Der Grammophon Trichter

Zunächst, ein Grammophon Trichter verstärkt nicht!

Dies mag sich auf den ersten Moment seltsam anhören. Viele kennen den Effekt, zieht man von einem Grammophon den Trichter ab, so wird der Klang leise, nasal und ohne Bässe – das Klangbild verschlechtert sich erheblich.
Aber warum verstärkt ein Trichter nicht, wenn er doch „lauter“ macht?
Ohne zu tief in die Physik der Akustik zu gehen, müssen wir uns für den Schall ein Ersatzbild schaffen.

Am besten stellen wir uns die einzelnen Luftmoleküle als Kugeln unterschiedlicher Größe vor.

Zunächst haben alle Moleküle/Kugeln die gleiche Größe.
Nun bewegen sich diese Kugeln/Moleküle nicht beliebig weit im Raum, sie schwingen nur kurze Strecken hin und her. D.h. Schallausbreitung findet nicht dermaßen statt, das ein einzelnes Molekül weit in den Raum hinaus rast, sondern jeweils nur das nächste Molekül anstößt und die Schallenergie (Bewegungsenergie) an dieses weiter gibt.

Am besten kann man sich dies so vorstellen, wie bei dem bekannten Newton´schen Pendel:

Urheber Grafik: DemonDeLuxe Link - Hier klicken


Ein Molekül gibt seine Bewegungsenergie an das nächste weiter und so fort. Liegen die Moleküle nun eng beieinander, so ist kaum Bewegung sichtbar, jedoch wird die Energie weitergegeben, bis das letzte Molekül/Kugel angeregt wird. Dieses schlägt dann weiter aus.
Dies wäre in unserem Falle der hörbare Schall, also eben dieses eine, bewegte Molekül das an unser Trommelfell trifft.

Schall(energie) wird also „weitergegeben.

Stellen wir uns nun Schallbewegungen in einer Röhre vor, z.B. dem Tonarm ohne aufgesetzten Trichter. In der Röhre geben nur wenige Moleküle die Bewegungsenergie weiter. Am Ende der Röhre treffen nun einige wenige Kugeln auf eine gr0ße Anzahl von Kugeln – die Luftmoleküle im freien Raum.



Das gleiche geschieht mit den Luftmolekülen/Kugeln am Ende der Röhre/Tonarm. Die große Masse der Molekülen im freien Raum, reflektiert einen großen Teil der Energie zurück in die Röhre, der Klang, bzw. die Energie der Bewegung hebt sich gegenseitig auf. Im schlechtesten Falle setzt sich diese Rückbewegung bis zur Schalldose fort, und regt die Membran an – die Nadel würde die Rille weiter aus hobeln.

Hier greift nun das Prinzip des Trichters in der Akustik. „Verbreitert“ man langsam die Röhre (und macht sie dabei möglichst lang), haben die Kugeln/Moleküle mehr „Zeit“ ihre Energie ohne große Verluste oder Rückreflektionen weiter zu geben.



Anstatt das eine kleine, schnelle Kugel auf eine sehr große „knallt“, wird die Energie langsam von einer größeren zur nächst größeren Kugel weitergereicht. So geht möglichst wenig Energie verloren.



Dieses langsame vergrößern erfolgt nun eben durch das langsame zunehmen der Trichtersteigung. D.h. je länger ein Trichter ist, bei einer möglichst langsamen Steigung des Durchmessers, desto besser kann der Trichter die Bewegungsenergie von den wenigen Molekülen im Tonarm an die große Masse im freien Raum anpassen.



Dies bringt uns zum Anfang, das ein Trichter eben nicht verstärkt, sondern ähnlich wie ein Transformator in der Elektrik unterschiedliche Größen im Raum an einander anpasst.



D.h. vereinfacht, je mehr "kleinere", bzw. langsam anwachsende Kugeln/Moleküle zwischen Schalldose und Trichter ende sind, umso besser kann die Bewegungs-/Schallenergie weitergegeben bzw. ausgenutzt werden.

In der Praxis bedeutet dies, das ein langer Trichter mit einer großen Schallöffnung besser und lauter klingt, als ein kurzer mit kleiner Öffnung.

Wichtig ist noch, das alle Verbindungen absolut Luftdicht sind, da sonst Bassanteile verloren gehen - der Klang verliert an "Tiefe".
Warum nun dies?
Bassfrequenzen/Moleküle (auch wieder vereinfacht ausgedrückt), bewegen sich langsamer als hohe Töne. Die hohen Töne/Moleküle würden quasi über eine undichte Stelle "hinweg rasen", die langsamen tiefen Töne haben aber Zeit, aus einem Loch heraus "zu schlüpfen". Dies macht sich umso mehr bemerkbar, je näher ein Loch/undichte Stelle an der Schalldose, bzw. im Tonarm ist.

In den späten zwanziger Jahren wurden dazu bereits Messungen durchgeführt, hier aus dem Buch: Modern Gramophones & Electrical Reproducers by Percy Wilson, 1929
eine Graphik:


(Einfärbung von mir)


A (rot) ist der Frequenzverlauf ohne undichte Stellen
B (schwarz) mit einer insgesamt 0,6cm großen undichten Stelle 2,5cm vom Tonarmstutzen entfernt
C (grün) mit einer insgesamt 1,2cm großen undichten Stelle 30cm vom Tonarmstutzen entfernt
D (blau) mit einer insgesamt 2,1cm großen undichten Stelle 60cm vom Tonarmstutzen entfernt

Dies gilt natürlich vor allem für modernere, elektrische Aufnahmen die auf einem dafür gebauten Grammophon mit entsprechender Schalldose abgespielt werden.

Bei einer akustischen Aufnahme mit einer alten Schalldose gespielt auf einem Trichtergrammophon von 1910 wird der Unterschied nicht so stark ausgeprägt sein.

Im ersteren Fall sind jedoch undichte Stellen in der Schalldose oder im Tonarm/Ãœbergang Tonarm zum Trichter durchaus als Klangverlust wahrnehmbar.

Hoffentlich konntet ihr mir bei meinem kleinen Ausflug folgen, vielleicht findet sich noch jemand, der es besser Ausdrücken kann, warum ein Grammophon Trichter "laut" macht.

Für einen wirklich guten Klang, bzw. das Optimum in der Wiedergabe eines Grammophons spielen noch weitere Gründe eine Rolle, wie z.B. die Trichterform ausgebildet ist (z.B. expotential), das Material (harte, glatte Oberflächen geben hohe Töne besser wieder), sowie wie viele Biegungen und/oder Knicke die Tonführung besitzt, da auch diese den Klang stark beeinflussen können.

Durchweg kann man also sagen, je größer der Trichter, desto besser der Klang.





Leider erfüllen bei weitem nicht alle Grammophone die Anforderungen an eine gute Wiedergabe.
Auch viele Koffergeräte klingen "dünn", da der verbaute Trichter recht klein ist.
Ausnahmen bilden hier nur manche Spitzenmodelle der Zeit wie z.B.: Link - Hier klicken oder Link - Hier klicken

Einige Firmen verbauten in Koffergeräte sogenannte Umkehrtrichter, um die effektive Trichterlänge zu vergrößern


Auch bei Tischgeräten wurde der Trichter in verschiedenen Formen "gewickelt", um die benötigte Länge für eine bessere Wiedergabe zu erhalten



Bei Standgeräten hatte man schon mehr Platz zur Verfügung. So entstanden ab Mitte der zwanziger Jahre sogenannte Saxophon Trichter, die bis zum Boden des Gehäuses gingen, um sich dann wieder nach oben zu "winden".


Man ging weiter die Tonführung zu wickeln und zu falten, die Trichteröffnung konnte die gesamte Gehäusebreite ausnehmen.









Sonderformen und fast reine Liebhaberstücke bildeten vor allem in England Grammophone mit einer möglichst geraden Tonführung, da hier eine Wiedergabe mit einem weiten Spektrum und wenig Verzerrungen möglich war.


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