Jazz im "Dritten Reich" - Mythen und Fakten
Eine der besten Abhandlungen zu der Thematik ist die Doktorarbeit von Axel Jockwer Unterhaltungsmusik im Dritten Reich.
Auf über 600 Seiten wird die Thematik sehr ausführlich dargelegt.
Die Dissertation ist als pdf über die Universität Konstanz zu laden: Link - Hier klicken
Speziell Kapitel 4.2 Vom Jazz zur Neuen Deutschen Tanzmusik ist fast schon Voraussetzung, um die vielschichtigen Zusammenhänge des Jazz unter dem nationalsozialistischem Regime zu überblicken
Mitgliedern stehen im Diskussionsportal auch die Einträge in der Kategorie Swing, Jazz und Unterhaltungsmusik in der Zeit 1933 - 1945 zur Verfügung.
Zwar versuchten die Nationalsozialisten, dem deutschen Jazzfreund das Leben schwer zu machen, auch gab es regionale Verbote bishin zu Verfolgungen, wenn Jazzliebhaber dies zu offensiv nach außen trugen, jedoch kam es nie zu einem landesweiten Jazzverbot.
Allein schon wegen mangelnder Kenntnis über diese Musikform, taten sich die zuständigen Entscheidungsträger sehr schwer eine ganze Musikart generell zu verbieten.
Der Thüringer Erlass des Volksbildungs- und Innenministers Wilhelm Frick vom September 1930 gilt als erste Maßnahme der Nationalsozialisten gegen den Jazz. Dabei handelte es sich noch um kein Verbot, sondern um einen Versuch, diese "Zersetzungserscheinungen nach Möglichkeit zu unterbinden·"
Bei der Erteilung einer Aufführungserlaubnis sollten die zuständigen Beamten "strengste Maßstäbe" anlegen, um die Unterwühlung der "sittlichen Kräfte des deutschen Volkstums" zu unterbinden.
Es fehlte in diesem Erlass jegliche Definition was den nun genau Verboten sei.
1931 gab es einen Regierungserlass, der die Beschäftigung von farbigen Kapellen auf deutschem Boden untersagte. Nur in Einzelfällen erhielten farbige Solisten die Genehmigung in Deutschland zu spielen. Diese Bestimmung hatte verschiedene Gründe: In Deutschland gab es starke Auswirkungen der Wirtschaftskrise. Die Kaufkraft sank, Unternehmen brachen zusammen, die Arbeitslosigkeit stieg. Auch So versuchte man, KonÂkurrenz auszuschalten.
1935 kam es zu einem Jazzverbot für den gleich geschalteten Rundfunk, dazu weiter unten mehr.
Zwar gab es Prüfungsausschüsse, jedoch konnten diese nicht definieren, was Jazz sei und aufgrund mangelnder musikalischer Kompetenz kaum Verbote erlassen.
Es ist zu vermuten, daß die meisten Befürworter des Verbots keinerlei Ahnung hatten, was Jazz eigentlich ist.
Zu einer musikalisch genauen Definition dessen, was verboten wurde, kam es wohl deshalb erst 1942.
(Es ist noch nicht geklärt ob dieser Erlass "Verbod van Negermuziek" nur für die besetzten Niederlande galt - Nur dort findet sich in Merkblättern diese Definition! Ein deutsches "Verbot von Negermusik" aus dem Jahre 1942 ist bis dato nicht belegt.)
Am 04. Juli 1942 wurde in München im Konzertsaal des Hotels "Bayrischer Hof" ein Kongreß zum Thema Unterhaltungsmusik abgehalten.
Die Eröffnungsrede hielt der Propagandaminister Joseph Goebbels und viele Referenten folgten ihm.
Als Schlußfolgerung der Tagung wurde eine Arbeitszusammenfassung erstellt und am Folgetag vorgetragen.
Der Inhalt der Tagung wurde im Fachblatt "Zeitschrift für Musik" veröffentlicht.
"Wer den Jazz als reine Tanzmusik z.B. zum Tanzen gerne hat, der möge in Gottesnamen danach tanzen." (1942 !)
Dieses Schild war die Erfindung einer Plattenfirma der 70er Jahre für eine LP-Serie mit Tanzorchestern.
Es gab nie ein landesweites Swing-Verbot.
Allerdings wurden regionale Verbote ausgesprochen die den SwingTANZ (nicht die Musik) untersagten. Dies waren:
01.06.1938 Swingtanzverbot in Freiburg
November 1938: Swingverbot in Pommern (gilt ab 01.01.1939)
November 1938: Stuttgarter Vergnügungsgewerbe fordert zum Verbot des
Swingtanzes auf
Dezember 1938: Swingtanzverbote in Franken, Thüringen, Württemberg-Hohenzollern und Bamberg
Hierbei ist auffällig, daß es sich um eher ländlich geprägte Regionen handelt, in denen ausufernde Swing "Orgien" wohl kaum stattgefunden haben. Für städtisch geprägte "Gaue" gab es nie ein Verbot. Vor allem in den großen Metropolen wie Berlin, Hamburg usw., aber auch z.B. den mondänen Badeorten, wurde Swing getanzt. Doch gerade hier fand keine Reglementierung statt. Die oben genannten Verbote dürften daher unter die Kategorie Aktionismus fallen, um sich keine Untätigkeit vorwerfen lassen zu müssen.
Deutsche Plattenfirmen hatten langjährige Verträge mit ausländischen Plattenfirmen zum gegenseitigen Matrizenaustausch. Diese konnte man nicht einfach verbieten.
Bis 1938 waren quasi alle amerikanischen und englischen (Jazz und Swing) Platten auch in Deutschland frei erhältlich. Die Plattenfirmen brachten regelmäßig Sonderlisten mit den neuesten Aufnahmen aus den USA heraus. Was nicht im Geschäft vorrätig war, konnte bestellt werden.
1937
17.12.1937 Musik jüdischer Komponisten oder Interpreten auf Schallplatte ist
verboten
18.12.1937 Anordnung über unerwünschte und schädliche Musik von der RMK
erlassen, alle ausländische Musik ist vor dem Verlag oder Vertrieb in Deutschland
der Musikprüfstelle im RMVP vorzulegen
1938
01.02.1938 Anordnung über unerwünschte und schädliche Musik tritt in Kraft
01.04.1938 "Nichtarier"-Verbot in Kunst und Musik
Damals wurde aber auch mit diversen Tricks gearbeitet, um die Reichsmusikkammer zu überlisten: sei es, dass man den anstößigen jüdischen Nachnamen bei einer Jean Goldkette Aufnahme wegließ und „Jeans’ Orchester“ angab oder bei Richard Tauber mit Pseudonym oder den Initialen G. T. auf dem Etikett arbeitete.
Ab 1939 tritt eine sogenannte "Listenregelung" für Platten in Kraft. In insgesamt vier Listen bis 1942 wird geregelt, welche Aufnahmen in Deutschland nicht mehr vertrieben werden durften. Der reine Besitz und das private Hören wurde jedoch nicht untersagt!
Platte | Interpret | Titel | Grund | Nachweis |
Brunswick 81586 | ? | The Dipsy Doodle | Musikalisch (hot) (übertriebene Jazzinstrumentierung im Hotstil) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Brunswick A 81669 | Mills Brothers/Louis Armstrong | Caravan/The Flat Foot Floogee | Rassisch (Neger) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Brunswick A 81686 | Michael Flome | Lambeth Walk | ? | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Columbia D.W. 5883 | Lecuona Cuban Boys | Conga dans la nuit | gestopfte Hörner | BAMRMK Nr. 4 v. 15.4.1940 |
Electrola E.G. 6557 | Fats Waller | Pent up in a Penthouse | Rassisch (Neger) (Die Form der Darbietung widerspricht dem Empfinden des deutschen Volkes) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Electrola E.G. 6850 | Erwin Steinbacher | Wenn ich ein Schlangenbeschwörer wär | Die Form der Wiedergabe des Refraingesangs entspricht nicht dem Empfinden des deutschen Volkes | BAMRMK Nr. 4 v. 15.4.1940 |
Odeon O-31140 | ? | Swing for Sale | Swing im Titel | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Odeon O-31193 | Joe Daniels | Big Boy Blue/Swing high, swing low | Schlagzeugsoli/Swing im Titel | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Odeon O-31231 | ? | Your Broadway and my Broadway | Musikalisch (hot) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Odeon | Nat Gonella | Sämtliche Platten | Idolcharakter (Swing-Heini) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 |
Telefunken A 2887 | Fud Candrix | Two left feet/Frankie and Johnny | Musikalisch (hot) | BAMRMK Nr. 4 v. 15.4.1940 |
Telefunken A 2895 | Teddy Stauffer | Shadrack/Hurry home | Musikalisch (hot) | BAMRMK Nr. 4 v. 15.4.1940 |
Allegro Swing | Ugo Adduci (Komponist) | Swing im Titel | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Bei mir bist du schön | Sholom Secunda (Komponist) | Rassisch (Jüdisch) | AMRMK Nr. 17 v. 1.9.1938 | |
Casa Loma Stomp | Gifford (Komponist) | Musikalisch (hot) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Canto negro | U. Mansetti (Komponist) | Musikalisch (Artfremde Musik) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
? | Dann lächelst du | Frank Filip | Musikalisch (hot) (Nachahmung amerikanischer Hotmusik) | BAMRMK v. 15.4.1940 |
Dschungelprinzessin | Friedrich Holländer (Komponist) | Rassisch (Jüdisch) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Ever loving | Yvain Allouche/Roger Sarbib | BAMRMK v. 15.4.1940 | ||
Hochspannung | Raymond Scott | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | ||
Ich träume von Millionen (I´m dreaming of a Million) | N.H. Brown | Musikalisch (Swing) | AMRMK Nr. 17 v. 1.9.1938 | |
Im Rhythmus der Zeit | James V. Monaco | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | ||
Granada | Mabel Wayne | Musikalisch (Swing) | AMRMK Nr. 17 v. 1.9.1938 | |
Pealin´ the Peach | Dorothy Dicke/Harry Link | Art dieses Tanzes entspricht nicht dem Empfinden des deutschen Volkes | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Rapsodia in Swing | U. Menzetti | Swing im Titel/Artfremde Musik | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Schubertiana (Foxtrott) | H. Davis | Klassiker verjazzt | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Swing low sweet chariot | Swing im Titel | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | ||
Take your pick and swing | Jimmy Kennedy/Michael Carr | Swing im Titel | AMRMK Nr. 17 v. 1.9.1938 | |
The Flat Foot Floogie | Gaillard/Stewart/Green | Musikalisch (hot) | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
There´s a Village in the Valley | Abner Silver | Musikalisch (hot)/Negroide Musik im Hotstil | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
Vagabond Fiddler | Sherman Myers | Rassisch (Jüdisch) | AMRMK Nr. 17 v. 1.9.1938 | |
You never know | Cole Porter | Musikalisch (hot)/Negroide Musik im Hotstil | BAMRMK Nr. 16/17 v. 1.9.1939 | |
AMRMK | = Amtliche Mitteilungen der Reichsmusikkammer | BAMRMK | = Beilage zu den Amtlichen Mitteilungen der Reichsmusikkammer |
"Der Rattenfänger von NeuYork" stammt aus dem Jahr 1944. Dieser Artikel wird häufiger im Zusammenhang mit Swing und Jazz in der Nazi-Zeit gezeigt, bzw. zitiert. Eine Veröffentlichung von 1944 lässt dieses Pamphlet jedoch in einem etwas anderen Licht erscheinen.
"1944, Folge 26" wird, wenn man wöchentliches Erscheinen voraussetzt, in der Jahresmitte publiziert worden sein. Zu dieser Zeit hatte die deutsche Bevölkerung längst andere Sorgen, als Swing-Musik und das Werk eines "jüdischen Verbrechers". Die angestrebte Wirkung des Artikels wird insgesamt nicht bedeutend gewesen sein. Fraglich ist auch, ob dieses Blatt (Illustrierter Beobachter) Mitte 1944 noch von einem Großteil der Bevölkerung gelesen wurde.
Wenn man diese Veröffentlichung in den richtigen zeitlichen Zusammenhang bringt, entspricht der Inhalt vielleicht dem Wunschdenken damaliger Parteigenossen, hat aber mit einem, wie immer auch praktizierten Swing- oder Jazzverbot nichts zu tun. Vielmehr darf man einen propagandistischen Zusammenhang mit der Landung der Allierten in Frankreich sehen.
Für eine besonders boshafte und ekelhafte Polemik ist dieser Artikel aber ein gutes Beispiel!
Zusammenfassend: Bis Herbst 1939 konnte der deutsche Plattenkäufer auf das gesamte, in Deutschland vertriebene, internationale Plattenrepertoire zugreifen. Jazz- und Swingplatten waren bis dahin ohne Einschränkungen frei verkäuflich.
Mit der ersten Listenregelung, sowie dem Verbot jüdischer Künstler, kam es zu Einschränkungen, wobei auch die Plattenfirmen ihren Teil dazu beitrugen, fragliche Künstler weiterhin ihren Kunden anbieten zu können. Aufnahmen wurden nicht "vorab" geprüft!
Erst wenn bekannt wurde, daß jüdische Künstler an den betreffenden Aufnahmen mitwirkten, wurde der Vertrieb eingestellt. Die Zensur brauchte teilweise mehrere Monate, bis eine "unerwünschte" Platte in einem offiziellen Index auftauchte.
Ab Kriegsbeginn waren Importe, sowie Künstler und Aufnahmen aus den Feindstaaten verboten. Bis zum Kriegseintritt der USA Ende 1941, konnten aber amerikanische Aufnahmen noch bestellt werden, solange die Aufnahmen nicht in einer Liste aufgenommen waren.
Zu 4) - Während der Olympiade 1936 kam es zu Lockerungen
Dies ist einfach eine Fehlinformation, die sich an durch keinerlei Fakten, Zeitzeugenaussagen oder Dokumenten belegen lässt.
Gerne wird Teddy Stauffer als Beispiel für eine Lockerung angeführt - jedoch nahm Stauffer bis Kriegsausbruch die aktuellsten Jazzstücke auf Platte auf und spielte diese auch bei Auftritten.
Es stimmt, daß sich die Hauptstadt während der Spiele nach außen sehr weltoffen gab. So wurden z.B. Grenzkontrollen weniger "scharf" durchgeführt. Dies hatte jedoch keinen Einfluss auf die Musik.
Die Einschränkung der Pressefreiheit durch Goebbels' Propagandaministerium, die "Evakuierung" aller in Berlin lebenden Sinti und Roma an den Stadtrand nach Marzahn und die Errichtung des Konzentrationslagers Sachsenhausen, nur wenige Kilometer vor Berlin, parallel zur Olympiade, wurden im In- und Ausland kaum wahrgenommen.
Zu 5) - Der deutsche Rundfunkhörer nach 1933 konnte nur Musik im Sinne der RMK (Reichs Musik Kammer) hören.
Am 12. Oktober 1935 erließ der Reichssendeleiter Eugen Hadamovsky ein "Jazzverbot" für den deutschen Rundfunk.
Nachdem wir heute zwei Jahre lang aufgeräumt haben und Stein an Stein fügten, um in unserem Volke das versammelte Bewußtsein für die deutschen Kulturwerte wiederum zu wecken, wollen wir auch mit den noch in unserer Unterhaltungs- und Tanzmusik verbliebenen zersetzenden Elementen Schluß machen.
Mit dem heutigen Tage spreche ich ein endgültiges Verbot des Nigger-Jazz für den gesamten Deutschen Rundfunk aus.
Ich muß dabei betonen: Dieses Verbot ist, auch wenn man es hundertmal im Ausland dazu umlügen sollte, kein Symptom für eine irgendwie geartete Auslandsfeindschaft des deutschen Rundfunks. Der deutsche Rundfunk reicht allen Völkern zum freundschaftlichen Kultur- und Kunstaustausch die Hand.
Was aber unschöpferisch und zersetzend ist, ja die Grundlagen unserer ganzen Kultur zerstört, das werden wir ablehnen. So wenig wir Dramen aus Moskau übernehmen, die den Bolschewismus verherrlichen, so wenig ist in Zukunft Platz für Nigger-Jazz – und stamme er aus dem Hafenviertel von Harlem oder sonst woher. Der Jazz ist die Übertragung des Primivitätskults auf die Musik. Der Jazz ist nicht eine bessere oder auch nur raffiniertere Instrumentation irgendwelcher Tanzweisen, er ist nicht etwa Rhythmus oder Tempo im modernen Sinne, sondern er ist – so wie man ihn bei uns importiert – eine Angelegenheit von Halbwilden und gehört deshalb in ein Museum für Völkerkunde, nicht aber in ein Kunstinstitut.
Wir werden dabei ganze Arbeit leisten!
Sicherlich werden die ganz Geschäftstüchtigen wie üblich kommen und schnellstens eine neue, nunmehr „jazzfreie“ Bearbeitung ihrer Niggermusik vornehmen.
Sie sollen sich das Briefporto sparen und ihr Manuskript lieber gleich zur Ofenheizung verwenden.
Der Niggertanz ist von heute ab im deutschen Rundfunk endgültig ausgeschaltet, gleichgültig, in welcher Verkleidung er uns dargeboten wird.
Die Ablehnung des Jazz ist eine Sache des gesunden Gefühls.
Wir wollen nicht länger im Rundfunk mauscheln hören. Wir wollen auch nicht, daß musikalisch gemauschelt wird.
Für den Jazz gibt es deshalb nur noch eine Parole: links raus.
Abrücken nach Afrika!
Zwischen dem Präsidenten der Reichsmusikkammer, Professor Dr. Raabe und dem Leiter des Berufsstandes deutsche Komponisten, Professor Dr. Graener, der Hitlerjugend, dem Reichsverband deutscher Rundfunkteilnehmer, der Rundfunkfachpresse, der Parteipresse und der Reichssendeleitung wurde die Schaffung eines Prüfungsausschusses für deutsche Tanzmusik bei der Reichssendeleitung vereinbart. Dieser Ausschuß entscheidet für den Rundfunk endgültig über die Aufführungsgenehmigung oder das Aufführungsverbot des Werkes.
Diese Kommission ist nun – das möchte ich ausdrücklich betonen – nicht dazu da, überschlauen und wenig verantwortungsfreudigen Komponisten oder Verlegern die Verantwortung abzunehmen. Über die Ablehnung oder Zulassung entscheidet an sich der zuständige Reichssender, aber sowohl die verantwortlichen Rundfunkdienststellen als auch der Komponist haben durch den Prüfungsausschuß für Tanzmusik eine Möglichkeit, eine letztinstanzliche Entscheidung in strittigen Fällen herbeizuführen.
In den nächsten Wochen schon werde ich ein gleichzeitig mit den maßgebenden Leitern unseres Musiklebens abgesprochenes Programm bekanntgeben, welches im ganzen auch einer gesteigerten Pflege deutscher Tanzmusik dienen soll. Denn das Verbot des Jazz im Rundfunk muß gleichzeitig mit einer vermehrten Pflege unserer eigenen Unterhaltungs- und Tanzmusik verbunden sein. Den deutschen Rundfunkintendanten aber mache ich schon heute die Pflege unserer Tanzmusik und die Durchführung festlicher Tanzveranstaltungen und schöner Unterhaltungsabende zur ausdrücklichen Pflicht.
Richtig ist, daß spätestens mit diesem Verbot im deutschen Rundfunk keine amerikanischen oder englischen Jazzbands (von Platte) mehr zu hören waren.
Die WERAG stellte z.B. bereits 1933 die Jazzsendung Meister des Jazz ein (1933 gab es jedoch noch keinerlei Verbote - das Einstellen von Spezialprogrammen, wie das der WERAG, muss man wohl eher als vorauseilenden Gehorsam sehen).
Jedoch gab es weiterhin im Rundfunk "beschwingte" Tanzmusik zu hören - das Programm bestand keinesfalls nur aus Märschen...
In der auf das Jazzverbot im Rundfunk einsetzenden Debatte in den Zeitungen, gibt es kaum musikalisch konkrete Aussagen zum Inhalt des Verbots. Zwei Tendenzen sind zu erkennen. Erstens wird der Jazz als "negerisch" und "jüdisch durchsetzt" bezeichnet ("Jazz ist für uns musikalische Rassenschande" NS-Kurier, 16. Juli 1936). Zweitens wird das Repertoire speziell der Kurorchester kritisiert, es bestünde bis zu 4/5 aus Kompositionen tantiemenberechtigter Ausländer. Damit wird also auch ein wirtschaftlicher Aspekt des Verbots ins Spiel gebracht.
Man war sich der Lücke bewusst, die dieses Verbot in die Programmgestaltung riss. Auch deswegen startete man im Rundfunk 1936 einen Tanzkapellen Wettbewerb zur Schaffung einer "Deutschen Tanzmusik".
Trotzdem waren im Rundfunk auch weiterhin Orchester wie Heinz Wehner (mit seinem Telefunken Swing Orchester), Teddy Stauffer usw. zu hören.
Erst mit Beginn des Krieges stand es unter Strafe ausländische ("Feind-") Sender zu hören. Bis dahin konnte man sich abends auch mit einfachen Geräten (wie z.B. dem Volksempfänger) an den Jazzprogrammen z.B. aus England erfreuen. Die Radioindustrie warb auch ganz offen mit Europa Empfang.
Im weiteren Kriegsverlauf wurde das Programm immer mehr auf Unterhaltung umgestellt. Selbst das Deutsche Tanz- und Unterhaltungsorchester konnte in den vierziger Jahren, staatlich finanziert, Swing betonte Musik spielen.
irgendwann zwischen Ende 1939 und Anfang 1941
Dies ist bedingt richtig.
Künstler jüdischer Abstammung wurde ein Berufsleben unmöglich gemacht. Musiker, (und auch z.B. Schauspieler) die nicht in das nationalsozialistische "Konzept" passten, wurden aus dem öffentlichen Leben "entfernt", verfolgt oder umgebracht.
Viele Musiker der Weimarer Zeit flüchteten oder emigrierten ins Ausland, trotzdem fanden Künstler den Tod in Konzentrationslagern.
Jedoch war man sich seitens des Propagandaministeriums der Wichtigkeit von "Exotik" in der Unterhaltungsindustrie bewusst.
Künstler wie Barnabás von Géczy (Ungar), Rosita Serrano (Chile), Teddy Stauffer (Schweiz) Juan Llossas (Spanier), Georg Boulanger (Rumäne/Russe),
Eduardo Bianko (Spanien), die Lecuban Cuban Boys, das Ciri Rimacas Rumba Orchester (Kubaner) Jack Hylton ( England), Harry Roy (England), John Abriani ( Italien), Billy Bartholomew (England) usw. waren sehr beliebte Musiker, die in Deutschland ihren Wohnsitz hatten oder lange Gastspielverträge unterhielten.
Der Almanach (Hier Ausgabe 1939/40) stellte und verzeichnete Künstler, die Varietés, Hotels, Theater etc. buchen konnten.
Auf der nächsten Seite (3) noch einige Musikbeispiele >>
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