Savoy Orpheans und Teddy Sinclair 1928 in Berlin


Teddy Sinclair
1899 - 1938

Orchesterleiter, Violine, Piano, Gesang


Teddy Sinclair, der britische Jazzkönig, Direktor und Besitzer der allen deutschen Rundfunkhörern wohlbekannten Orpheans Band vom Savoyhotel, London, ist gestern abend in Berlin eingetroffen... Jeder Mann ist ein Virtuose auf seinem Instrument. Allerorts wurde das Publikum durch den Rhythmus elektrisiert, den man in solcher Vollkommenheit hier noch nicht gehört hat... Teddy Sinclair wird mit seiner fünfzehn Mann starken Jazzband, der besten Tanzkapelle Europas, ab kommenden Montag, täglich zum Nachmittagstee und zum Tanz im Europa - Pavillon spielen.



Sammlung Schellackfreak

Heut' war ich bei der Frieda
(Jim Cowler)

Original Orpheans Band
from the Savoy Hotel, London.

Homocord 4-2555 / T. M 19929

Berlin, 13. März 1928



Die Savoy Orpheans Band aus London - um 1925/26 galten sie als die beste Jazz- und Tanzkapelle Europas. Die Rundfunkübertragungen direkt aus dem Hotel in London wurden auch regelmäßig in Deutschland ausgesendet. Die Savoy Orpheans nun im Januar 1928 live in Berlin - eine kleine Sensation, auch die Zeitungen überschlugen sich fast über den Jazzkönig aus England mit seinem Orchester.

Nur - der Leiter Teddy Sinclair war in seinem Heimatland fast unbekannt, weit entfernt davon der Jazzkönig Englands zu sein. Auch die Original Orpheans Band from Savoy - Hotel, London, wie auf den Etiketten der eingespielten Homocord Platten zu lesen war, war alles andere als Original - diese Zusammensetzung spielte so nie im Savoy! Eine Fälschung waren sie jedoch auch nicht - etwas verwirrend...

Tanz im Savoy





Das Savoy Hotel in London wurde 1889 eröffnet. Mit über 260 Zimmern ist es eines der prestigereichsten und opulentesten Hotels der Stadt.


Nach 1910 erreichte auch England aus den USA kommend die große Welle der neuesten Tänze. Turkey, Foxtrott und Tango war nun auch das Motto der gehobenen Gesellschaft und des Adels in der englischen Hauptstadt. Schnell wurden die Orchester des Savoy Hotels stilprägend für die neuen Modetänze. Ab 1922 hörte man aus dem Hotel heraus auch die ersten "Live" Übertragungen von Tanzorchestern im englischen Rundfunk.

In den Restaurants und Salons spielten die üblichen, kleinen Streichorchester zur Unterhaltung. Im großen Tanzsaal wartete die Geschäftsleitung des Hotels jedoch regelmäßig mit den aktuellsten Novitäten auf.

Ab 1916 spielte im Hotel das Savoy Quartet, bestehend aus einem Klavier, zwei Banjos und Schlagzeug.

Zwei der vier Musiker stammten aus den USA. Neben dem Savoy trat das Quartet auch im Murray's Club auf. Ab 1917 entstanden für die HMV zahlreiche Einspielungen.
Savoy Quartet
1919
.

So modern und shocking das Orchester um 1917 auf die Earls und Duchess im Savoy auch gewirkt haben mag, nach 1919 und mit dem Auftreten der ersten Jazz - Bands war ihr musikalischer Stil veraltet. Nach 1920 wurde das Ragtime Quartet nicht mehr ins Hotel engagiert. Hier sah man sich nun auch nach modernen Tanzkapellen im Stil von Art Hickman oder Paul Whiteman aus Amerika um.

Der amerikanische Saxophonist Bert Ralton spielte zunächst im Orchester von Art Hickman in Kalifornien und New York. 1919 verließ er seinen Orchesterchef und gründete in Havana, Cuba ein eigenes Tanzorchester. 1921 erreichte er zusammen mit seinen Musikern England und spielte zunächst im London's Coliseum. Ab Frühjahr 1922 wurde die Band dann fest ins Savoy engagiert. Mit der Savoy Havana Band entstanden noch im gleichen Jahr die ersten Schallplattenaufnahmen. Schon bald konnte jedoch nur ein Orchester der einsetzenden Tanzwut der 20er Jahre nicht mehr gerecht werden. Die Hotelleitung sah sich nach einem zweiten Orchester um.
Savoy Havana Band
Oktober 1923

Savoy Orpheans
Mai 1926

Dieser Aufgabe stellte sich ein ehemaliger Kapellmeister beim britischen Militär, Debroy Somers. 1923 gründete er die Savoy Orpheans. Mit diesem Orchester war man noch mehr bemüht sich den amerikanischen Kollegen in Stil und Spielweise zu näheren. Stets versuchte man soviel fähige Jazz-Musiker wie möglich in den Reihen zu haben. Häufige Rundfunkübertragungen aus dem Hotel machten die Savoy Orpheans schnell sehr populär. Über Radio London war die Kapelle mehrfach die Woche in weiten Teilen Europas zu empfangen. Der Sender Berlin übertrug aber auch regelmäßig direkt aus dem Hotel in London. Jack Hylton hatte noch nicht seine volle Popularität erreicht; um 1925 galten die Savoy Orpheans als die beste Jazz- und Tanzkapelle Europas.

Beide Orchester (Havana Band und die Orpheans) standen unter dem Management des Agenten Wilfred de Mornys. Dieser "vermietete" sie wiederum an das Savoy Hotel. Die musikalische Leitung der Savoy Orpheans hatte zunächst Debroy Sommers. 1926 übernahm diesen Posten der Geigenspieler Cyril Ramon Newton, zum Jahresbeginn 1927 der Pianist Carroll Gibbons. Ebenfalls ab 1927 an der dritten Geige: ein gewisser Teddy Sinclair...




Geboren wurde der Musiker als Ephraim Waxkirsch - Sinclair 1899 in London. Schon bald ließ er Waxkirsch aus dem Namen weg. Zum eigentlichen Vorname wurde "Teddy". Im Londoner Telepohonbuch 1935 und 1936 steht er als E. Teddy Sinclair.

Wie sich seine musikalische Ausbildung vollzog ist nicht bekannt. Im ersten Weltkrieg diente er beim Militär. Vermutlich bei einem Gasangriff zog er sich eine Lungenverletzung zu. Diese Verletzung verfolgte ihn sein restliches Leben, später entwickelte sich daraus Tuberkulose.

Im Januar 1919 ist einer Zeitung aus Bristol folgendes zu entnehmen:

Victoria Maurice presents the great JAZZ-BO Seven
Featuring
Maurice - the well known Violinist
Gaby Martin - real jazz pianiste
Teddy Sinclair - premier jazz trap drummer


Victoria Maurice präsentiert die großen JAZZ-BO Sieben
Mit
Maurice - dem bekannten Geiger
Gaby Martin - echte Jazz - Pianistin
Teddy Sinclair - Jazz Trommler


Ob es sich dabei um unseren Teddy Sinclair handelt lässt sich natürlich nicht sicher sagen. Zumindest war es in den Anfangsjahren nicht ungewöhnlich, dass Musiker den Jazz Trommler mimen mussten - egal ob sie nun Schlagzeug spielen konnten oder nicht. Es ging vorrangig um den Lärm...

Sicher ist - 1923 spielte Sinclair in der Hauskapelle des "Hammersmith Palais De Danse" in London. Am 9. November 1923 nimmt die Band als The Hammersmith Palais De Danse Orchestra für das Label Regal zwei Titel auf: Who's Sorry Now? und Crying For You. Zwar tritt Sinclair bei den Aufnahmen nicht solistisch hervor, sein schönes Geigenspiel ist jedoch im Hintergrund immer gegenwärtig.

Die nächsten Spuren finden sich 1926, Sinclair spielt in Teddy Brown and his Cafe de Paris Band. Der in Amerika geborene Xylophonist Teddy Brown nahm mit seinem Orchester im Sommer 1926 für die Marke Imperial eine ganze Reihe an Schallplatten auf. Gelegentlich ist Sinclair mit kurzen Soli an der Geige zu hören - und beweist durchaus gewisse "Jazz Qualitäten" auf seinem Instrument.

Savoy II


Ende 1926 übernimmt der Pianist Caroll Gibbson die musikalische Leitung der Savoy Orpheans. Bei den Aufnahmesitzungen ab Januar 1927 wirkt erstmals auch Teddy Sinclair mit. Ein weiterer Star der Besetzung: Der Trompeter Frank Guarente welcher zuvor mit seinen "World Known Georgians" Link - Hier klicken Europa bereiste. Ende 1927 spielte Sinclair auch einige Zeit in der Havana Band, vermutlich leitete er diese dann auch.

Zum 31. Dezember 1927 lief der Vertrag des Savoy Hotels mit der Agentur von Wilfred de Mornys aus. Auch vergaß man seitens der Hotelleitung sich die mittlerweile berühmten Namen Savoy Havana Band und Savoy Orpheans zu sichern. Die Agentur hatte nun großes vor...

Die Savoy Orpheans wurden zum Ende des Jahres aufgelöst. Von der Havana Band holte man sich noch einige fähige Musiker, auch kamen ganz neue Instrumentalisten hinzu. Die Havana Band blieb im Savoy, auch gab es weiterhin ein Savoy Orpheans Orchester in London. Die fähigsten Jazzmusiker saßen nun aber in einer neu gegründeten Original Orpheans Band. Die musikalische Leitung teilten sich zunächst Caroll Gibbson und... Teddy Sinclair! Sinclair wurde auch zum nominellen Leiter des Orchesters ernannt. In dieser Eigenschaft reiste er im Dezember 1927 nach Berlin um Verträge für eine Europa Tournee auszuhandeln:

Der britische Jazzkönig in Berlin
Unterredung mit Teddy Sinclair

(11. Dezember 1927)


Teddy Sinclair, der britische Jazzkönig, Direktor und Besitzer der allen deutschen Rundfunkhörern wohlbekannten Orpheans Band vom Savoyhotel, London, ist gestern abend in Berlin eingetroffen. Teddy Sinclair beabsichtigt mit seinem Orchester im Januar (1928) in Berlin zu spielen, falls es ihm gelingt, die Verhandlungen, die er zurzeit mit namhaften Agenten führt, zu einem erfolgreichen Abschluß zu bringen. Sinclairs Ansprüche sind indessen sehr hoch, - der Jazzkönig verlangt nicht weniger als 14000 Mark wöchentlich für sich und seine 14 Mann starke Kapelle. Er erklärt selbst, daß sein Orchester die bestbezahlte Jazzband Europas sei.

Der Jazzkönig empfing gestern unseren Berichterstatter im Hotel Adlon zu einer Unterredung. "Seit neun Jahren leite ich die beiden Orchester des Savoyhotels - die Savoy Havana Band und die Orpheans Band. Ich kann ohne Übertreibung sagen, daß das Savoyhotel für Europa die Wiege der Jazzmusik war. Der Jazz ist heute eine von der ganzen Welt akzeptierte Musik, die niemals wieder sterben wird. Wir spielen den Jazz auf symphonischer Basis. Wir haben die größte Achtung vor der klassischen Musik, die, so grundverschieden sie vom Jazz ist, das sie mit dieser gemeinsam hat, daß beide aus der Seele quellen. Ich bin fest überzeugt, daß der symphonische Jazz die neue Richtung, sich nicht mehr ändern wird."

Teddy Sinclair hat sich noch gestern abend einige bekannte deutsche Jazzkapellen angehört: "Ich finde, daß das Tempo der deutschen Jazzkapellen, vom englischen Gesichtspunkt betrachtet, doch etwas zu schnell ist und die Kapellen zu laut spielen. Wir lieben einen leicht beschwingten Rhythmus, und keine lauten, schrillen Töne; wir lieben etwas, was dem Publikum angenehm in den Ohren klingt; wir ziehen einen Rhythmus vor, der uns den Tanz in die Beine bringt. Die Engländer lieben auch nichts Schweres, Schwerfälliges. Jedes Volk hat eben seine Geschmacksrichtung."
Sinclairs Band ist die erste Jazzkapelle Europas, die durch Rundfunk übertragen wurde; sie besteht fast ausschließlich aus amerikanischen Musikern.
Berliner Tageblatt


Sicherlich war Sinclair nicht der "Jazzkönig Englands", auch die Geschichte er leitete die letzten neun Jahre beide Orchester im Savoy ist einfach frei erfunden - er verhandelte aber einen guten Preis für die "Orpheans" aus London. Zum Jahresende lief der Vertrag mit dem Savoy Hotel aus, Ende Januar 1928 kam die "neue" Orpheans Band in Berlin an.

The Original Savoy Orpheans - 1928



L - R: Tiny Stock, Laurie Payne, Bert Thomas, Laurie, George Hurley, Frank Herbyn, Jean Zimbiin, Teddy Sinclair, Billy Barton, Cyril Hellier, Max Goldberg, ?, Frank Guarente, Eddie BaVe

Teddy Sinclair spielt in Berlin
Gastspiel des britischen Jazzkönigs im Europahaus
(26. Januar 1928)


Der Direktion des Europahauses ist es, wie wir erfahren, gelungen, den britischen Jazzkönig Teddy Sinclair vom Savoy - Hotel zu einem vierzehntägigen Gastspiel in Berlin zu bewegen. Der Vertrag ist gestern unterzeichnet worden. Teddy Sinclair wird mit seiner fünfzehn Mann starken Jazzband, der besten Tanzkapelle Europas, ab kommenden Montag, täglich zum Nachmittagstee und zum Tanz im Europa - Pavillon spielen. Nach Paul Whiteman und Jack Hylton, den ausgezeichneten Variéténummern, nun auch Teddy Sinclair, der Jazzkönig vom Savoy - Hotel, den Schöpfer der europäischen Jazzmusik auf symphonischer Basis.

Daß es ein führendes Berliner Unternehmen gewagt hat, diesen Meister trotz der bewilligten enormen Gage, trotz aller horrenden Steuern und sonstigen Abgaben für die Reichshauptstadt zu verpflichten, spricht für den Unternehmensgeist und für die Großzügigkeit der Berliner Vergnügungsindustrie. Es gibt wohl keinen europäischen Rundfunkhörer, der nicht wenigstens schon im Kopfhörer die Bekanntschaft Sinclairs gemacht hätte, die die Savoy - Orpheans - Band war das erste Jazzorchester Europas, das vom Rundfunk übertragen wurde.

"Es war außerordentlich schwierig," erklärten gestern die Direktoren Heinrich Braun und George Ansbach einem unserer Mitarbeiter, "Herrn Sinclair nach Berlin zu bekommen. Unzählige Telegramme mußten gewechselt werden, und erst gestern ist der Vertrag perfekt geworden. Der Abschluß drohte immer wieder an den hohen Gagenforderungen Sinclairs zu scheitern. Wir nahmen das Risiko auf uns; die Reichshauptstadt braucht einmal eine solche Attraktion im Interesse ihres Renommees. Wir sind sicher, daß Sinclairs Gastspiel den deutschen Jazzmusikern auch ganz neue Wege weisen und die deutsche Jazzmusik in außerordentlichem Maße befruchten wird..."
Teddy Sinclair weilte bereits im Dezember einmal besuchsweise in Berlin. Wir haben damals unsere Leser durch ein Interview mit dem Jazzmeister bekanntgemacht.
Berliner Tageblatt





Sinclair spielt Parademarsch
Kapitän Teddy und seine Matrosen

(10. Februar 1928)


Teddy Sinclair aus London, jetzt bei uns zu Besuch, hat keinen Taktstock, hat überhaupt gar nichts als zwei Arme, mit denen er seine Londoner Orpheans - Band leitet. Diese Arme zucken nur ein wenig, aber jede kleine Bewegung hat die unterschiedlichsten Folgen. Es brummen und quieken und quietschen und dröhnen plötzlich die Instrumente, vielleicht wäre jeder Ton eine Ohrenqual, wenn man ihn solo hörte. Aber schon ist die nächste Bewegung der Sinclairschen Arme da, es brummt zusammen, es quiekt zusammen, es quietscht und es dröhnt das zusammen, was jeder der Sinclair - Leute auf seinem Instrument hervorbringt, und plötzlich ist aus zehn Mißklängen ein einziger Wohllaut geworden.

Ein Wohllaut, der dann schleunigst parodiert wird. Denn zu den zwei "Flügelmännern" (Piano), die Sinclair mit dirigiert, spielt dann plötzlich nur noch ein anderes Instrument. Schlängelt sich nah am Abgrund einer fallenden Oktave entlang, immer beinah falsch, immer noch beinah richtig, immer ein wenig grotesk und nie banal. So dauert die Tanzmusik im Europa - Pavillon, bis die Londoner Jazzleute etwas für ihre eigenen Gelenke tun: Sie setzen sich Matrosenmützen auf, und ein Parademarsch steigt. Wie sie es machen, läßt sich kaum sagen. Sie drehen den Marsch einfach um, man hört nicht mehr die Schritte der Gedrillten, sondern nur ein leises Gliederknacken, nicht ernsthaft eingeübt wie bei einem preußischen Armeemarsch, sondern zu einem Rhythmus gewandelt, der den Marsch von der toten Takteintönigkeit in ein witziges Kniekehlenzucken variiert. Sinclairs Matrosen und ihr Kapitän zucken eifrig mit.

Man weiß jetzt, warum dieser Mann ohne Taktstock in London eine Berühmtheit ist. Weil er so viel Humor hat wie zehn Conferenciers. Er dirigiert seine Kapelle nicht, sondern berät sie, unterhält sich mit ihr, amüsiert sie, sich und uns. Und mehr will er wohl auch nicht.
Berliner Börsenzeitung


Am 13. März 1928 nahm die Band für Homocord neun Titel auf, nur acht Aufnahmen wurden veröffentlicht. Die Platten verkauften sich wohl nicht sehr gut und sind heute leider nur selten zu finden. Auch die genaue Besetzung ist nicht letztendlich geklärt. Einige Musiker verließen wohl schon in Berlin die Band, andere kamen hinzu.
Möglich:
Teddy Sinclair (vln, musik. Leiter): Frank Guarante, Max Goldberg (tp), Tony Thorpe (tb), Billy Barton (cl, ts), Charles Remue, Eddie Bave oder Teddy Kline (cl, as),
George Hurley, Cyril Hellier (vln), Caroll Gibbons (p, Dirigent), Frank Herbyn (p), Bert Thomas (bj, git), Tiny Stock (bb, sb), Laurie Huntington (d)


Quelle: Europeana Link - Hier klicken


Nach dem Engagement in Berlin bereiste das Orchester Belgien, Tschechien, Ungarn, Bulgarien und Österreich.




Eine Sensation für Reichenberg
(31. März 1928)


Wie bereits kurz gemeldet, veranstaltet die weltberühmte Original Orpheans Band aus dem Savoy - Hotel, London, unter Leitung des Jazzkönigs Teddy Sinclair Montag den 2. April (1928) um 8 Uhr abends in der Reichenberger Turnhalle ein einmaliges Konzert. Am Programm stehen durchwegs englische Jazz - Kompositionen. Die Orpheans Band erzielt mit ihren Darbietungen musikalischer Effekte von ungeahnter Wirkung. Jeder Mann ist ein Virtuose auf seinem Instrument. Allerorts wurde das Publikum durch den Rhythmus elektrisiert, den man in solcher Vollkommenheit hier noch nicht gehört hat.

Für den Weltruf des Orchesters bürgt der Name Teddy Sinclair, der neben Paul Whiteman die prominenteste Persönlichkeit auf dem Gebiet der Jazzmusik ist. Karten von 8 bis 24 K (Kronen)...
Reichenberger Zeitung


Im September 1928 war das Orchester wieder in Berlin.


Sinclair löste die Band auf und stellte eine neue Formation zusammen. Die einzigen amerikanischen Musiker in der Band waren nun der Trompeter Nick Casti sowie der Saxophonist Teddy Kline. Während der folgenden Tournee wechselten häufiger die Musiker.




Oslo


Sammlung Rainer Lotz


Stationen: Wien, Budapest, Prag, Schweden, Lettland, Norwegen, Dänemark - Berlin... Kürzer oder länger spielten in der Band neben Teddy Kline, Nick Casti und Sinclair: Jack DeVries, b; Max Naef, t; Christian Wagner, vc/as; Billy Barton, as; Ed Jones, t; Ben Pickering, tb; Marcel de Ridder, p; Tony Morello, bj.

Die letzte Zusammensetzung der Savoy Orpheans in London löste sich im September 1928 auf.

Lettland


Ende 1930 war Teddy Sinclair wieder in London. Kurze Zeit leitete er noch ein eigene Band, dann trat er dem großen Orchester von Bert Ambrose bei. Zwischen 1931 und 1933 spielte er hier nicht nur Geige, oft sang er auch bei Auftritten und gab vor dem Orchester den "Spaßvogel". In den nächsten Jahren lassen sich seine Spuren kaum nachvollziehen. Er erwarb in London eine Fabrik, vermutlich ließ seine angeschlagene Gesundheit ausgedehnte Bühnenauftritte nicht mehr zu. Das Bühnenfieber ließ ihn jedoch nicht los. 1936 spielte Teddy Sinclair in einem Hotel in Budapest, auch war er im ungarischen Rundfunk zu hören.



Tod des englischen Jazzkönigs Teddy Sinclair
(1938)


Aus London wird gemeldet: An einem Leiden, das er sich im Krieg durch eine Lungenverletzung zugezogen hatte, ist nach einer Operation, erst 38 (39!) Jahre alt, der bekannte englische Jazzkönig Teddy Sinclair gestorben, der diese Art der Musik aus Amerika nach England eingeführt hat. Der berühmte Jazzdirigent Jack Hilton (Hylton) war, bevor er als Leiter einer eigenen Kapelle weltberühmt wurde, unter den Jazzkünstlern Sinclairs tätig, und auch Josephine Baker hat in einer seiner Revuen die Hauptrolle gespielt. Teddy Sinclair wirkte mit seiner Kapelle auch in einer großen Anzahl amerikanischer Filme mit (?).

In der letzten Zeit hatten sich die Folgen seiner Kriegsverletzung so unangenehm fühlbar gemacht, daß er beabsichtigte, sich ausschließlich der Leitung einer Zigaretten- und einer Parfümeriefabrik zu widmen, die er in London gegründet hatte und mit Glück führte.
Reichenberger Zeitung


Teddy Sinclair starb am 24. Juni 1938 an Tuberkulose bzw. den Folgen einer Operation in einem Sanatorium in Kopenhagen / Dänemark.
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Ulrich Biller

Quellen u. a.
Rainer Lotz, NICK CASTI, Storyville No. 93, 103 ff Link - Hier klicken





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