Hans Schindler Biographie



.
Hans Schindler


Hans Schindler wurde am 9. Mai 1889 in Berlin in eine Schauspielerfamilie geboren. Der Vater, Albert Schindler, und die Mutter, Emilie Fischer, waren um die jahrhundertwende bekannte Namen in der Berliner Theaterwelt.

Nach dem Gymnasialabschluß studierte Schindler von 1907 bis 1910 Klavier als Pflichtinstrument, sowie Komposition und Kapellmeister bei Philipp Rüfer, Alexander von Fielitz und Wilhelm Klatte am Stemschen Konservatorium.

Seine Laufbahn begann Hans Schindler als Kapellmeister am renommierten Düsseldorfer Schauspielhaus, wo 1912 seine Vertonung von Georg Büchners Leonce und Lena unter der Regie von Luise Dumont zur Uraufführung gelangte; anschließend kam das Stück in Mannheim, München, Frankfurt am Main und schließlich auch am Berliner Lessing-Theater zur Aufführung.

Ab der Spielsaison 1913-14 bis zu seiner Einberufung war Schindler als Kapellmeister am Stadttheater in Essen tätig.

Aus dem Ersten Weltkrieges kehrte Hans Schindler mit einem Unterarmdurchschuß und schweren Beinverletzungen zurück. Wohl aufgrund der schwierigen wirtschaftlichen Verhältnisse im Nachkriegsdeutschland wandte Schindler sich nun der Unterhaltungsmusik zu und nahm eine Anstellung als Kapellmeister am Friedrich Wilhelmstädtischen Theater in Berlin an, gefolgt von einem Engagement, wahrscheinlich als Komponist, Arrangeur und zweiter Pianist, am Nelson- Theater ab der Spielsaison 1922-23. Hier inszenierte Nelson seine Kabarett-Revuen, auf Kabarett-Format reduzierte Ausstattungsrevuen mit wenigen, ausgesucht hübschen Künstlerinnen anstelle von vielen Damen und zwei Flügeln anstelle eines Jazz- Symphonieorchester.

Ab der Theatersaison 1924-25 leitete er das Begleitorchester der Haller-Revuen. Mit diesem
Engagement erreichte Schindlers Karriere einen ersten Höhepunkt. Ab Sommer 1924 dirigierte Hans Schindler das Begleitorchester mit Paul Godwin als Konzertmeister.





Das Orchester der Haller-Revue unter Hans Schindler im Admiralspalast in der Revue "Wann und Wo" u.a. mit Paul Dietrich (acc), Paul Godwin (v, Konzertmeister), Leo Monosson (v, 11.neben Schindler), Pau[ Romby (cl, as), Otto Rathke (tp, z.v.re). Die komplette Besetzung ist in Horst H.Langes Deutscher 78er Diskographie enthalten.
November 1927



Seekrank



.

Jazz-Symphonie-Orchester der Haller-Revue
Dirigent: Hans Schindler
Grammophon 21010
Katalog Nr: B 41788 R
Mx.: 487 bd
Aufnahme: April. 1927


Onkel Müller mit dem Tiller-Triller


.

Jazz-Symphonie-Orchester der Haller-Revue
Dirigent: Hans Schindler
Grammophon 21010
Katalog Nr: B41787 R
Mx.: 485 bd
Aufnahme: April. 1927


Ab 1927 entstanden die ersten Plattenaufnahmen als "Jazz-Symphonieorchester der Haller Revue, Dirigent Hans Schindler".




Hans Schindler dirigiert eine Aufnahmesitzung für die Deutsche Grammophon mit Paul Godwin
als Konzertmeister an der Geige



In der folgenden Saison begleitete das Revue-Orchester unter der Leitung von Hans Schindler die Haller-Revue Schön und Schick. Den Erfolgsschlager der Revue, das Foxtrot-Lied „Ich bin die Marie von der Haller-Revue“ von Siegwart Ehrlich mit dem Text von Charles Amberg und Herman Haller, nahm Beate Roos-Rcuter, Sopran, mit dem Haller-Revue-Jazz-Orchester, Leitung: Hans Schindler auf Schallplatte auf (1928; Beka B.6524).



Beate Roos-Reuter 1936


Die Sängerin wurde als Beate Reuter am 7. November 1899 in Köln geboren und war mit
einem Roos verheiratet, möglicherweise Ernest Roos, der in Auschwitz ermordet wurde.
Beate Roos-Reuter wurde die Lebensgefährtin von Hans Schindler.

Hans Schindler machte bis 15. Februar 1929 weitere Plattenaufnahmen unter der Bezeichnung, Haller- Revue-Jazz-Orchester', darunter in Begleitung von Beate Roos-Reuter den amerikanischen Schlager "Baby' s Wooden Soldiers" als Jetzt geht' s los (1929; Parlophon B. 12040). Am 25. Februar 1929 machte er seine ersten (unveröffentlichten) Aufnahmen als Hans Schindler mit seinem Orchester.

Hans Schindler's Orchestra - Baby, du hast dich verändert - Januar 1929
Link - Hier klicken


Zwischenzeitlich war der Admiralspalast baupolizeilich geschlossen und damit das Ende der
Haller-Revuen besiegelt worden.




Moritat (Mäcki Messer) - Haller Revue Jazz Orchester - 1929


Hans Schindler arbeitete nun als freischaffender Komponist und Orchesterleiter und machte in den nächsten paar Monaten etliche Schallplattenaufnahmen, die meisten in Begleitung von Beate Roos-Reuter, darunter den Barbarasong und die Ballade von der Seeräuber- Jenny in der ,Bearbeitung Brecht/Weilt.

Später im gleichen Jahr, 1929, übernahm Hans Schindler die Leitung des Begleitorchesters von Georg Kaisers musikalischer Komödie Zwei Krawatten mit der Musik von der Mischa Spoliansky sowie Marlene Dietrich und Hans Albers als Hochstaplerpaar in den Hauptrollen.

In der Spielsaison 1930-31 war Schindler Leiter des Orchesters des Deutschen-Künstler-Theaters Berlin.

DEINE MODISTIN, PIPSI, HAT EINEN VOGEL - 1931


1931 schrieb Schindler gemeinsam mit Willi Kollo die Musik zu dem erfolgreichen UFA-Lustspielfilm Meine Frau, die Hochstaplerin mit Käthe von Nagy als junge, aus Liebe hochstapelnde Frau und Heinz Rühmann als fleißiger Bankangestellter und trotteliger Ehegemahl; Regie führte Kurt Gerron.

Am 23. November 1932 leitete Hans Schindler das Orchester des Theaters am Kurfürstendamm, mit
Hans Bund als Solo-Pianisten, bei der Uraufführung der Eduard Künneke-Operette Glückliche Reise.

So ein Jägersmann - Telefunken 1932
Link - Hier klicken


Daneben wirkte das Schindler-Orchester Anfang der 30er Jahre an Rundfunksendungen aus Berlin mit. Auch entstanden Anfang der 30er Jahre viele Platteneinspielungen u.a. für Telefunken. Anfang 1933 begleitete das Schindler-Orchester das Trio Louise Jordan, Erwin Hartung und Ulrich Berner bei der Aufnahme des Schlagers Jo-Jo von Rudolf Nelson, ein Titel, der aufgrund des Scat-Gesanges der Amerikanerin in keiner Jazzsammlung fehlen sollte (1933; Telefunken A. 1316).

Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder


Die letzten Schallplattenaufnahmen für Telefunken machte Hans Schindler Anfang April 1933 in Begleitung von Erwin Hartung. Kurz darauf ließ die Telefunken-Gesellschaft den nach der neuen Sprachregelung ,Halbjuden' fallen.

Hans Schindler und sein Orchester "Dämmerung" 1933


Bis zum Herbst 1933 konnte Hans Schindler und sein Orchester noch für die Billigmarke Brillant einige Titel einspielen, die zum Teil unter Pseudonymen wie Clark Cayton und Joe London veröffentlicht wurden, darunter in Begleitung von Peter Rebhuhn den Titel "Pettin In The Park".

Im Oktober 1933 konnte Schindler mit seiner Kapelle ein Gastspiel bei dem holländischen AVRO-Sender in Hilversum absolvieren. Auf Vermittlung von Eduard Künneke konnte er am 25. Dezember 1933 das Orchester des Theaters des Westens bei der Uraufführung von dessen Singspiel Lockende Flamme dirigieren. Auf Einspruch von am Theater tätigen NSDAP-Mitgliedern mußte Schindler aber nach ein paar Tagen den Dirigentenstab abgeben.

Im Juli 1957 beschrieb Schindler der Entschädigungsbehörde seine Situation wie folgt:

Auf der Höhe meines künstlerischen Schaffens, meiner sozialen Position und meiner gesellschaftlichen Stellung wurde ich durch die nationalsozialistische Machtergreifung rasch und gründlich meiner Existenz beraubt.( ...) Keine Bühne wollte das Risiko eines Engagements von mir eingehen. Bestehende Schallplattenverträge wurden gekündigt. Kompositionen, Bearbeitungen und mit meinem Namen als Dirigent versehene Schallplatten wurden im Rundfunk boykottiert. Das Betreten des Rundfunkhauses wurde mir untersagt.( ...) Das im Jahr 1935 aufgrund der zu dieser Zeit erlassenen Nürnberger Gesetze ausgesprochene Berufsverbot war nur eine nachträgliche Legalisierung der bereits 1933 praktisch erfolgten Unterbindung meiner künstlerischen Tätigkeit.


Am 19. August 1935 bekam Schindler vom Präsidenten der Reichsmusikkammer ein Berufsverbot ausgesprochen. In diesen Jahren konnte Hans Schindler sich nur durch Schwarzarbeit mühsam über
Wasser halten, indem er musikalische Bearbeitungen für befreundete Kollegen durchführte.
lm wesentlichen war er auf die finanziellen Zuwendungen seiner Lebensgefährtin Beate Roos-Reuter angewiesen.

Seine Situation besserte sich erst Anfang des Krieges etwas, aufgrund von Personalmangel wurde das Berufsverbot etwas gelockert, und Hans Schindler "durfte" als Klavierbegleiter von Beate Roos-Reuter ausgedehnte Fronttourneen unternehmen. Anscheinend war das Duo auch im besetzten Norwegen tätig, später auch in Theatern an der Ostfront.

Im August 1944, gerieten Beate Roos-Reuter und Hans Schindler in russische Gefangenschaft.

In den Nachkriegsjahren war Schindler zunächst weiterhin als Klavierbegleiter von Beate Roos-Reuter tätig. 1948 heiratete Hans Schindler die Sängerin und langjährige Weggefährtin.






Bald konzentrierte Hans Schindler sich in zunehmendem Maße auf das Komponieren größerer
Bühnenwerke. Schließlich zogen Hans und Beate Schindler sich in den wohlverdienten Ruhestand zurück. Der Komponist und Orchesterleiter verstarb am 7. Oktober 1974 in Berlin, die Chansonniere zwanzig Jahre später, am 22. Januar 1994 in Berlin.



Hans Schlndler am 6.8.74. zwei Monate vor seinem Tode auf dem Kurfürstendamm





Eine kleine Auswahl von Aufnahmen mit Hans Schindler:

HANS SCHINDLER


Jazz-Symphonie-Orchester der Haller Revue, Dirigent Hans Schindler : Hans Grothe, Otto Rathke, George Schulz (tp) Albert Krehayn, Willi Kippnich, Franz Buniger (tb) Berthold Bose, Erich Bure (fhr) Georg Baecker (fl) Walter Schwarz (cl) Paul Romby, Wilhelm Kleinath, Hans Lieske (ts,as,cl) Johan "Joop" de Leur, Alexander
Zakin (p) Henryk Halperin (bj) Curt Albrecht (tu) Ignaz Seeman, Wilhelm Albrecht (b) Joe Panneck (d) Paul
Dietrich (accor) Hugo Blaer (xyl,perc) Paul Godwin (vln,Konzertmeister) Ernst Eckhard, Hans Viereck, Leo
Monosson (vln) Willi Franke (cello)

Berlin, April 1927
Karoline Gram/Pol (G)19720 (12")
Karoline (G)21007
Banjo (G)19720 (12")
Banjo (G)21009
Ein bißchen Französisch (G)19721 (12")
478bd Ein bißchen Französisch (G)21006
Die kleinen Mädchen sind wie die Sterne (G)19721 (12")
Die kleinen Mädchen sind wie die Sterne (G)21008
Zieh' dich aus (G)19722 (12")
Zieh' dich aus (G)21009
Seekrank (G)19722 (12")
Seekrank (G)21010
Onkel Müller mit dem Tiller-Triller (G)21010

Haller Revue Jazz Orchester : plus Beate Roos-Reuter (vcl)

Berlin, September 1928
36166W-3 Ich bin die Marie von der Haller-Revue bbr vcl) Beka (G)B6524
37171W-2 In the sweet bye and bye (Sie will nur …
Luftballons) -

Berlin, Dezember 1928
36795W Chopinata Parlophone (G)B12051

Berlin, Januar 9, 1929
36938W Roses of yesterday Par (G)B12051

Berlin, Januar 1929
36997W Barbara song Par (G)B12039
36999W Moritat -

Berlin, Juni 1929
37608L Gilbert-Fox, Teil 1 Par (G)B12076
37609L Gilbert-Fox, Teil 2 -

Hans Schindler und sein Orchester : unbekanntes Studioorchester : 2 tp, tb, cl/fl, 3 saxes, 2 vln, p, g, tu, d und Peter Rebbuhn (vcl)

Berlin, Dezember 1933
292E Who's afraid of the big bad wolf ? (Wer hat Angst vor dem bösen Wolf) Brill (G)246
293E The old Cowboy (The last round-up) - , 159, Tempo (G)4279
295E Pettin' in the Park (pr vcl) (G)169, Record 169, Tempo (G) 4279




Anmerkungen:
Für eine komplette Discographie siehe Rainer E. Lotz, Discographie der deutschen Tanzmusik, Band 6 Link - Hier klicken

Der Orchesterleiter, Komponist und Klavierbegleiter Hans Schindler sollte nicht mit dem Schauspieler und Theaterleiter Dr. Hanns Schindler verwechselt werden, der nach dem Weggang von Rosa Valetti Ende 1922 deren ,Cabaret Größenwahn' übernahm und· bis 1925 leitete und im September 1933 das ,Kabarett der Komiker' von Kurt Robitschek übernahm und bis zu seinem Tod im Jahr 1938 leitete.

Auch der Hans Schindler, der laut Eintragung im Aufnahmebuch im November 1937 mit Mitgliedern der Kapelle der Staatsoper. Berlin, Leitung: Hans Schindler' den Sänger Karl Schmitt-Walter bei einer Aufnahmesitzung für Telefunken begleitete (Der Heimat schönste Lieder; Telefünken [,2344), dürfte ein anderer sein als der Hans Schindler, dem dieser Artikel gewidmet ist.

Die beiden letzten Bilder entstammen dem Archiv Michael Arenz, einem Großneffen von Hans Schindler durch dessen Mitarbeit dieses Portrait erst möglich war.




Vielen Dank an Hr. Klaus Krüger (Herausgeber FOX auf 78) sowie an die Autoren Hr. Rainer Lotz und Hr. Horst Bergmeier diesen Artikel hier wiedergeben zu dürfen. Diese Biographie erschien erstmal in FOX auf 78, Heft 18, 1999

Wir würden uns sehr freuen wenn noch weiteres Material zu Hans Schindler beigesteuert werden kann um diesen Artikel aus FOX auf 78 zu ergänzen - Danke!

>Mehr Link - Hier klicken im Diskussionsportal

Ãœber Uns

Wir sind mehr als ein Forum! Als eingetragener Verein arbeiten wir an der Beständigkeit unserer Leidenschaft.

Ãœber uns

Wir suchen Dich!

Du schreibst Artikel, möchtest im Forum als Moderator aktiv werden? Dir liegt Social Media. Bewahre Wissen! Wir warten auf dich.

Schreib uns

Tipps

Einsteiger-Ratschläge für optimale Nutzung und wichtige Aspekte beim Grammophon und Schellackplatten-Kauf.

Zu den Informationen