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Anfänge des Hörspiels bzw. frühe Hörspiele
Moderatoren:SchellackFreak, berauscht, GrammophonTeam, Charleston1966, DGAG, Der_Designer, LoopingLoui
Autor Eintrag
HansFlesch
Do Feb 17 2022, 15:44 Druck Ansicht
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Feb 16 2022, 11:45
Wohnort: Baden Baden
Beiträge: 8
Liebe Community,

ich hoffe ich habe mir für meine Frage das richtige Unterforum ausgesucht. Wie schon in der Vorstellung erwähnt, bin ich sehr an Hörspielen interessiert und möchte gerne mehr über die Entwicklung bzw. Entstehungsgeschichte erfahren. Einer meiner frühesten Datensätze ist eine Vortragsplatte mit dem Märchen der Bremer Stadtmusikanten (erzählt von der "Funkprinzessin" Adele Proesler Electrola E.G. 218), die vermutlich aus den 20er-Jahren stammt. Meine Frage wäre nun: Sind euch noch weitere Vortrags- oder Hörspielproduktionen aus den 20er- 40er Jahren oder sogar aus der Kaiserzeit bekannt?

Leider scheint mir die Datenlage zu dieser Thematik noch sehr gering zu sein, daher wäre ich für jede Information dankbar.

Vielen Dank und Viele Grüße
HansFlesch
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Polyfar41
Do Feb 17 2022, 16:57
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Feb 24 2017, 11:27
Wohnort: Frankfurt am Main / Berlin
Beiträge: 141
Zunächst zur Electrola EG-218: die stammt aus dem Jahr 1926.

Im Rahmen einer "Heimbühne"-Serie der DG (erschienen 1929/30) gab es neben 11 Opern und 3 Operetten in Kurzfassung auch einen gesprochenen Klassiker:
Wilhelm Tell (Schiller), bearbeitet von Hermann Weigert und Hans Maeder
auf Grammophon 95264/95265/ 95266 Mx. 262 1/2-bs-3 bis 267 1/2-bs-3
Spieldauer: 35 Min. 56 sec, aufgenommen 1929 in Berlin
Sprecher/innen waren:
Wolfgang Heinz Rudolf, Toni Zimmerer, Wilhelm Krüger, Erich Riewe, Max Pohl, Ernst Keppler, Walter Werner, Margarete Schön, Mathilde Sussin, Elfriede Trebut.

Zum Thema "Vortragsplatten" fallen mir diverse Einzelaufnahmen mit Schauspielern ein, wie z.B. Josef Kainz, Heinrich George, Werner Krauß oder Gustaf Gründgens aus dem Zeitraum 1908-1940 , die auch im Online-Katalog des Musikarchivs der Deutschen Nationalbibliothek (dnb.de) verzeichnet sind. Das sind nur Szenen oder Monologe von 3-4 Minuten Länge, die eigentlich nicht das Werk, sondern vorrangig die Stimme des Schauspielers präsentieren.

Gruß
Klaus



[ Bearbeitet Do Feb 17 2022, 17:54 ]
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berauscht
Do Feb 17 2022, 18:24
"Urgestein" Autor

⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Jan 06 2010, 21:59
Beiträge: 1952
Bei Vortragsplatten fällt mir spontan ein: "Ich bin die Schlesische Funkstunden-Werbetrommel, man nennt mich Ludwig Manfred Lommel"
Das Funkheinzelmännchen der NORAG hat auch einige Platten auf Homocord herausgebracht.
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shellackotto
Fr Feb 18 2022, 02:04
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Feb 15 2022, 21:53
Wohnort: USA
Beiträge: 113
Ich selbst besitze zwei Homocord-Platten vom Funkheinzelmann Hans Bodenstedt, die in Dein Interessengebiet fallen:

Homocord 2-2662 Der Grillengeiger / Der Singepuck (1928)
Homocord 4-2663 Ein Weihnachtstraum / Das Abenteuer des kleinen "E" (1928)

Bodenstedt war Direktor der NORAG ab 1924 und anscheinend der erste, der im deutschen Hörfunk eine Kindersendung schuf.

[ Bearbeitet Sa Dez 17 2022, 01:21 ]
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LoopingLoui
Fr Feb 18 2022, 22:54
"Moderator"

⇒ Mitglied seit ⇐: So Sep 26 2021, 19:14
Wohnort: Altkreis Bersenbrück
Beiträge: 650
Herzlich Willkommen im Forum!
Ich würde gerne wissen wie Hörspiele und Vorträge, welche gesucht werden, definiert werden?
Es gibt ja tausende Platte mit Vorträgen und humoristischen Erzählungen. Große Namen sind hier Manfred Lommel, Paul Morgan, Carl Napp, Karl Valentin etc etc.
Ihre Platten wurden sicher auch äußerst gern im Rundfunk übertragen.

Hier ein netter „humoristischer Vortrag“, welchen ich auch in der Sammlung habe: Link - Hier klicken
„Nie sollst du mich befragen“
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Webseite
snookerbee
Sa Feb 19 2022, 13:37
"Urgestein"

⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Apr 15 2011, 20:12
Beiträge: 1676
Siehe auch Link - Hier klicken
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HansFlesch
So Feb 20 2022, 13:05
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Feb 16 2022, 11:45
Wohnort: Baden Baden
Beiträge: 8
Liebe Community,

vielen Dank für die zahlreichen Antworten. Tja wie definiere ich Hörspiel - Eine gute Frage. Für mich wäre es interessant zu erfahren, wie sich das Hörspiel allmählich aus der Vortragsplatte entwicklet hat. Ein Bereich meiner Forschung sind z.B. Kinderhörspiele, hier, sind z.B. die Bremer Stadtmusikanten mein ältester Datensatz, der Funkheinzelmann ist bereits erwähnt worden. Abschließendbesitze ich noch vage Informationen über einen gewissen Konrad Dürre. Dann beginnen meine Datensätze erst wieder anfang der 50er-Jahre mit Schellackplatten von Polydor. Hier wäre meine Frage: Sind euch frühere Veröffentlichungen bekannt oder kam die kommerzielle Hörspielproduktion erstmals in den 50er-Jahren auf? Ich erinnere mich auch mal etwas über "Das Märchen vom Schlaraffenland (Produktion um 1948) gelesen zu haben, konnte es aber bislang nicht zuordnern.

Leider ist mein Interessengebiet sehr speziell, ich weiß ;)

Eine Frage zum Schluss: Vor meiner Registrierung war ich viele Jahre lang Leser in diesem Forum und kann mich an eine Art "Schellacksender" erinnern. Wäre es evtl. möglich auch Hörproben der genannten Stücke zur Verfügung zu stellen? Falls dieser inzwischen eigenstellt worden sein sollte, bitte ich um Verzeihung

[ Bearbeitet So Feb 20 2022, 13:06 ]
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Polyfar41
Mo Feb 21 2022, 06:27
⇒ Mitglied seit ⇐: Fr Feb 24 2017, 11:27
Wohnort: Frankfurt am Main / Berlin
Beiträge: 141
Ich komme beim Thema Hörspiel irgendwie zum Ergebnis, dass das eine Kunstform ist, die im Rundfunk entstanden ist und sich auch dort entwickelt hat. Selbst dort war der Mangel an geeigneten Autoren zunächst beklagt worden, und rundfunk-eigene Leute mit Fantasie waren gefragt, entsprechende Stücke auf die Beine zu stellen. So habe ich es zumindest auf einer Seite des Deutschen Rundfunkarchivs (DRA) irgendwo gelesen.
Der Rundfunk hat vor 1929 nichts aufgezeichnet, bis die Reichs-Rundfunk-Gesellschaft (RRG) offiziell entschieden hat, welches Medium geeignet ist. Die Entscheidung fiel dann zugunsten der Schallplatte, die schon so eine Art Endlosaufzeichnung mit Folgeplatten bei längeren Darbietungen ermöglichte, was auch finanziell aufwendig war, weshalb vergleichsweise wenig Aufnahmen gemacht wurden, und vieles nur live über den Sender ging.

Diese "Endlos-Aufnahmen" kannte man bei kommerziellen Platten nicht. Die Industrie-Schallplatte mit ihrer damals begrenzten Spieldauer war eigentlich weder technisch noch wirtschaftlich gesehen für längere Sprechstücke das richtige Medium. (Für Musik technisch eigentlich auch nicht, aber da waren die Gewinnaussichten offenbar besser als für gesprochene Werke.)
Ein Komiker kann seinen Auftritt leicht in 3 Minuten auf den Punkt bringen, ein Märchen erzählen paßt auch noch, aber was inhaltlich darüber hinaus geht, ist möglicherweise auch deshalb so gut wie nicht auf Schallplatten der 30er und 40er Jahre zu finden.
Erst ab ca.1950 mit Einsatz von Tonband und länger spielenden Platten (Stichwort variabler Rillenschnittt) öffnet sich für die Plattenindustrie der Einstieg in das Thema. Der Produzent Janos Ferenczy bei der DG war da als einer der ersten sehr erfolgreich, was sich in der Polydor-Märchen-Serie widerspiegelt.

[ Bearbeitet Mo Feb 21 2022, 07:46 ]
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shellackotto
Mo Feb 21 2022, 07:48
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Feb 15 2022, 21:53
Wohnort: USA
Beiträge: 113
Sprechplatten, vor allem humoristische Vorträge, gibt's massenweise seit der Frühzeit der Schellackplatte, aber unter Hörspielen verstehe auch ich die längeren Radiodramen, die in den 20gern und 30gern aufkommen. Mir sind da vor allem die amerikanischen bekannt, wie "The Shadow", eine Detektivserie, die von 1930 bis 1954 lief: https://www.oldradioworld.com/shows/The_Shadow.php

Ansonsten weiss ich von "Descriptive" Szenen, die Ereignisse aus dem ersten Weltkrieg nachstellen, allerdings kenne ich keine deutschen Beispiele. Hier aber mehrere italienische:

Luigi Baldassare – "Un Episodio Dell' Invasione Tedesca Nel Belgio / Un Visitatore Misterioso Al Quartier Generale Del Kaiser" (Columbia E2621, 1916).https://www.discogs.com/release/13845699-Luigi-Baldassare-Un-Episodio-Dell-Invasione-Tedesca-Nel-Belgio-Un-Visitatore-Misterioso-Al-Quartier-

Alberto Colantuoni hat mindestens zwei Titel dieses Stils aufgenommen, "La Presa Di Monte Nero / Gli Ultimi Giorni Di Gorizia Austriaca" https://www.discogs.com/artist/3599764-Colantuoni

Und hier eins von Dutzenden Beispielen auf Englisch:
Landing Of The British Army In France, Winner 2703 (Sept. 1914): https://www.45worlds.com/78rpm/record/2703

In den Vereinigten Staaten gab es eine deutschsprachige Weihnachtsplatte für Einwanderer, komplett mit Weihnachtspredigt und Chorgesang, Columbia E7296 (1921)
https://www.discogs.com/master/1875309-Unknown-Artist-Weihnachten-In-Der-Kirche

Columbia hat 1939 eine dramatische Lesung von Shakespeare's "Julius Caesar" mit Orson Welles herausgegeben (Columbia C-10): https://www.discogs.com/release/14509568-Orson-Welles-Shakespeare-Julius-Caesar

Decca hat ab ca. 1941 mehrere Hörbuch-Alben mit mehreren Platten herausgegeben, die Dich interessieren könnten:
Decca DA-290 (1941): "The Christmas Carol" von Charles Dickens, vorgelesen von Robert Coleman: https://www.discogs.com/release/11332716-Ronald-Colman-A-Christmas-Carol
Decca DA-337 (1942) "The Count Of Monte Cristo" von Alexandre Dumas, vorgelesen von Herbert Marshall: https://www.discogs.com/release/11767518-Herbert-Marshall-The-Count-Of-Monte-Cristo
Decca DA-376 (1944) "Alice in Wonderland" nach Lewis Carroll, mit Ginger Rogers: https://www.discogs.com/release/4392204-Ginger-Rogers-Lewis-Carroll-George-Wells-Alice-In-Wonderland
Decca DA-379 (1944) "Mr. Pickwick's Christmas" von Charles Dickens, vorgelesen von Charles Laughton, mit musikalischer Untermalung von Hanns Eisler, der damals in den USA im Exil war: https://www.discogs.com/master/1634385-Charles-Laughton-Mr-Pickwicks-Christmas
Decca DA-409 (1944) "Treasure Island" von Robert Louis Stevenson: https://www.discogs.com/release/11485491-Robert-Louis-Stevenson-Treasure-Island
Selbst wenn Du Dich vor allem für deutsche Platten interessierst, gibt Dir dies vielleicht Anhaltspunkte, mit welchen Genres Du rechnen kannst.


[ Bearbeitet Mo Feb 21 2022, 09:48 ]
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DGAG
Di Feb 22 2022, 06:28

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Hörspiele auf Tonträgern, das heißt mit Stimmen, Musik und Geräuschen, gab es schon während der Kaiserzeit. Am bekanntesten sind wohl humoristische Szenen auf dem Kasernenhof. Es gab aber auch andere "Settings":

"Im U-Boot" und "Otto Weddigens letzte Fahrt" von 1915:
Link - Hier klicken

"Der Hauptmann von Köpenick" von 1906, auf drei Schallplattenseiten:
Link - Hier klicken
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shellackotto
Di Feb 22 2022, 07:21
⇒ Mitglied seit ⇐: Di Feb 15 2022, 21:53
Wohnort: USA
Beiträge: 113
"Der Hauptmann von Köpenick" nachgespielt auf drei Schallplatten von 1906 - toll! Davon hatte ich bisher noch nichts gewußt.

Hier ist eine von meinen neuen Platten, die mich in ihrer Art an ein Hörspiel erinnert. Es ist ein komischer Dialog (Trialog?) zwischen Adele Sandrock, die ihre ledige Nichte (Alexa von Porembsky) auf dem "Witwenball" an einen vermeintlich alleinstehenden Herrn (Hubert von Meyerinck) verkuppeln will. Köstlich! Aufgenommen am 1. April 1933 und im selben Jahr auf Odeon O-11859 erschienen. Meine Kopie ist nach Sandrocks Tod im August 1937 als "Adele Sandrock Erinnerungsplatte" auf Parlophon B. 49585 erschienen.





Hier zum Anhören:https://www.youtube.com/watch?v=H2WzOPaI5tg
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bavariola
Di Mär 01 2022, 02:13
⇒ Mitglied seit ⇐: Sa Jan 12 2013, 00:38
Beiträge: 162
Werter Herr Flesch,
werte Gemeinschaft,

Hörspiele und ähnliches sind zwar nicht mein Interessen-Schwerpunkt, ausserdem haben einige meiner Vorredner schon viel Kompetentes beigetragen. Insofern kann mein Beitrag nur ein kleiner sein. Gleichwohl ein paar Gedanken, die ich insbesondere in Hinblick auf die Fragestellung "Wie sich das Hörspiel entwickelt hat" formulieren möchte:

Ich stimme dem bereits Gesagten zu, dass sich das Hörspiel wohl erst durch den Rundfunk entwickelt hat oder entwickeln konnte; ich postuliere ferner, dass die Grenzen zwischen Hörbild (auf englischen Platten "descriptive scene", "descriptive scetch"), humoristischer Szene, Propaganda und Hörspiel fliessend sind; und ich stimme zu wenn man sagt, dass ein Stück, das von der knappen Spielzeit einer Schallplattenseite oder deren zwei begrenzt ist, nicht ganz das sein kann, was wir Heutigen uns unter einem Hörspiel vorstellen. Damit kreisen wir freilich wieder um die Definitions-Frage - zu der vielleicht auch die Frage nach einer gewissen Dramaturgie zählt.

Hörbilder gibt es wohl seit es Schallaufzeichnungen gibt. Den Titel "Die Schlacht bei Sedan" scheint (fast) jede Plattenfirma herausgebracht zu haben; eine Szene, die sich ohne nennenswerte inhaltliche Einbußen so weit eindampfen lässt, dass sie auf eine 17-cm-Platte passt. Überhaupt scheinen militärische oder patriotische Themen ein dankbares Feld zu sein: Unter den Marken Vaterländische Zonophon-Aufnahmme und Vaterländische Grammophon-Aufnahme finden sich Titel wie "Die Erstürmung von Lüttich" (zwei Plattenseiten) und auch - sehr reizend - "Einbringung der ersten feindlichen Geschütze am 2. Sept. 1914" (Katalog-Nr. 521304) sowie "Vor dem Kronprinzen-Palais" (Katalog-Nr. 521303). Aufnahmen dieser Art (nachgestellte Schlachten- und Manöver-Szenen oder Titel wie "Alarm auf dem Kasernenhofe" oder "Aufziehen der Schloßwache") sind bis weit in die 20er Jahre Legion. Die Zeit des Nationalsozialismus bringt in dieser Hinsicht ganz eigene Erzeugnisse hervor, andererseits aber auch bereits in der Kaiserzeit die Arbeiterbewegung ("Die Zukunfts-Arbeits-Ordnung", Beka doppelseitig mit Gustav Schönwald, gibts sinngleich (mit anderer Besetzung) auch auf ungarisch auf Metafon-Record). Aber sind all das (von der Kaiserzeit bis zum Nationalsozialismus) Hörspiele? Es sind wohl eher Vorformen oder Zwischenformen. Viele dieser Aufnahmen leben in der Tat von einer gewissen Dramaturgie; auch wenn sie nicht für den Rundfunk gemacht sind, wären sie dennoch rundfunktauglich. Diesbezüglich fallen indessen Weihnachts-, Geburtstags- und Sylvester-Szenen weg.

Ganz sicher wurden schon frühzeitig im Rundfunk Hörspiel-Produktionen gesendet, nur wurde das wenigste dessen, was je gesendet wurde (gleich welcher Art) aufgezeichnet. Das meiste war, eben gesendet, auch schon wieder verloren. Das macht es schwierig, die Entwicklung des Hörspiels zuverlässig zu rekonstruieren.

So weit ein wenig persönliche Philosophie.

Wenn nun aber eine beschreibende Szene sich über zwei Plattenseiten erstreckt und somit rund sechs Minuten dauert, kann man vielleicht von einem Hörspiel sprechen ("Die Erstürmung von Lüttich" aus dem 1. Weltkrieg, siehe oben), und erst recht, wenn es eine doppelseitige 30-cm-Platte ist. Hier ein Beispiel aus dem Jahre 1923 (Schallplatte aus eigenem Bestand, Quelle für Datumsangabe: Link - Hier klicken ):



Indessen kann ich - jetzt komme ich auf den Punkt - das Wort Hörspiel auf Schallplatten fürs Jahr 1940 nachweisen:
Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder

Es sind zwei 30-cm-Platten; die erste ist doppelseitig, die zweite ist (weil das Hörspiel für vier Plattenseiten zu kurz war) einseitig. Es ist eine Art Industriespionage-Geschichte, für mein Ohr ziemlich langweilig, aber immerhin... Man darf annehmen, dass diese Aufnahmen für den Rundfunk gemacht und gepresst wurden.

In den 30er Jahren brachte Telefunken Schallplatten für Kinder im 20-cm-Format heraus:
Inhalt, Bild oder Datei nur fuer angemeldete Mitglieder
Ein anderer Titel dieser Serie heißt zum Beipiel "Fridolin auf Abenteuer", gesprochen von Erwin Hartung. Diese Fridolin-Geschichten könnte man mit etwas Toleranz als Kurz-Hörspiel bezeichnen. Die "Funkheinzelmann"-Aufnahmen von Homocord wurden oben bereits kompetent besprochen (siehe auch: Link - Hier klicken ).

Von den Aufnahmen abgesehen, die in der Zeit des Nationalsozialismus dem Thema unserer Diskussion entsprechend entstanden sind (zum Beispiel "Gedenkplatte zum 21. März 1933"; Clausophon/Patria), kommt das Genre Hörspiel wohl in der Tat erst in der Nachkriegszeit wieder zur Geltung. Die Märchen-Produktionen der Firma Grammophon unter der Marke Polydor wurden bereits erwähnt; die Technik "Variable Grade" ermöglichte eine verlängerte Spieldauer.

Richtig aufleben konnte diese Kunstform aber wohl erst durch die Magnetband-Technik und die Langspielplatte, und grundsätzlich bietet das Tefifon natürlich die selben Möglichkeiten (wenngleich in den mir vorliegenden Katalogen aus den 50er Jahren keine verzeichnet sind).

Zur Beachtung: Ich habe bisher darauf verzichtet, meine Bilddateien mit einem Wasserzeichen zu schuetzen, denn dadurch werden sie in aesthetischer Hinsicht unansehnlich bis unbrauchbar, und ich wuerde auch weiterhin gerne so verfahren. Umso mehr bitte ich die werten Leser/Nutzer, sollten sie beabsichtigen, meine Bilddateien weiterzuverwenden (gleichgueltig ob gewerblich oder nicht), zuvor mit mir Ruecksprache zu nehmen (e-mail siehe Profil), zumal ich, sollte ich erstmalig meine Arbeiten an anderer Stelle (Dissertation, Chronik, Fachbuch oder was auch immer) wiederfinden, augenblicklich die unschoene Wasserzeichen-Methode verwenden oder - was wahrscheinlicher ist - meine Arbeit konsequent ganz einstellen wuerde, und das ginge dann zu Lasten aller. Gerne gebe ich meine Arbeitsergebnisse frei, aber ich wuesste doch gerne, wofuer sie sie gebraucht werden und wohin sie gehen. Ich bitte um Verstaendnis und Beachtung. Herzlichen Dank!

Beste Gruesse an alle!
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HansFlesch
Di Mär 01 2022, 11:08
⇒ Mitglied seit ⇐: Mi Feb 16 2022, 11:45
Wohnort: Baden Baden
Beiträge: 8
Liebe Community,

vielen, vielen Dank für eure und Ihre zahlreichen Rückmeldungen. Nun bin ich mit meinen Forschung schon erheblich weitergekommen. Meine Frage ist nun: Wäre es möglich einige der genannten Exemplare auch einmal anhören zu können und so eine akkustischen Eindruck zu erhalten? Insbesondere die letztgenannte Telefunken-Schallplatte wäre höchst interessant, um die Entwicklung im Vergleich zu früheren Kinderproduktionen (die eingangs genannte Rezitationsplatte, Funkheinzelmann...) untersuchen zu können.

Falls dies ermöglicht werden könnte, wäre ich sehr dankbar.

Mit besten Grüßen
HansFlesch

[ Bearbeitet Di Mär 01 2022, 11:10 ]
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DGAG
Di Mär 01 2022, 15:50

⇒ Mitglied seit ⇐: So Dez 31 2017, 12:30
Wohnort: Berlin
Beiträge: 648
Der früheste Nachweis des Wortes "Hörspiel" auf dem Label einer Schallplatte, den ich kenne, ist auf einer doppelseitigen, im Oktober 1928 aufgenommenen und ca. 1931 auf Gloria veröffentlichten Platte der Carl Lindström A.-G. Die Abbildung zeigt eine etwas spätere Pressung. Man kann diese Aufnahme hier anhören (ab 1:36:56): Link - Hier klicken



[ Bearbeitet Di Mär 01 2022, 15:52 ]
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Telraphon
Mi Mär 02 2022, 19:49
⇒ Mitglied seit ⇐: Mo Apr 03 2017, 18:57
Beiträge: 333
Wenn man "Hörspiel" ganz weit gefasst als eine Art aufgenommene Erzählung betrachtet, zählen vermutlich sogar die "Selbstvorstellungs-Walzen" von Edison dazu, also Jene, mittels welchen sich der Phonograph seinerzeit selbst vorstellte.
Wirklich als erste "Hörspiele" begreife ich persönlich aber eigentlich eher die Platten von Hermann Wehling, Joseph Plaut, Gustav Schönwald, den Brüdern Bendix, Georg Barsch oder Arthur Preil, die in den frühen 1910ern langsam auf den Markt kamen. Warum? Weil sie erstmals auch aufeinander aufbauen. Beispielsweise Wehlings Charakter "Täubchen", der dann verschiedene Abenteuer erlebt ("Täubchen vor Gericht" ist bis heute absolut genial!) - ansonsten aber sind wohl die richtig von den Menschen in Serie gekauften, ersten Hörspiele in Deutschland tatsächlich die von DGAG verlinkten Platten von Ludwig Manfred Lommel und seiner Familie Neugebauer aus dem fiktiven Runxendorf bei Breslau.

Zählt man auch reine "Rezitation" zum Anfang des Hörspiels dazu, kann ich auch noch ein recht frühes Label beisteuern - Goethes "Totentanz", vorgetragen von Josef Kainz, Wien, Aufgenommen am 17.05.1902. Ich nehme an, dass es hier den Käufern nicht vorrangig um das Stück - sondern um die Stimme des Herrn Kainz ging, der ja sonst nur im Theater zu erleben war.


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