Fred Bird - Felix Lehmann

Fred Bird

1882 - 1975


Orchesterleiter & Pianist

Felix Lehmann
* 17. Dezember 1882; † 28. Dezember 1975 in Berlin



In der Internetkultur schlich sich leider eine gravierende Verwechslung zu dem Orchesterleiter Felix Lehmann (Pseudonym: Fred Bird) ein. In vielen Beiträgen ist zu lesen: geb. 19. Januar 1889 in Weiterstadt; gest. 1942 im KZ Auschwitz. Dies basiert auf Verwechselungen mit einem Namensvetter welcher tatsächlich (zusammen mit seiner Familie) 1942 im KZ Auschwitz umgebracht wurde. Die Lebensdaten dieser Opfer des Holocaust und faschistischer Verfolgung sind:
Felix Lehmann
Weiterstadt, 19. Januar 1889 – Auschwitz, 31. August 1942
Ehefrau: Flora Lehmann-Salomon
Kinder: Hildegard Lehmann, Gertrud Lehmann
Wohnadresse: Spoorweglaan 1, Maastricht (Juni 1942)
Flora Lehmann-Salomon
Beerfelden, 10. März 1894 - Auschwitz, 31. August 1942
Hildegard Lehmann
Darmstadt, 10. Februar 1921 - Auschwitz, 31. August 1942
Gertrud Lehmann
Darmstadt, 25. April 1924 - Auschwitz, 31. August 1942


Nicht nur lebte Fred Bird (Felix Lehmann) in den 20er - 40er Jahren nie in Darmstadt/Weiterstadt, auch emigrierte er nicht in die Niederlande! Er ist im Berliner Adressbuch (letzte Kriegsauflage) nahtlos bis 1943 nachweisbar. Auch führen ihn die ersten Nachkriegs-Telefonbücher wieder. Felix Lehmann (Fred Bird) überlebte den Krieg vermutlich in Berlin und starb 1975 im Alter von 93 Jahren ebenda.

Berliner Adressbuch, 1943 Link - Hier klicken

Aufgrund dieser Verwechslung (und dem ehemals falschen Eintrag auf Wikipedia) kommen dann auch solche "Fundstücke" aus dem Internet zustande. Nicht nur zeigt das Bild einen damals bekannten Sänger (Paul O'Montis und nicht Felix Lehmann/Fred Bird), die Informationen sind schlicht falsch und Haare sträubend.


Auch neuere Publikationen wie "Der Jazz in Deutschland, Vol.1", Rainer Lotz & Horst Bergmeier, Bear Family Records 2007 oder "Tanzdielen und Vergnügungspaläste. Berlin", Knut Wolffram, Edition Hentrich 1992 bestätigen die Lebensdaten 1882 - 1975.


Der tatsächliche Geburtsort von Fred Bird/Felix Lehmann ist noch ungeklärt. In den Berliner Adressbüchern ist er erstmals 1928 aufgeführt, seine Tätigkeit in der Stadt (bzw. der Plattenfirma Homocord) begann jedoch bereits 1924. Über vorherige Stationen seiner Karriere ist nichts bekannt, bzw. existieren keine Unterlagen.

Erschwerend kommt hinzu: Felix Lehmann "änderte" im Laufe seiner Karriere als Studiomusiker in den Adressbüchern häufig seinen Namen, bzw. "passte" diesen immer wieder an sein Pseudonym Fred Bird an.

1928
Lehmann, Felix

1936
Bird-Lehamnn, Fred


1937
Bird-Lehamnn, Fred


1938
Berd, Fred


1939
Lehmann, Felix


1940
Lehmann, Felix


1941
Lehmann, Felix


1942
Lehmann, Felix


1943
Lehmann, Felix



Felix Lehmann war ab 1924 Aufnahmeleiter und musikalischer Direktor bei der Plattenfirma Homokord. Sein Hauptpseudonym Fred Bird wurde quasi sein Alter Ego. Um bei der Homokord ein größeres Künstler-Repertoire vorzugeben nahm er unter unterschiedlichsten Pseudonymen auf: Homokord (Tanz)Orchester nutzte er zusammen mit anderen Künstlern für Tagesschlager. Salon-Orchester Félix Lemeau diente für leichte Klassik, Salonmusik und Charakterstücke.


Fred Bird & The Salon Symphonic Jazzband
1926

Heute dürfte den größten Bekanntheitsgrad Fred Bird & The Salon Symphonic Jazzband (ab 1926) und Fred Bird Rhythmicans (ab 1929) haben. Mit dieser "jazzorientierten" Formation erlangte Fred Bird bei den Plattenkunden der zwanziger Jahre eine größere Bekanntheit. Neben Dajos Bela bei der Lindström dürfte Felix Lehmann der meistbeschäftigste Studiomusiker der zwanziger und frühen dreißiger Jahre gewesen sein.

Das Label eines "Jazzmusikers" trug Fred Bird jedoch wohl nicht zurecht. Zwar spielten immer wieder fähige amerikanische oder englische Musiker bei seinen Einspielungen (so z.B. auch ein junger Al Bowlly, Mike Danzi oder Howard Ossman MacFarlane Link - Hier klicken ) mit, wirkliche Jazzmusik brachte das Orchester aber selten zu Gehör.

Dazu der amerikanische Banjospieler Mike Danzi der kurz zuvor in der Jazzband von Alex Hyde Link - Hier klicken gespielt hatte in seiner Biographie:

In der ersten Septemberwoche 1925 hörte ich, das anlässlich einer Ausstellung in Leipzig ein neuer Preis, das "Goldene Saxophon" für das beste Tanzorchester vergeben werden sollte. Fred Bird, der eigentlich Felix Lehmann hieß, hatte zu dieser Zeit ein gewöhnliches Orchester das mit den anderen im Plattengeschäft nicht mithalten konnte. So schlug ich ihm vor (für den Wettbewerb) die sechs verbleibenden Mitglieder unserer Band sowie die Arrangements von Alex Hyde zu verwenden. Nach zwei Proben folgte Bird meinem Ratschlag. Wir steuerten die Hot Improvisationen bei. Als verkündet wurde, das Fred Bird den Wettbewerb gewonnen hatte, riefen die anderen Orchesterleiter "Schiebung"...
Die Jury war davon nicht beeindruckt, Fred Bird lieferte einfach den besten Auftritt.


Tatsächlich taucht das Pseudonym Fred Bird bzw. Fred Bird & The Salon Symphonic Jazzband auf Homocord erstmals nach diesem Tanzkapellenwettbewerb auf.

Homocord Plattenkataloge 1929










Das Tanzorchester FRED BIRD, Star-Ensemble der Homocord, eine der beliebtesten Tanzkapellen des eleganten Berlin, unvergleichlich in der Rhythmik seines Spiels, einzig in der geistreichen Darstellung moderner Tanzmusik, ausgestattet mit hervorragenden Solisten - was soll man zum Preise dieser Schallplattenmusik sagen? Wo immer gute Tanzmusik gewünscht wird - eine Fred Bird Platte wird höchsten Anforderungen genügen!


Bis zum Ende der Homocord als Label war Felix Lehmann bei dieser beschäftigt. Homocord ist zu diesem Zeitpunkt zu 100% dem Lindström-Konzern zuzuordnen. Als die Marke Homocord 1931 eingestellt wurde, war Lehmann weiter für die Lindström tätig. Die Aufnahmebücher der Lindström geben Auskunft über seine weitere Karriere als Studiomusiker. So leitete Lehmann z.B. im November 1931 eine der letzten "Karkoff" Sitzungen für die 20cm Marke Derby.




Derby wurde kurz danach eingestellt, und gänzlich durch die 25cm "Billigplatte" des Konzerns Gloria Link - Hier klicken ersetzt. Das ganze Jahr 1932 war Lehmann zusammen mit Otto Dobrindt für die Gloria als musikalischer Leiter/Aufnahmeleiter beschäftigt. So dirigierte er nicht nur die meisten der als "Fred Bird" veröffentlichten Aufnahmen, sondern zeichnete sich im Wechsel mit Dobrindt auch für viele "Eric Harden Tanzorchester" Sitzungen auf Gloria verantwortlich. Genauso betreute er aber auch Aufnahmen von Salonorchestern oder Schrammel-Quartetts.

Die Zusammenarbeit mit der Lindström endete Anfang 1933. Laut den Aufnahmebüchern leitete Felix Lehmann am 10. Januar 1933 die letzte Aufnahmesitzung bei Gloria/Lindström. Nach diesem Datum ist er in keiner der Lindström-Aufzeichnungen mehr zu finden.




Gut zwei Monate später findet sich in einer Berliner Zeitung eine Anzeige des Bird-Orchesters. Möglicherweise war das Engagement im "Moka Efti" der erste "Live-Auftritt" einer Fred Bird Band außerhalb der Plattenstudios.

März 1933
12. März 1933, Berliner Morgenpost


Nach 1933 entstanden vermutlich keine (bekannten oder tatsächlich belegbaren) Aufnahmen mehr unter der Leitung von Felix Lehmann bzw. Fred Bird. Er war jedoch weiterhin am Rundfunk beschäftigt. So findet sich 1938 in einem Rundfunkheftchen dieses Bild mit Unterzeile:

Fred Berd-Lehmann, stets geschmackvoll in seiner Unterhaltungsmusik.



Am 11. Oktober 1937 entstanden für die Marke Kristall fünf Einspielungen unter dem Namen Fred Berd mit seinem Tanz-Orchester. Ob es sich dabei um Fred Bird / Felix Lehmann handelt ist nicht bekannt. Auch geben die Kataloge keinen Aufschluss über die Orchesterzusammensetzung. Die Namensähnlichkeit lässt allerdings die Vermutung zu.


Vermutlich folgten weiterhin Auftritte, das Berliner Branchenbuch 1940 führt ihn noch als "buchbaren" Musiker. Wahrscheinlich verbrachte Felix Lehmann den Krieg in Berlin. Nach dem Krieg lebt er immer noch in Steglitz, er ist auch wieder in den Branchenbüchern unter "Musikaufführungen" gelistet. Noch mit 80 Jahren führt er sein altes Pseudonym aus der Weimarer Zeit: Fred Bird.



Ebenfalls bis in die sechziger Jahre ist in Steglitz eine Musikschule "Lehmann - Eckert" aufgeführt. Ob es sich dabei um unseren Felix Lehmann handelt ist noch zu klären.


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