Foren
Foren > Firmengeschichte, Labels, Hüllen, und Matrizen > LABELKUNDE - Deutschsprachige Labels und Firmengeschichte
Das Tri-Ergon Aufnahmeverfahren Photo - Electric
Moderatoren:SchellackFreak, berauscht, GrammophonTeam, Charleston1966, DGAG, Der_Designer, LoopingLoui
Autor Eintrag
Formiggini
Fr Jan 07 2011, 19:55 Druck Ansicht

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Das Tri-Ergon Label
(Für Labels etc. bitte den Eintrag Tri Ergon nutzen)

Tri-Ergon ist an altgriechisch angelehnt und bedeutet so viel wie "Arbeit der drei"
Das Aufnahmeverfahren nutzte frühe Tonfilm Technik. D.h. die Aufnahme wurde zuerst auf Film aufgenommen,
nach möglichen Schnittarbeiten wurde die Tonspur dann auf eine Grammophonplatte übertragen.
Die Erfinder hofften somit den Frequenzgang einer Schallplattenaufnahme erweitern zu können.

Zwei Zeichnungen aus einem alten Magazin zeigen das Funktionsprinzip:






Der Schall wird mit einem speziellen Mikrophon (Kathodophon) in Lichtschwankungen umgewandelt.

Erfinder mit Kathodophon


Diese werden als Tonfilmspur aufgenommen. Der Film wird nun nach der Entwicklung durchleuchtet, eine Lichtempfindliche Zelle wandelt die Helligkeitsschwankungen in Stromimpulse um. Diese treiben den Schneidekopf an, der stark verlangsamt die Plattenrille graviert.

Patentzeichnung Kathodophon


Bevor es weiter um die Plattentechnik geht, ein kleiner Ausflug in die Tonfilm Vergangenheit dieses Labels.
1918 hatten drei deutsche Erfinder die Idee direkt auf den Film eine Tonspur aufzunehmen. Tonschwankungen wurden in Lichtschwankungen umgewandelt, diese dann photographisch auf dem Film festgehalten. Dieses "Sound on film" System wurde 1919 von ihren Erfindern Josef Engl (1893-1942), Hans Vogt (1890-1979), und Joseph Massolle (1889-1957) patentiert.

Die drei Erfinder


Diese drei entwickelten alles in Zusammenhang mit der Aufnahme und Wiedergabe stehende selbst, das Mikrophon, den Verstärker, die Lampen und Photozellen bis hin zu dem Lautsprecher.
Am 17. September 1922 führten sie im Berliner Alhambra Kino den ersten Tonfilm mit dieser Technik vor. Fast ein halbes Jahr bevor Lee De Forest in den USA seinen ersten "Phonofilm" präsentierte. De Forest entickelt nur die Erfindung dieser drei und Ideen von Eric Tigersted in Finnland weiter.

Da den dreien Geld fehlte, verkauften sie ihr Patent an die neugegründete Tri-Ergon AG in Zürich.
Auch die deutsche UFA versuchte sich an der Entwicklung. Die UFA finanzierte im Sommer 1925 einen längeren Tonfilm "Das Mädchen mit den Schwefelhölzern". Der Film wurde im Dezember 1925 uraufgeführt.

Tonfilmaufnahmen 1925


Jedoch machten technische Probleme die Darbietung zu einem Desaster. Das frühe Lautsprechersystem (das sog. Statophon, ebenfalls eine TriErgon Entwicklung) versagte während der Aufführung, es kam nur noch lautes Kreischen aus der Apparatur.
Das Publikum pfiff und buhte die Aufführung aus. Die UFA kündigte umgehend alle Verträge und verpasste so die Chance auf den Tonfilm. Es sollte fast fünf Jahre dauern bis die UFA sich wieder an den Tonfilm wagte.

Abermals ohne Geld, wurde das Patent erneut verkauft. Diesmal an die Fox Film Corporation in den USA. Diese nutzten das Patent, um ihr sog. Fox Movietone Verfahren auf den Markt zu bringen. Nach diesem Verfahren kam 1927 der Film "Sunrise" in die amerikanischen Kinos. Fox nutzte das Verfahren ebenfalls für ihre langjährige Nachrichtenserie "Fox Movietone News".
Um das Ganze noch zu verkomplizieren, Fox nutzte auch Verfahren der RCA Photophone Technologie, und umgekehrt nutzte RCA Fox Technik ( eigentlich TriErgon Technik—)

Um zumindest etwas Geld mit ihrer Erfindung zu machen, gründeten die drei Entwickler 1927 das " Tri-Ergon Photo-Electro" Label.
Die Grundidee ihr Tonfilmverfahren auch zur Schallplattenaufnahme zu nutzen, wurde bereits 1924 zum Patent eingereicht.

Patentschrift zur Schallaufzeichnung 1924


Außerdem umgingen sie mit ihrem Verfahren alle anderen Patentansprüche auf die elektrische Schallaufzeichnung.
Auch für ihre Schallplatten verwendeten sie statt eines normalen Mikrophon ihr Kathodophon, einen speziellen Schallwandler ohne bewegte, mechanische teile.

In einem alten Radiomagazin (Bastelfunk, November 1929) fand ich einen Artikel mit Photos über das TriErgon Label.
Bild A zeigt das Aufnahmegerät. Der Artikel schildert, u.a. dass der Film schneller läuft als gewöhnlich um die Tonqualität zu steigern- 70 "Bilder" in der Sekunde anstatt der üblichen 25.



Der ganze Apparat ist der gleiche wie bei Tonfilmaufnahmen, aber ohne die übliche Kameraoptik.

Bild B zeigt die Einrichtung um die Filmspur auf die Schallplatte zu übertragen.



Die runde Scheibe bei dem Pfeil trägt die Wachsmatrize. Rechts daneben ist der eigentliche Schneideapparat, dahinter ist der Verstärker zu sehen.
Um das schneiden der hohen Frequenzen zu verbessern, wurde der gesamte Übertragungsvorgang etwa 100fach verlangsamt. Um eine vier Minütige Platte zu schneiden, bedurfte es fast sieben Stunden!
Durch die Verlangsamung konnten aber die Bässe nicht mehr ordentlich Verstärkt werden. Ein 70Hz Schwingung ist 100fach verlangsamt nur noch ein veränderlicher Gleichstrom. Dieses Problem umging man mit einem eigens entwickelten Verstärker auf der Basis von Widerstandskopplung.
Ein weiteres Problem war die Beschaffenheit der Wachsmatritze, normalerweise wird diese für eine Plattenaufnahme erwärmt, um dem Schneidestichel weniger Widerstand entgegenzusetzen. Kein Problem bei einer vier Minuten Aufnahme, das Wachs bleibt solange weich, aber 7 Stunden——
Letztendlich ging man dazu über die Wachsplatte elektrisch zu beheizen. Trotzdem fiel anfangs gelegentlich die Temperatur ab. Auf manchen TriErgon Aufnahmen kann man ein kurzes, hohes quietschen oder fiepen hören, dies passierte wenn das Wachs zu fest wurde.
Zum Ende noch ein Photo mit den drei Herren 1921 bei Tonfilmaufnahmen.





[ Bearbeitet So Jun 03 2018, 08:46 ]
Nach oben
Webseite
Mareko
Do Jan 13 2011, 15:57
⇒ Mitglied seit ⇐: So Jan 02 2011, 11:49
Beiträge: 109
Dein Beitrag ist wirklich grossartig !!! Zwar war mir die interessante Geschichte ungefähr bekannt aus Erzählungen meiner Familie - doch dazu gab's natürlich keine Abbildungen. Besten Dank !
Nach oben
snookerbee
Fr Jun 24 2011, 11:41
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1684
Danke für den interessanten Einblick in die Tri-Ergon-Technik.

Dazu kommt mir in den Sinn, daß ja die "Master"-Aufnahmen, wenn man die Filmstreifen mal so bezeichnen will, vielleicht in irgend einem Filmarchiv überlebt haben könnten. Wenn das so wäre, könnte natürlich die Tri-Ergon-Musik in ungeahnter Klangqualität reproduziert werden, ähnlich wie bei der Benutzung von originalen Metall-Matrizen. Von "Metropolis" z.B. fand man 2008 noch bisher unbekannte Szenen in Argentinien!

Allerdings ist der Archiv-Bestand früher Filme durch die Kriegseinwirkungen ja sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Heute gilt ein großer Teil der deutschen Filme aus den 20er Jahren als verschollen...
Nach oben
_-_-_
Fr Jun 24 2011, 12:10
⇒ Mitglied seit ⇐: Do Mai 12 2011, 09:46
Beiträge: 253
snookerbee schrieb ...

Danke für den interessanten Einblick in die Tri-Ergon-Technik.

Dazu kommt mir in den Sinn, daß ja die "Master"-Aufnahmen, wenn man die Filmstreifen mal so bezeichnen will, vielleicht in irgend einem Filmarchiv überlebt haben könnten. Wenn das so wäre, könnte natürlich die Tri-Ergon-Musik in ungeahnter Klangqualität reproduziert werden, ähnlich wie bei der Benutzung von originalen Metall-Matrizen. Von "Metropolis" z.B. fand man 2008 noch bisher unbekannte Szenen in Argentinien!

Allerdings ist der Archiv-Bestand früher Filme durch die Kriegseinwirkungen ja sehr in Mitleidenschaft gezogen worden. Heute gilt ein großer Teil der deutschen Filme aus den 20er Jahren als verschollen...


Unwahrscheilich, Zelluloidfilm ist nicht sonderlich altersbeständig und dazu noch hoch entflammbar.
Siehe: Link - Hier klicken
Nach oben
Formiggini
Di Aug 30 2011, 19:25

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Weiß jemand genau, welches Filmformat für die Aufnahme bei Tri-Ergon verwendet wurde?
Obiges Bild der Aufnahmetechnik, lässt ja den Film erkennen.

Der Film ist beidseitig perforiert - die Größe im Vergleich zu der restlichen Technik lässt auf 35mm tippen, was meint ihr?

Nach oben
Webseite
hmv126
Fr Dez 09 2011, 22:41
Gast
Es wurde auf 35mm Cinefilm aufgenommen. In der Schallplattenindustrie hat sich dieses Verfahren nicht durchgesetzt, jedoch sehr schnell und bis heute in der Filmindustrie. Anfangs waren die Filmschaffenden sehr negativ gegenüber dem Tonfilm eingestellt (erste Filme, wie z.B. The Jazz Singer wurden übrigens noch im Nadeltonverfahren (= Filmprojektor mit großem Plattenspieler gekoppelt)vorgeführt) Die Umstellung auf den Lichttonfilm ging sehr schnell. Bereits Anfang der 30er waren die meisten Filmtheater auf das neue System umgestellt.

Ende der 70er gab es dann erste Stereo kopien (immer noch Lichtton) und in den 90er Jahren kamen zusatzgeräte für Digitalton auf DTS (auf Cds) oder SRD (zwischen der Perforation) auf den Markt (DOLBY)

Die analoge Lichttonspur ist bis heute als kleinster gemeinsamer Nenner geblieben und wird nur vom vollständig digitalem Kino abgelöst.
Nach oben
Formiggini
Fr Dez 09 2011, 23:04

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Danke dir für die Infos bezüglich der Filmbreite.

[ Bearbeitet Do Apr 23 2015, 20:43 ]
Nach oben
Webseite
GrammophonTeam
Mo Mär 25 2013, 19:05
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Gefilmte Musik
(1929)


Zur vollen Auflösung bitte anklicken!



Nach oben
GrammophonTeam
Mo Sep 01 2014, 01:04
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Zwar begann die Tri-Ergon bereits im Sommer 1927 mit den Aufnahmen, man baute sich aber zunächst einen Katalog auf. Die ersten Platten der Firma waren nicht vor Januar oder Februar 1928 im Handel erhältlich:


Nach oben
GrammophonTeam
Sa Feb 21 2015, 14:22
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Bei der Tri - Ergon wurde ja kein normales Mikrophon, sondern das sog. Kathodophon verwendet. Hier näheres dazu.


Nach oben
GrammophonTeam
Do Apr 23 2015, 21:25
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
In Deutschland meldete die Tri Ergon auf ihr elektrisches Aufnahmesystem für Schallplatten bereits im Juli 1923 (!) ein Patent an. Hier aber das Patent aus Österreich, da es noch ein weiteres Novum enthält.

Sehr schön zu erkennen: Filmvorschub, Plattenteller und Vorschub Schneideapparat werden synchron von einem Motor angetrieben.


Patentzeichnung Fig. 2 zeigt ein weiteres, sehr interessantes Detail. Die Erfinder dachten bereits 1924 daran von einem magnetischen Stahlband oder Draht auf Schallplatte zu schneiden. kennzeichnet hier den magnetischen Lesekopf. Quasi das Verfahren Tonband - Matrize - Schallplatte um fast zwei Jahrzehnte vorweg genommen!

Der Patentext - Weitere Informationen:


Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


[ Bearbeitet So Feb 25 2018, 09:08 ]
Nach oben
Arto
Fr Apr 24 2015, 00:45
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jan 07 2014, 01:33
Wohnort: z.Z. Dänemark
Beiträge: 185
----- aber schon am 18. Juli 1924 haben die Erfinder in den V. St. angemeldet -- wie obige Patentschrift US1,555,281 auf Seite 2 zeigt. Dazu noch ein halbes Jahr früher veröffentlicht. Und Fig. 2 und dazuhörige Erklärung bezüglich magnetische Aufnahme und Wiedergabe war schon da. Die Aufnahmegeschwindigkeit wäre aber sehr hoch, denn die Wiedergabe war sehr langsam - ein Hundertstel. Das wird in der Tat nicht funktionieren, denn bei niedrigen Frequenzen (von ½ Hz bis 90 Hz) is die Induktion der Signale im Wiedergabekopf sehr, sehr klein. Hier ist das optische Verfahren die einzige möglichkeit.

Beste Grüsse,

Arto
Nach oben
GrammophonTeam
So Jul 12 2015, 14:02
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Tri - Ergon
das neue photo-elektrische Aufnahme-Verfahren
(1928)



‚‚Tri-Ergon“ ist griechisch und heißt „Werk der Drei“. Es ist eine Erfindung von drei deutschen Männern, die nach jahrelangen Versuchen endlich ihr Ziel erreicht haben: den flüchtigen Augenblick eines musikalischen Genusses gemeinsam mit bildhaften Geschehnissen festzuhalten und in getreuem Spiegelbild Ton und Bild zu vereinigen. An jedem Kinovorführungsapparat kann nunmehr ein Zusatzgerät angeschlossen werden, mit dessen Hilfe sich Bild und Ton vom Film gleichzeitig übertragen. Während sich also vor dem Zuschauer das auf die Leinwand vergrößert “geworfene lebende Bild abrollt, wird auch die auf dem Rande des kleinen Bildstreifens aufgenommene Musik übertragen, und zwar durch große kreisförmige Membranen, die auf beiden Seiten der Projektionsleinwand angebracht sind und die auf elektrischem Wege zum Schwingen gebracht werden.

Nimmt man solch einen Filmstreifen in die Hand, so kann man die Musik sogar „sehen" . Diese Musik schaut allerdings recht nüchtern aus. Es sind einförmige, unendlich feine Strichelchen und Verfärbungen des Films, auf rein photographischem Wege erzeugt durch das Licht einer Ultrafrequenz-Gaslampe, die je nach der Stärke des ihr zugeführten Tones stärker oder schwächer aufleuchtet; sie belichtet durch einen Spalt ein vorbei gedrehtes, lichtempfindliches Bromsilberband (das Filmnegativ) und markiert dadurch dort einen Ton. Also: Der Film verwandelt die Schallwelle in Licht. je tiefer der Ton, desto langsamer leuchtet die Lampe auf und desto breiter markiert sich daher der Ton, je höher der Ton, umso kürzer leuchtet die Lampe auf und desto schmaler ist die Zeichnung des Tones.


Die Unterschiede scheinen freilich so gering, daß sie das ungeübte Auge kaum erkennen kann. Der
Bildstreifen wird nun entwickelt wie ein gewöhnlicher Film. Bei der Vorführung läuft die Filmrolle unterhalb einer Beleuchtungsrolle, die der Ultrafrequenzlampe bei der Aufnahme entspricht. Sobald nun die Photozelle von dem Lichtstrahle beeindruckt ist, reagiert sie darauf wie das menschliche Auge, sie löst einen elektrischen Impuls aus, der dem durch die Lampe aufgenommenen Ton entspricht. Dieser Impuls bringt große, neben der Filmleinwand angebrachte Membranen zum Klingen. Mit an anderen Worten: Die Photozelle tönt als Schallwelle wieder zurück: Licht wurde wieder Ton.


Es lag nun auf der Hand, vom Bild-Ton-Film den Ton-Film loszulösen, zu verselbstständigen und ihm, soweit es in der für die Schallplatte begrenzten Zeit von 4 Minuten möglich ist, auf diese zu übertragen, damit er auch ohne Kino-Vorführungsapparat zum Klingen gebracht werden kann. So haben wir also Schallplatten, die auf dem Umwege über den Film aufgenommen wurden. Dabei kommt solchen Platten sehr zustatten, daß die Übertragung des Tons vom Film auf die Platte nun unbegrenzt langsam und daher ungemein einprägsam vor sich gehen kann. Denn in den rund vier Minuten, die eine Grammophonplatte regelmäßig spielt, sind durchschnittlich 320 Takte wiederzugeben! in jedem dieser Takte kann die Zahl der Tonschwingungen zwischen 30 (bei tiefen) und 10000 (bei hohen Tönen) in der Sekunde schwanken. Welche Riesenarbeit hatte bei der normalen Aufnahme der Stichel zu bewältigen, der alles dies in vier Minuten auf die Wachsmatrize eingraben sollte! Wer das bedenkt, kann sich nicht verwundern ‚daß wir in vielen der bisherigen Schallaufnahmen nur einen Bruchteil der Feinheiten hören, die in der Platte tatsächlich stecken. Die Ursache der Verzerrungen und Verzeichnungen des Tones, die wir bei vielen Platten bekommen, sind die bei den bisherigen Verfahren unvermeidbar mit aufgenommenen Eigenschwingungen der Aufnahmegeräte.

Zwar ist der alte Aufnahmetrichter, der, wie jeder Körper, störende Eigenschwingungen hatte, längst in der Rumpelkammer. Aber auch das Mikrophon, das bei den modernen elektrischen Aufnahmen gebraucht wird, hat seine eigenen Schwingungen. Die Schöpfer der Tri-Ergon erfanden daher ein eigenes Aufnahmeorgan, das Kathodophon, etwa dem menschlichen Ohr vergleichbar, das die Tonwellen ohne jede Eigenschwingung aufnimmt und in elektrische Schwachstromschwingungen umsetzt. Dadurch wir der Ton ohne jeden Zusatz von Verzerrungen aufgenommen und in einen elektrischen Schwachstromkreis geleitet.

Dieser Schwachstromkreis ist mit einem Verstärker zusammen geschaltet und wird so auf den oben beschriebenen Filmapparat geleitet. Wenn nun der Ton vom Film auf die Aufnahmeplatte (Matrize) übertragen wird, so wird diese nicht im gewöhnlichen Grammophon-Spieltempo bespielt, sondern hundert mal so langsam, d. h. die Bespielung einer Platte dauert statt vier Minuten 400 Minuten. also fast sieben Stunden. Statt 80 Umdrehungen in der Minute zu machen, kommt der Stichel auf der Matrize in einer Minute nicht einmal im Kreise herum. Dafür hat er Zeit, alle Feinheiten der Tonschwingungen in Ruhe herauszuarbeiten. Er gräbt die Millionen von Tonschwingungen in aller Gemütlichkeit in die weiche Wachsmatrize, die dadurch weit sorgfältiger bearbeitet ist, als bei der normalen Bespielung in vier Minuten. Dadurch nun, daß der Stichel nicht mehr durch die Tonrillen saust, sondern sich gemächlich durch gräbt, wird auch der Reibungs-Koeffizient so herabgesetzt, daß bei diesen Übertragungen jede Tonverzerrung ausgeschlossen ist und die Schallwelle völlig aus dem Schwingungsbereich aller verwendeten Materialien gesetzt wird. Daß solchermaßen noch ganz andere Aufnahmeergebnisse erzielt werden können als bisher, leuchtet auch dem Laien ein.

Die Technik eilt der Natur mit Riesenschritten nach. Hier hat sie mit geholfen den Musiker als Spender instrumentaler oder vokaler Genüsse und seelischer Erhebung vom Nachteil der Vergänglichkeit und Flüchtigkeit des musikalischen Genusses zu befreien. Sie hat ihm die Möglichkeit zur Erringung des Guten gegeben, das jeder Künstler sich ersehnt: Unsterblichkeit.



Aus einer weiteren Tri-Ergon Schrift 1928:

...so daß der sog. Nachhall kontrolliert werden kann, der bei Sprache 0,7 - 0,8 sek., bei Musik 1 Sek. betragen darf. Mehrere Mikrophone zugleich vermitteln den sog. "plastischen Ton", wie ihn beide Ohren des Menschen auch auffangen.

Überhaupt ist die Wahl der Aufstellung für die Mikrophone von wesentlicher Bedeutung. Ein Orchester mit einem Sänger wird man also stets mit zwei getrennten Mikrophonen aufnehmen, damit der Sänger nicht übertönt wird.
Nach oben
Arto
Mo Jul 13 2015, 01:10
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jan 07 2014, 01:33
Wohnort: z.Z. Dänemark
Beiträge: 185
Einer der "drei", Hans Vogt, hielt in 1930 einen Vortrag in der Deutschen Kinotechnischen Gesellschaft, den in "Die Kinotechnik" wiedergegeben wurde. Ich habe hier eine Kopie, wozu man sagen muss, dass Andeutung der Bilder doch besser als keine Bilder ist. Aber am Ende haben wir eine interessante Anmerkung der Schriftleitung! pdf anbei.
vogt1930_triergon-schallplatten.pdf
Nach oben
GrammophonTeam
Mo Jul 13 2015, 10:45
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1825
Vielen Dank! Als Bilder:

Ueber das Triergon Verfahren zur Herstellung
von Schallplatten unter Benutzung von Tonfilmen

Von Hans Vogt








Nach oben
Arto
Mo Jul 13 2015, 20:40
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jan 07 2014, 01:33
Wohnort: z.Z. Dänemark
Beiträge: 185
Ich finde, dass mit allen den früheren Beiträgen von Formiggini und Grammophonteam, und jetzt die "Rezension" (Anmerkung der Schriftleitung) am Ende des Vortrags, haben wir auf dieser Liste gut zu einer gesammten Dokumentation beigetragen. Danke vielmals für die Umsetzung meiner Datei in Bilder!

Arto
Nach oben
 

Forum:     Nach oben

Über Uns

Wir sind mehr als ein Forum! Als eingetragener Verein arbeiten wir an der Beständigkeit unserer Leidenschaft.

Über uns

Wir suchen Dich!

Du schreibst Artikel, möchtest im Forum als Moderator aktiv werden? Dir liegt Social Media. Bewahre Wissen! Wir warten auf dich.

Schreib uns

Tipps

Einsteiger-Ratschläge für optimale Nutzung und wichtige Aspekte beim Grammophon und Schellackplatten-Kauf.

Zu den Informationen