nicht direkt gegeben ist.

Das mit dem Intarsien an den Speerförmigen Aussparungen habe ich auch noch nicht gesehen.

Hast du etwas über den Fotografen Wilhelm Adler herausfinden können? Vielelicht gab es (geschäftliche) Verbidnungen nach Spanien, sodass er dadurch an dieses untypische aber offensichtliche Luxusgerät kam...

Ich bin gespannt, was sich noch herausfinden lässt.


[ Bearbeitet Do Nov 01 2018, 16:54 ]
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DGAG
So Jul 01 2018, 18:27

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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Beiträge: 646
Herzlichen Dank für das Foto und den Link zum spanischen Monarch No. 13. Ich habe mich natürlich auch gefragt wie ein junger Mann, auch wenn er vielleicht der Sohn eines Hof-Photographen ist, an ein solches Luxusgerät kommt.

Deinem Hinweis auf eine mögliche Verbindung nach Spanien bin ich nachgegangen. Es ist wirklich reine Spekulation, aber vielleicht hilft ein Blick auf die Geschichte der Stadt Coburg und ihres Adelsgeschlechts. Beatrice, die jüngste Tochter des bis zum Jahr 1900 regierenden Herzogs Alfred von Sachsen-Coburg und Gotha, heiratete am 15. Juli 1909 Prinz Alfonso d’Orléans-Bourbon, einen Cousin König Alfonsos von Spanien. Das Paar lebte bis 1912 in Coburg bis beide nach Spanien umzogen.

Der Hochzeitstermin würde perfekt zum angenommenen Baujahr dieses Grammophons passen. Kam es also als fürstliches Hochzeitsgeschenk nach Coburg, womöglich direkt von der Grammophongesellschaft, und blieb drei Jahre später beim Umzug des Paares nach Spanien verwaist zurück? Vielleicht hatte niemand am Coburger Hof Verwendung dafür und der Hof-Photograph Wilhelm Adler, oder sein musik- und technikbegeisterter Sohn Max könnten die Gelegenheit genutzt haben. Alles pure Theorie, macht jedoch Spaß sich dieses Szenario auszumalen.
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DGAG
Mo Okt 29 2018, 17:23

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
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Beiträge: 646
Bei genauerem Studium des oben abgebildeten Fotos mit dem Titel "Horch Papa die Musik" ist mir die große Ähnlichkeit des Reliefs auf der Tür des Grammophonunterschranks, siehe folgende Abbildung oben, mit demjenigen auf der Vorderseite des DGAG Salon-Apparats Modell "No. XI" von 1910 aufgefallen, siehe folgende Abbildung unten und Link - Hier klicken





Durch die direkte Gegenüberstellung ist für mich klar: die sind identisch! Der Hersteller des (vermutlich) elektrisch betriebenen Trichtergrammophons und seines Unterschranks ist sehr wahrscheinlich ebenfalls die DGAG. Falls irgendwann der DGAG-Gerätekatalog von 1910 auftauchen sollte würde man hoffentlich beide Geräte darin finden.


[ Bearbeitet Mo Okt 29 2018, 17:28 ]
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