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Fabrik der Oktoberrevolution 1905 - Staatliche Organisation für Lehrmittelbeschaffung
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Telraphon
Sa Okt 03 2020, 20:47 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Hier nun eine weitere kuriose 30cm-Platte aus Russland - zu hören ist Schaljapin, es ist eine einseitige Pressung.
Auf dem für Sowjetverhältnisse recht schön gestalteten Label ist eine Art Herold mit Grammophontrichter - neben dem Trichter steht "Фабрика Пятилетия Октября" und auf dem unteren Rand "госпросснаб НКП". Ersteres heißt wohl so viel wie "Fabrik der Oktoberrevolution 1905" und Letzteres ist die Bezeichnung der Staatlichen Organisation für Beschaffung und Ausstattung mit Lehrmitteln als Teil des Kommissariats für Bildungswesen, sprich des Bildungsministeriums der Sowjetunion:




Die Rückseite ist auch recht schön gestaltet:



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Vogtländer
So Okt 04 2020, 11:58
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Dez 24 2015, 00:14
Wohnort: Vogtland
Beiträge: 173
...eine wunderbare Seltenheit, herzlichen Glückwunsch.

Die Fabrik benennt sich allerdings nach dem "5ten Jahrestag des Oktobers" (Oktoberrevolution 1917), also ist sie von 1922, da war der Bürgerkrieg beendet und die Sowjetunjon wurde gegründet.
Somit dürfte die Platte in die frühen Aufträge des neuen Volkskommisariats fallen.

Nochmal Glückwunsch, das ist ein Stück Geschichte

[ Bearbeitet So Okt 04 2020, 12:00 ]
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Telraphon
So Okt 04 2020, 13:47
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Die Fabrik benennt sich allerdings nach dem "5ten Jahrestag des Oktobers" (Oktoberrevolution 1917), also ist sie von 1922, da war der Bürgerkrieg beendet und die Sowjetunjon wurde gegründet.


Danke für Deinen netten Kommentar!
Ja, davon (5. Jahrestag der Revolution 1917) war ich zuerst rein übersetzungstechnisch auch ausgegangen, hatte mich dann aber doch auf die Revolution im Oktober 1905 eingeschossen - schlicht aufgrund der Rückseite mit passender Jahresangabe...so gut ist mein Russisch leider auch nicht (mehr).
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berauscht
So Okt 04 2020, 14:48
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1956
Auf Russian-Records gibt es interessante Informationen zu diesem Label.

Russian Records
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Telraphon
Mo Okt 05 2020, 13:56
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Danke für den Link! Demnach war der Hersteller dieser Platte die wohl enteignete, ehemalige Parhe-Fabrik. Die Aufnahme scheint bisher nicht verzeichnet in der Aufstellung auf jener Seite.
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DGAG
Mo Okt 05 2020, 17:32

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 658
Es waren zwar die Gebäude der ehemaligen Pathé-Fabrik, die Maschinen zur Plattenherstellung kamen jedoch von der seit 1914 ebenfalls in Moskau gelegenen, und Anfang 1918 geschlossenen "Pishushij Amour"-Pressfabrik der Gramophone Co.

Natürlich hatte man alle nach der Stilllegung noch verwertbaren Matrizen der Gramophone Co. mitgenommen. Darunter war auch die 1922/23 von der "Fabrika Pyatiletiya Oktyabrya" nachgepresste Aufnahme von Chaliapin vom 12. November 1911 (Kat. No. 022263, mx. 2539c): Link - Hier klicken

Bin auf weitere russische Platten aus dem Nachlass gespannt.

[ Bearbeitet Mo Okt 05 2020, 18:02 ]
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Telraphon
Mo Okt 05 2020, 23:41
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Danke für diese weiteren Informationen - die Entwicklungen der russischen Plattenindustrie nach der Revolution scheint ja fast ebenso interessant wie die der russischen "Piratenlabels" zur Zarenzeit!

Bin auf weitere russische Platten aus dem Nachlass gespannt.


Dem kann leicht entsprochen werden. Wenn ich ein paar Platten aus den späten 20ern bis 40ern herausrechne und auch russische Pressungen von Deutschen Aufnahmen (Märsche, Walzer, zumeist als "Grammophon-Orchester Berlin" - das Übliche halt) nicht mit aufzähle, dann bleibt neben den zwei bzw. drei hochinteressanten, jüdischen Syrena-Platten aus dem anderen Thread eigentlich nur eine Hand voll wirklich "russischer" Aufnahmen aus der Zarenzeit übrig, die aber sicher auch nicht wirklich eine besondere Überraschung beinhalten sondern wahrscheinlich Massenware sind - und zwar:

вчера в Вене I+II (gestern in Wien) , A. Grünfeld, „berühmter Virtuose“, G.C.-25627 Gram. Conc.

гибель Варяга („Der Tod des (((im Russisch-jap. Krieg versunkenen Kreuzers)))) Warjag“) / Липа вековая. (Die Jahrhunderte alte Linde) – Russischer Chor + Solo F.P. Pavlova , Moskau , Zonophon X64686

крестяночка - танець Яковлева (Bauernmädchen, Tanz von Jakovleva) / коханочка - бальный малороссийски гопакь (Kochanochka, Kleiner russischer Ballsaaltanz (?) ) – Orchester „Zonophon“ Zonophon X60560

когда на него ты глядишь (Wenn Du ihn ansiehst) / жалобо стонеть (Stöhnende Beschwerde, Zigeunerromanze) - Varvara Panina , Zonophone X-63571

лучинушка (Splitter – russisches Volkslied) – F.I. Chaliapin, Solist seiner Majestät, Moskau – Amour Gramophone Record M022189

куда, куда вы удались (Wohin, wohin bist du gegangen) – Arie des Lensky aus der Oper Eugen Onegin von P.Tschaikovsky – Der Künstler des Imperialen Theaters L. W. Sobinow begleitet durch das Grammophon-Orchester unter Leitung von Seidler-Winkler, Moskau – Gramophone Monarch Record 022140

солнце всходит и заходит (Die Sonne geht auf und unter) aus dem Drama „am Tag“ – F. I. Chaliapin, Amour Gramophone Record M022188



Interessanter ist da schon eher die "Sammlung" als Ganzes - und die Tatsache, dass sie so lange überlebt hat. Ich habe leider so gut wie keine Informationen zur Familiengeschichte bekommen können, die weiter als 40 Jahr zurückreichen - die noch lebenden Nachkommen haben offenbar nie gefragt noch sich damit beschäftigt.
Fest steht für mich nur, dass die Familie einst eine besondere Stellung gehabt haben muss - die Tochter meinte, sie hätte "sehr alten Schmuck für mehrere tausend Euro" an einen Juwelier verkauft, von einer durch sie auf dem Flohmarkt (!!!) verkauften Ikone weiß ich auch und vor dem Container habe ich selbst neben den Platten auch einige russische Bücher bewahrt. Zum Teil mehrere Hundert Jahre alt und in hartes, mit geprägtem Leder bespanntes Holz eingebunden, mit Spuren von (längst entfernten) prachtvollen Beschlägen. In dem größten Buch findet sich ein "ex Libris", mit welchem man vielleicht mehr über die Familie & die genaue Herkunft der Platten herausbekommen kann - mir ist es bislang nicht gelungen:





Das Thema bleibt sehr interessant...und ich mag mir nicht ausmalen, was Alles von der Tochter entsorgt oder verscherbelt wurde...Ob der Geschichte Russlands und der Vernichtung vieler Kulturgüter unter den Sowjets umso trauriger.

[ Bearbeitet Mo Okt 05 2020, 23:51 ]
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DGAG
Di Okt 06 2020, 11:46

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 658
Du hast natürlich recht, dass die jüdischen Kabarett-Aufnahmen von Herman Feinstein und Shlomo Lindenfeld auf Syrena-Rekord heutzutage größere Aufmerksamkeit genießen: Link - Hier klicken und hier im Forum Link - Hier klicken

Allerdings sind gerade die Aufnahmen von Chaliapin und Sobinov großartig. Außerdem: Obwohl keine Superraritäten, findet man sie definitiv nicht an jeder Ecke und noch vor dreißig Jahren, d.h. vor dem Untergang der Sowjetunion, konnte kaum ein Sammler träumen diese Platten im Original zu besitzen.

Bei der Grünfeld-Platte handelt es sich übrigens nicht um eine russische Aufnahme. Sie entstand am 26. Oktober 1910 in Wien (mx. 15028b), wurde in Deutschland/Österreich und in Russland veröffentlicht und erhielt dabei als Katalognummer die Nummerncodierung des jeweiligen Landes. In Deutschland lautete die Katalognummer nicht 25627 sondern 45569. Die Platte müsste doppelseitig sein. Auf der Rückseite ist die Katalognummer 25626 (bzw. 45568; mx. 15027b)
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