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Neue Schallplatten für Altmaterial.....?
Moderatoren:SchellackFreak, berauscht, GrammophonTeam, Charleston1966, DGAG, Der_Designer, LoopingLoui
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krammofoon
Mo Aug 18 2014, 22:30 Druck Ansicht
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
Beiträge: 1214
Servus :-)

Kann jemand von den Experten sagen, ob und wie diese Aufrufe letzten Endes beim Konsumenten ankamen?

Wurde wirklich aus Material-, bzw. Rohstoffknappheit sowas gestartet? Konnte so etwas den großen und etablierten Werken wirklich passieren?

War das für manche Verbrauchergruppen gar der einzige Weg, um an - ansonsten vllt. wegen der Lebensumstände unbezahlbare - neue Platten zu kommen?

Aber warum sollte man - außer vllt. bei Bruch - seine eigentlich guten Platten hergeben? Sicher war man doch bemüht, seine Sammlung(en) zu erweitern, denn sie zu dezimieren?!

Wie wurde das damals gehandhabt? Hat man eine Kiste alte Platten da hingeschickt und bekam neue zurück.... musste man vor Ort erscheinen, was ja sicher wegen des einen oder anderen Anreiseweges Schwachsinn gewesen wäre?

Waren auf Grund dieses u. U. langwierigen Handlings solche Aktionen in Friedenszeiten eher ein Schuss in den Ofen?





Wer Infos hat....... her damit......... Danke vorab.

Gruss
Georg
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krammofoon
Mo Aug 18 2014, 22:39
Schellack-Gnadenhof
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Jun 27 2011, 20:47
Beiträge: 1214
Servus :-)

der hier noch..... dann ist gut





Gruss
Georg
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Formiggini
Mo Aug 18 2014, 22:43

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Sowohl für den ersten, wie auch den zweiten WW sind diese Aktionen belegt. Teilweise konnte man sich "frei kaufen" - Trotzdem und generell - ja, einige Jahre konntest du als "Käufer" nur neue Platten erwerben wenn du welche mitgebracht hast. Das waren keine "Aufruf", sondern Bedingung um überhaupt eine neue Platte zu bekommen. Dazu gibt es im Forum auch schon einige Dokumente. Werde die die nächsten Tage nochmal raus suchen und hier verlinken....

Langer Rede - kurzer Sinn: Dieser "Pflichttausch" war Realität für den Kunden!

Grüße
Uli

[ Bearbeitet Mo Aug 18 2014, 22:44 ]
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alang
Mo Aug 18 2014, 22:48
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Jun 12 2012, 19:52
Wohnort: Delaware, USA
Beiträge: 660
Ich interpretiere das als eine Nachricht vom Hersteller "Polyphonwerke" an Platteneinzelhaendler oder vielleicht auch Grosshaendler. Sicher wollten die Hersteller nicht direkt mit dem Endkunden und einzelnen Platten zu tun haben. Der Einzelhaendler hatte die Wahl, entweder er bringt seine Kunden dazu ihre alten Platten bei Neukauf in Zahlung zu geben, oder er konnte seinen Laden zusperren, weil er keine neue Ware bekam. Die Endkunden waren sowieso knapp bei Kasse und gaben lieber die alten Kamellen in Zahlung, als keine oder teurere neue Platten zu bekommen. Ich glaube nicht, dass man das vom Plattensammlerstandpunkt sehen darf, sondern eher vom Otto Normalverbraucher, der den neusten Hit haben wollte, nicht den ollen Caruso von Opa. Macht Sinn fuer mich. Rohstoffknappheit war auf jeden Fall eine Realitaet und Not macht erfinderisch.

Gruss
Andreas
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Starkton
Mo Aug 18 2014, 23:10
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Welche Dimensionen die Sammlung von Schellackplatten zur Materialgewinnung im 2. Weltkrieg in England annahm, und wie das Ganze ablief, kann man auf diesem Foto sehen, bzw dem Untertitel entnehmen. Immerhin 10 Millionen Platten wollte die Kriegsveteranen-Organisation British Legion einsammeln, an die Firmen zurück verkaufen und das Geld wohltätigen Zwecken zuführen.

Auch Richard Tauber hat sich, als Dritter in der Schlange, angestellt um seine Platten abzugeben.


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Formiggini
Di Aug 19 2014, 00:20

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
c, 1949, Schweiz von berauscht:




In diesem Beitrag Link - Hier klicken (ff.) hat gramofan eine Vielzahl der gesetzlichen Regelungen dazu gesammelt. Daraus auch:




Die Abgabe von "gebrauchten" Platten war per Gesetz im WWII verbindlich für den Handel. Woher bekam der Handel das Material? Natürlich vom Kunden...

Auf deine Ausgangsfrage - Ja! Es war ganz klar geregelt (per Gesetz): Neue Platten nur gegen Abgabe von "Altmaterial"! Bedingt konntest du dies durch Bezahlung umgehen - Üblich in der Zeit 1939 - c. 1952 war: "Bring drei (je nach "Kriegssituation auch nur ein oder zwei) alte Platten ins Geschäft - dann bekommst du auch (und nur dann) eine Neue!"

Ganz wichtig dazu aus dem oberen Gesetzestext:
Der Einzelhandel wird an das Publikum für die 25-cm-Platte 5 Pfg. und für die 30-cm-Platte 8 Pfg. vergüten (Stand Jahresende 1939)

= Für den Käufer per Gesetz reglementiert: Bring deine "alten" Platten mit ins Geschäft - oder zahle! Was machte der geneigte Käufer? Klar! Seine Platten aus dem Schrank holen und zum einschmelzen geben - man wollte ja neues...

Grüße
Uli


Realität im vom Krieg gezeichneten Europa


[ Bearbeitet Sa Jun 16 2018, 14:20 ]
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Nostalphon
Di Aug 19 2014, 05:59
⇒ Mitglied seit ⇐: So Apr 06 2014, 08:02
Wohnort: Landkreis Ludwigsburg, Württ.
Beiträge: 151
Hallo Georg,

danke dass Du diesen Thread gestartet hast. Mir gingen diese Fragen die letzten Tage auch immer wieder durch den Kopf. Jetzt kann ich diese "Aus Alt mach Neu Geschichte" auch viel besser nach vollziehen.
Bei dem letzten Foto blutet uns heutzutage zwar das Herz, aber ich denke, damals war es wie heute. Den Hit vom letzten Jahr konnte man dann einfach nicht mehr hören. Man wollte lieber, dass sich die neuesten Scheiben, zuhause auf dem Grammophon, drehen.

Gruß
Jürgen
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GrammophonTeam
Mi Aug 20 2014, 16:49
Seitenbetreiber

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 04 2011, 14:54
Wohnort: Köln
Beiträge: 1826
Alte Platten für neue auch in Holland...

1943


[ Bearbeitet Mi Aug 20 2014, 16:52 ]
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humoresk
Mi Aug 20 2014, 17:28
Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: So Jun 10 2012, 16:06
Beiträge: 351
Ich kann mir eine -Bemerkung nicht verkneifen:
Man sollte eine Warnung davorschalten wie: Dieses Video ist nicht für dünnhäutige Sammler mit Herzschrittmachern geeignet oder so. In jedem Fall nur auf nüchternen Magen genießen...! *kotz

Liebe Grüße

Josef
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Nostalphon
Do Aug 21 2014, 20:39
⇒ Mitglied seit ⇐: So Apr 06 2014, 08:02
Wohnort: Landkreis Ludwigsburg, Württ.
Beiträge: 151
heieiei,

aber trotz Allem, das Ganze hat auch was von 'Werden und Vergehen' bzw. in diesem Fall von 'Vergehen und Werden'.
Aber wenn man sich das Filmchen rückwärts anschaut, dann ist es ganz witzig- kommt dann aber doch wieder auf das selbe Ergebnis raus... *kicher

Was mich aber trotzdem interessieren würde.
Die einzelnen Plattenfirmen hatten ja anscheinend alle so ihre eigenen geheimen Rezepturen, für die Schellackmasse.
Ich frage mich: Wurden dann immer Platten von einer Firma getrennt geschrättert, oder hatten die alle Labels bunt gemischt geschrättert?

Das hiesse ja, die Beschaffenheit der Masse war nie die Selbe und somit hatte das Endprodukt auch nie eine gleichbleibende Qualität.

Gruß
Jürgen

[ Bearbeitet Do Aug 21 2014, 20:41 ]
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gramofan
Do Aug 21 2014, 20:50
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Okt 01 2011, 20:32
Wohnort: bei Berlin
Beiträge: 1175
Wenn ich mal auf die Schreiben der Plattenfirmen an den Handel zurückkomme, die ich ja schon mal eingestellt hatte (sind weiter oben verlinkt), dann ist dort nirgends die Rede davon, dass man nur Platten der eigenen Produktion zurücknehme. Man war wohl eher froh überhaupt genug Material zu bekommen. Dass das Recyclingmaterial von sehr unterschiedlicher Qualität war, kann man auch schon sehen, wenn man mal Kriegs- bzw. unmittelbare Nachkriegspressungen ein und derselben Plattenfirma vergleicht. Die Qualitätsunterscheide sind schon ziemlich auffallend.
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Starkton
Do Aug 21 2014, 21:02
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Okt 05 2011, 21:47
Wohnort: Berlin
Beiträge: 1879
Dazu folgender Auszug eines Beitrags aus der Phonographischen Zeitschrift, der neben dem Umtausch das anfängliche Wissensdefizit der Plattenhörer zum Thema hat. Der Hintergrund: Die Deutsche Grammophon A.G. fing kurz nach 1900 mit dem Plattenumtausch an und vergütete, bei gleichzeitigem Kauf der doppelten Menge neuer Platten, einen recht hohen Preis:

"In Fachkreisen ist z. B. bereits angeregt worden, man solle für abgespielte Platten überhaupt nur den Material-Wert berechnen und zwar nach Gewicht, da es wohl jedem Händler bekannt ist, daß die abgespielten Platten nicht mehr auf „neu“ aufgearbeitet werden können, sondern, daß solche in der Fabrik wieder zu Masse gemacht werden. Dem Detailverkäufer könnte diese Einrichtung seinen Kunden gegenüber nur willkommen sein, da das Privat-Publikum von dem allgemeinen Glauben erfüllt ist, daß tatsächlich, wie bei Wachswalzen, die Platten wieder abgeschliffen und neu benutzt werden können, infolgedessen schätzt der Privatmann eine alte Platte viel höher ein. Wenn man aber vor dessen Augen die Platte einfach zerbricht, so ist damit der Beweis geliefert, daß für die Platte nur der Bruchwert noch in Frage kommt.“ (Quelle: Phonographische Zeitschrift, Berlin, 6. Jahrgang, No. 38, 20. September 1905, S. 832)
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Nostalphon
Do Aug 21 2014, 21:19
⇒ Mitglied seit ⇐: So Apr 06 2014, 08:02
Wohnort: Landkreis Ludwigsburg, Württ.
Beiträge: 151
Danke euch beiden für die ausführlichen und interessanten Antworten.

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Formiggini
So Sep 21 2014, 12:46

⇒ Mitglied seit ⇐: Di Dez 28 2010, 19:20
Beiträge: 1578
Zum 1. August 1942 lautete die Verordnung dann: zwei alte Platten für eine neue (25cm). Auch für Nadeldosen musste "Altmaterial" in den Laden gebracht werden.


3. August 1942
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Musikmeister
So Sep 21 2014, 14:08
Autor
⇒ Mitglied seit ⇐: So Aug 21 2011, 21:23
Wohnort: Hamburg
Beiträge: 1098
1937 Aktionswochen bei der Deutschen Grammophon:
Beim Kauf zweier neuer Platten gab es bei Abgabe einer alten unzerbrochenen Platte bis zu 25% Rabatt. (Vom Umtausch ausgeschlossen waren Platten der Marken Columbia, Electrola und Pathé)



1955 gab es bei Amiga bzw. VEB Deutsche Schallplatten für jede alte Platte 0,50 (Ost-) DM vergütet.

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Austroton
Di Sep 30 2014, 20:20
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Sep 23 2014, 12:43
Wohnort: Villach (Kärnten)
Beiträge: 86
Das Bild, auf dem ein Arbeiter mit einer Mistgabel bei der DG Platten zusammenschaufelt (hier im Thread mit der Bildunterschrift "Realität im vom Krieg gezeichneten Europa") ist im Siemens-Archiv auch überliefert (die DG war ja seit 1941 eine 100%ige Tochtergesellschaft von Siemens). Dort trägt es die Bildunterschrift "Plattenbruch". Es müßte ungefähr aus 1948/1949 stammen. Denn im Vordergrund sind deutlich einige Polydor-Platten zu sehen mit dem zeittypischen Polydor-Label der 48100 /48200-Serie (dunkel-rot-braunes Label mit goldfarbenen Blocklettern "Polydor").
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jitterbug
Do Okt 02 2014, 10:18
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Mär 27 2013, 16:49
Wohnort: Berlin
Beiträge: 408
Hier zum Thema Umtausch und Recycling eine ganz interessante Aussage von des Rundfunktechnikers Hajo Lichtenfels, der von 1939 bis 1943 bei TELEVOX in der Berliner Tauentzienstraße 5 arbeitete:

Für die Abgabe von Altmaterial wurden sowohl von Frau Sullus (Chef-Verkäuferin, spätere Inhaberin des ELECTROLA-Musikhauses auf dem Kurfürstendamm) als auch von Otto Klung (Geschäftsführer) die Verkäuferinnen angewiesen, keinesfall COLUMBIA-Schallplatten anzunehmen. Die englischen, amerikanischen und französischen Pressungen waren auf Grund ihres Papierkerns (Laminatpressungen) als unbrauchbar deklariert und man konnte von einer angestellten Verkäuferin nicht erwarten, dass sie den Unterschied zischen einer deutschen und nicht-deutschen Pressung erkenne (das ist ja auch für manchen Sammlern nicht einfach...).

Auch wurden nur unzerbrochene Schallplatten akzeptiert. Sie konnten zwar einen Sprung - wir sagen heute "Haarriss" - haben, aber "Puzzleteile" wurden nicht akzeptiert.

Anders als im weiter oben gezeigten, sehr aufschlussreichen niederländischen Film, wurden für das Recycling hierzulande in der Regel die Etiketten einzeln herausgebrochen, bevor das Altmaterial zu Granulat verarbeitet mit neuem Roh-Schellackmaterial gemischt wurde. Damit wurden (mehr oder weniger erfolgreich) Papiereinschlüsse vermieden.

Unten passend zum Thema die Schreibmaschinen-Liste mit "Umtauschangeboten" des TELEVOX-Geschäftes von 1937.

Hier handelt es sich noch nicht um die während des Krieges - ich glaube aus alten Unterlagen/Monatsnachträgen ersehen zu haben - ab November 1939 eingeführte "Zwangsabgabe" von zunächst einer, später zwei Platten beim Kauf einer neuen Aufnahme, sondern um mögliche Ermäßigungen beim Kauf einer Platte. Eine ähnliche Liste liegt mir noch von TELEFUNKEN vom Juni 1939 vor.

Viele Grüße, Stephan


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