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"Bildstock mit Phonograph" nach dem Patent von Clarence Williamson Embrey, Wien 1911
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PONOPHON
So Mär 30 2025, 18:12 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 261
Liebe Fach-Gemeinschaft, ist Euch so ein Gerät bekannt?


Ich habe heute in der Nähe von Tulln an der Donau (Großraum Wien)
den Sockel eines Bildstock-Grammophons abgeholt.
Ganz offensichtlich wurde es von Thorens hergestellt, die Oberfläche des Holzes ähnelt sehr den bekannten, kleinen Thorens Bijou Trichtergrammophonen.
Motor, Plattenteller und Schalldose ebenfalls, wenn auch in etwas späterer Ausführung.
Ich habe dazu den Hinweis auf das Patent in der Phonographischen Zeitschrift gefunden
und in weiterer Folge das Schweizer Patent (es gibt auch ein französisches Patent).



patent.pdf
Das Gerät ist recht klein und zierlich, zum Größenvergleich habe ich weiter unten
eine 25cm Platte dazu gestellt.
Es sind einige 18cm FITZ-RECORD Fabrikat „FAVORITE“ Platten dabei
die wohl aus der Produktionszeit des Gerätes stammen.
Die Plattentitel sind überwiegend volkstümlich und geben keinen Hinweis auf eine sakrale Verwendung. Aber das Grammophon ist ja nicht ausschließlich zur sakralen Verwendung bestimmt, wie im Patent schon beschrieben.
















Bei meinem Exemplar fehlt außer dem Aufsatz, auch die vordere Tür.
Sollte jemand wissen wie das Gerät ursprünglich ausgesehen hat, wäre ich über Bilder sehr froh.


[ Bearbeitet Do Apr 17 2025, 10:54 ]
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DGAG
Fr Apr 11 2025, 18:51

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 723
Nein, diese Erfindung war mir nicht bekannt. Ich habe sie bisher komplett ignoriert, deshalb vielen Dank, dass Du uns darauf aufmerksam machst.

Ich bin erstaunt, dass Embrey so etwas tatsächlich patentieren konnte. Anscheinend hat die Bezugnahme auf das fragwürdige und damals wohl unerforschte Phänomen des "wirbelloses Austretens des Schalls" geholfen. Da haben die Patentämter wohl beide, akustisch ahnungslose, Augen zugedrückt.

In der ausgeführten Form, dem "amerikanischen Meistersprechapparat Arion", welcher der aus den U.S.A. stammende Embrey im März 1911 auf der Leipziger Frühjahrsmesse vorstellte, überwölbt eine metallene, halbkugelförmige Schale wie eine Kuppel die vier sie tragenden, hohlen Metallsäulen. Durch eine der Säulen wurde der Schall dabei nach oben geführt. Die Schale streute den Schall und machte ihn, zumindest in den Ohren des damaligen Redakteurs der Phonographischen Zeitschrift, der die Messe besucht hatte, schöner, indem das "Aus-dem-Kellerloch-heraus-Ähnliche" damaliger Schalltrichter angeblich nicht vorhanden war.


Der Redakteur konnte auf der Messe auch eine "Imitation" des "Arion"-Grammophons anhören, welches akustisch deutlich schlechter abschnitt. Es gab damals zahllose Versuche den Trichter optisch verschwinden zu lassen, bzw. den Klang zu verschönern oder den Platzbedarf zu verringern, indem man den Schall nach oben abstrahlen ließ oder durch eine auf dem Gehäuse liegende Muschel führte.

Ob das hier vorgestellte Gerät tatsächlich ein "Arion" ist, da bin ich skeptisch. Das Schallaustrittsrohr ist ziemlich weit in der Mitte und ich kann keinen Hinweis auf die Basen der drei anderen Säulen erkennen. Vielleicht war es der Prototyp einer ähnlichen Erfindung. Auch auf der Messe stand ja bereits ein Imitator.

Hier noch der Bericht aus der Phonographischen Zeitschrift (12. Jahrgang, Nr. 11, S. 292)

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PONOPHON
Fr Apr 11 2025, 20:55
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 261
Lieber Stephan, vielen Dank für deine ergänzenden Ausführungen.

Ich nehme an mit dem Arion ist dieses Gerät gemeint. Leider habe ich nur diese kleinen Bilder davon:






Vor sehr vielen Jahren war dieses Gerät im Internet zu erwerben. Leider wurde ich damals überboten. Ich hatte aber im Anschluss noch Kontakt mit dem Käufer, das war damals noch möglich. Wir unterhielten uns darüber, er war wie ich der Meinung, dass es sich um ein Original handeln dürfte.

Später habe ich dann eines nachgebaut:










Ich habe es heute noch, allerdings dreht sich jetzt ein Porzellan Walzer-Pärchen während dem Spiel unter dem Dom.






[ Bearbeitet Sa Apr 12 2025, 06:11 ]
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DGAG
So Apr 13 2025, 17:54

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 723
Wow! Genauso hatte ich mir das "Arion" vorgestellt. Beim Schreiben meiner Antwort war mir die ganze Zeit so, also hätte ich etwas in dieser Art schon einmal gesehen. Das könnte die damalige Auktion gewesen sein.

Dein Nachbau sieht phantastisch aus und gefällt mir ohne Figur sogar noch besser. Aber vielleicht könntest Du für die Deko nach Arion mit Harfe und Delphin Ausschau halten. Nun natürlich die Fragen aller Fragen: Wie klingt es denn?

Goldene Erinnerung: Vor zwanzig Jahren waren die eBay-Namen noch nicht verschlüsselt. Meine wichtigsten Konkurrenten kannte ich alle :) Man konnte sich gegenseitig informieren oder warnen, was z.B. den Verkäufer oder den Originalzustand betrifft, und sich natürlich absprechen oder verzichten, wenn man den Preis für einen Kumpel nicht hochtreiben wollte. Klar hat die geldgierige Plattform dem schon lange einen Riegel vorgeschoben.
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PONOPHON
Do Apr 17 2025, 11:26
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Dez 12 2015, 17:45
Wohnort: Österreich
Beiträge: 261
Lieber Stephan,
falls Du es warst, der den Titel meines Beitrages auf
„Arion (nach dem Patent "Bildstock mit Phonograph") von Clarence Williamson Embrey, Wien 1911“
geändert hast, möchte ich mich an dieser Stelle bedanken.
Aber ich habe das „Arion“ wieder herausgenommen, da es bei dem von mir vorgestellten Gerät keinesfalls um das in der Anzeige resp. In der Phonographischen Zeitschrift beschriebene Gerät mit Mettallsäulen und der kapselförmigen metallenen Halbkugel handelt.

Der kleine Ausflug zum Arion ist durchaus passend, würde aber in die Irre führen, da das von mir vorgestellte Gerät vielmehr der Beschreibung im Patent entspricht.
Ich würde gerne nach der Wiederherstellung der Bildstock Sprechmaschine den Beitrag weiterführen, nicht aber unter dem geänderten Titel, solange nicht klar ist ob es sich um ein Arion, oder ein Vorläufer davon handelt.
Der Beschreibung im Patent entspricht es aber sehr wohl, auch wenn es sich um ein Nachahmer Gerät eines anderen Herstellers handeln würde.

An den Abrücken bzw. Schmutz und Staub Spuren an der oberen Platte ist zu erkennen, dass der Bildstock auf einem 2 cm breiten Rahmen von 22 x 18 cm aufgebaut war. Es ist davon auszugehen, dass dieser Rahmen eine Grundplatte trug auf der der Bildstock aufgebaut war. Im Patent ist ja bereits beschrieben, „der Säulenaufbau ist zweckmäßig samt seiner Grundplatte von dem Sockel abnehmbar“.

Und genau dieser Umstand trifft beim Arion nicht zu.
Außerdem hat das echte Arion keinen Bildstock.

Der Rahmen diente vermutlich als Freistellung, um unter der Grundplatte Platz für die erhöhte Umrandung des Schallrohres, die beiden Schrauben und die hart gewordene Gummidichtung um das Schallrohr aufzunehmen.
Der Aufbau auf einer Grundplatte ist auch der Grund warum man keine Spuren weiterer Säulen sehen kann.

Derzeit arbeite ich an der Wiederherstellung des Türchens und der behutsamen Aufarbeitung der vorhandenen Substanz. Einen passenden Bildstock (selbstverständlich jederzeit gegen das Original austauschbar) habe ich bereits.
Näheres folgt bald.
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DGAG
Do Apr 17 2025, 14:38

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 723
Lieber Christian,
vielen Dank für den Hinweis. Es war vollkommen richtig, den von mir veränderten Titel wieder richtig zu stellen. Ich war nämlich zu voreilig, weil ich annahm, dass sich das "Patent ang." in der Anzeige von Embrey auf den "Bildstock mit Phonograph" beziehen würde und dass "Arion" davon die tatsächlich ausgeführte Form wäre.

In der Phonographischen Zeitschrift ist der "Bildstock" jedoch lediglich als Gebrauchsmuster abgebildet, das zudem Anfang April 1911 und damit erst kurz nach Embreys Leipziger "Arion"-Messauftritt angemeldet wurde. Der "Bildstock" ist also eine aus dem "Arion" weiterentwickelte Erfindung. Vielleicht gelingt es mir Informationen zum deutschen "Arion"-Patent zu finden, das zwar angemeldet, aber offenbar nie eingetragen wurde.

Ich würde vorschlagen, den Teil zum "Arion" heraus zu nehmen und einen eigenen Beitrag daraus zu machen.
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